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viertei jahresschrift des instituts für deutsche ostarbeit krakau

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eunruhigte damit die preußischen und österreichischen Polizeistellen (Gelber, S. 92 ff.). Einen ganz besonderen Auftrieberhielt der Gedanke der Gründung eines Judenstaates in Palästina nach der D a m a sk u s-A ffä re vom Jahre1840. Er verschwand seitdem nicht mehr aus der europäischen Publizistik und mündete schließlich in das zurGenüge bekannte Programm <strong>des</strong> Z io n ism u s ein.Neben Palästina wurden gelegentlich noch andere Gebiete der Erde genannt, auf denen man Judenstaaten errichtenzu können glaubte. So soll H erm an n M o ritz v o n S a ch sen kurz vor seinem Tode (1750) den Gedanken gehegthaben, in S ü d a m erik a einen Judenstaat zu gründen und sich als <strong>des</strong>sen König ausrufen zu lassen, nachdem seinephantastischen Kolonisationsprojekte auf M a d a ga sk a r und auf der Insel T o b a g o nicht zustande gekommen waren(Gelber, S. 25). 1819 veröffentlichte ein gewisser W. D. R o b in s o n in London eine Broschüre, in der er die S c h a f­fu n g jü d is c h e r S ie d lu n g e n am o b e re n M ississip p i verlangte (Gelber, S. 282). Gleichsam als Probe <strong>für</strong> dieGründung <strong>des</strong> in Palästina geplanten Judenstaates versuchte der oben bereits genannte M o rd e ch a i Im m a n u elN oah 1820 auf der In s e l G rand Is la n d am Niagaraflaß eine Judenkolonie zu gründen (Gelber, S. 62). 1832 bemühtesich der jüdische Kaufmann B e rn h a rd B eh ren d aus Rodenberg (Hessen) vergeblich, Rothschild zum Ankaufeines Siedlungsgebiets <strong>für</strong> <strong>deutsche</strong>, polnische und italienische Juden in N o rd a m e rik a zu bewegen (Gelber, S. 85ff.).1840 kam unter dem Kryptonym C. L. K. in Berlin eine Broschüre heraus, die den Titel „Neujudäa“ trug. Der unbekannteVerfasser hielt <strong>für</strong> die Gründung eines Judenstaates vor allem die Staaten M issou ri, M ich ig a n , A r k a n ­sas und O re g o n <strong>für</strong> geeignet (Gelber, S. 176).Während <strong>des</strong> Dekabristenaufstands (1825) sind in Rußland zwei Projekte bekanntgeworden, die die Lösung in andererRichtung suchten. So schlug P e ste i vor, den russischen Juden eine militärische Unterstützung gegen die Türkenzu gewähren, damit sie sich in K le in a s ie n ein Stück Land <strong>für</strong> einen eigenen Staat erobern könnten (Gelber, S. 56fL).Ein anderer Dekabrist, der getaufte Jude P e rez, empfahl <strong>für</strong> die Kolonisation der Juden ein T e r rito riu m in derK rim o d e r im N ahen O rie n t (Gelber, 60f.).sAus dieser Übersicht ersehen wir, wie in vorzionistischer Zeit Palästina die Hauptanziehungskraftbesaß, wie man aber auch schon in anderen Richtungen eine Lösung suchte. Währenddie Juden also im allgemeinen an Palästina festhielten, ließen die Nichtjuden ihre Blicke überdie menschenleeren oder menschenarmen Gebiete der Erde schweifen, um in ihnen Platz <strong>für</strong>einen Judenstaat zu finden.Nach diesem einführenden Überblick kehren wir zu der in unserem Thema enthaltenen Fragezurück: Welche Projekte <strong>für</strong> die Gründung eines Judenstaates sind in der polnischenPublizistik bekanntgeworden?iDer polnischen Publizistik vom 16. bis zur Mitte <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts waren Judenstaatsprojekteunbekannt. Gewiß findet sich sehr oft die Forderung, man möge die Juden vertreiben.Aber bei diesen Wünschen machte man sich durchaus keine Gedanken darüber, wo die Judenbleiben sollten. So verlangte z. B. Sebastian Sleszkowskj, der Arzt <strong>des</strong> Bischofs Simon Rudnickivon Ermland, in seiner 1621 erschienenen antijüdischen Schrift: „Odkrycie zdrad, zlosliwychceremoniy usw.“ die völlige Vertreibung der Juden aus Polen, weil ohne diese Entlastungdie Republik nicht werde bestehen können. Aber der einzige Staat, der in jener Zeit Juden ausPolen hätte aufnehmen können, war die Türkei, und dieser die Juden zuzutreiben schien wegenihrer Kenntnis von Land und Leuten unter militärischen Gesichtspunkten gefährlich, so daßSleszkowski seinen Vorschlag der Ausweisung der Juden zurücknahm und sie lieber als Ackersleutein Polen angesiedelt wissen wollte.Die polnische Publizistik jener Zeit beschäftigte sich vorwiegend mit der Aufzählung von Beispielen<strong>für</strong> die Schädlichkeit der jüdischen Tätigkeit und vermochte sich zu konkreten Projektennicht aufzuraffen. In einer 1766 erschienenen, dem Könige gewidmeten Broschüre „Zdrada odkryta,obluda zawstydzona usw.“ meinte der unbekannte Verfasser, daß eine Vertreibung derJuden gar keine angemessene Strafe <strong>für</strong> die Verwüstung <strong>des</strong> Staates wäre, und verlangte vielmehräußerste Ausnützung der jüdischen Arbeitskraft <strong>für</strong> seinen Wiederaufbau.Auch die polnische Publizistik zur Zeit <strong>des</strong> großen Reformreichstags, die der brennenden Judenfragegroßes Interesse entgegenbrachte, wollte von einer Aussiedlung der Juden nichts wissen.So erklärte ein Redner 1789 auf dem polnischen Reichstag: „Wein es gewiß ist, daß die Bevölkerung<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> dieses stark und reich macht, so ist es schwer zu bestreiten, daß die Entblößung15

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