Stufen - AA Gruppe Markus Nürnberg
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So waren es eigentlich zwei Motivationen, die mich veranlassten, meinen Bischof um ein Freijahr<br />
in den USA zu bitten: Zuerst Vertiefung meiner fachlichen Kompetenz und dann aber auch Klärung<br />
meiner eigenen beruflichen Identität.<br />
Houston/Texas<br />
Ich ging am 1. Oktober 1973 bis Mai 1974 an das Institute of Religion and Human Development in<br />
Houston/Texas. In diesen Monaten lernte ich am Institut und vor allem in der Krebs-Klinik MD<br />
Anderson, in der ich meine praktische Arbeit tat, eine Menge über mich selbst und über den<br />
Umgang mit kranken Menschen. Ich hatte sehr nette Kollegen, die mich als Ausländer freundlich<br />
und liebevoll aufgenommen hatten. Auch wohnte ich zunächst bei einer gastfreundlichen Familie<br />
und<br />
anschließend in einer kleinen Gemeinschaft der Dominikaner. Einer der Patres, ein Jurist und<br />
Anwalt für arme Leute, besaß zwei Affen, die zunächst in seinem Wohn-/Schlafzimmer<br />
herumturnten. Auf Protest der Hausangestellten hin wurden die beiden Affen in einen Käfig im<br />
Garten einquartiert. Dort haben sie mich öfters zu einem herzlichen Lachen gebracht. Trotz<br />
alledem hatte ich immer noch das Gefühl, dass auf mich noch eine andere Aufgabe wartet, dass<br />
ich noch etwas anderes lernen müsse. Fast erging es mir wie in manchen Märchen, in denen die<br />
Protagonisten immer wieder aufbrechen müssen, um neue Abenteuer zu bestehen und um endlich<br />
ans Ziel zu kommen.<br />
Hazelden taucht auf<br />
Und da kam auch schon ein neues Abenteuer, eine neue Herausforderung auf mich zu: Es war im<br />
Frühjahr 1974. Ich hatte schon mehr als die Hälfte des Trainingsprogramms in Houston<br />
durchlaufen, als mir plötzlich mein Lehrer und Freund Helmut Harsch und dessen Begeisterung<br />
über Hazelden einfiel. Ich beschloss spontan, meine letzte Trainingseinheit in Hazelden zu<br />
absolvieren. Minnesota kam mir auch aus klimatischen Gründen entgegen, da der Sommer in<br />
Houston unerträglich feucht-heiß sein sollte. Ich hatte bisher bereits unter der unglaublichen<br />
Schwüle in Houston gelitten und war durch den Wechsel zwischen den klimatisierten Innenräumen<br />
und den schwül-warmen Außentemperaturen dauernd erkältet. So fragte ich im Frühjahr 1974 in<br />
Hazelden an, ob ich das Sommer-Semester dort absolvieren könnte. Ich erhielt eine Zusage und<br />
nach einem tränenreichen Abschied von den Dominikanern und von meinen Kolleginnen und<br />
Kollegen, mit denen ich sehr verbunden war, kam ich am Pfingstsamstag 1974 in Hazelden an,<br />
einem Therapiezentrum für Alkoholiker und Tablettenabhängige.<br />
In Hazelden<br />
Hazelden liegt weitab von Dörfern an einem idyllischen See und bestand damals aus fünf im<br />
Bungalow-Stil gebauten ,Units'. Herausgewachsen war Hazelden aus einem alten Bauernhaus<br />
(Old Lodge), das von einigen trockenen Alkoholikern in den 50er Jahren zu einem <strong>AA</strong>-<br />
Therapiehaus umfunktioniert wurde. Daraus entstand im Laufe der nächsten 20 Jahre ein<br />
professionelles Therapiezentrum, das nach dem Minnesota-Modell arbeitete. Davon wusste ich<br />
zum Zeitpunkt meiner Ankunft aber noch nichts.<br />
Patientenstatus<br />
Ich wurde freundlich empfangen und gleichzeitig wurde mir mitgeteilt, dass ich nun die nächsten<br />
drei Wochen als Patient in einer Unit die Therapie mitmachen müsste. Das war für mich zunächst<br />
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