wendelinus bote - Kirche im Leben
wendelinus bote - Kirche im Leben
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In drei großen Tagungen zwischen Mai 1942 und Juni 1943<br />
formulierte der Kreis Grundsatzerklärungen zu den Themen <strong>Kirche</strong> und<br />
Staat, Schule und Universitäten, Staatsaufbau und Wirtschaft, Außen- und<br />
Wirtschaftspolitik nach dem Kriege und zur Bestrafung deutscher Verbrechen<br />
gegen die Menschen- und Völkerrechte. Freya von Moltke hat alle<br />
Tagungen mit organisiert und an ihnen von Anfang bis Ende teilgenommen.<br />
In ihrem Erinnerungsbuch gibt sie die St<strong>im</strong>mungen und den Ablauf der drei<br />
Tagungen eindrucksvoll wieder: „Es war schon bedeutsam, dass da bei uns<br />
ernsthafte Katholiken und ernsthafte Protestanten, Vertreter der großen,<br />
seit der Zeit der Reformation gespaltenen <strong>Kirche</strong>n, zusammensaßen und<br />
diese Fragen gemeinsam angingen.“<br />
Aber von Mal zu Mal wurde die anfangs fast heitere Atmosphäre<br />
wegen des zunehmenden Drucks der Kriegsereignisse düsterer. Freya von<br />
Moltke schreibt: „Ich bin eine für Zukunftsahnungen nicht sehr begabte<br />
Person. Aber an diesem (letzten) Wochenende, das ich <strong>im</strong> ganzen als<br />
ergebnisreich empfunden hatte, dachte ich doch plötzlich…: ‚Weiter wird<br />
das nicht führen’… Ich bekam ein vollständiges Exemplar der Dokumente<br />
und aller Papier, die Helmuth verwahren wollte, um sie in Kreisau zu verstecken.“<br />
Am 19. Januar 1944 wurde Helmuth von Moltke verhaftet, weil er einen<br />
Bekannten vor der Gestapo gewarnt hatte. Als sich die Widerstandsarbeit<br />
des Kreises nach dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wegen seiner<br />
Kontakte zu den Verschwörern herausstellte, wurden die Haftbedingungen<br />
Moltkes verschärft. Vor dem Volksgerichtshof angeklagt, wurde er zum<br />
Tode verurteilt und am 23. Januar 1945 hingerichtet,<br />
eine der bedeutendsten Gestalten<br />
des deutschen Widerstands.<br />
Freya von Moltke und andere Frauen von Widerstandskämpfern waren<br />
durch die Entscheidung des bewussten Mittragens Verbündete ihrer<br />
Männer; durch „ihr Mitwissen wurden sie zu Mitverschwörerinnen“.<br />
Quelle dieses Zusammenstehens war die tiefe Liebe zwischen Freya und<br />
Helmuth, die in ihrem langjährigen Briefwechsel und gerade in ihren<br />
letzten Briefen zum Ausdruck kommt. Helmuth schrieb am Morgen der<br />
Hinrichtung: „Ich trug Dich so fest bei mir. Das war sehr schön zu fühlen.“<br />
Und sie am selben Tag: „Wie fest trage ich Dich bei mir, mein Herz, ganz<br />
ganz fest und mit der felsenfesten Sicherheit, dass daran auch Dein Tod<br />
nichts ändern kann. Das hat mich der liebe Gott, und hast auch Du, mein<br />
Herz, gelehrt.“ – Dieser Brief erreichte ihn nicht mehr.<br />
Robert Becker<br />
Die Abschiedsbriefe sind kürzlich von Helmuth Caspar und Ulrike von Moltke herausgegeben worden.<br />
– Über eine Veranstaltungsreihe „Ein <strong>Leben</strong> <strong>im</strong> Dienst der Menschlichkeit“ informiert der Evangelische<br />
<strong>Kirche</strong>nverband Köln und Region unter www.doc.kirche-koeln.de/freya.pdf<br />
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