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3-2015

Fachzeitschrift für Elektronik-Produktion

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Software<br />

Rückverfolgbarkeit: proaktiv statt reaktiv<br />

Rückverfolgbarkeit war bisher<br />

lediglich eine Reaktion auf regulatorische<br />

bzw. Kunde-Anforderungen.<br />

Wenn sie einen echten<br />

Mehrwehrt bieten soll, dann<br />

wird ein aktiver Ansatz benötigt,<br />

der vollständige Rückverfolgbarkeit<br />

als automatisches<br />

Nebenprodukt einer datengetriebenen<br />

„Manufacturing-<br />

Excellence“-Strategie erzielt<br />

Die typischen Hilfsmittel und<br />

Systeme, die eine Rückverfolgbarkeit<br />

ermöglichten, wurden<br />

in der Vergangenheit häufig aus<br />

widerwilliger Notwendigkeit und<br />

bedingt durch Anforderungen<br />

des Marktes, von Behörden oder<br />

Kunden eingesetzt. Daher wurden<br />

die Anstrengungen so gering<br />

wie möglich gehalten, um den<br />

Anforderungen zu entsprechen.<br />

Es wurden folglich Systeme<br />

gekauft oder gebaut, die nur die<br />

Autor:<br />

Dr. Nolting, Aegis Software<br />

besonderen Anforderungen der<br />

erwarteten Rückverfolgbarkeit<br />

befriedigten, in vielen Fällen<br />

auch nur für die jeweilig erforderlichen<br />

Baugruppen oder Produkte.<br />

Mit diesem Ansatz wurde<br />

nichts als der unmittelbare Minimalbedarf<br />

für das Unternehmen<br />

erreicht.<br />

Verpasste Chancen<br />

Durch diese Kurzsichtigkeit<br />

werden zahlreiche Chancen nicht<br />

genutzt. Durch die Anwendung<br />

der Rückverfolgbarkeit in einem<br />

so beschränkten Umfang wird<br />

die gesamte Fertigungskultur<br />

daraufhin geschult, die Rückverfolgbarkeit,<br />

die Datenerfassung<br />

und das Management<br />

eher als Belastung und nicht<br />

als vorteilbringenden Teil der<br />

Geschäftstätigkeit anzusehen.<br />

Darüber hinaus muss die eingesetzte<br />

Lösung bei sich ändernden<br />

Anforderungen jedes Mal individuell<br />

angepasst und erweitert<br />

werden, was zusätzliche Kosten<br />

und Verwaltungszeit verursacht.<br />

Die größte verpasste Chance<br />

sind Prozess- und Fertigungsverbesserungen.<br />

Der Umfang<br />

und die Tiefe der zur Verfügung<br />

stehenden Daten und die<br />

daraus resultierenden Informationen<br />

können, soweit sie richtig<br />

genutzt werden, operative<br />

Exzellenz erzielen. Die Informationen<br />

können im R&D<br />

genutzt werden, um zukünftige<br />

Designs zu verbessern, und sie<br />

können durch den Einblick der<br />

Verfahrenstechniker, Bediener<br />

und Manager in die Realität des<br />

Prozesses in Echtzeit Verbesserungen<br />

ermöglichen.<br />

Der in der modernen Rückverfolgbarkeit<br />

enthaltene Datensatz<br />

wird so gewissermaßen die Definition<br />

des „Big Data der Fertigung“.<br />

Wenn man diese Daten<br />

für mehr als nur die Erfüllung<br />

der Rückverfolgbarkeits-Erfordernisse<br />

nutzt, werden sie zum<br />

mächtigsten Tool der Prozessund<br />

Produktverbesserung, das<br />

man sich vorstellen kann. Sobald<br />

Big Data nutzbar gemacht wird,<br />

ist Rückverfolgbarkeit ein natürliches<br />

Nebenprodukt. Noch<br />

wichtiger ist, dass die analytischen<br />

und prozessbezogenen<br />

Verbesserungen, die sich die aus<br />

Big Data ergeben, den Zugang<br />

zur „Operational Excellence“<br />

ermöglichen.<br />

Der Big-Data-Ansatz<br />

„Big Data der Fertigung“ ist<br />

ein Begriff, der zunehmend verwendet,<br />

aber nur selten auf einer<br />

greifbaren Ebene diskutiert wird.<br />

Das Ausmaß des Konzepts muss<br />

erst einmal erfasst werden, bevor<br />

man sich über Anwendungen<br />

Gedanken machen kann, die<br />

operative Exzellenz und Rückverfolgbarkeit<br />

bieten.<br />

Nachdem die Entwicklung<br />

das CAD fertiggestellt hat und<br />

die Stückliste (BOM) im PLM<br />

und/oder ERP verfügbar ist,<br />

muss darauf aufbauend der<br />

Arbeitsplan für die Fertigung<br />

erstellt werden. Erst jetzt sind<br />

die Produktentwicklung und die<br />

damit verbundene Fertigungsumsetzung<br />

komplett. Bei diesen<br />

Arbeiten sind im Zuge des<br />

Mapping der BOM-Daten zu den<br />

Entwicklungsdaten mit den verschiedenen<br />

Produktrevisionen<br />

große Datenmengen involviert.<br />

Die Prozess-, Qualitäts-, Testund<br />

Fertigungsingenieure analysieren<br />

anschließend zusammen<br />

mit Planern diese Daten,<br />

um das Design in einen detaillierten<br />

Prozess, komplett für<br />

die vollautomatische Montage,<br />

Inspektion und Prüfung zu verwandeln.<br />

Der Qualitätsplan<br />

und die Steuer- und Wegelogik<br />

müssen entwickelt und festgelegt<br />

werden. Die visuelle Montageanleitung<br />

für jede Station des<br />

Prozessablaufs muss entlang des<br />

gesamten Prozesses konstruiert<br />

und digitalisiert werden. Durch<br />

diesen Prozess der neuen Produkteinführung<br />

(New Product<br />

Introduction, NPI) ergeben<br />

sich zahlreiche dem CAD<br />

und der Stückliste zugeordnete<br />

Daten einschließlich Überarbeitungen,<br />

beteiligte Personen und<br />

deren Arbeitsleistung. Wir haben<br />

noch nicht einmal die Fertigung<br />

selbst erreicht, und schon gibt<br />

es eine große Menge an Daten<br />

der Fertigung, die gespeichert<br />

und schließlich erhoben werden<br />

muss.<br />

Ist das Produkt jetzt fertigungstauglich,<br />

und sind die<br />

Linien in Fertigungsbereitschaft?<br />

Noch nicht ganz. Dies ist die<br />

„Wertschöpfungsachse“ der Fertigung,<br />

und ohne Materialien am<br />

richtigen Ort und zur richtigen<br />

Zeit kann die Fertigung nicht<br />

starten. Wenn der Produktionsplan<br />

den Fertigungsstart initiiert,<br />

muss eine Übergabe von<br />

der ERP-Material wirtschaft im<br />

Lager zur durch das Manufacturing-Operations-Managementsystem<br />

bereitgestellten und fein<br />

abgestimmten Shop-Floor-Kontrolle<br />

erfolgen.<br />

Benötigt werden die Organisation<br />

von Materialien in Transportaufträge<br />

mit zielgerechten<br />

Prozesspunkten, das Management<br />

von lokalen Lagern, Kanbans<br />

und sogar die Bereitstellung<br />

von Materialien in Lieferungs-<br />

oder Feedersysteme und<br />

deren genaue Verwendungsstelle.<br />

All diese Funktionen müssen<br />

Bauteile, Lose und Lieferumfang<br />

verfolgen, sodass eine<br />

Aufzeichnung von Verfolgbarkeitsdaten<br />

der Materialien von<br />

der Laderampe bis hin zu dem<br />

Punkt, wo das Material oder ein<br />

Bauteil in das Produkt oder im<br />

Prozess eingesetzt wird, erfolgt.<br />

Dieser kritische Treiber muss<br />

ständig im Hintergrund lau-<br />

40 3/<strong>2015</strong>

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