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Wandernde - AT Verlag

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teren Faktor: Mit der zunehmenden Verstädterung hat sich für viele wärmeliebendePflanzen in den Asphalt- und Betonwüsten zwischen den Häusermeeren ein günstigesMikroklima gebildet. 13 Rund achtzig Prozent der Weltbevölkerung leben heute in Städten.Mit seiner Dunstglocke, den Wärme speichernden dunklen Asphaltflächen undmit Gemäuern, die vor Wind schützen und sich bei Sonneneinstrahlung leichter aufheizen,begünstigt der urbane Lebensraum jene Pflanzenarten, die natürlicherweiseweiter im Süden leben würden. Im Stadtzentrum kann die Tagestemperatur um biszu zehn Grad Celsius höher liegen als im nicht bebauten Umland; auch die Jahresmitteltemperaturkann um bis zu zwei Grad höher sein (Schulte 1984: 7). Das hat allesnichts mit dem »Klimawandel« zu tun, der heute die Gemüter erregt. Zu den wärmeliebendenNeophyten, die man häufig in den Städten antrifft, gehört der balsamischduftende Klebrige Gänsefuß oder Traubengänsefuß (Chenopodium botys) und derNatternkopf (Echium vulgare), beide aus dem Mittelmeerraum, der Färber-Wau (Resedaluteola) aus dem östlichen Mittelmeerraum, das Zottige Franzosenkraut aus Peruoder die Mäusegerste (Hordeum murinum) aus Kleinasien.Wie schon erwähnt, pendeln sich die Neubürger in das vorhandene Lebensnetz, indie ökotopischen Zusammenhänge ein. Das setzt ihrer Verbreitung Grenzen. Nachder invasiven Phase flaut die Population ab. Es gibt bereits Berichte, dass das DrüsigeSpringkraut im Rückgang begriffen ist. Auf jeden Fall werden Populationen, die sichim Wald auf frischen Kahlschlägen massiv verbreitet haben, anschließend durch dienachwachsende Baumvegetation wieder in kleinere Nischen zurückgedrängt.Zu Anfang ihrer Besiedlung haben die Neophyten oft kaum Fraßfeinde. KeineRaupen, Käfer, Milben, Parasiten oder Krankheiten rücken ihnen zu Leibe. Irgendwannfolgen diese aber. Es ist ein Naturgesetz: Jedes substanzbildende, aufbauende,Kohlenstoff assimilierende Pflanzenwesen wird von einem (oder mehreren) entsprechendenabbauenden, dissimilierenden Tierwesen in Schach gehalten. Oder, um es inder Sprache Rudolf Steiners und der Sichtweise der biologisch-dynamischen Landwirtschaftauszudrücken: Jeder Ausdruck der ätherischen Lebenskraft wird begleitetvon seinem astralen Gegenstück. Nachdem zum Beispiel die Kartoffel im 16. Jahrhundertin Europa eingeführt worden war, holte sie um 1840 herum die Braunfäule(Phytophthora infestans) ein. Diese Pilzerkrankung kam ebenfalls aus Amerika. AlsFolge der Kartoffelfäule kam es zu sozialen Unruhen in Europa, etwa zur »Kartoffelrevolution«in Berlin (1847) und zur großen irischen Hungersnot, die zur Halbierungder Bevölkerungszahl Irlands führte. 1922 folgte der Kartoffelkäfer, der sich über dieErdäpfelpflanzen und auch über andere Nachtschattengewächse wie das Bilsenkrauthermachte. Die Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) aus dem südlichen Balkan undaus Kleinasien wurde in der Barockzeit zum Modebaum, der in fürstlichen Parks undAlleen und später als Schattenspender in Biergärten angepflanzt wurde (Storl 2009a:231). Der Baum wurde 1984 von der aus Mazedonien stammenden Miniermotteheimgesucht. Die Robinie, ein Baum, der wertvolles Holz liefert und eine hervorra- 51

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