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INFO Nr. 4 - 2008 (4,22 MB)

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Wortes alle Hände voll zu tun, um hinter den „Aufgebern“<br />

mithalten zu können.<br />

Das Erntejahr kannte keinen Stillstand. Die leuchtend<br />

wogenden Kornfelder warteten bereits auf die fleißigen<br />

Hände der Schnitter und Schnitterinnen. „Das war<br />

eine harte Arbeit, besonders wenn es ganz heiß<br />

war“, erzählt Maria. Nicht umsonst buk die Bäuerin<br />

zur Stärkung und wohl auch aus Dankbarkeit für die<br />

gereifte Ernte köstliche „Woazana Kråpfn“.<br />

Nach der anschließenden „Grummetzeit“ zog der<br />

Herbst mit seiner bunten Pracht ins Land, und „In<br />

Hörbscht kimmp“ – wie eine alte Bauernweisheit<br />

treffend ausdrückt „ dieÅrbat af die Welt!“ Fürwahr.<br />

Galt es doch den Flachs auszuziehen, die„Erdäpfel“<br />

auszugraben und zu sortieren, bei der Schafschur<br />

zu helfen und die Schafwolle zu waschen. Da man<br />

beim „Unterweger“ die Schafwolle nicht selber weiterverarbeitete,<br />

brachte man sie zur Firma Moessmer<br />

ARBEITEN IM HERBST<br />

Mit dem anfallenden Herbstputz verlagerte sich die<br />

Arbeit der „Diarn“ wieder langsam ins Haus. Die Zeit<br />

der frühen Dämmerung brach herein, und obwohl<br />

es noch genügend Arbeit gab, wurde es ruhiger und<br />

heimeliger. Eine willkommene Abwechslung im straff<br />

geordneten Dienstbotenjahr war der „Stegina Markt“,<br />

der größte Markt des Pustertales. “Dort traf man<br />

Bekannte, ließ sich einen Glühwein, ein paar ‚Köstn’<br />

und eine Mandorlata schmecken, und schaute gerne<br />

dem bunten, lustigen Treiben zu. Wir Dienstboten<br />

schauten sehnsüchtig, aber mit vorwiegend leerem<br />

Geldbeutel auf die vielen schönen Dinge, die an<br />

unzähligen Ständen feilgeboten wurden“, erinnert<br />

sich Maria.<br />

Am Allerseelentag hackte man traditionell die Rüben<br />

ein. Vier bis sechs Personen standen dabei um die<br />

gefüllte „Krautzårge“ (sieht aus wie ein niedriger,<br />

viereckiger Bottich) herum. In beiden Händen hielt<br />

man eigene, große Krautmesser und schlug im Takt<br />

auf die weißen Rüben ein, bis fein zerkleinertes<br />

Rübenkraut daraus entstand. Die letzte größere Arbeit<br />

im Freien war das „Strebe rechn“. Die „Plissn“ (Nadeln<br />

von den Bäumen) im Wald wurden zu großen Haufen<br />

zusammengerecht und zum Hof gebracht. Die Strebe<br />

erfüllte ihren Zweck als Einstreumittel für das Vieh<br />

im Stall, es wurden ihr aber auch große Heilkräfte<br />

nachgesagt, „denn die Plissn helfen allerhand Krankheiten<br />

von den Tieren auszuleiten“, weiß Maria.<br />

Als man vom Stadel das emsige<br />

Schlagen der Dreschflegel<br />

hörte, wusste man, dass eine<br />

der kraftraubendsten Arbeiten<br />

des Bauernjahres, das<br />

Dreschen, voll im Gange war. Nach<br />

dem Dreschen füllte man den frischen Hafer oder<br />

das Weizenstroh in große Leinensäcke. Diese gefüllten<br />

Säcke dienten als weiches Bettlager, als<br />

nach Bruneck. Dort wurde die Wolle, die von Hals<br />

und Beinen der Schafe stammte, zu Loden verwalkt,<br />

die hochwertige „Leibwolle“ wurde jedoch zu Strickwolle<br />

versponnen. So konnte der Bauer die Rohwolle<br />

gegen die verarbeitete eintauschen.<br />

Matratze anno dazumal. “Nicht selten“ – lacht Maria<br />

– „hat sich ein ganz unerwünschter Gast, eine Maus,<br />

in den Strohsack verirrt. Das bemerkte man leider<br />

erst dann, als es nachts im Sack raschelte. Eine<br />

böse Überraschung!“<br />

Nun, unmittelbar nach dem Dreschen, wurde aus<br />

dem frisch gemahlenen Korn das tägliche Brot<br />

gebacken. Beim „Unterweger“ geschah dies einmal<br />

kurz nach Allerheiligen, und einmal im Frühjahr.<br />

Dabei wurden jeweils 200-300 „Bauernpreatlan“<br />

gebacken.<br />

In der „Broatrume“ aufbewahrt, musste dieser Vorrat<br />

dann für ein halbes Jahr reichen. In der St. Lorenzner<br />

Gegend war es Brauch, dass man nach dem Backen<br />

zu jedem Nachbarn vier „Preatlan“ trug, so genanntes<br />

„Austrågabroat“. Als dann auf den Nachbarhöfen<br />

Brot gebacken wurde, erhielt man auch von diesen<br />

„s’ Austrågabroat“. Und nachdem nicht auf allen<br />

Höfen zur gleichen Zeit gebacken wurde, kam man<br />

durch diese schöne nachbarschaftliche Geste öfters<br />

in den Genuss frischen Brotes.<br />

Anschließend an das „Preatlan båchn“ wurden noch<br />

große, runde Weizenbrote gebacken, aus denen man<br />

später das Knödelbrot schnitt. Die Kinderherzen<br />

schlugen höher, als man zu guter Letzt noch „ihr<br />

Brot“, die kleinen „Feignpreatlan“, in den Backofen<br />

schob.<br />

An kulinarischen Besonderheiten gab es ansonsten<br />

Weißbrot oder Gugelhupf an den Sonntagen, Lebkuchen<br />

und Hauskekse am Heiligen Abend, einen<br />

Schweinsbraten am Weihnachtsfest, „Stocktirtlan“<br />

am Dreikönigsfest (große, süße Mohntirtlan, die man<br />

zur Torte aufstapelt und in Stücke schneidet) und<br />

„Giweichts“ zu Ostern.<br />

Das Kirchweihfestessen bestand aus Milchreis,<br />

„ungschmölztn Niggilan“, einem „Schöpsernen Bratl“<br />

und allerlei Gemüse vom Krautacker.<br />

CUL CULTURA TURA E ST STORIA ORIA<br />

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