Bekenntnisseeiner kleinenSchmugglerinVor Feiertagen wurdegroß eingekauft. Manchmalnahm man Ursulamit, dann ging esper Straßenbahn nachVaals. Fast eine Stundedauerte die Fahrt, einrichtiges Abenteuer.Ursula bewunderte die vielfältige Art, denFahrschein aufzubewahren. Ihr Großvaterfaltete das hauchdünne Billet, welches derSchaffner aus einer hölzernen Klappdoseherausriss, zu einem Fächer und schobdiesen unter seinen Ehering. Ihre Oma legteden Fahrschein immer sorgfältig in ihrPortemonnaie und ihre Großtante steckteihn ganz einfach in die Manteltasche undvertraute darauf, dass er schon nicht herausfallenwürde. Ursula durfte noch kostenlosmitfahren; „große“ Kinder kostetenerst ab sechs <strong>Jahre</strong>n die Hälfte.Spannend war es, nach Holland einzureisen,immerhin musste man bei Betretenunseres Nachbarlandes noch den Passzeigen. Sehr stolz hielt Ursula ihren Kinderausweisin den Händen. Solch eineEinkaufsfahrt hatte aber noch viel mehrSpannendes zu bieten als eine Straßenbahnfahrtund die Passkontrolle.Diesmal war Ursula mit ihrer Großtanteunterwegs. In den großen Einkaufslädenwar viel zu tun, die Käufer aus Deutschlandkamen in Scharen und waren gerngesehene Kunden. Für die großen Einkäufegab es ein Rabattsystem; als Belohnungerhielten treue Kunden ein Silberlöffelchenmit Röschenmuster. Heutenoch kann man hier und da und ab undzu eines dieser Exemplare entdecken.Draußen vor der Tür neben dem Eingangsteht ein dickes, großes Holzfass. Salzheringganz frisch! Drinnen hinter der Thekesind Gemüsesorten in Büchsen verschiedenerGröße in Regalen bis untersDach gestapelt. Ursula schaut fasziniertzu, wenn die Verkäuferin mittels einerlangen Stange, an welcher oben eineGreifzange angebracht ist, die gewünschteKonserve von der höchsten Stellageherunterholt, ohne sie fallen zu lassen.Spargel, Erbsen mit und ohne Möhren,Champignons und andere begehrte Artikelwerden eingekauft, soviel man tragenkann. Natürlich auch Kaffee, Tee, Kakaound Butter und manchmal sogar etwas,dass ihr ganz besonders gut schmeckt,„Chocoladepasta“, eine schokoladige zäheMasse, die man sowohl aufs Brot schmierenkann als auch in heiße Milch auflösenund damit selbige in Kakao verwandelt.Großtante bittet heute noch um Zigaretten.Für wen? Sie raucht doch nicht.Und Opa pafft höchstens Zigarren. Egal,es wird sich um eine „Bestellung“ handeln.Zehn Heringe aus dem Fass holtman noch von draußen herein, packt siezuerst in Ölpapier und schließlich dick inalte Zeitungen ein. Das Geld reicht, dieTaschen sind voll, der Einkauf ist beendet.Nun wird noch eine Freundin von TanteIlse besucht. Diese wohnt ganz in derNähe der Haupteinkaufsstraße in einemwinzig kleinen Haus. Die beiden alten Damenhaben viel zu erzählen und es gibtdazu selbstverständlich ein Kopje Koffee.Das wird dauern! Und das gefällt Ursulagar nicht. – Wenn nur der komischeGeruch in diesem Häuschen nicht wäre –eine unbekannte Mischung aus mit Gasbetriebenem Herd, Feuchtigkeit und altenmuffigen Möbeln. Es tröstet Ursulanur wenig, dass ihr ein paar Lakritze geschenktwurden. Der Haus- und Hofhundgebärdet sich danach nur noch wilder;sein lautes Gebell macht Ursula Angst.Rocky, der reinrassige, schwarze Zwergpinscher,wächst einfach über sich hinaus.Lesezeichen 22Ursula ist froh, als man endlich gehenkann. Die Großtante schleppt schwer anzwei prall gefüllten Taschen. In der Zollstationherrscht wieder ein Gedränge wieschon im Lebensmittelladen vorher. Siemüssen hinten anstehen und als sie endlichan der Reihe sind, dass ihr Einkauf vomZöllner kontrolliert wird, schwitzt Tantchenbeachtlich. Sie haben nichts zu verzollenund können schließlich gehen.Ganz in der Nähe, im Wartehäuschen derStraßenbahn, greift Tante Ilse dann unterihren Hut und packt das auf ihrem Kopfverborgene Pfund Butter auf eine Tascheobendrauf. Sie stellt die Einkäufe unterdie Holzbank. „So, setzt dich hier hin undpass gut auf. Rühr’ dich nicht vom Fleck.Ich bin gleich wieder da!“ Jetzt sitzt Ursulaganz allein unter Fremden sozusagenauf Büchsen und Butter, fühlt sich wie RäuberhauptmannsTochter und muss warten.Natürlich wird sie hier sitzen bleiben, wennes sein muss, sogar bis morgen.Die Großtante dreht noch schnell eine andereRunde – herein ins nachbarliche Auslandbeim kleinen Zoll, ganz rasch zu ihrerFreundin, die anderen Dinge abholen,die sie dort deponiert hat. In kürzester Zeitzeigt sie wieder einem freundlichen Beamtendie für die Zollinspektion geöffnete Tasche.Das stinkende Paket mit den Heringenhat er nicht näher untersuchen wollen.„Nichts zu verzollen!“ Und wieder war einPfund guter Butter mehr für die deutscheWeihnachtsbäckerei über die Grenze gebracht.Schmuggelei hätte natürlich niemandder freundlichen, dicken Dame zugetraut.Die Straßenbahn schlängelt sichmit lautem Kreischen der Metallräder inden Schienen um das Wartehäuschen herum.Wieder entsteigen ihr Holland-Einkäufer.Großtante und Großnichte können ihreTaschen, die voll mit Schätzen sind, aufnehmenund die Heimfahrt antreten.Tante Ilse war eine fromme, redliche Frau.Wenn Ursula es nicht erlebt hätte, sie würdees nicht glauben, dass die alte Dame soerfinderisch war.Alles Geschichte –alles verjährt!Foto und Text:Ingeborg Lenné
23 Erlebte GeschichtenEine kleine Familienepisodeaus der „R-Mark-Zeit“Nach dem 2. Weltkrieg, es war die sogenannte„R-Mark-Zeit“, hatte derSchmuggel im Raum <strong>Aachen</strong> einenhohen Stellenwert. Kaum ein Bürger,der sich nicht in irgendeiner Formdaran beteiligte oder zumindest vomSchmuggel hier und da profitierte.Hier berichte ich aber nicht von großenSchmuggelaktionen, bei denen essogar häufig zu Schießereien an derGrenze kam, das ist ein anderes Kapitel.Meine Geschichte handelt ehervon den kleinen Mauscheleien, womitsich in dieser entbehrungsreichen Zeitdie kleinen Leute über Wasser hielten.Die grenznahe Lage der Stadt zu Belgienund Holland ließ den Schmuggel undSchwarzhandel blühen, was zur Folge hatte,dass die <strong>Aachen</strong>er schon über Lebensmittelund andere Güter verfügten, von denendie Deutschen allgemein nur träumenkonnten. Auf den Straßen wurde eifrig gehandeltund getauscht und jeder versuchte,etwas vom „Kuchen“ abzubekommen.Ich war mit meiner Mutter gerade ausder Evakuierung in Bayern zurückgekehrt,mein Vater befand sich noch in russischerKriegsgefangenschaft. So waren wir froh,bei meinen Großeltern Unterschlupf gefundenzu haben.Auch wenn ich erst ca. vier <strong>Jahre</strong> altwar, erinnere ich mich noch gut, dass meinGroßvater mit den abstrusesten Güternhandelte. Als da waren: silbern angemalteKruzifixe, eimerweise Rübenkraut und- sehr begehrt - Nylonstrümpfe, und natürlichimmer wieder Kaffee und Zigaretten- allerdings nur in kleinem Rahmen, sonstwäre das Risiko doch zu groß gewesen.Selbstverständlich kannte ich alle Versteckein der Zweizimmerwohnung; inden beengten Lebensverhältnissen bliebnichts geheim. So mussten mich Mutterund Großmutter ständig in Schach halten,denn wenn Besuch kam, prahlte ichnur allzu gern mit meinen Kenntnissen:„Soll ich dir mal verraten, wo die Zigarettenversteckt sind?“ oder „Was glaubst du,was da hinter dem Bild ist?“ Man mussteschon ständig auf der Hut sein, da auchimmer mal Kontrollen durchgeführt wur-Die Tagesration eines Normalverbrauchers in der britischen Besatzungszone (1948), Quelle: Bundesarchivden, meist nach Anschwärzen durch neidischeNachbarn.So wurde auch regelmäßig „schwarz“geschlachtet, da Frischfleisch Mangelwarewar und somit sehr begehrt. In diesemZusammenhang fällt mir eine kleine Geschichteein, die noch viele <strong>Jahre</strong> in derFamilie die Runde machte:Eines Tages schellte es alarmierend ander Haustür. Als meine Großmutter zumFenster hinausschaute, stand unten einBekannter aus der Nachbarschaft undrief aufgeregt: „Sie haben den Jansen verhaftet!“Das war das Alarmzeichen. Dennder Jansen war der Metzger, der mit demschwarz geschlachteten Fleisch handelteund auch unsere Familie gerade erst amVortag beliefert hatte.Nun war die Aufregung groß. Was tunmit dem Fleisch? Man wusste ja nicht, obder Mann dicht hielt. Schließlich musstedas Fleisch, zumindest für eine Weile, ausdem Haus.Da hatte meine Mutter eine Idee. Siepackte Bratenstücke und Würste kurzerhandin den Kinderwagen und machtesich auf zu einem längeren Spaziergangdurch das Frankenberger Viertel, natürlichohne mich.Wie es aber kommen musste, traf sieunterwegs auf Bekannte, die sich mitBlick auf den Kinderwagen auch gleichnach dem Kleinen erkundigten. Mit denWorten: „Ach, der schläft ganz fest“ istMama dann schnell weiter geeilt.An diese Zeit wurde mein Großvaterin den 1960er <strong>Jahre</strong>n noch einmal zurückerinnert. Er war längst Rentner, die Wohnungnoch die gleiche. Da sollte ganz inder Nähe ein Grundstück bebaut werden.Am Tag, als der erste Bagger anrollte,trieb die Neugier meinen Opa zur Baustelle.Denn er wusste, an dieser Stelle warendamals immer die Tierfelle vom Schlachtervergraben worden. Und prompt nachder ersten Grabungsschicht hing schonein Kuhfell am Haken. Und zum Erstaunendes Baggerführers zog er dann nochdiverse Tierhäute aus dem Erdreich.Opa ging schmunzelnd nach Hause,um seiner Frau von seinemErlebnis zu berichten.René H. BremenPC - Hilfe und SchulungProbleme mit demComputer, unklareFehlermeldungen?Fragen zu Programmen,Computer und Internet?Sie möchten● konkrete, kompetente Hilfe zu Hause.● an Ihrem eigenen PC lernen.● in Ihrem eigenen Tempo üben.Ich komme zu IhnenNur eine einfache Frage oder einzweifelhafter Updatehinweis?Ich komme auch für Kleinigkeiten.Kurzeinweisung oder komplette Schulung.Sie lernen nur, was Sie wirklich interessiert.Rufen Sie mich an:0241 / 56 52 03 16 oder 0157 / 76 83 38 52www.laos-it.de