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Carlos Castaneda Der Ring der Kraft Don Juan in ... - Wiechert-Haus

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Chaparral h<strong>in</strong>ter dem <strong>Haus</strong> h<strong>in</strong>über. Se<strong>in</strong>e Bewegungen löstenbei mir e<strong>in</strong> Gefühl <strong>der</strong> Rastlosigkeit aus. Um mich zuentspannen, f<strong>in</strong>g ich an. über me<strong>in</strong> Dilemma zu sprechen. Ichhatte den E<strong>in</strong>druck, daß es im Grunde zu spät war, so zu tun,als sei ich e<strong>in</strong> harmloser Außenstehen<strong>der</strong>. Unter <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>sLeitung hatte ich mich geübt, bis ich zu seltsamenWahrnehmungen fähig war, wie etwa das »Anhalten des<strong>in</strong>neren Dialogs« o<strong>der</strong> das Kontrollieren me<strong>in</strong>er Träume. Daswaren D<strong>in</strong>ge, die man nicht vortäuschen konnte. Ich hatte se<strong>in</strong>eAnweisungen befolgt, wenn auch nie buchstäblich, und es warmir zum Teil gelungen, me<strong>in</strong>e Alltagsrout<strong>in</strong>e zu unterbrechen,die Verantwortung für me<strong>in</strong>e Handlungen zu übernehmen undme<strong>in</strong>e persönliche Geschichte auszulöschen, und schließlichhatte ich e<strong>in</strong>en Punkt erreicht, vor dem ich mich vor Jahrennoch gefürchtet hätte: ich konnte jetzt alle<strong>in</strong> se<strong>in</strong>, ohne daßdies me<strong>in</strong>em körperlichen o<strong>der</strong> emotionalen Wohlbef<strong>in</strong>denAbbruch tat. Dies war vielleicht me<strong>in</strong> allererstaunlichster Sieg.In Anbetracht me<strong>in</strong>er früheren Hoffnungen und Stimmungenwar <strong>der</strong> Zustand, alle<strong>in</strong> und dabei nicht »wie von S<strong>in</strong>nen« zuse<strong>in</strong>, ganz unvorstellbar. Ich war mir all <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen,die <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben und <strong>in</strong> me<strong>in</strong>er Weltauffassungstattgefunden hatten, wohl bewußt, und mir war klar, daß esirgendwie überflüssig war, sich von <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>s und <strong>Don</strong>Genaros Enthüllungen über den »Doppelgänger« so tiefaufwühlen zu lassen. »Was mache ich denn falsch, <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>?«fragte ich. »Du läßt dich gehen«, fuhr er mich an. »Du me<strong>in</strong>st,es sei e<strong>in</strong> Zeichen von Sensibilität, <strong>in</strong> Zweifeln und Klagen zuschwelgen. Nun, wenn du die Wahrheit hören willst, du bistalles an<strong>der</strong>e als sensibel. Warum gibst du es also vor?Irgendwann habe ich dir e<strong>in</strong>mal gesagt, e<strong>in</strong> Krieger akzeptiert<strong>in</strong> Demut, was er ist.«»Du stellst es so dar, als brächte ich mich absichtlich <strong>in</strong>Verlegenheit«, sagte ich.»Allerd<strong>in</strong>gs br<strong>in</strong>gen wir uns absichtlich <strong>in</strong> Verlegenheit«,sagte er. »Wir s<strong>in</strong>d uns stets unserer Taten bewußt. Unserekümmerliche Vernunft bläht sich absichtlich zu dem Monstrumauf, das sie zu se<strong>in</strong> vorgibt. Sie ist aber zu kle<strong>in</strong> für e<strong>in</strong>e sogroße Schale.«Ich erklärte ihm, daß me<strong>in</strong> D ilemma wohl komplizierter sei. alser es nun darstelle. Denn solange er selbst und <strong>Don</strong> GenaroMenschen wie ich waren, machte ihre e<strong>in</strong>drucksvolleÜ berlegenheit sie zu V orbil<strong>der</strong>n für me<strong>in</strong> eigenes V erhalten.Waren sie aber im Grunde völlig an<strong>der</strong>e Menschen als ich. dannkonnte ich sie nicht mehr als Vorbil<strong>der</strong> akzeptieren, son<strong>der</strong>nmußte sie für wun<strong>der</strong>liche Orig<strong>in</strong>ale halten, denen ichunmöglich nacheifern mochte.»Genaro ist e<strong>in</strong> Mensch«, sagte <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> mit Bestimmtheit.»Gewiß. er ist nicht mehr Mensch als du. Aber das ist se<strong>in</strong>Verdienst, und es sollte dir ke<strong>in</strong>e Angst machen. Wenn eran<strong>der</strong>s ist - um so mehr Grund, ih n zu bewun<strong>der</strong>n.«»Aber se<strong>in</strong> An<strong>der</strong>sse<strong>in</strong> ist ke<strong>in</strong> menschliches An<strong>der</strong>sse<strong>in</strong>«,sagte ich.»Und was. glaubst du wohl, ist es? Etwa w ie <strong>der</strong> U nterschiedzwischen e<strong>in</strong>em Menschen und e<strong>in</strong>em Pferd'!*« »Ich weiß esnicht. Aber er ist nicht wie ich.« »Doch, das war er e<strong>in</strong>m al.«»Aber kann denn ich se<strong>in</strong>e Verän<strong>der</strong>ung begreifen?« »Gewiß.Denn du selbst verän<strong>der</strong>st dich.« »W illst du damit sagen, daßauch ich e<strong>in</strong>en Doppelgänger hervorbr<strong>in</strong>gen werde?«»Niemand br<strong>in</strong>gt e<strong>in</strong>en Doppelgänger hervor. Das ist nur e<strong>in</strong>ebildliche Redeweise. Und du. bei all de<strong>in</strong>em vielen Reden.bist doch den Wörtern h ilflos ausgeliefert. Du gehst ihrerBedeutung auf den Leim. Jetzt me<strong>in</strong>st du. man br<strong>in</strong>ge denDoppelgänger durch unredliche Tricks hervor, nehme ich an.Aber wir leuchtenden Wesen haben alle e<strong>in</strong>en Doppelgänger.Wir alle! E <strong>in</strong> Krieger lernt lediglich, sich dessen bewußt zuse<strong>in</strong>, das ist alles. Es gibt ansche<strong>in</strong>end unüberw<strong>in</strong>dlicheSchranken, die dieses Bewußtse<strong>in</strong> versperren. Aber das kannnicht an<strong>der</strong>s se<strong>in</strong>. Gerade diese Schranken machen das E rreichene<strong>in</strong>es solchen Bewußtse<strong>in</strong>s zu e<strong>in</strong>er so e<strong>in</strong>zigartigenHerausfor<strong>der</strong>ung.«»Warum habe ich soviel Angst davor. <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>?« »Weil duglaubst, <strong>der</strong> Doppelgänger sei das. was das Wort besagt, e<strong>in</strong>Doppelgänger o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Ich. Ich gebrauche diese Wörtern u r, um den Sachverhalt zu beschreiben. <strong>Der</strong>64 65

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