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viertei jahresschrift des instituts für deutsche ostarbeit krakau

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ein Bedürfnis nach Arbeitskräften eintritt und die Möglichkeit besteht, diesen einen Unterhaltzu gewähren, verdoppelt sich die Bevölkerung innerhalb 15 Jahren. Geben wir nur zu essen,liefern wir nur Brot, und wir können sicher sein, daß sich ganze Scharen einfinden werden! DieEheschließungen würden durch die erleichterte Möglichkeit zur Aufzucht der Kinder angeregt,und die Fremden würden infolge <strong>des</strong> leichten und ungehinderten Gewinns in kurzer Zeit eineBevölkerung heranführen, die vielleicht größer wäre, als die tatsächlichen Bedürfnisse unserergegenwärtigen Zivilisation sie erfordern (S. 20).“Zusammenfassend stellte Krasinski die Polen vor die Alternative: „Entweder werden wirdie Juden los, oder die Juden verderben vollständig den Charakter der Einwohner(S. 22).“ Und er rief seinen Landsleuten zu: „Beeilen wir uns, solange noch dieöffentliche Meinung hinter uns steht, nutzen wir die Frist, die uns noch gegebenist! Denn wenn wir diese letzte und vielleicht einzige Möglichkeit Vorbeigehen lassen,so wird der jüdische Einfluß in kurzer Zeit die Oberhand gewinnen, wird es bald schon zu spätsein (S. 23)!“Die genannten Projekte zur Gründung eines Judenstaates in Südrußland können allerdingswohl kaum als originale Konzeptionen der polnischen Autoren angesprochen werden, sondernsind offenbar durch die Bemühungen der russischen Regierung um Schaffung von Judenkolonienin den Provinzen nördlich <strong>des</strong> Schwarzen Meeres, in den sogenannten neurussischen Gebieten,angeregt worden7). Aber während in der russischen Politik nur von geschlossenen Kolonien dieRede war, dachten die Autoren der oben angeführten Projekte offenbar an die Schaffung einesJudenstaates oder eines staatsähnlichen Siedlungsgebietes <strong>für</strong> Juden.Die drei oben behandelten Broschüren aus dem Jahre 1818 haben jedoch keinen nachweisbarenWiderhall gefunden. Die Jahre 1818 bis 1820 brachten in der polnischen Publizistik eine Hochflutvon Traktätchen über die Judenfrage, die mit mehr oder weniger Geschick, Tiefe, Fanatismusoder Zurückhaltung die alten, in ganz Europa seit etwa 1780 gläubig propagierten und ineinigen Staaten in der Praxis versuchten Reformvorschläge wiederholten. In dieser Hochflutgingen die Forderungen nach Gründung eines eigenen Judenwohngebiets in Südrußland ungehörtund undiskutiert unter.Der Aufstand von 1830/31 leitete auch im Verhältnis der polnischen Intelligenz zur Judenfrageeine Wandlung ein. Hatte man bisher von einer Reform der Juden gesprochen, sich als den stärkeren,überlegenen Teil gefühlt, so begann man jetzt um die Hilfe der Juden zu werben. Um dieBun<strong>des</strong>genossenschaft <strong>des</strong> jüdischen Kapitals im Kampf um die WiederherstellungPolens zu gewinnen, war den polnischen Emigranten in Frankreich je<strong>des</strong> Mittel rechtund keine Erniedrigung zu tief. Sie betrachteten es nicht nur als eine Ehre zu betonen, daß dasSchicksal <strong>des</strong> polnischen und <strong>des</strong> jüdischen Volkes eine große Ähnlichkeit besitze, weil beide ihrenStaat verloren hätten; sie versprachen den Juden nicht nur völlige Gleichberechtigung in der zuerrichtenden polnischen Demokratie, .sondern sagten ihnen auch vollsteUnterstützung zu, falls dieJuden eines Tages daran dächten, ihren Staat in Palästina wieder aufzurichten. So heißt esz. B. in dem bekannten, von Lelewel in Paris verfaßten „Aufruf <strong>des</strong> Nationalkomitees an dasisraelitische Volk“ vom 3. Oktober 1832: Die Augen der Juden seien nach Palästina gerichtet,und sie sehnten sich nach der Wiedererrichtung <strong>des</strong> Judenstaates. „Ihr würdet gerne wünschen,daß euch jemand dazu verhelfen möge, daß euch alle helfen mögen. D ie Polen, unter denenihr auf ihrem Boden in großer Zahl wohnt, verhülfen euch gerne dazu, wennes von ihnen abhinge; sie werden euch helfen, wenn ihre Stunde kommt*).“7) Vgl. R. M a u ra ch , Russische Judenpolitik. Berlin-Leipzig-Wien 1939, S. 165 f., 249 f.*) L e le w e l, Odezwa komitetu narodowego do ludu izraelskiego, in: Mowy i pisma polityczne. Posen 1864, S. 143ff.18

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