INFO Nr. 4 - 2008 (4,22 MB)
INFO Nr. 4 - 2008 (4,22 MB)
INFO Nr. 4 - 2008 (4,22 MB)
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Wortes alle Hände voll zu tun, um hinter den „Aufgebern“<br />
mithalten zu können.<br />
Das Erntejahr kannte keinen Stillstand. Die leuchtend<br />
wogenden Kornfelder warteten bereits auf die fleißigen<br />
Hände der Schnitter und Schnitterinnen. „Das war<br />
eine harte Arbeit, besonders wenn es ganz heiß<br />
war“, erzählt Maria. Nicht umsonst buk die Bäuerin<br />
zur Stärkung und wohl auch aus Dankbarkeit für die<br />
gereifte Ernte köstliche „Woazana Kråpfn“.<br />
Nach der anschließenden „Grummetzeit“ zog der<br />
Herbst mit seiner bunten Pracht ins Land, und „In<br />
Hörbscht kimmp“ – wie eine alte Bauernweisheit<br />
treffend ausdrückt „ dieÅrbat af die Welt!“ Fürwahr.<br />
Galt es doch den Flachs auszuziehen, die„Erdäpfel“<br />
auszugraben und zu sortieren, bei der Schafschur<br />
zu helfen und die Schafwolle zu waschen. Da man<br />
beim „Unterweger“ die Schafwolle nicht selber weiterverarbeitete,<br />
brachte man sie zur Firma Moessmer<br />
ARBEITEN IM HERBST<br />
Mit dem anfallenden Herbstputz verlagerte sich die<br />
Arbeit der „Diarn“ wieder langsam ins Haus. Die Zeit<br />
der frühen Dämmerung brach herein, und obwohl<br />
es noch genügend Arbeit gab, wurde es ruhiger und<br />
heimeliger. Eine willkommene Abwechslung im straff<br />
geordneten Dienstbotenjahr war der „Stegina Markt“,<br />
der größte Markt des Pustertales. “Dort traf man<br />
Bekannte, ließ sich einen Glühwein, ein paar ‚Köstn’<br />
und eine Mandorlata schmecken, und schaute gerne<br />
dem bunten, lustigen Treiben zu. Wir Dienstboten<br />
schauten sehnsüchtig, aber mit vorwiegend leerem<br />
Geldbeutel auf die vielen schönen Dinge, die an<br />
unzähligen Ständen feilgeboten wurden“, erinnert<br />
sich Maria.<br />
Am Allerseelentag hackte man traditionell die Rüben<br />
ein. Vier bis sechs Personen standen dabei um die<br />
gefüllte „Krautzårge“ (sieht aus wie ein niedriger,<br />
viereckiger Bottich) herum. In beiden Händen hielt<br />
man eigene, große Krautmesser und schlug im Takt<br />
auf die weißen Rüben ein, bis fein zerkleinertes<br />
Rübenkraut daraus entstand. Die letzte größere Arbeit<br />
im Freien war das „Strebe rechn“. Die „Plissn“ (Nadeln<br />
von den Bäumen) im Wald wurden zu großen Haufen<br />
zusammengerecht und zum Hof gebracht. Die Strebe<br />
erfüllte ihren Zweck als Einstreumittel für das Vieh<br />
im Stall, es wurden ihr aber auch große Heilkräfte<br />
nachgesagt, „denn die Plissn helfen allerhand Krankheiten<br />
von den Tieren auszuleiten“, weiß Maria.<br />
Als man vom Stadel das emsige<br />
Schlagen der Dreschflegel<br />
hörte, wusste man, dass eine<br />
der kraftraubendsten Arbeiten<br />
des Bauernjahres, das<br />
Dreschen, voll im Gange war. Nach<br />
dem Dreschen füllte man den frischen Hafer oder<br />
das Weizenstroh in große Leinensäcke. Diese gefüllten<br />
Säcke dienten als weiches Bettlager, als<br />
nach Bruneck. Dort wurde die Wolle, die von Hals<br />
und Beinen der Schafe stammte, zu Loden verwalkt,<br />
die hochwertige „Leibwolle“ wurde jedoch zu Strickwolle<br />
versponnen. So konnte der Bauer die Rohwolle<br />
gegen die verarbeitete eintauschen.<br />
Matratze anno dazumal. “Nicht selten“ – lacht Maria<br />
– „hat sich ein ganz unerwünschter Gast, eine Maus,<br />
in den Strohsack verirrt. Das bemerkte man leider<br />
erst dann, als es nachts im Sack raschelte. Eine<br />
böse Überraschung!“<br />
Nun, unmittelbar nach dem Dreschen, wurde aus<br />
dem frisch gemahlenen Korn das tägliche Brot<br />
gebacken. Beim „Unterweger“ geschah dies einmal<br />
kurz nach Allerheiligen, und einmal im Frühjahr.<br />
Dabei wurden jeweils 200-300 „Bauernpreatlan“<br />
gebacken.<br />
In der „Broatrume“ aufbewahrt, musste dieser Vorrat<br />
dann für ein halbes Jahr reichen. In der St. Lorenzner<br />
Gegend war es Brauch, dass man nach dem Backen<br />
zu jedem Nachbarn vier „Preatlan“ trug, so genanntes<br />
„Austrågabroat“. Als dann auf den Nachbarhöfen<br />
Brot gebacken wurde, erhielt man auch von diesen<br />
„s’ Austrågabroat“. Und nachdem nicht auf allen<br />
Höfen zur gleichen Zeit gebacken wurde, kam man<br />
durch diese schöne nachbarschaftliche Geste öfters<br />
in den Genuss frischen Brotes.<br />
Anschließend an das „Preatlan båchn“ wurden noch<br />
große, runde Weizenbrote gebacken, aus denen man<br />
später das Knödelbrot schnitt. Die Kinderherzen<br />
schlugen höher, als man zu guter Letzt noch „ihr<br />
Brot“, die kleinen „Feignpreatlan“, in den Backofen<br />
schob.<br />
An kulinarischen Besonderheiten gab es ansonsten<br />
Weißbrot oder Gugelhupf an den Sonntagen, Lebkuchen<br />
und Hauskekse am Heiligen Abend, einen<br />
Schweinsbraten am Weihnachtsfest, „Stocktirtlan“<br />
am Dreikönigsfest (große, süße Mohntirtlan, die man<br />
zur Torte aufstapelt und in Stücke schneidet) und<br />
„Giweichts“ zu Ostern.<br />
Das Kirchweihfestessen bestand aus Milchreis,<br />
„ungschmölztn Niggilan“, einem „Schöpsernen Bratl“<br />
und allerlei Gemüse vom Krautacker.<br />
CUL CULTURA TURA E ST STORIA ORIA<br />
23