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Snowtimes-2010-StMoritz

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»Der erste Bogen ist immer die grösste Challenge«<br />

Cüplis, Schmuck und Sonne – das White Turf bietet noch viel mehr. Allen voran die<br />

vielbewunderten Schnee-Gladiatoren. Franco Moro ist der berüchtigtste.<br />

Sein Beruf ist Skilehrer. Und die Familie hatte einen Pferdekutschenbetrieb.<br />

Es sind dies genau die Voraussetzungen,<br />

die es für das Skijöring braucht. »König vom<br />

Engadin« nennen sie ihn. Oder einfach »Sieger«. Wobei<br />

letzteres nicht zum Ausdruck bringt, dass er die ganze Serie<br />

mehrfach für sich entschied.<br />

Wenn er an den drei Rennsonntagen jeweils über den gefrorenen<br />

St. Moritzersee stiebt, kennt ihn jeder. Alle wollen<br />

möglichst nahe dran sein. Bei den Athleten. Bei den<br />

Pferden. Bei den Siegern. White Turf - das Spektakel. Die<br />

hart umkämpfte Wette. Und die Kür. Zumindest für Franco<br />

Moro. Er kam schon 14 Mal als erster ins Ziel. Weil er<br />

»vielleicht ein bisschen ein Winnertyp« ist, wie er später<br />

in einem Nebensatz erwähnt. Er bleibt aber bescheiden.<br />

»Während dem Rennen ist der Einfluss des Fahrers auf<br />

das Pferd etwa 20 Prozent«, sagt er. Und die besten Pferde<br />

hatten oft die anderen. Trotzdem stand Franco Moro am<br />

Schluss meist zuoberst auf dem Podest. Er brüstet sich<br />

damit nicht, das sind die Fakten. Wie geht so etwas? »Die<br />

Erfahrung macht es aus«, sagt der Champion. Seit 25 Jahren<br />

ist er immer dabei. »Jede mögliche Rennsituation<br />

habe ich schon mindestens einmal erlebt.« Somit kann er<br />

im Wettlauf die Lage früher erfassen. Und gewinnt wertvolle<br />

Meter. »Angst darf man keine haben«, ist sich Franco<br />

Moro sicher. Aber eine gewisse Kaltblütigkeit sei gefordert.<br />

Jeder will gewinnen. Geschenke werden keine<br />

verteilt. Trotzdem wird aufeinander Rücksicht genommen.<br />

»Unfälle sind schon einige passiert«, meint der St.<br />

Moritzer. »Beinbrüche, Rippenbrüche, Schulterluxationen<br />

– das wünschst du niemandem.« Grosse Kräfte resultieren<br />

aus der Bewegung: Die schnellen Pferde, alle<br />

mehrere hundert Kilo schwer und die an den Leinen hängenden<br />

Skifahrer in voller Fahrt. »Wer da drunter gerät,<br />

weiss zuerst nicht, wie ihm geschieht«, so der Gesamtsieger<br />

von 2009 ehrfürchtig. Einmal sei ihm das passiert. Im<br />

ersten Rennen vor 25 Jahren. Seither schaut er ganz genau,<br />

dass er in keinen Sturz mehr verwickelt wird. Wenn<br />

immer möglich, hilft er mit, dass es auch die anderen<br />

nicht trifft.<br />

Nebst den besten Skifahrern steigen beim White-Turf die<br />

besten Rennpferde in den Ring. Sie werden das ganze<br />

Jahr hindurch trainiert. Allerdings nicht auf Schnee. Und<br />

schon gar nicht mit einem Skifahrer im Schlepptau. Das<br />

macht es aus. Vor dem ersten Skijöring-Rennen finden<br />

nur wenige Trainings statt. Ein Reiter begleitet das Pferd<br />

noch dabei, im Ernstkampf muss es dann alleine gehen:<br />

So schnell wie irgendwie möglich die zweieinhalb Runden<br />

auf dem gefrorenen St. Moritzersee bewältigen - jedenfalls<br />

schneller als die anderen. Franco Moro fährt hinterher<br />

und gibt Anweisungen. Die Herausforderung:<br />

Optimale Einteilung der Energiereserven. Es kommt darauf<br />

an, ob es ein Sprinter oder Stipler, ausgerichtet auf<br />

lange Strecken, ist. »In erster Linie muss es ein ehrliches<br />

Pferd sein. Ein Kämpfer, der frei galoppieren kann. Auch<br />

ohne grossen Einfluss des Fahrers«, nennt Moro die<br />

Hauptvoraussetzung. Aber: »Die Angewöhnungszeit zwischen<br />

Fahrer und Pferd ist kurz. Schnellstmöglich muss<br />

eine Harmonie entstehen«, sagt Moro. Teamarbeit ist gefragt:<br />

Sich aneinander gewöhnen und gegenseitig führen.<br />

Mensch und Tier mit vereinten Kräften. »Ich muss das<br />

Pferd fühlen können und es zahlt mir das zurück.« Die<br />

erste Begegnung ist immer speziell. »Ich gehe auf das<br />

Tier zu, lerne es kennen und schaue, ob es stolz, robust<br />

und muskulös ist.« Es stellt sich die Frage: »Ist es eines,<br />

das ich im Rennen eher laufen lasse oder zurückhalte.«<br />

Zusätzlich wird mit den Rennstall-Verantwortlichen taktisches<br />

besprochen.<br />

Alle Pferde beim White Turf haben etwas gemeinsam:<br />

»Sie sind ästhetisch sehr einfühlsam und haben vor allem<br />

ein gutes Gedächtnis«, schwärmt Franco Moro von seinen<br />

Rennpartnern. Freilich, weil die Verletzungsgefahr<br />

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