Ja zur neuen Linkspartei! - Die Linkspartei - Die Linke
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schen zu tun. Den ersten bezahlten Auftrag als Selbständige<br />
habe ich ab Mitte März in Frankfurt/Main – die Betreuung<br />
einer demenzkranken Frau. Und wenn ich dort bin, recherchiere<br />
ich, wo ich einen Anschlussauftrag bekomme.<br />
Das ist wie bei Wanderarbeitern ...<br />
Tja, bei den einen fahren die Männer auf Montage und hier<br />
halt die Frau. Reich werden kann man davon nicht. Doch die<br />
Alternative für mich wäre gewesen: noch vier Monate Arbeitslosengeld<br />
und anschließend Hartz IV. Das <strong>Ja</strong>hr, in dem<br />
die Existenzgründerzuschläge laufen, will ich nutzen, um<br />
mich weiterzubilden. Ich kann mir vorstellen, Sterbebegleitung<br />
zu machen oder Krankenhausnachsorge. Das sind sensible<br />
Bereiche.<br />
Welche besondere Fähigkeiten braucht man dort vor allem?<br />
Geduld und dass man ertragen kann, sich beispielsweise –<br />
wie jetzt bei der Demenzkranken – vielleicht viermal am Tage<br />
der Dame vorstellen zu müssen: Ich bin Frau Töpsch, Ihre<br />
neue Pfl egerin ... Man muss ein bisschen Wehleidigkeit hinnehmen<br />
und selber abschalten können.<br />
Wo hast Du das gelernt?<br />
Iris Töpsch, 50, zu Hause in Sangerhausen. Ehrenamtlich im Stadtrat und im Kreistag,<br />
im Kinderschutzbund und in der Hartz-IV-Beratung<br />
Weiß ich nicht. Aber ich kenne das von meiner Mutti – sie<br />
hat sich in ähnlichen Situationen zwei, drei Stunden abgekapselt,<br />
und danach war alles wie weggeblasen. Ich konnte<br />
im Beruf auch schnell abschalten: aus dem Betriebstor raus,<br />
Schalter rum, Angelegenheit erledigt ...<br />
Du hast Emotionen angesprochen – was regt Dich im Alltag<br />
am meisten auf?<br />
Zum Beispiel die bürokratischen Vorgänge bei der Arbeitslosenberatung<br />
– wenn sich keiner bemüht, Spielräume auszuloten<br />
und nach Möglichkeiten der Hilfe zu suchen. Ich hab‘s<br />
neulich wieder erlebt: Nach Ablehnung eines Antrages haben<br />
wir mit unseren Argumenten einen Überprüfungsantrag<br />
gestellt und am nächsten Tag kam die Bewilligung. Aber<br />
erst mal gingen sie auf Dummenfang, nach dem Motto: Vielleicht<br />
lässt sich‘s derjenige ja gefallen ... Solche Sachen regen<br />
mich auf. Oder wenn man eine schon ausdiskutierte Sache<br />
wieder und wieder auf den Punkt bringt und damit die<br />
290 DISPUT März 2007<br />
anderen nervt. Wie bei uns im Stadtrat, wo Fragen, die bereits<br />
entschieden worden sind, immer wieder aufgerufen<br />
werden, nur um einer Person deutlich zu machen, wir wollen<br />
dich nicht.<br />
Meinst Du die eigene Partei?<br />
Nein, Abgeordnete der Bürgerinitiative für Sangerhausen,<br />
die alle Dinge, die schief laufen, dem Oberbürgermeister anlasten<br />
wollen. Der OB ist von uns, <strong>Die</strong>ter Kupfernagel.<br />
Wie hat sich Sangerhausen in den vergangenen anderthalb<br />
<strong>Ja</strong>hrzehnten entwickelt?<br />
<strong>Die</strong> Infrastruktur sehr positiv. In der Innenstadt ist viel saniert<br />
und schön gemacht worden, auch die Achse zum Rosarium,<br />
dem berühmten Rosengarten. In den Wohngebieten<br />
hat sich ebenfalls einiges getan, leider auch eine Menge Abriss.<br />
Das Problem von Sangerhausen ist, dass die Stadt nur<br />
wegen des Bergbaus so groß geworden ist. Viele sind wegen<br />
der Arbeit hierher gezogen, sie haben nicht so die emotionale<br />
Bindung <strong>zur</strong> Stadt.<br />
Es gibt eine sehr hohe Arbeitslosigkeit. Der Bergbau ging<br />
völlig den Bach runter, Mifa, die Fahrradfabrik, war so gut<br />
wie auf Null, und die Maschinenfabrik ist total abgerissen.<br />
Helfen,<br />
das ist<br />
mein Bier<br />
<strong>Die</strong> Firmen kommen und gehen, darauf hat Kommunalpolitik<br />
keinen Einfl uss.<br />
Worauf hat Kommunalpolitik Einfl uss?<br />
Auf die Rahmenbedingungen für die Ansiedlung, indem du<br />
Unternehmen durch Wirtschaftsförderung den Weg ebnest,<br />
indem du durch entsprechende Preisverhandlungen verdeutlichst,<br />
dass man jemanden unbedingt in der Stadt haben<br />
will.<br />
Müssen sich <strong>Linke</strong> über solche Dinge mehr Gedanken machen<br />
als über die Sicherung sozialer Leistungen?<br />
Das ist immer eine konkrete Einzelentscheidung. Kindergärten<br />
brauchen wir nur, wenn auch Familien hier sind, und Familien<br />
sind nur hier, wenn sie Arbeit haben. Deshalb Wirtschaftsförderung<br />
– ja, Kindertagesstätten und dergleichen –<br />
auf jeden Fall! Das ist der Zwiespalt der Frage, wie ich Wirtschaft<br />
fördere. Nehmen wir Mifa. <strong>Die</strong> haben ein Grundstück