27.07.2016 Aufrufe

oneX magazin 07.2016

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Märkte haben<br />

ihre Bedeutung<br />

als<br />

Heiratsbörse<br />

verloren<br />

Heute sind Märkte<br />

liebevoll veranstaltete<br />

Ereignisse<br />

für die ganze<br />

Bevölkerung<br />

Handel war das Vorrecht der Städte<br />

und vom Land wurde erwartet,<br />

ja verlangt, dass es sich mit der<br />

Urproduktion begnügt.<br />

immer wieder vor, dass pfiffige Händler und<br />

Spekulanten Vieh, Korn, Butter, Früchte und<br />

andere landwirtschaftliche Erzeugnisse<br />

ausser halb der Märkte aufkauften und verkauften.<br />

Mit allen Mitteln versuchten die<br />

Städte, diesen sogenannten «Fürkauf» mit<br />

der Androhung schwerer Strafen zu unterbinden.<br />

Es war das, was wir heute einen<br />

«Schwarzmarkt» nennen würden. Die Märkte<br />

waren im Bernbiet (das bis 1798 auch den<br />

Aargau umfasste) gesetzlich auf die Städte<br />

Bern, Thun, Burgdorf, Huttwil, Laupen,<br />

Wangen, Aarwangen, Büren, Zofingen, Aarau,<br />

Wiedlisbach, Brugg und Lenzburg beschränkt.<br />

Und es gab in diesem strikt geregelten<br />

bernischen Wirtschaftsgebiet zwei<br />

Dörfer – sozusagen die gallischen Dörfer im<br />

Reich der Herren von Bern – denen gestattet<br />

wurde, bedeutende Märkte abzuhalten: Herzogenbuchsee<br />

und Langenthal. In erster Linie<br />

wegen der grossen wirtschaftlichen Bedeutung<br />

dieser beiden Orte.<br />

Die Jahrmärkte spielten bei der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung einzelner Orte eine wichtige<br />

Rolle – bis ins 20. Jahrhundert hin ein.<br />

Die Gewerbefreiheit, wie wir sie heute kennen,<br />

hat sich weitgehend erst im Laufe des<br />

19. Jahrhunderts mit der liberalen Gesetzgebung<br />

des 1848 gegründeten Bundesstaates<br />

Schweiz entwickelt – und einzelne Zweige<br />

(etwa die Landwirtschaft) sind bis heute unter<br />

weitgehender staatlicher Kontrolle geblieben<br />

bzw. könnten ohne staatliche Zuschüsse<br />

und Regulierung nicht existieren.<br />

Aber wir sind vom Thema «Jahrmärkte»<br />

abgekommen. Die zentrale wirtschaftliche<br />

Rolle hat logischerweise auch eine starke<br />

soziale Wichtigkeit nach sich gezogen. Die<br />

Jahrmärkte waren bis ins 20. Jahrhundert<br />

hinein im Leben der Landbevölkerung von<br />

zentraler Bedeutung. Die Mobilität war gering,<br />

Telefon gab es noch nicht und der<br />

Markttag bot die einzige Gelegenheit zum<br />

Austausch von Neuigkeiten und waren zugleich<br />

eine Heiratsbörse. Deshalb wurde am<br />

Abend des Markttages getanzt. So manche<br />

Heirat ist am Rande des Jahrmarktes eingefädelt<br />

worden. Und ein guter Bauer gab seinen<br />

Knechten und Mägden am Markttag frei<br />

und wer nicht gerade ein «Uhung» mit seinem<br />

Personal war, drückte seinen Dienstboten<br />

ein «Nötli» in die Hand.<br />

BÄUERLICHE FESTTAGE<br />

Vor allem im Herbst waren die Jahrmärkte<br />

bäuerliche Festtage. Gab es denn ein stolzeres,<br />

freudigeres Bild für einen Landmann,<br />

als die langen Reihen lebenden und geduldig<br />

in den wärmenden Strahlen der Septemberund<br />

Oktobersonne ausharrenden Viehs? Es<br />

war stets der gleiche Anblick: Langsamen<br />

Schrittes durchmessen die Käufer den Platz<br />

und prüfen mit Kennerblick die Qualität der<br />

Ware. Hier und da kommt es zur Diskussion<br />

mit den Züchtern, irgendeine Bemerkung<br />

wird angebracht; der Preis ist vielleicht<br />

s’Positive 7/2016 23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!