SozialpolitikEinsatz <strong>von</strong> IKT zur Unterstützung pflegender Angehörigerlativ hoch entwickelt, was die Zusammenarbeitauf lokaler Ebene erleichtert.In osteuropäischen Ländernweisen die öffentlichen Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong>Langzeitpflegesysteme etwasmehr Mängel auf. Diese werden durchdie Präsenz <strong>von</strong> Non-Profit-Organisationenaufgefangen, deren innovativesAngebot die Mitteloptimierungermöglicht. In Mittelmeerländernwiederum ist es üblich, dass IKT-Ansätze für pflegende Angehörige imRahmen <strong>von</strong> EU-finanzierten Projektenzum Tragen kommen, während imVereinigten Königreich <strong>und</strong> Irland aufallen Staatsebenen staatliche Ges<strong>und</strong>heits-<strong>und</strong> Langzeitpflegesystemevorherrschend sind <strong>und</strong> dementsprechendals Anbieter <strong>von</strong> IKT-basiertenLösungen auftreten. Bleibt daraufhinzuweisen, dass die skandinavischenLänder über einen äusserstinitiativen Privatsektor verfügen, warer doch in sämtlichen der acht untersuchtenAngebote in die Projektentwicklung<strong>und</strong> -umsetzung involviert.AusblickMit der zunehmenden Verbreitungder Informationstechnologie über dieansteigende Nutzung <strong>von</strong> Smart-phones<strong>und</strong> Sozialen Medien werden diedigitalen Kenntnisse aller Altersgruppenzunehmen, so dass sich die Anwendung<strong>von</strong> IKT zur Unterstützungder Pflege zu Hause rasch entwickelnwird. Allerdings lässt sich deren Kosteneffizienz<strong>und</strong> Wirksamkeit derzeitschlecht beurteilen. Obschon einigeErgebnisse darauf hindeuten, dassunabhängige Märkte für die beschriebenenIKT-basierten Dienstleistungenbestehen, bleiben dennoch Hindernissezu überwinden. Neben der Akzeptanzunter den Zielgruppen <strong>und</strong> möglichenAnbietern sowie der Bereitschaftzur Entwicklung innovativerLösungen müssen auch klare finanzielleErtrags- <strong>und</strong> soziale Erfolgsaussichtengegeben sein. Gesellschaftlichrelevant ist dabei insbesondere auchdie Tatsache, dass sich der Beziehungsaspektder Pflege nicht durch Technologieersetzen lässt. Die Bedeutungder persönlichen Beziehung bei derBetreuung ist nicht zu vernachlässigen.Allerdings kann es gut sein, dasstechnologievertrautere Generationendie technischen Möglichkeiten zurinteraktiven Betreuung <strong>von</strong> älterenMenschen viel ungezwungener einsetzenwerden, um dem sich abzeichnendenBetreuungsnotstand entgegenzuhalten,der sich mit der Überalterungder europäischen Gesellschaft abzeichnet.Obschon der Blick in die Zukunftdurch viele Unbekannte getrübt ist,scheint es gleichwohl möglich, für jedesLand das Unterstützungspotenzialauszuloten, das sich pflegende Angehörigevoraussichtlich zu erschliessenvermögen. So weist auch dieSchweiz einen gewissen Bedarf anIKT-Unterstützung in der Angehörigenpflegeaus. Dies gilt, obschon dieAbdeckung durch Pflege zu Hause<strong>und</strong> in Einrichtungen im internationalenVergleich 14 gross ist. Da die pflegendenAngehörigen die starke emotionaleBindung mit den betreutenMenschen <strong>und</strong> die innere Zufriedenheit,die sie aus der Betreuungsaufgabeschöpfen, betonen, 15 kann einegewisse Zurückhaltung in der Nutzungder IKT-Angebote angenommenwerden. Entsprechend wird die Pflegeunterstützungdurch die Angehörigenerheblich bleiben, auch wenn mitneun St<strong>und</strong>en pro Woche für die meistender Aufwand niedriger ist als inanderen europäischen Ländern. 16Angesichts der zunehmenden Bevölkerungsmobilitätkönnten IKT-Lösungen mit Videokommunikationweiter entfernt wohnende Betreuendein ihrer Aufgabe unterstützen. Zudemzeigt das SwissAgeCare-Projekt,dass es mit Partnern <strong>und</strong> Töchternälterer Personen eine kleine Gruppe<strong>von</strong> intensiv pflegenden Angehörigengibt, die keinen Zugang zu Entlastungsangebotenhaben. 17 Hier liessensich IKT-Instrumente zur Online-Schulung <strong>und</strong> -Beratung einsetzen.Zudem könnte die Einrichtung <strong>von</strong>Reservationsplattformen für Entlastungsangebotedie Vereinbarung <strong>von</strong>Erwerbs- <strong>und</strong> Pflegetätigkeit erleichtern.Insgesamt bergen IKT viel Potenzialzur Entwicklung innovativer Angebote,welche die Schulung pflegenderAngehöriger zum einen <strong>und</strong> derensoziale Partizipation zum anderenfördern. Allerdings fehlt zu ihrer systematischenErschliessung das nötigeWissen auf der Makroebene. Diemangelnde Wirkungsanalyse auf Projektebeneverunmöglicht die kontinuierlicheEvaluation der Ansätze, diesich dadurch auch einem breiterenVergleich <strong>und</strong> der Verallgemeinerungentziehen. Es ist die Aufgabe derbeteiligten Fachleute, politischen Entscheidungsträger<strong>und</strong> der Forschung,die nötigen Schritte zu unternehmen<strong>und</strong> Untersuchungen durchzuführen,damit f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> funktionierendeInnovationen den Betroffenen in ganzEuropa zugänglich gemacht werdenkönnen.Francesco Barbabella, Ph.D., Research Fellowam Centro Studi e Ricerca Economico-Sociali per l invecchiamento, Istituto Nazionaledi Riposo e Cura per Anziani (INRCA),AnconaE-Mail: f.barbabella@inrca.itAndrea E. Schmidt, M.Sc., Researcher, EuropäischesZentrum für Wohlfahrtspolitik<strong>und</strong> Sozialforschung, WienE-Mail: schmidt@euro.centre.orgGiovanni Lamura, Ph.D., Leiter des CentroStudi e Ricerca Economico-Sociali per l invecchiamento,Istituto Nazionale di Riposoe Cura per Anziani (INRCA), AnconaE-Mail: g.lamura@inrca.it14 Lit. Höpflinger; Lit.Rodrigues et al., Lit. Huberand Lamura, 8815 Lit. Perrig-Chiello, 13916 Lit. Colombo et al., 9017 Lit. Perrig-Chiello, 209328 Soziale Sicherheit CHSS 6/2013
ges<strong>und</strong>heitGes<strong>und</strong>heitNetzwerk Psychische Ges<strong>und</strong>heit SchweizNetzwerk Psychische Ges<strong>und</strong>heit Schweiz –eine ZwischenbilanzBeim Netzwerk Psychische Ges<strong>und</strong>heit (NPG) handelt es sich um einenZusammenschluss <strong>von</strong> Akteuren, die sich für die Verbesserung derpsychischen Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> die Prävention psychischer Erkrankungeneinsetzen. Als Austausch- <strong>und</strong> Vernetzungsplattform soll es Synergiemöglichkeitensicht- <strong>und</strong> nutzbar machen <strong>und</strong> die Effizienz sowieWirksamkeit der ergriffenen Massnahmen erhöhen. Eine externeformative Evaluation zog nach zwei Jahren eine positive Bilanz derbisher geleisteten Arbeit.Alfred KünzlerNetzwerk PsychischeGes<strong>und</strong>heit Schweiz1 Lit. Tomonaga et al. <strong>und</strong> Lit. Obsan2 Ges<strong>und</strong>heit2020: Die ges<strong>und</strong>heitspolitischenPrioritäten des B<strong>und</strong>esrates, 23. Januar 2013:www.ges<strong>und</strong>heit2020.ch3 Lit., Widmer et al.Katrin JentzschB<strong>und</strong>esamt für SozialversicherungenPsychische Störungen sind persönlich,gesellschaftlich <strong>und</strong> volkswirtschaftlichrelevant. Die jährlichen Kosten(Behandlungs- <strong>und</strong> Folgekosten)affektiver Erkrankungen bei Personenim erwerbsfähigen Alter in derSchweiz werden auf über 11 MilliardenSchweizer Franken geschätzt). 1Depressionen sind deshalb ein prioritäresges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> sozialpolitischesThema, das auch in der b<strong>und</strong>esrätlichenStrategie Ges<strong>und</strong>heit2020 2die gebührende Beachtung findet,indem die Förderung der psychischenGes<strong>und</strong>heit sowie die Verbesserungder Vorbeugung <strong>und</strong> der Früherkennungpsychischer Erkrankungen alsZielsetzung genannt werden.Das Netzwerk Psychische Ges<strong>und</strong>heitSchweiz begegnet den multifaktoriellenBedingungen psychischerGes<strong>und</strong>heit mit einem multisektoralenAnsatz. Im Zentrum stehen dieFörderung der psychischen Ges<strong>und</strong>heit<strong>und</strong> Verminderung psychischerErkrankungen sowie die Suizidprävention.Träger sind das B<strong>und</strong>esamtfür Ges<strong>und</strong>heit, das Staatssekretariatfür Wirtschaft, das B<strong>und</strong>esamt fürSozialversicherungen, die SchweizerischeKonferenz der kantonalenGes<strong>und</strong>heitsdirektorinnen <strong>und</strong>-direktoren sowie die Stiftung Ges<strong>und</strong>heitsförderungSchweiz. EineMitgliedschaft im Netzwerk steht allenöffentlichen <strong>und</strong> privaten Akteurenoffen, die sich für die psychischeGes<strong>und</strong>heit engagieren. Bislang habensich 83 Organisationen angeschlossen.Der Zusammenschluss im Netzwerksoll möglichst vielen Akteureneinen wirkungsvollen Informations<strong>und</strong>Wissenstransfer erlauben, innovativeAnsätze zugänglich machen<strong>und</strong> Synergien fördern. NetzwerkeigenePräventionsmassnahmen sindnicht vorgesehen. Seit 2012 läuft dergegenseitige Austausch über eine Internetplattform,die fortlaufend umFachinformationen <strong>und</strong> News r<strong>und</strong>um die psychische Ges<strong>und</strong>heit ergänztwird. Ein Newsletter informiertregelmässig über anstehende Aktivitäten.Jedes Jahr findet eine öffentlicheNetzwerktagung statt. In diesemJahr haben knapp 170 Fachleute dieGelegenheit genutzt, sich zum Thema«Psychische Ges<strong>und</strong>heit: Wie kommenwir zu Verständnis <strong>und</strong> Finanzen?»auszutauschen <strong>und</strong> weiterzubilden.Referenten aus internationalen,nationalen <strong>und</strong> regionalen,öffentlichen sowie privaten Institutionenzeigten auf, wie OrganisationenProgramme zu psychischer Ges<strong>und</strong>heiterfolgreich umsetzen <strong>und</strong> welchemenschlichen <strong>und</strong> monetären Gewinnesie aus dieser Investition erzielen.Ein Jahr nach Programmbeginn hatdie Trägerschaft des NPG eine externeformative Evaluation in Auftraggegeben, 3 deren Ergebnisse gr<strong>und</strong>sätzlichsehr positiv sind: Die strate-Soziale Sicherheit CHSS 6/2013 329