13.07.2015 Aufrufe

Wandernde - AT Verlag

Wandernde - AT Verlag

Wandernde - AT Verlag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ändert haben. Dazu hat das Einbringen von Hackfrüchten, Leguminosen oder derFutterbau in die Brache, die bessere Reinigung des Saatguts, wie auch das Kalken derBöden beigetragen, denn diese Chrysanthemenart verträgt keine alkalischen Böden.Inzwischen ist sie zur Zierpflanze in Blumenbeeten geworden, und Kräuterkundigehaben sie als eine wurmtreibende und antiseptische Heilpflanze entdeckt.Gänseblümchen (Bellis perennis) 20Das liebliche Gänseblümchen war einst der Göttin Freya geweiht, vor allem in ihrerErscheinung als das Gänsemädchen, das auf dem Dorfanger die Gänse (ein Sinnbildfür die Seelen) hütete. Auch dem holden Sonnengott Baldur wurde die Pflanze als»Baldurs Augen« zugeordnet oder im Angelsächsischen daeges eage (= Tagesauge),was später zu dem Kosenamen Daisy wurde. Kleine Kinder lieben das Blümlein, dasimmer zur Sonne schaut und fast das ganze Jahr hindurch blühen kann (daher derNamenszusatz perennis, immerwährend). Sie pflücken es gerne und schmücken sichmit Gänseblümchenketten und -kränzen. Die christliche Ikonografie machte dasBlümchen, das auf den Weiden und Rasen so zahlreich vorkommt, zum Attribut derheiligen Margarete. Daher heißt es in der Mundart auch Margritli, Margrätl, margherita(Italien), little margret (England) oder petite marguerite (Frankreich). Unter dendrei heiligen Frauen ist – neben Katharina als Patronin des Lehrstandes (Gelehrte undGeistliche) und Barbara als Patronin des Wehrstandes (Krieger und Fürsten) – Margaretedie Patronin des Nährstandes, also der Bauern und des so zahlreichen einfachenVolkes. Da die heilige Margarete vom Teufel in Gestalt eines Drachen verschlungenwurde, seinem Leib aber glücklich entkam, wurde sie auch von Gebärenden undWöchnerinnen um Hilfe angerufen. Uneheliche Mädchen führten oft ihren Namen,und ungewollt schwanger gewordene Mägde riefen sie in ihren Nöten an. Im 17. und18. Jahrhundert hatte die Kirche durchgesetzt, dass nur Verheiratete Kinder zeugendürften. Viele mittellose Mägde brachten deshalb aus lauter Verzweiflung ihre Neugeborenenum. Diese Schande wurde oft totgeschwiegen, zumal bei den BürgerfrauenAmmen vom Land immer gefragter wurden, da es als unfein galt, Kinder an der Brustzu stillen (Beckmann 1997: 26).Zu dieser Zeit geriet auch das Gänseblümchen in Verruf. Man glaubte, die »Mädchenblume«oder »Liebesblume« würde von Frauen als wirksames Mittel zur Abtreibungder unerwünschten Leibesfrucht eingesetzt (Aigremont, Bd. 2, 1997: 93). DiePflanze galt deshalb als schändlich und sollte nach einer Verordnung von 1793 ausgerottetwerden (Madaus, Bd. I, 1979: 692). Vielleicht gehört in diesen Zusammenhangauch die etwa in der Pfalz oder bei den Slowaken verbreitete Vorstellung, dass, wenndie Gänseblümchen im Frühling reichlich blühen, im Herbst viele Kinder sterben werden(Bächtold-Stäubli, Bd. 5, 1987: 1863). Oder dass, wie es in einer irischen Sage20 Für eine ausführliche Beschreibung des Gänseblümchens siehe Wolf-Dieter Storl, Heilkräuter und Zauberpflanzen(<strong>AT</strong> <strong>Verlag</strong>, 2000), Seite 137 ff. 66

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!