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Jahre Alemannia Aachen - Senio Magazin

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35 <strong>Senio</strong>ren schreibenErinnerungenan Nazi- und Notzeitmit meinen Kinderaugenund -ohren aufgenommen18.FolgeUnter „entarteter Kunst“ verstandendie Nazis moderne Gemälde undSkulpturen. Für mich war das eher derKunsthonig, der - statt des leckerenBienenhonigs - nur noch zu haben war.Noch enttäuchender war die sogenannte„Falsche Sahne“. Sie ließ sich nur miteiner kleinen Menge Magermilch herstellen.Etwas von einem undefinierbarenweißen Pulver musste man hinzugeben.Das ergab dann in einer großen Schüsseleine kleine Pfütze, die man mit einemSchneebesen kräftig umrührte, bis dieSache aufschäumte und die Schüssel dieMenge kaum fassen konnte. Und der Geschmack:kaum zu beschreiben - einfachwiderlich! Vor die Wahl gestellt: FalscheSahne oder Lebertran hätte ich mich fürden Lebertran entschieden.Bild: Petra Schmidt/pixelio.deTrauer gehört zum LebenOb tiefer Schmerz oder leichte Melancholie- Trauer in all ihren Facettenstellt sich ein, wenn wir etwas wirklichWertvolles verloren haben, aufetwas Schönes nun verzichten müssen.Im schlimmsten Fall ist ein lieber Verwandteroder ein Freund verstorben oder ein geliebterPartner hat die Beziehung beendet.Bezugsschein für Kunsthonig aus dem Jahr 1939Immer häufiger gab es nur noch Ersatzstoffefür gewohnte Materialien. Sowar es auch bei Seifen. Zwei Sorten bekamenim Volksmund die Spottnamen:„Kläij-Seäf“ bzw. Lehmseife und Knochenbzw.Schwimmseife. Diese Bezeichnungentrafen zu, bis auf das Wort „Seife“.Egal, wie oft die Hausfrauen die Knochenausgekocht hatten: es gab dafür Sammelstellen,bei denen man als Gegenwert„Schwimmseife“ erhielt, die tatsächlichauf dem Waschwasser schwamm.Für Leder als Schuhsohlen gab es natürlichauch schon Ersatz: „Holz“! UmSchuhe zu schonen, trug man im Sommermeist „Holztrippen“, also Sandalenmit Holzriemchen als Sohlen.Wir müssen lernen, den Verlust zu akzeptieren- und das braucht seine Zeit!Trauer ist ein Zeichen von Wertschätzungund zeigt uns, dass wir etwas Besondereskennenlernen und erleben durften.Wer Trauer zulässt, horcht nach innen:Was passiert mit mir? Wo kann ich finden,was ein verlorener Mensch mir gegebenhat? Solche Erkenntnisse führen uns zutieferen Schichten unserer Persönlichkeitund können uns zu einem nachdenklicherenund bewussteren Leben führen.Der eine fühlt sich in einer Kirche aufgefangen,ein anderer geht zu den Plätzen,die er gern mit dem vermissten Menschenaufsuchte. Das wirkt auf die Seele,Selbst für Textilfasern wurde jetzt „Viskose“propagiert. Die ganze Familie, samtOnkel und Tanten, war bei uns versammelt.Kaum jemand hatte richtig Ahnungdavon, was Viskose war. Man vermutetelediglich, dass es sich um etwas Künstlicheshandelte, also um eine Kunstfaser,aus der man Garn für Anzugstoffe fertigte.Einzig mein Onkel Schang wusstezu berichten, dass Viskose aus Holzabfällengemacht würde. Na ja, das Themawurde bald abgehakt. Niemand dachtemehr an Viskose. Man scherzte und lachtemiteinander. Dabei schlug sich meinOnkel Schang einmal vor Lachen mit derflachen Hand auf den Oberschenkel. Sofortrief er laut: „Aua!“ und schüttelte seineanscheinend schmerzende Hand. Ererklärte: „Da hab ich mir doch tatsächlicheinen Splitter in die Hand getrieben.“ Solöste sich die anfängliche „Lehrstunde:Viskose aus Holz“ in allgemeinem wieherndenGelächter auf.Richard Wollgartengibt Kraft und schenkt Ruhe. Die große Frageist: Was tut mir gut? Will ich schweigenoder reden? In den Arm genommen werdenoder allein sein? „Ja, ich bin traurig. Mirgeht es nicht gut.“ Keine Frage, es erfordertetwas Mut, solche Sätze auszusprechen -sogar vor Menschen, die uns nahestehen.Gerade in schwierigen Phasen ist eswichtig, sich Hilfe und Rat zu holen, anstattsich abzukapseln. Man sollte nicht inDepression verfallen, sondern die Trauerannehmen - nicht wie einenungebetenen Gast, sondernwie ein alte Freundin!Klaus Rieger

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