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Mitteilungen der Freien Waldorfschule Stade

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Wie weit ist Erfurt?<br />

Ein ausgestoßenes Stammesmitglied wird<br />

mit dem Tode bestraft, indem man es aussetzt<br />

und sozial völlig isoliert. Der Tod erfolgt<br />

hier nicht durch eine Waffe o<strong>der</strong> durch<br />

Verhungern lassen. Nein, er vollzieht sich<br />

durch Realitätsverlust, durch die totale soziale<br />

Isolation. Ein unpassendes Beispiel?<br />

Fühlt sich ein Amok-Täter auf Rachezug<br />

nicht sozial tot, hat er denn nicht nichts<br />

mehr zu verlieren, weil er sich aus <strong>der</strong> sozialen<br />

Getragenheit verstoßen fühlt, entwertet?<br />

Waldorf-Gewalt<br />

– ein Paradox?<br />

Aber wir hier doch nicht: Waldorf-Gewalt,<br />

das wäre doch ein Wi<strong>der</strong>spruch in sich<br />

– sicherlich. Beschwichtigend beschwören<br />

lässt sich ein besseres Verhältnis <strong>der</strong> SchülerInnen<br />

zur Lehrerschaft als sonst üblich,<br />

eine intensivere Einbindung <strong>der</strong> Elternschaft,<br />

somit eine guten gegenseitigen Gesamtwahrnehmung<br />

und Gesprächsbereitschaft<br />

an den Konfliktgrenzen.<br />

Unser Schulklima also anlagegemäß ein<br />

gewaltfreieres, out of Erfurt-area, sozusagen,<br />

klare Distanzierung? Seien wir vorsichtig,<br />

hüten wir uns vor pharisäerhaftem Tugendgefühl!<br />

Das soziale Wie<br />

Sind wir denn in unserem Sozialklima<br />

immer vermittelnd genug, nahe an den Jugendlichen<br />

tätig, so dass diese ihre persönliche<br />

Lebensperspektive mit unserer Unterstützung<br />

entwickeln und verwirklichen können?<br />

Auch o<strong>der</strong> gerade wir bei Waldorf<br />

müssen das SOZIALE WIE unserer pädagogischen<br />

Normalität genau hinterfragen,<br />

46<br />

müssen typische Konflikte untersuchen, vorhandene<br />

Lösungsrealitäten erfassen. Wir setzen<br />

doch auf Menschenkunde, auf ganzheitliche<br />

Würdigung <strong>der</strong> Persönlichkeit, auf<br />

individuelle För<strong>der</strong>ung, auf das Messen eines<br />

jeden Schülers an seinen eigenen Möglichkeiten<br />

und Fähigkeiten. Tun wir das konsequent<br />

genug?<br />

➠ Vermeiden, verhin<strong>der</strong>n wir Ausgrenzungen,<br />

Demütigungen, innere Verletzungen?<br />

➠ Verfügen wir über das Maß an sozialer<br />

Vermittlung, an Annnahme und Unterstützung,<br />

das dort in Erfurt offenbar<br />

massiv gefehlt hat?<br />

Gewaltfreiheit: Visionsauftrag an Schule<br />

Hier und überall, wo Schule fürs Leben im<br />

Leben sein will, gilt es, den zentralen Lebenswert<br />

für Jugendliche und Erwachsene, das<br />

Grundrecht auf unantastbare Menschenwürde<br />

und Freiheit einer jeden einzelnen<br />

Persönlichkeit uneinschränkbar zu för<strong>der</strong>n<br />

und zu schützen. Die verfassungegebenen<br />

Garantien auf Gleichheit und Freiheit uneingeschränkt<br />

zu leben, und zwar in je<strong>der</strong> tagtäglichen<br />

Unterrichtssituation. Erst wenn die<br />

Grundrechte besser eingehalten und immer<br />

weniger verletzt werden, verlieren viele soziale<br />

Konflikte und Probleme an existenzieller<br />

Schärfe. Schärfen wir unsere soziale Sensibilität<br />

füreinan<strong>der</strong>. Dafür ist die Schule<br />

doch <strong>der</strong> ideale Lernort! Und gerade jetzt,<br />

wo die Gewalt in <strong>der</strong> Weltpolitik draußen so<br />

vielfältig auf dem Vormarsch ist, gerade jetzt<br />

ist Schule um so mehr aufgerufen, zukunftsweisend<br />

die Vision einer friedlicheren Welt<br />

modellhaft in ihrem Mikrokosmos vorzuleben.<br />

Damit erst begänne lebendige Pädagogik.<br />

HAJO PLÜMER (LEHRER)

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