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WK_Dez16_BUCH_ANSICHT

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und der erste Stock um einige Räume erweitert,<br />

in denen die Kinder meines Großvaters,<br />

also mein Vater, meine Tanten und<br />

Onkel Platz fanden. Auch der Stall wurde<br />

ans Haus angebaut.“<br />

Christian Strassers leise Stimme füllt sich<br />

auch noch heute mit Stolz, wenn er von<br />

seinem Haus, das früher auch „Gschöss“<br />

genannt wurde, spricht: „In den 300 Jahren,<br />

in denen unser Haus schon steht, wurde<br />

daran manches repariert und der Zeit angepasst,<br />

darum schaut es gut und fest ins Land<br />

hinaus, und fühlt sich als die Seele unseres<br />

Bergbauernhofes.“ Heute bewohnt der Altbauer<br />

nur noch das Erdgeschoss des Hofes.<br />

In der Stube stehen ein Kachelofen, ein<br />

Ecktisch und seine Schnitzereien. An den<br />

Wänden hängen Bilder, die den Hof zeigen,<br />

seine Familie oder den Stammbaum.<br />

VON BRECHELSTUBE UND TROAD-<br />

KASTEN<br />

Der ruhige und bescheidene Christian<br />

Strasser und sein Hof gehen mir nach unserem<br />

Besuch und einer komplikationslosen<br />

Autofahrt nach Hause nicht so schnell<br />

aus dem Sinn. Dafür sorgt auch das Buch<br />

„Bauerng'schichten aus dem Söllandl“, das<br />

er gemeinsam mit seiner Enkelin Elisabeth<br />

im Eigenverlag herausgebracht hat. In der<br />

Geschichte „G'schöss, unser Haus!“ erwacht<br />

der Hof vor meinem geistigen Auge<br />

zum Leben: „In den 20er- und 30er-Jahren,<br />

als wir Kinder herangewachsen sind, da war<br />

noch vieles eine Selbstverständlichkeit von<br />

dem, was heute als altmodisch abgetan wird.<br />

Ringzäune umgrenzten Felder und Weide,<br />

die Dächer waren mit Holzschindeln gedeckt.<br />

Da gab es den Dreschtenn und die<br />

Windmühle zum Getreideausputzen, die<br />

Brechelstube, den Troadkasten, am Hauseck<br />

steht der Denglstein, und auf dem Dach<br />

der Glockenstuhl. Er ist nicht nur als Zierde<br />

da, sondern die Glocke ist die tönende<br />

Verbindung zwischen Haus und Feldarbeit.<br />

Im Sommer zur Mittagszeit hörte man von<br />

den umliegenden Bauernhöfen die Essensglocken<br />

läuten, jede hatte einen anderen<br />

Klang, und gerne folgte man dem Ruf zum<br />

Mittagessen. Heute steht der Glockenstuhl<br />

wohl noch hübsch untätig auf dem Dach<br />

– Uhr und Handy haben ihn in Pension geschickt.“<br />

Von einem solchen Schicksal bleibt<br />

Christian Strasser verschont. Menschen wie<br />

er gehen nie in Pension. Auch nicht mit 92.<br />

Wilde Kaiserin<br />

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