SUMMER of ENGINEERING 2016
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es notwendig, dass jedes Unternehmen sich für sein Geschäft eine Vision erarbeitet. Wir sehen<br />
uns heute als SEW-Eurodrive auch als ein Berater unserer Kunden. Wir versuchen, mit ihm<br />
gemeinsam diese neuen Gedanken, diese Ansätze, diese Vision zu erarbeiten und leiten daraus<br />
die Abläufe in der Fabrik ab. Wir gestalten sie, wir simulieren, wir zeigen, was möglich ist und<br />
versuchen dann über ein Umsetzungskonzept in Schritten in die neue Welt zu gehen.<br />
Haben Sie diese Vorgehensweise<br />
auch in der eigenen<br />
Fertigung praktiziert?<br />
Ja, wir haben versucht, genau das zu realisieren. Wir haben uns dieses Bild vom Kunden/<br />
Subkunden gemacht und gefragt: Wie müsste SEW demensprechend aufgestellt werden? Wir<br />
haben dann in einer Schaufensterfabrik in Graben-Neudorf diese Prinzipien von Industrie 4.0<br />
auch miteinander realisiert. Wir hatten dort die vollautomatisierte Produktion bereits in der<br />
alten Welt und mussten jetzt in der Schaufesterfabrik die neue Industrie 4.0-Welt mit einbetten.<br />
Und genau das haben wir getan. Wir haben dort viel gelernt, zum Beispiel wie man Mensch und<br />
Technik miteinander intelligent kombiniert. Wir haben eine modulare Fabrik realisiert, die<br />
nicht mehr starr verkettet ist, sondern aus einzelnen Prozessmodulen besteht. Und diese<br />
einzelnen Module sind nach Lean in höchster Perfektion gestaltet. Sie werden mit einer<br />
intelligenten Automatisierung mit intelligenten mobilen Assistenzsystemen miteinander<br />
vernetzt und dadurch entsteht der Ansatz einer intelligenten Kombination von Mensch und<br />
Technik. Das heißt: In der Industrie 4.0 unterstützt die Technik den Menschen bei der Leistungserbringung.<br />
Und damit schaffen wir – das sehen wir sehr deutlich in der Schaufensterfabrik<br />
– einen Quantensprung zu mehr Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Wechseln wir den Blick<br />
Richtung Entwicklung und<br />
Konstruktion. Wie sehen Sie<br />
die Anforderungen, die durch<br />
Industrie 4.0 hier gestellt<br />
werden?<br />
Ich glaube, wir dürfen nicht mehr in diesen Funktionen denken, sondern wir müssen die gesamte<br />
Wertschöpfungskette nach diesen Ansätzen und Prinzipien von Industrie 4.0 mit einer durchgängigen<br />
Datenbasis gestalten. Das heißt vom Kunden zum Kunden – ohne sogenannte Systembrüche!<br />
Das ist eine Grundvoraussetzung für eine kurze Time-to-Market und ist ganz im Sinne einer<br />
Lean-Strategie. Zudem müssen in der Entwicklung Produkte definiert werden, die auf einem<br />
Baukastensystem aufbauen. So haben wir die Möglichkeit, letztendlich erst kurz vor der Auslieferung<br />
die kundenindividuelle Lösung zu realisieren. Wir brauchen dazu durchgängige Datenmodelle,<br />
um in der Wertschöpfungskette verzahnt und eng den Auftragsdurchlauf realisieren zu<br />
können. Zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Informationen zu haben, ist für alle Beteiligten in<br />
der Wertschöpfungskette essenziell. Und das bedeutet auch konsequent Veränderung im Umfeld<br />
der IT. Auch hier sage ich: Auch die IT muss sich neu erfinden! Wir müssen uns heute die Frage<br />
stellen: Wieviel ist noch zentral und wieviel ist dezentral zu organisieren? Und wir bei SEW sagen:<br />
Wir möchten hier mehr dezentrale Verantwortung haben – das heißt, kurze geschlossene<br />
Regelkreise. Wir wollen kleine Einheiten, die unternehmerisch agieren und handeln können. Und<br />
das erfordert eben eine neue Art von IT und natürlich auch eine neue Art von Automatisierung.<br />
Dieser dezentrale Ansatz<br />
würde sich dann bis auf die<br />
Produktebene herunterbrechen,<br />
um dann letzt <br />
endlich auch Komplexität<br />
beherrschen zu können?<br />
Ganz genau. Auch auf der Produktebene versuchen wir heute zum einen über intelligente<br />
Komponenten und zum anderen über intelligente Grundbaukästen Komplexität zu reduzieren<br />
und dann auch diese Grundbaukästen dezentral vor Ort in die Verantwortung zu geben. Damit<br />
reduzieren wir deutlich die Durchlaufzeiten bei der Entwicklung und Produktion neuer Produkte.<br />
SEW-EURODRIVE<br />
Der Industrie 4.0-Ansatz<br />
verändert also auch ihre<br />
Produkte. Wandelt sich denn<br />
grundsätzlich Ihr gesamtes<br />
Leistungsangebot?<br />
Heißt das, dass Dienstleistungen<br />
eine bedeutendere<br />
Rolle spielen?<br />
Ja. Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten enorm gewandelt. Wir waren klassischer Komponentenhersteller<br />
von Getrieben und Motoren. Dann haben wir gesagt: Das was wir antreiben,<br />
wollen wir auch steuern und regeln. So sind wir in Motion Control, in Steuerungstechnik<br />
eingestiegen. Und vor einigen Jahren haben wir uns entschlossen, unseren Kunden auch<br />
Systemlösungen anzubieten. Wir setzen unser Wissen ein, um unseren Kunden intelligente, auf<br />
Mehrwert ausgerichtete Antriebslösungen zu bieten. Das ist ein neues Geschäftsfeld im Hause<br />
SEW-Eurodrive. Wir beraten und planen hier, wir machen die Projektierung und die Umsetzung,<br />
und wir übernehmen auch ein Stück Verantwortung für das Leistungsergebnis.<br />
Ja, ganz deutlich. Ein Beispiel ist hier die Simulation. In der virtuellen Welt gestalten wir heute<br />
mit unseren Kunden komplette Abläufe. Wir zeigen ihnen hier, was erreicht werden kann und<br />
setzen dann erst diese Abläufe in die reale Welt um. Ein weiterer wichtiger Punkt ist natürlich<br />
Predictive Maintenance. Überall dort, wo wir dezentrale Intelligenz in unseren Produkten<br />
realisieren – sogenannte Smart Products – sind diese in der Lage, Informationen aufzunehmen,<br />
zu speichern und zu kommunizieren. So sind sie ganz leicht zu einem Cyber-Physical-System<br />
72 <strong>SUMMER</strong> <strong>of</strong> <strong>ENGINEERING</strong> <strong>2016</strong>