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viertei jahresschrift des instituts für deutsche ostarbeit krakau

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jüdischen Politik. In Osteuropa gewann d er zionistische -Gedanke, von Rußland ausgehend,seit den 60er Jahren immer weiter an Boden. Die Formulierung <strong>des</strong> zionistischen Ideengutsdurch Herzl in seinem „Judenstaat“ (1896) und die Aufstellung <strong>des</strong> Programms auf dem1. Zionistenkongreß in Basel (1897) bedeuteten den Versuch, den Zionismus West- und Osteuropaszu einer gemeinsamen Kampffront zu vereinigen, westeuropäische Hochfinanz und osteuropäischeJudenmassen <strong>für</strong> die Durchsetzung der Ansprüche auf Palästina zu verbinden.Die polnische Publizistik nahm am Ende <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts zu dem Palästinaprojekt derZionisten in verschiedener Weise Stellung. Ein Teil begrüßte es in der Hoffnung auf eine baldigefühlbare Entlastung Polens, ein anderer hielt es <strong>für</strong> undurchführbar. So meinte z. B. Kolasinski16), das Zukunftsland der Juden in Mittel- oder Südamerika suchen zu müssen, in Mexiko,Nikaragua, Honduras, Kolumbien, Ekuador oder Brasilien. Palästina „wäre bestenfallsnur ein neuer Friedhof <strong>für</strong> die zukünftigen Ansiedler (S. 44)“ . Eine dritte Gruppe der polnischenPublizistik bezweifelte überhaupt die Ernsthaftigkeit der zionistischen Propaganda undsah in dem palästinensischen Judenstaatsprojekt nur ein propagandistisches Mittel zur Mobilisierungder j üdischen Massen <strong>für</strong> den Gedanken der j üdischen W eltherrschaft. „ W iePalästinaderjüdischen Politik in der Alten Welt als Brücke zwischen Ost und West dienen soll,so soll auf der ändern Halbkugel in Argentinien die zweite fundamentale Operationsbasisangelegt werden — als Brücke <strong>für</strong> die jüdischen Einflüsse zwischenEuropa und Amerika. Das sind die Gründe, warum die Emigration eines Teiles <strong>des</strong> jüdischenProletariats gewöhnlich nach Palästina gerichtet wird, eines ändern Teils aber nach Argentinien.Palästina hat in jedem Falle die wichtigere Aufgabe — durch seine Lage in der unmittelbarenNähe Europas am Mittelländischen Meer sowie am Suezkanal, der den Zugang zu den reichstenLändern Asiens und Ostafrikas eröffnet. Die hiesigen Juden also schätzen Palästina höher alsArgentinien, das zu weit entfernt liegt und <strong>des</strong>sen Ausnutzung <strong>für</strong> die Einflüsse <strong>des</strong> Judentumsden Massen weniger verständlich, weniger populär ist.“ So verberge sich unter dem Scblagwortder Kolonisation Palästinas das Streben nach der Weltherrschaft durch Eroberung von Schlüsselpositionen17).In den Jahren vor dem ersten Weltkrieg und während <strong>des</strong>selben trat in der polnischen Publizistikimmer stärker die Sorge hervor, daß der Zionismus, <strong>des</strong>sen Palästinaprojekt mit gewaltigenSchwierigkeiten verbunden war, den Versuch machen könnte, in seinem osteuropäischenWohngebiet einen Judenstaat zu gründen oder von einem künftigen polnischenStaat die Anerkennung der Gleichberechtigung <strong>des</strong> jüdischen Volkes mit dem polnischen zu erzwingen.Diese zweifellos drohende Gefahr hat am Ende <strong>des</strong> ersten Weltkriegs vom polnischenVolke noch abgewehrt werden können, indem es den polnischen Delegierten in Versailles gelang,die von den Juden angestrebte Anerkennung als zweite Staatsnation neben den Polen zu hintertreiben.Waren die Projekte <strong>für</strong> die Gründung eines selbständigen Judenstaates im 19. Jahrhundertüberwiegend von Nichtjuden ausgearbeitet worden, so geriet die polnische Publizistik seit derJahrhundertwende immer mehr ins Fahrwasser der jüdischen Presse. Seit dem Durchbruch <strong>des</strong>Zionismus waren es die Juden, die alle Erdteile nach Siedlungsgebieten <strong>für</strong> die ostjüdischenMassen durchforschten und die praktischen Möglichkeiten erörterten. Die polnische Publizistikbeschränkte sich anfänglich darauf, die auftauchenden Projekte zu kritisieren und auf den Nutzen<strong>für</strong> den polnischen Staat zu prüfen. Wenn auch die bekannte Balfour-Deklaration vom2. Nov. 1917 Palästina als Siedlungsgebiet der Juden besonders herausstellte, so war diesesLand doch n u r eines der vielen Gebiete, auf die die Juden im Laufe der letzten40 Jahre die Aufmerksamkeit der Welt lenkten. Die Notwendigkeit, neben Palästina18) C zlow iek S z cz e r y (d. i. Micbal Kolasiüski), Polityczne samoböjstwo. Teil Ir Antygemityzm zgubf}. Krak. 1889.1T) T e o fil M e ru n o w ic z , Zydowscy radykalisci. Lemberg 1883, S. 44f.25

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