genauen Zeitpunkt, zu dem wir ihn treffen. Gel<strong>in</strong>gt es dir. dierichtige Zeit zu bestimmen, das <strong>Haus</strong> zu verlassen, dann wird esdir auch gel<strong>in</strong>gen, dich dorth<strong>in</strong> zu lenken, wo er ist.« Ich sagte<strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>, ich könne mir nicht vorstellen, daß jemandimstande sei, e<strong>in</strong> solches Rätsel zu lösen. »Wie kann <strong>der</strong>Umstand, daß ich zu e<strong>in</strong>er bestimmten Zeit das <strong>Haus</strong> verlasse,mich dorth<strong>in</strong> führen, wo <strong>Don</strong> Genaro sich aufhält?« fragte ich.<strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> lächelte und f<strong>in</strong>g an, e<strong>in</strong> Lied zu summen. Me<strong>in</strong>eAufregung schien ihn zu belustigen.»Das ist ja das Problem, das Genaro dir aufgibt«, sagte er.»Falls du genügend persönliche <strong>Kraft</strong> hast, wirst du mit absoluterGewißheit den richtigen Zeitpunkt bestimmen, zu demdu das <strong>Haus</strong> verlassen mußt. Warum die Tatsache, daß du zurrichtigen Zeit aufbrichst, dich führen wird, das ist etwas, wasniemand weiß. Und doch, wenn du genug <strong>Kraft</strong> hast, dannwirst du selbst feststellen, daß es so ist.« »Aber auf welcheWeise werde ich geführt werden, <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>?«»Auch das weiß niemand.«»Ich glaube, <strong>Don</strong> Genaro spielt mir e<strong>in</strong>en Streich.« »Dann seilieber vorsichtig«, sagte er. »Falls Genaro dir e<strong>in</strong>en Streichspielt, dann könnte es se<strong>in</strong>, daß du von diesem Streich nichtmehr aufstehst.«<strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> lachte über se<strong>in</strong> Wortspiel. Ich konnte nicht e<strong>in</strong>stimmen.Me<strong>in</strong>e Angst vor <strong>der</strong> Gefahr, die von <strong>Don</strong> GenarosMachenschaften ausg<strong>in</strong>g, war zu real.»Kannst du mir nicht wenigstens e<strong>in</strong> paar Tipps geben?« fragteich.»Da gibt es ke<strong>in</strong>e Tipps!« sagte er scharf. »Warum will <strong>Don</strong>Genaro so etwas tun?« »Er will dich auf die Probe stellen«,antwortete er. »Nehmen wir an, es ist f ü r ihn sehr wichtig zuwissen, ob du die Erklärung <strong>der</strong> Zauberer erfassen kannst.Wenn du das Rätsel löst, dann zeigt dies, daß du genügendpersönliche <strong>Kraft</strong> gespeichert hast und bereit bist. Wenn esdir aber nicht gel<strong>in</strong>gt, dann deshalb, weil du nicht genug <strong>Kraft</strong>hast, und <strong>in</strong> diesem Fall wäre die Erklärung <strong>der</strong> Zauberer für dichs<strong>in</strong>nlos. Ich me<strong>in</strong>e, wir sollten dir die Erklärung geben, ganzgleich, ob92du sie verstehst o<strong>der</strong> nicht. Das ist me<strong>in</strong>e Auffassung. Genaroist e <strong>in</strong> eher konservativer K rieger, er will die richtige Reihenfolge<strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>halten, und er wird sich nicht zufriedengeben,bis er glaubt, daß du bereit bist.«»W arum erzählst du mir nicht selbst von <strong>der</strong> Erklärung <strong>der</strong>Zauberer?«»Genaro muß <strong>der</strong>jenige se<strong>in</strong>, <strong>der</strong> dir h ilft.«»W arum ist dies so, <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>?«»G enaro will nicht, daß ich dir sage, warum «, sagte e r, »nochnicht.«»W ürde es mir denn schaden, die Erklärung <strong>der</strong> Zauberer zukennen?« fragte ich.»Das glaube ich nicht.«»B itte. <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>, dann sag sie m ir.«»Du machst wohl W itze. Genaro hat über diese Sache genaueVorstellungen, und wir müssen ihm Ehre erweisen und ihnrespektieren.«M it e<strong>in</strong>er gebieterischen Geste brachte er mich zumSchweigen.Nach e<strong>in</strong>er langen, entnervenden Pause wagte ich e<strong>in</strong>e Fragezu stellen.»Aber wie kann ich dieses Rätsel lösen, <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>?«»W irklich, das weiß ich nicht. Darum kann ich dir auch nichtraten, was du tun sollst«, sagte er. »Genaro weiß, was er will.Er hat dieses Rätsel für dich ausgedacht. Da er dies zu de<strong>in</strong>emBesten tut. ist er e<strong>in</strong>zig auf dich e<strong>in</strong>gestimmt, und daherkannst nur du den richtigen Zeitpunkt des Aufbruchs f<strong>in</strong>den.Er selbst wird dich rufen und dich mit Hilfe se<strong>in</strong>es Rufsführen.«»Was ist das für e<strong>in</strong> Ruf?«»Ich weiß nicht. Se<strong>in</strong> Ruf gilt dir, nicht mir. Genaro wirdunmittelbar de<strong>in</strong>en Willen ansprechen. Mit an<strong>der</strong>en Worten, dumußt de<strong>in</strong>en Willen benutzen, um den Ruf zu erkennen. Genarome<strong>in</strong>t, er muß sich nunmehr davon überzeugen, daß dugenügend persönliche <strong>Kraft</strong> angesammelt hast, imstande zu se<strong>in</strong>,de<strong>in</strong>en Willen zu etwas Funktionsfähigem zu machen.« »Wille«war e<strong>in</strong> Begriff, den <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> ebenfalls sehr sorgfältigumschrieben hatte, ohne ihn jedoch zu erklären. Aus se<strong>in</strong>enErläuterungen konnte ich entnehmen, daß »Wille«93
e<strong>in</strong>e <strong>Kraft</strong> sei, die vom Unterleib ausg<strong>in</strong>g, und zwar durch e<strong>in</strong>eunsichtbare Öffnung unterhalb des Nabels, e<strong>in</strong>e Öffnung, dieer als »Lücke« bezeichnete. »Wille« war etwas, das angeblichnur Zauberer entwickelten. Er wird demjenigen, <strong>der</strong> die Zaubereipraktiziert, als Mysterium zuteil und verleiht ihm angeblichdie Fähigkeit, unglaubliche Taten zu vollbr<strong>in</strong>gen. Es sei wohlaussichtslos, bemerkte ich zu <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>, daß etwas soUnbestimmtes <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Leben jemals zu e<strong>in</strong>er funktionierendenE<strong>in</strong>heit werden könnte.»Da irrst du dich«, sagte er. »<strong>Der</strong> Wille entwickelt sich beimKrieger entgegen allen Wi<strong>der</strong>ständen <strong>der</strong> Vernunft.« »Kann<strong>Don</strong> Genaro, da er doch e<strong>in</strong> Zauberer ist, denn nicht, ohnemich auf die Probe zu stellen, wissen, ob ich bereit b<strong>in</strong> o<strong>der</strong>nicht" 1 «, fragte ich.»Gewiß kann er das«, sagte er. »Aber dieses Wissen bliebeohne Wert und ohne Folgen, denn es hätte nichts mit dir zutun. Du bist <strong>der</strong> Lernende, daher mußt du selbst dir Wissen als<strong>Kraft</strong> erwerben, nicht aber Genaro. Genaro kommt es wenigerauf se<strong>in</strong> Wissen als auf de<strong>in</strong> Wissen an. Du mußt herausf<strong>in</strong>den,ob de<strong>in</strong> Wille funktioniert o<strong>der</strong> nicht. Dies festzustellen ist sehrschwierig. Unabhängig davon, was Genaro o<strong>der</strong> ich über dichwissen, mußt du dir selbst beweisen, daß du <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage bist,Wissen als <strong>Kraft</strong> zu beanspruchen. Mit an<strong>der</strong>en Worten, dumußt dich selbst davon überzeugen, daß du de<strong>in</strong>en Willenbetätigen kannst. Wenn du es noch nicht bist, dann mußt duheute davon überzeugt werden. Kannst du diese Aufgabe nichtlösen, dann wird Genaro, unabhängig davon, was er vielleichtan dir sieh:, daraus schließen, daß du noch nicht bereit bist.«Mich befiel e<strong>in</strong>e unwi<strong>der</strong>stehliche Furcht. »Ist all dies dennnotwendig?« fragte ich. »Es ist Genaros Wunsch, und du mußtihm nachkommen«, sagte er bestimmt, aber freundlich. »Aberwas hat <strong>Don</strong> Genaro mit mir im S<strong>in</strong>n' 1 « »Das wirst du heutevielleicht herausf<strong>in</strong>den«, sagte er lächelnd.Ich bedrängte <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>, mir aus dieser unerträglichen Situationherauszuhelfen und mir all diese geheimnisvollen Reden zuerklären. Er lachte und klopfte mir auf die Brust, wobeier über e<strong>in</strong>en mexikanischen Gewichtheber w itzelte, <strong>der</strong>gewaltig entwickelte B rustm uskeln h a tte , aber ke<strong>in</strong>e schwereArbeit leisten konnte, weil se<strong>in</strong> Rücken zu schwach war.»Schau diese Muskeln an!« sagte er. »Sie sollten nicht nurzum Vorzeigen da se<strong>in</strong>.«»M e<strong>in</strong>e M uskeln haben gar nichts mit dem zu tun, wovon dusprichst«, sagte ich streitlustig.»D och«, antwortete e r. »D er K örper m uß vollkom m en se<strong>in</strong>,bevor <strong>der</strong> W ille e<strong>in</strong>e funktionierende E <strong>in</strong>heit wird.« <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong>w a r es gelungen, me<strong>in</strong>e Überlegungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>eRichtung zu lenken. Ich war unruhig und frustriert. Ich standa u f. g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> die Küche und tra n k etwas W asser. <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> fo lg temir und schlug vor. ich solle mich <strong>in</strong> dem Tierschrei üben, den<strong>Don</strong> Genaro m ir beigebracht h atte. W ir g<strong>in</strong>gen neben das<strong>Haus</strong>: ich setzte mich auf e<strong>in</strong>en Holzstapel und versenkte michganz <strong>in</strong> die Nachahmung dieses Schreies. <strong>Don</strong> <strong>Juan</strong> korrigiertemich und gab m ir e<strong>in</strong> paar H <strong>in</strong>weise f ü r me<strong>in</strong>e Atmung. DasErgebnis w a r e<strong>in</strong> Zustand vollkommener physischerEntspannung.W ir kehrten auf die Veranda zurück und setzten uns w ie<strong>der</strong>.Ich sagte ihm. wie sehr ich mich manchmal über mich ärgerte.weil ich so h ilflo s sei.»Es ist nichts Schlechtes an dem G efü h l, hilflos zu se<strong>in</strong>«, sagteer. »Wir alle kennen es nur zu gut. Denk daran, daß wir e<strong>in</strong>eEwigkeit als hilflose K<strong>in</strong><strong>der</strong> leben! Ich sagte d ir ja schon, daßdu im Augenblick wie e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K <strong>in</strong> d bist, das noch n ich talle<strong>in</strong> aus <strong>der</strong> Wiege klettern , geschweige denn selbständighandeln kann. Genaro h ilft dir sozusagen aus <strong>der</strong> Wiege heraus,<strong>in</strong>dem er dich aufhebt. Aber e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d will handeln. und daes das n ich t kann, jammert es eben. D ies ist an sich nichtschlecht, aber etw as an<strong>der</strong>es ist es, sich gehenzulassen und <strong>in</strong>Grübeln und Jammern zu schwelgen.« Er verlangte, ich sollemich entspannen. Er for<strong>der</strong>te mich auf. ihm noch e<strong>in</strong>e WeileFragen zu stellen, bis ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er besseren seelischenVerfassung w ä re .E<strong>in</strong>en Moment war ich ratlos und konnte mich nicht entschließen,was ic h fragen sollte. D on <strong>Juan</strong> b re ite te e <strong>in</strong> e Strohm atte aus undm e <strong>in</strong> te , ich solle94 95
- Seite 1 und 2: Carlos CastanedaDer Ring der KraftD
- Seite 3 und 4: Der Bedingungen eines einsamen Voge
- Seite 5: »Ich habe gerade ein Buch abgeschl
- Seite 9 und 10: wenn ich im Traum im Begriff stand,
- Seite 11 und 12: forderte m ich auf, m ich neben ih
- Seite 13 und 14: nierendes Lichtflimmern. Erst nach
- Seite 15 und 16: tives Begreifen der Dinge ist, oder
- Seite 17 und 18: Dies ist die einzige Möglichkeit,
- Seite 19 und 20: »Aber wieso kann der Staub auf ihr
- Seite 21 und 22: e Bedeutung, fuhr er fort, aber ein
- Seite 23 und 24: ich. Ich erwartete, er werde mein G
- Seite 25 und 26: Juan gab mir Wasser zu trinken, und
- Seite 27 und 28: »Das ist er«, sagte Don Juan. »M
- Seite 29 und 30: er sich, auf dem Gesäß hüpfend,
- Seite 31 und 32: »Hast du Angst?« fragte er.Ich ha
- Seite 33 und 34: Doppelgänger - das bist du selbst.
- Seite 35 und 36: O berlippe. Ich wollte etwas einwen
- Seite 37 und 38: erreicht, während ich. der Hellwac
- Seite 39 und 40: konnte nicht wissen, wie ich ihm he
- Seite 41 und 42: mich aufrecht zu setzen. Wieder sah
- Seite 43 und 44: nötig sein sollte. D ann schlug er
- Seite 45: Der Körper ist nicht unzerstörbar
- Seite 49 und 50: Vor ein paar Jahren gingen wir beid
- Seite 51 und 52: W irklichkeit brachte er diesen K l
- Seite 53 und 54: »Das hast du gut gemacht«, sagte
- Seite 55 und 56: »Heute bist du viel stärker als d
- Seite 57 und 58: Ich hob die Arme und atmete tief. D
- Seite 59 und 60: lähte die Brust vor und fragte mic
- Seite 61 und 62: können wir nicht weitermachen, den
- Seite 63 und 64: »W as soll die Geschichte von den
- Seite 65 und 66: wußte ich irgendwie um die zwei We
- Seite 67 und 68: equem zu machen und mich zu entspan
- Seite 69 und 70: Ich erinnerte ihn daran, daß er ge
- Seite 71 und 72: chen. Er kicherte und rieb sich die
- Seite 73 und 74: 146Ich bat ihn, diese geheimnisvoll
- Seite 75 und 76: ten, falls sie einmal das Gleichgew
- Seite 77 und 78: Ich konnte mich nicht an all die Le
- Seite 79 und 80: Verbindung mit den Händen anderer
- Seite 81 und 82: Verteidigungslinien überprüfst un
- Seite 83 und 84: G anz deutlich hörte ich D on Juan
- Seite 85 und 86: selbst eine passende Erklärung fü
- Seite 87 und 88: muß die Herrschaft abtreten. M an
- Seite 89 und 90: wegen kamen wir wieder auf das Them
- Seite 91 und 92: hatte?« fragte Don Juan, nachdem d
- Seite 93 und 94: dramatischen Wirkung, als um sich z
- Seite 95 und 96: en. auf mir liegenden Körpers spü
- Seite 97 und 98:
»Wir werden gar nichts tun. Das he
- Seite 99 und 100:
weil ich nicht will, sondern einfac
- Seite 101 und 102:
sprang. Während ich ihn aus einer
- Seite 103 und 104:
achten«, sagte er. »Die übrige Z
- Seite 105 und 106:
uns etwas zu essen. W ir aßen schw
- Seite 107 und 108:
»Du schwebtest«, sagte er wie sel
- Seite 109 und 110:
Pablito erzählte, daß Nestor endl
- Seite 111 und 112:
lachte nervös. Ich argwöhnte irge
- Seite 113 und 114:
waren durch einen dünnen Balken mi
- Seite 115 und 116:
den Rücken zu. Ich schnappte mir d
- Seite 117 und 118:
sorgfältig auf irgendwelche ungew
- Seite 119 und 120:
»Er ist mit mir zu dir gefahren«,
- Seite 121 und 122:
242den »Ruf des Nachtfalters« hö
- Seite 123 und 124:
mußte wohl auch Nestor und Pablito
- Seite 125 und 126:
sich zu wichtig und war zu verkramp
- Seite 127 und 128:
ein herrlicher Tag, die Berge um un
- Seite 129 und 130:
zu tun. Irgendwann im Leben eines K
- Seite 131 und 132:
Nur weil er mich geködert habe, sa
- Seite 133 und 134:
»Dafür sorgt die Kraft entspreche
- Seite 135 und 136:
derte die Gesichtszüge deiner Inse
- Seite 137 und 138:
»Das Träumen ist ein praktisches
- Seite 139 und 140:
Blase kann dann von etwas beanspruc
- Seite 141 und 142:
Einen Augenblick war ich bestürzt.
- Seite 143 und 144:
überlegte, vielleicht war er sich
- Seite 145 und 146:
von anderer Art war als die Angst v
- Seite 147 und 148:
auf einem Haufen versammeln mußten
- Seite 149 und 150:
dir. daß die Ausdrucksform des Nag
- Seite 151 und 152:
die Vernunft nichts über diese Ord
- Seite 153 und 154:
sagte er. »Genaro sagt, man brauch
- Seite 155 und 156:
Er hatte recht. Unter anderen Umst
- Seite 157 und 158:
sagte, ein Krieger könne nicht Lei
- Seite 159 und 160:
Don Genaro, der mit ausgebreiteten