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Wandernde - AT Verlag

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Der Schrecken der Binnenschiffer: die Kanadische Wasserpest. und zwar so erfolgreich, dass es alle Wasserwege, Teiche und Kanäle zu verstopfen undSchleusentore zu blockieren drohte. Der Heimatdichter Hermann Löns schrieb im»Hannoverschen Tageblatt« (9. Oktober 1910) über diese grüne Pest: »Es erhub sichüberall ein schreckliches Heulen und Zähneklappern, denn der Tag schien nicht mehrfern, da alle Binnengewässer Europas bis zum Rande mit dem Kraute gefüllt waren,so dass kein Schiff mehr fahren, kein Mensch mehr baden, keine Ente mehr gründelnund kein Fisch mehr schwimmen konnte.« Noch Anfang der 1950er Jahre glaubteman das. Ich kann mich gut daran erinnern, wie uns der Lehrer in der Grundschulein Oldenburg im Naturkundeunterricht und bei Schulausflügen das Kraut zeigte unduns einbläute, welch schreckliche Bedrohung es sei. Inzwischen erregt die Wasserpest,die sich einst so explosiv vermehrte, kaum mehr Aufmerksamkeit. Sie ist selten geworden.Hier und da sieht man sie friedlich neben anderen Wasserpflanzen wachsen. 11Zudem ist sie zur beliebten Aquariumpflanze geworden, die nicht nur hilft, das Wassersauber zu halten, sondern es auch mit Sauerstoff anreichert.Was war geschehen? Der Evolutionsbiologe Josef Reichholf fand die Antwort.Wasserpest, Tausendblatt, Laichkräuter und andere Wasserpflanzen, die einst die Gewässerzu verstopfen drohten, waren nicht einfach wegen ihrer überbordenden Vitalitätda, sondern weil sie die passenden Umweltbedingungen vorfanden: Überdüngungder Gewässer mit Waschmittelrückständen, Phosphaten und Nitraten. Seitdem dieGewässer sauberer geworden sind, zum Teil, weil man Phosphate und Schaumbildner(Tenside) aus den Waschmitteln entfernte und die Kläranlagen verbesserte, entzogman ihnen die Basis. Da diese Pflanzen aber auch gute Weiden für Schwäne, Blässhühner,Schnatterenten und einige Fische sind, nehmen deren Bestände ebenfalls ab.Auch das Schilf (Phragmites communis), das die Ufer vor Wellenschlag schützt undLebensraum für Kleinfische, Frösche und Vögel bietet, ist aus diesem Grund vomRückgang betroffen. (Reichholf 2009: 89–92)Die meisten invasiven Arten, die heutzutage eine hysterische Abwehrreaktion auslösen,waren schon im 19. Jahrhundert in Mitteleuropa anwesend. Warum wurden sieaber erst nach dem Zweiten Weltkrieg, in den 1950er Jahren und noch mehr nach1970 zu einem Problem? Die Kanadische Goldrute zum Beispiel wurde um 1630 nachEuropa gebracht und in botanischen Gärten und Liebhabergärten gezogen, aber erstnach dem Krieg, in den Schutt- und Trümmerlandschaften, begann sie zu verwildernund sich schlagartig zu verbreiten (Krausch 2003: 445). Auch die Riesen-Goldrute,die 1758 als Zierpflanze nach Westeuropa kam, hat sich erst in jüngster Zeit massiv11 Zurzeit macht eine Verwandte der Kanadischen Wasserpest von sich reden, die Schmalblättrige Wasserpest (Elodeanuttallii), ebenfalls aus Nordamerika, die sich in Nordwestdeutschland, Holland und dem Rheingebiet ausbreitet. 48

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