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Ja zur neuen Linkspartei! - Die Linkspartei - Die Linke

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trag: »Hör gut zu, das ist was fürs Leben!« Fast alle im Saal,<br />

soweit einzeln wahrnehmbar, klatschen. <strong>Die</strong> Stimmung ist<br />

prächtig. Sozusagen gut. (Via Phoenix ist das nicht annähernd<br />

so zu spüren, live ist eben doch live.)<br />

Als der einstige Ministerpräsident ankündigt: »Wir haben<br />

an der Saar etwas vor. Wir wollen 2009 den Regierungswechsel<br />

herbeiführen, und ich werde wieder für das Amt des saarländischen<br />

Ministerpräsidenten kandidieren«, da erheben<br />

sich viele. Bravo, Pfi ffe, Jubel, die Halle tobt, als hätte er soeben<br />

das entsprechende Wahlergebnis verkündet.<br />

Bis dahin ist noch ein bisschen Zeit. Bis dahin gibt’s für<br />

die <strong>Linke</strong> noch viel zu tun, zum Beispiel weitere Ortsvereine<br />

gründen und zum Laufen bringen.<br />

Yvonne Ploetz leitet den Ortsverein Blieskastel. An die 40<br />

seien sie, auch Mama und Schwester sind dabei. Papa noch<br />

nicht. Mit 14 war sie in der Jungen Union, die machten Politik<br />

und Party. Jetzt macht Yvonne Politik und Party, von links.<br />

Vor zwei <strong>Ja</strong>hren trat sie in die <strong>Linkspartei</strong> ein: »... als ich<br />

merkte, da ist Zukunft drin.« Sie steht, mittlerweile auch als<br />

Landesvorstandsmitglied, vor allem für die Themen Jugend<br />

und Kampf gegen Rechtsextremismus. Ihr coolstes Erfolgserlebnis<br />

war das Konzert »Red Rock« mit Ska und Rock und<br />

fast 500 Leuten in der Festhalle Blieskastel. Was im Sommer<br />

2006 so viel Resonanz hatte, soll im Sommer 2007 wiederholt<br />

werden.<br />

Yvonne studiert in Trier Politik, dazu Kunst und Soziologie.<br />

Auch ansonsten scheint sie sich für die Herausforderungen<br />

des Lebens zu wappnen: Im Judo hat sie den braunen Gürtel,<br />

außerdem lernt sie chinesisch. Vielleicht führt ihr Berufsweg<br />

später in die Politik. Käme da die Landtagswahl nicht<br />

recht? <strong>Die</strong> gängige Floskel beherrscht sie jedenfalls schon:<br />

»Ich lass es auf mich zukommen.«<br />

Inzwischen ist Gregor Gysi eingetroffen; vormittags machte<br />

er im bayrischen Passau auf Aschermittwoch und nun im<br />

saarländischen Wallerfangen. Lafontaine kommt mit seiner<br />

Rede bald zum Ende – Applaus, Applaus –, damit Gysi mit<br />

seiner Rede zum Anfang kommen kann. Phoenix diszipliniert;<br />

die Fraktionschefs teilen sich artig die Redezeit, die<br />

ihnen die 60-Minuten-Sendung zubilligt. Gysi pocht heftig<br />

auf Solidarität und Chancengleichheit: »Ich will nicht, dass<br />

ein Krankenhaus sich rechnet, ich will, dass in einem Krankenhaus<br />

alle gesund werden. – Das sind zwei völlig unterschiedliche<br />

Ansätze.« <strong>Die</strong> <strong>Linke</strong> habe Alternativen: für einen<br />

gesetzlichen Mindestlohn, für Investitionen in Bildung und<br />

Kultur ...<br />

Auch Gysi jubeln die Festsaalleute begeistert zu. Eine<br />

Stimmung wie im heißen Wahlkampf. Ein Volksfest zum Wiederkommen.<br />

Es ist zwei nach acht, Phönix hat sich verabschiedet, Gysi<br />

macht auch Schluss, womit die Politik rein redenmäßig am<br />

Ende ist. Doch vom Publikum verlässt (fast) niemand den<br />

Saal. Am Lafontaine-Gysi-Tisch versammelt sich eine Wartegemeinschaft:<br />

einige bringen kleine Geschenke mit (nur<br />

für Oskar), etliche reichen Wimpel, Bücher, Flyer für Autogramme<br />

(von beiden) herüber. Und Fotos sind auch noch zu<br />

machen.<br />

Unterdessen erlebt die Vorfreude auf den Hering ihren<br />

Höhepunkt: Der Fischzug erreicht endlich den Saal. Halt,<br />

erst gibt’s die Beilage in Brikettgröße: Riesenpellkartoffeln.<br />

Auf Riesenplatten schleppt meine Servierin sie herbei. Den<br />

Fisch bringen andere. Wie der Landesgeschäftsführer, der<br />

einen Wagen voller Teller durch die schmalen Reihen bugsiert.<br />

Über all dem musiziert unverdrossen Concordia, und<br />

die Leute reden und mampfen und reden miteinander.<br />

Im kleinen Saarland, erläutert mir jemand, kenne jeder jeden.<br />

Das ist möglicherweise übertrieben, denn ich beobachte<br />

mindestens sechs, sieben Saarländerinnen und Saarländer,<br />

170 DISPUT März 2007<br />

die zu Beginn des Abends einander nicht kannten und trotzdem<br />

miteinander bestens ins Gespräch kommen. (Ich fl üchte<br />

ein bisschen in aufmerksame Passivität, was von der Gegenüber-Frau<br />

verständnisvoll mit den Worten quittiert wird:<br />

»Sie sind mehr so ein Zuhörer – ich liebe auch mehr das Zuhören.«<br />

Das sagt sie wirklich, und ich bin ihr dankbar.)<br />

Allein die servierende Bürokraft mimt Empörung, als ich<br />

sie mit Blick auf den Aufdruck »DIE LINKE« auf ihrem Poloshirt<br />

frage, ob man Mitglied sein müsse, um hier und heute<br />

kellnern zu dürfen. »Nein!«, gibt sie <strong>zur</strong>ück, sie habe sich<br />

überreden lassen, und einen Abend lang könne sie das ja<br />

schon mal tragen. Zur Politik, philosophiert sie, sagen die einen<br />

so und die anderen so. Und sie selbst? Manchmal interessiere<br />

sie auch Politik. Wann? Wenn’s um Steuern geht.<br />

Thomas schiebt und schleppt unaufhörlich Teller durch<br />

die Gegend. Yvonne auch, Christa, die Frau eines der Hauptredner,<br />

ebenfalls. Der Mann der Pressefrau, ein Bauingenieur,<br />

hat seinen Helferplatz an der Spüle gefunden. Gut 40<br />

Freunde helfen. Zu vorgerückter Stunde nimmt der Landesvorsitzende<br />

Blumen und Gysi und bedankt sich in der Küche.<br />

Schon am Vortag, einige nahmen extra Urlaub, hatten<br />

sie mit Hand angelegt für ihren Politischen Aschermittwoch.<br />

<strong>Die</strong>s scheint hier das Selbstverständlichste der linken Welt<br />

zu sein.<br />

Ebenso selbstverständlich nimmt mich Manfred mit nach<br />

Saarbrücken. Manfred ist Former. Zunächst verstehe ich Farmer,<br />

Landwirt, das muss an meinen müden Ohren liegen. Er<br />

ist seit vielen <strong>Ja</strong>hren in einer Gießerei (wo es ja bekanntlich<br />

selten Farmer gibt), er ist Betriebsrat und WASG. Lange <strong>Ja</strong>hre<br />

gehörte er der SPD an, damals, als er sie noch mit dem<br />

Eintreten für die kleinen Leute in engste Verbindung bringen<br />

konnte. Geschichte für ihn. <strong>Die</strong> Zukunft sieht er in einer<br />

<strong>neuen</strong> und starken <strong>Linke</strong>n. Es wird Zeit, sagt er mir zwischen<br />

Bous und Völklingen, dass auch formal alles klar wird und<br />

dass sich die <strong>Linke</strong> auf einem höheren Niveau stabilisiert.<br />

Das Saarland, erklärt mir Manfred, sei ziemlich klein:<br />

Wenn du in Saarbrücken aufs Gas trittst, bist du schon in<br />

Rheinland-Pfalz. Das aber wäre nach diesem Abend irgendwie<br />

schade.<br />

Im Sommer folgt die nächste große Politsause: das Sommerfest<br />

der <strong>Linke</strong>n am 14. August. Ohne Hering, wahrscheinlich.<br />

Aufmerksam und begeistert. Der Politische Aschermittwoch<br />

bescherte der <strong>Linke</strong>n ein volles Haus.<br />

© Stefan Richter

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