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Wandernde - AT Verlag

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Die aus Westafrika mitgebrachte Igelgurke (Cucumis anguria) ist verwildert undsteht inzwischen in Kalifornien, Texas und Florida auf der »Watch List« für potenziellinvasive Arten. Sie tritt als invasives Unkraut vor allem auf Erdnussfeldern auf.Über achtzig Prozent der europäischen Siedler, die sich vor 1900 in Nordamerikaniederließen, kamen aus dem mit einem kühlen, feuchten Klima gesegneten nördlichenoder nordwestlichen Europa. 27 Prozent kamen aus deutschsprachigen Ländern,25 Prozent aus dem englischsprachigen Raum, viele Iren und Nordländer, auch Holländer,Belgier und Franzosen waren unter den Einwanderern; jeder vierte EinwohnerSkandinaviens wanderte nach Amerika aus (Davie 1949: 51 f.). Die Einwanderung aussüd- und osteuropäischen Ländern, die ebenfalls viel zur amerikanischen Kultur beitrug,erfolgte erst später, nach der Jahrhundertwende. Es waren also Völkerschaftenmit vorwiegend keltischen und germanischen Wurzeln, die zur heutigen amerikanischenLeitkultur und ihrem Ethos beitrugen. Im Grunde genommen waren es dieNachfahren von Waldvölkern, die einst in Europa die Urwälder gebrandrodet 26 hatten,um ihre Siedlungen zu bauen. Die Blockhütten, die ersten Behausungen der Pionierean der nordamerikanischen Frontier, waren ein Rückgriff auf uralte kulturelle Musterder germanischen Waldvölker. 27 Die Schweizer Getreidespeicher und die skandinavischenHeuspeicher hatten diese archaische Bauform beibehalten und gaben das Modelldafür ab. Über mehrere Jahrtausende hinweg waren die Vorfahren dieser Siedlervom nordeuropäischen Regenwald geprägt worden. Sie trugen die üppig grünen Wiesen,Weiden und Wälder, die das nasskühle atlantische Klima hervorbringt, unbewusstals kollektives Bild in ihrer Seele. Als sie dann in das östliche Waldland Nordamerikasvorrückten, griffen sie auf die Muster ihrer fernen Vorfahren zurück, als diese nochmit Planwagen umherzogen, mit Axt und Feuer das Land rodeten und mit ihren Rindern,Schweinen und anderen Haustieren neue Heimstätten schufen. Nicht nur brachtendie Einwanderer ihre Nahrungspflanzen, ihr Getreide und Obst mit, sondern aucheuropäische Blumen und Heilkräuter und als blinde Passagiere ihre Unkräuter. Zuden schätzungsweise mehr als 20 000 höheren einheimischen nordamerikanischenPflanzenarten sind in den letzten hundertfünfzig Jahren 6600 Neophyten vor allemaus Europa hinzugekommen. Diese hundertfünfzig Jahre des Abholzens oder Brandrodensder Wälder, der Weidewirtschaft mit Tieren, die es vorher nicht gab, der Unterdrückungnatürlicher Feuersbrünste, die einst durch Teile der Natur fegten und sieverjüngten, und anderer Eingriffe verursachten gewaltige Veränderungen in der Ökologie(Manning 1997: 187).Amerikas Natur wurde dadurch europäischer. Die nordwesteuropäischen Siedlerschufen absichtlich und unabsichtlich ihre bekannte Welt von neuem. Die ursprüng-26 Brandroden wurde als »schwenden«, vom althochdeutschen Wort swedan, bezeichnet. Diesem liegt vermutlichauch der Name »Schweiz« und viele Ortsnamen mit dem Wortbestandteil -schwand oder -schwend in der Bedeutungvon »durch Brandrodung gewonnenes Land« zugrunde.27 Man kann sich fragen, warum sie nicht die aus Birkenrinde hergestellten Wigwams der Algonquin oder die mitUlmenrinde gedeckten Langhäuser der Irokesen übernommen haben. 85

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