einkaufswelten - Altstoff Recycling Austria
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Fotos: Thomas Schauer<br />
weiter an, und das, „obwohl das Konsumbudget in Österreich<br />
in den letzten fünf Jahren real um etwa sechseinhalb Prozent<br />
zurück gegangen ist“, erklärt Karl Kollmann, Leiter der Abteilung<br />
Konsumentenschutz der AK Wien. Die Ursachen für<br />
den Drang zu haltlosem Shopping, meint Kaufsucht-Studienautorin<br />
Kautsch, seien unterschiedlich. Es könne eventuell<br />
eine psychische Beeinträchtigung vorliegen. „Jemand muss<br />
zum Beispiel jeden Tag einkaufen gehen und gibt mit einem<br />
Schlag große Summen aus.“ Dabei entstehe ein Gefühl der<br />
Befriedigung, „das Einkaufen wird so zum Hauptaspekt des<br />
Lebens“. Die AK fordert deshalb den Unterrichtsgegenstand<br />
„Vebraucherbildung“.<br />
WIE IM RICHTIGEN LEBEN. In Ansätzen wird dies in der<br />
„Stadt der Kinder“ in Wien, Minopolis, die am 25. November<br />
2005 ihre Tore für alle Vier- bis Vierzehnjährigen öffnete,<br />
verwirklicht. „Die Kinder sollen Spaß haben, Action erleben,<br />
es einfach lustig haben“, erzählt Ursula Gastinger, geschäftsführende<br />
Gesellschafterin von Minopolis. „Und im Unterbewusstsein<br />
haben sie dabei irrsinnig viel gelernt.“ Es geht<br />
darum, Kindern etwa den Wert des Geldes zu vermitteln.<br />
Wenn das Startkapital („Eurolinos“, die extra von der Nationalbank<br />
gedruckt wurden) aufgebraucht ist, dann muss man<br />
sich eben eine Arbeit suchen, damit man wieder genug auf<br />
der hohen Kante hat, um es beispielsweise bei einer Bank zu<br />
sparen, oder um es etwa im Supermarkt wieder auszugeben.<br />
Kinder sind für den Handel in der richtigen Welt schließlich<br />
auch eine interessante Zielgruppe.<br />
„Minopolis“: Müllabfuhr und Bäckerei<br />
ZIELGRUPPE KIND. Wer die Kinder am besten anspricht, hat<br />
auch die größten Chancen auf deren Taschengeld: Die Rede<br />
ist von 400 Millionen Euro jährlich allein in Österreich.<br />
Da kann es nicht schaden, die Kleinen schon mal spielerisch<br />
an die Marke zu binden. Ein Markenbewusstsein entwickeln<br />
die Kids allerdings erst ab einem Alter von zwölf Jahren. So<br />
ändern sich auch die Funktionen der Marke je nach Alter<br />
und Entwicklungsstufe. Während in sehr frühen Jahren vor<br />
allem das Demonstrieren von Dazugehörigkeit – mitunter<br />
verbunden mit sozialem Druck – im Mittelpunkt steht, wird<br />
mit zunehmendem Alter das Abgrenzungsbedürfnis immer<br />
wichtiger: „Wir grenzen uns von anderen ab, indem wir in<br />
Topic<br />
bestimmten Läden einkaufen, und wir bilden eine Gruppe<br />
mit jenen, die das gleiche Geschäft bevorzugen“, schreibt<br />
auch Reto U. Schneider. Eine Tragetasche mit der richtigen<br />
Marke drauf kann da sogar zum Statussymbol werden.<br />
Schon Anfang des<br />
20. Jahrhunderts erkannte<br />
der Handel, dass gratis<br />
verteilte Tragetaschen den<br />
Umsatz fördern und<br />
zudem ein billiger Werbeträger<br />
sind. 1953 kamen<br />
die ersten Plastikbeutel<br />
auf den Markt. Bald<br />
schon war das Sackerl<br />
allerdings Symbol der<br />
Verschwendung und des<br />
rücksichtslosen Umgangs<br />
mit der Natur geworden.<br />
Zu dieser Zeit ließ sich Kunststoff nur schwer recyceln, und<br />
die Devise lautete „Jute statt Plastik“. Durch modernes<br />
<strong>Recycling</strong> werden Tragetaschen heute verwertet.<br />
ABFALLVERMEIDUNG GEFRAGT. Pro Jahr sind es, statistisch<br />
gesehen, rund zwei Tonnen Müll, die eine vierköpfige Familie<br />
hinterlässt. Davon sind rund 60 % Restmüll aus dem häuslichen<br />
Mistkübel und 20 % getrennt gesammelte Verpackungen.<br />
Der Rest sind Zeitungen, Zeitschriften, Biomüll etc.<br />
WissenschafterInnen am Institut für Abfallwirtschaft der<br />
Universität für Bodenkultur Wien haben herausgefunden,<br />
dass nahezu die Hälfte des häuslichen Restmülls aus Lebensmitteln<br />
besteht. Viele davon werden sogar originalverpackt<br />
weggeschmissen, vor allem zu Weihnachten wird ihre Zahl<br />
wieder steigen.<br />
SozialforscherInnen wiederum sehen den Trend, dass KonsumentInnen<br />
vermehrt zu Fertigprodukten greifen. Um die<br />
Qualität von Produkten wie Fertigpizza oder Tiefkühlgemüse<br />
zu garantieren, müssen diese meist aufwändig verpackt werden,<br />
wodurch mehr Verpackungsabfall entsteht. Wo möglich<br />
setzen allerdings bereits viele Produzenten auf Abfallvermeidung.<br />
Sie reduzieren den Materialeinsatz und erzeugen<br />
deutlich dünnere und leichtere Packstoffe. Tobias Schediwy,<br />
Marktforscher bei Fessel-GfK, beobachtet eine weitere Entwicklung:<br />
„Wir sehen in den letzten Jahren eine niedrigere<br />
Kauffrequenz, die Leute gehen weniger oft, dafür aber mit<br />
größeren Beträgen einkaufen.“ Sie kaufen dann größere<br />
Mengen und Multipacks, obwohl sie diese nicht brauchen,<br />
der Rest landet dann im Abfall. Die Devise „So viel wie<br />
nötig, so wenig wie möglich!“ sollte also sowohl für KonsumentInnen<br />
beim Einkauf als auch für Produzenten von<br />
Verpackungen lauten.<br />
Anhand der vielen Facetten, die hier aufgezählt wurden,<br />
lässt sich bereits eines erkennen: „Ob wir wollen oder nicht“,<br />
schreibt Reto U. Schneider, „zu einem mehr oder weniger<br />
großen Teil wird unser Leben durch Shopping bestimmt.<br />
Es befriedigt offenbar tiefe Bedürfnisse des Menschen – und<br />
weckt andere.“<br />
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