Aus- und Weiterbildung fördern
Aus_und_Weiterbildung_foerdern
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INITIATIVE BILDUNGSKETTEN<br />
„Ich bin endlich erwachsen geworden.“<br />
Mit 16 hatte Sebastian Höffelmann keine Ahnung, was<br />
er nach der Schule anstellen sollte. Doch dann hat er seinen<br />
Weg gef<strong>und</strong>en – mit Unterstützung seiner Berufseinstiegsbegleiterin.<br />
Ohne Frau Klinkenbusch wüsste Sebastian Höffelmann<br />
vielleicht nicht, wie es sich anfühlt, Menschen glücklich<br />
zu machen. „Es ist doch toll, mit den eigenen Händen<br />
etwas zu backen, über das sich Menschen zum Frühstück<br />
freuen“, sagt er.<br />
Sebastian Höffelmann lernt das Bäckerhandwerk,<br />
im dritten Jahr jetzt schon. Sein <strong>Aus</strong>bilder ist die<br />
Uniklinik Münster, das einzige Krankenhaus in<br />
Deutschland mit angeschlossener Bäckerei. Im<br />
Sommer wird er seine Gesellenprüfung ablegen −<br />
so schnell kann es gehen.<br />
Vor vier Jahren war Sebastian Höffelmann noch ein<br />
schüchterner Teenager. Er war nicht besonders kommunikativ,<br />
immer etwas langsamer als die anderen,<br />
musste stets viel üben, um etwas zu können. Er wusste<br />
damals nicht so recht, wohin ihn das Leben schubsen<br />
würde. Aber dann, eines Morgens, stand Annette Klinkenbusch<br />
in seinem Klassenraum.<br />
Die 63-Jährige arbeitet als Berufseinstiegsbegleiterin<br />
für den Bildungsträger SBH-West in Münster. Ihr Job<br />
ist es, Menschen wie Sebastian Höffelmann in die für<br />
sie geeignete Richtung zu bringen <strong>und</strong> sie auf ihrem<br />
Weg so lange zu begleiten, bis sie alleine weitergehen<br />
können.<br />
Höffelmann ist einer von 200 Schülern, die die SBH in<br />
Münster begleitet hat. Über 115.000 Schülerinnen <strong>und</strong><br />
Schüler sind es b<strong>und</strong>esweit, die über die Berufseinstiegsbegleitung<br />
individuell gefördert werden. Menschen<br />
wie Annette Klinkenbusch geleiten Jugendliche<br />
schon ab der 9. Klasse bis zur Berufsausbildung. Das<br />
B<strong>und</strong>esministerium für Bildung <strong>und</strong> Forschung hat<br />
dazu beigetragen, dass die Berufseinstiegsbegleitung<br />
b<strong>und</strong>esweit zur Verfügung steht.<br />
Obwohl Klinkenbusch etwa 20 Jugendliche zeitgleich<br />
betreut, erinnert sie sich noch gut an Sebastian. Er war<br />
einer von sechs Jugendlichen aus der 9. Klasse einer<br />
Förderschule, die ihr von den Lehrern anvertraut<br />
wurden. In wöchentlichen Gesprächen versuchte sie,<br />
zunächst Vertrauen <strong>und</strong> eine Beziehung aufzubauen,<br />
Stärken, Schwächen, versteckte Talente <strong>und</strong> Leidenschaften<br />
aufzuspüren, <strong>und</strong> half den Teenagern dann,<br />
passende Schülerpraktika zu finden, <strong>und</strong> auch dabei,<br />
vernünftige Bewerbungen zu schreiben.<br />
Bei Sebastian Höffelmann gelang das nicht auf Anhieb.<br />
Er erprobte sich erst drei Wochen im Landschaftsbau,<br />
in der 10. Klasse dann drei Wochen als Lagerist. „War<br />
beides nicht das Richtige“, sagt sie. Frau Klinkenbusch<br />
war klar, dass eine dreijährige <strong>Aus</strong>bildung für ihn<br />
noch zu früh sein würde, <strong>und</strong> sie riet ihm, nach dem<br />
Hauptschul abschluss zunächst ein Berufsgr<strong>und</strong>schuljahr<br />
mit Schwerpunkt Hauswirtschaft einzuschieben.<br />
Bei einem ihrer Treffen war auch Höffelmanns Mutter<br />
dabei <strong>und</strong> schlug vor, er solle es doch mal in einer<br />
Bäckerei versuchen, er habe doch immer so gerne mit<br />
ihr Kuchen <strong>und</strong> Plätzchen gebacken. Gemeinsam fanden<br />
sie zwei Bäckereien in Münster, in denen er jeweils<br />
einen Monat ein Praktikum absolvierte. Fortan wollte<br />
er nichts anderes mehr machen. Eine davon war die<br />
Backstube der Uniklinik. Im Abschlussgespräch zum<br />
Praktikum bekam er das Signal, dass er dort womöglich<br />
einen <strong>Aus</strong>bildungsplatz bekommen könnte. Annette<br />
Klinkenbusch unterstützte ihn bei der Bewerbung.<br />
Sebastian Höffelmann hat seine Berufung gef<strong>und</strong>en.<br />
Und er will auf jeden Fall weitermachen, will sich nach<br />
der Prüfung bei einer Biobäckerei bewerben. Und er<br />
glaubt, gute Chancen zu haben, schließlich wolle den<br />
Job ja kaum noch einer machen.