DER KONSTRUKTEUR 4/2016
DER KONSTRUKTEUR 4/2016
DER KONSTRUKTEUR 4/2016
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Simulation und Konstruktion<br />
gehen Hand in Hand<br />
Die neuen, sehr leistungsfähigen Simulationsprogramme<br />
beziehen heute eine große<br />
Bandbreite an physikalischen und chemischen<br />
Vorgängen ein. Selbst das Strömungsverhalten<br />
von Blut in den Adern,<br />
wenn der Blutdruck oder die Herzfrequenz<br />
steigen, oder mechanische Verformungen<br />
des Gewebes durch Bewegungen oder die<br />
Wärmeverteilung im Gewebe lassen sich<br />
jetzt berücksichtigen. Dies macht ganz<br />
neue Produktentwicklungen möglich, wie<br />
das Beispiel eines Stents zeigt, den Experten<br />
von Dassault Systèmes in einem aktuellen<br />
Entwicklungsprojekt erstellt haben.<br />
Stents weiten verstopfte Arterien und<br />
sind durch das elastische Gewebe des<br />
Blutgefäßes und den Blutfluss hohen<br />
Die Simulation wird<br />
heute zum maßgeblichen<br />
Entwicklungstreiber<br />
mechanischen Belastungen ausgesetzt.<br />
Trotzdem sollen sie möglichst nie ausgetauscht<br />
werden. Die Projektteilnehmer<br />
hatten das Metallgeflecht eines herkömmlichen<br />
Stents im CAD-Programm Solidworks<br />
konstruiert und dann mit der Finite-Elemente-Analyse<br />
auf mechanische Belastung<br />
mit Blick auf die Lebensdauer untersucht.<br />
Vor allem an den engen Biegeradien des<br />
Metallgeflechts kam es zu hohen Belastungen,<br />
die im ungünstigen Fall im Lauf der<br />
Jahre zu Brüchen führen können. Die Elastizität<br />
des Stents und damit seine Fähigkeit,<br />
das Blutgefäß offen zu halten, wäre<br />
nicht mehr zuverlässig gegeben gewesen.<br />
In einem iterativen Prozess zwischen Konstruktion<br />
und Berechnung entwickelten<br />
die Experten schließlich einen optimalen<br />
Stent, der an den neuralgischen Stellen<br />
geringere Belastungsspitzen aufweist und<br />
dadurch haltbarer ist.<br />
Hersteller von Medizinprodukten können<br />
mit solchen Simulationsanwendungen die<br />
Funktion und Sicherheit eines Medizinprodukts<br />
deutlich steigern. Selbst der Entwurf<br />
körpereigener Bauteile wie beispielsweise<br />
Hüft- oder Kniegelenke lässt sich<br />
damit per Mausklick auf ihre korrekte<br />
Funktion im Körper hin simulieren. Deuten<br />
sich Probleme etwa bei der Stabilität<br />
an, kann die Konstruktion im CAD-Programm<br />
verändert werden. Durch diese<br />
Rückkopplung aus Konstruktion und<br />
Simulation lassen sich neue Produkte<br />
schnell und kostengünstig optimieren,<br />
noch bevor der erste Prototyp hergestellt<br />
und am Patienten getestet wurde. Mehr<br />
noch: Mit der beschriebenen Methode<br />
rückt die individualisierte Medizintechnik<br />
ein großes Stück näher. Denn weil<br />
jeder Körper anders ist und jeder Patient<br />
ein anderes Krankheitsbild hat, können<br />
so auch Medizinprodukte individuell<br />
gestaltet werden. Ein dem Patienten implantiertes<br />
Hüftgelenk wird zukünftig<br />
also nicht nur bezogen auf die Funktion<br />
optimal ausgelegt sein, es wird auch personalisiert<br />
sein und damit perfekt zum<br />
Patienten passen.<br />
Das Zahninlay, das anhand eines digitalen<br />
Abdrucks des vorhandenen Zahns<br />
in einer halben Stunde passgenau aus<br />
einem Keramikmaterial herausgefräst<br />
wird, steht für diesen Trend hin zur Individualisierung.<br />
Auch andere Implantate<br />
werden in Zukunft mehr als nur ein Ersatzteil<br />
von der Stange sein.<br />
Bilder: Dassault Systèmes<br />
www.3ds.com/de<br />
Individualisierte Medizinprodukte<br />
Volkmar Schönfeld: „Neue Entwicklungen in<br />
der Simulationstechnologie ermöglichen es<br />
Medizinern, mit einer 3D-Brille vor einem Bildschirm<br />
in ein schlagendes Herz einzutauchen.<br />
Das Projekt Living Heart von Dassault Systèmes<br />
ist keine Spielerei sondern unterstützt dabei,<br />
komplizierte Operationen zu planen“<br />
Der Konstrukteur 4/<strong>2016</strong> 31<br />
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