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Foto: Jacek Bilski<br />
zitieren: „In der Arbeit, in der Arbeit,<br />
muss man alles geben.“<br />
Mein peinlichster Sturz<br />
Das kosmische Drehbuch meinte es<br />
nicht gut mit mir: Meine Blume hatte<br />
soeben den A-Führerschein bekommen,<br />
und ich war echt schockiert, wie<br />
unsicher sie unterwegs war. Also wollte<br />
ich ihr im Zuge einer gemeinsamen<br />
Ausfahrt etwas mehr Zuversicht<br />
und Lockerheit geben. Ich sagte ihr<br />
wortwörtlich: „Entspann dich. Da kann<br />
überhaupt nichts passieren. Genieß<br />
es einfach.“ Ich führte mit der Speed<br />
Triple, sie folgte mit der SV 650. Meine<br />
Fahrt war sowohl vorausschauend, als<br />
auch vom Blick in den Rückspiegel<br />
geprägt. Alles lief bestens, das milde<br />
Tempo überforderte sie nicht, ich hatte<br />
das Gefühl, dass sie bereits runder und<br />
geschmeidiger fuhr. Aber als ich dann<br />
im Ortsgebiet den Blick vom Spiegel<br />
löste, musste ich erkennen, dass drei<br />
Meter vor mir die Kolonne nicht mehr<br />
fuhr, sondern bereits stand. Und bäng!<br />
Wahnsinn. Ich fuhr auf den Astra-Kombi<br />
auf und kippte seitlich um. Und wie<br />
ich so auf dem Asphalt lag und in das<br />
urdünne Auspuffrohr des Opels blickte,<br />
spürte ich starke Zweifel an der Sinnhaftigkeit<br />
des Seins.<br />
Foto: Alan Cathcart<br />
Die Fußrasten der Buell haben<br />
nicht aufgesetzt – der Rest der<br />
Maschine schon<br />
in Valencia kam sie schnell an ihre<br />
Grenzen. In der Bremszone hatte die<br />
Buell ein derart beeindruckendes<br />
Ganzkörper-Chattering, dass ich<br />
gleich in die Box fuhr und mir das<br />
Fahrwerk anpassen ließ.<br />
Dann rollte ich wieder auf die<br />
Strecke mit dem festen Vorsatz, die<br />
Rasten anzuschleifen, fühlte mich<br />
einen Tick besser, obwohl die Performance<br />
meilenweit von meiner<br />
GSX-R 1000 entfernt war, legte in<br />
der zweiten Runde in der Fotokurve<br />
im Scheitel das Gas an und fabrizierte<br />
einen Highsider vom Feinsten.<br />
Na, da war was los! Ich purzelte bis<br />
ins Kiesbett, wälzte mich im Schotter<br />
wie ein Schnitzel im Paniermehl,<br />
sah die voll ramponierte Buell und<br />
nickte im Sinne des Testurteils:<br />
Stimmt, die Rasten haben nicht aufgesetzt.<br />
Mein zweiter Gedanke war<br />
lyrischer Natur: „Leicht benommen,<br />
schwer geprellt, wird eine neue<br />
Buell bestellt.“ In diesem Zusammenhang<br />
möchte ich hier den<br />
Wiener Sänger Prof. Kurt Ostbahn<br />
FAZIT<br />
WENN ICH SO ÜBER DAS<br />
STÜRZEN NACHDENKE …<br />
… kann ich mit Sicherheit sagen, dass es<br />
mir nicht taugt. Keine Frage, als Journalist<br />
trägt man in den allermeisten Fällen kein<br />
finanzielles Risiko (sonst wären wohl fast<br />
alle, die das Testen ernst nehmen, bis ans<br />
Lebensende ruiniert), aber erstens finde<br />
ich das Geräusch einer schlitternden Maschine<br />
fürchterlich, und zweitens juckt es<br />
lästig unterm Gips und das Gehen mit<br />
Krücken ist irgendwie unelegant. Mitunter<br />
gibt es aber auch Sterne, die mich erheitern.<br />
Wie zum Beispiel jener, als ich den<br />
300er-Roller nur von einer Straßenseite<br />
auf die andere parken wollte, die kleine<br />
Schotterstelle übersah und mich prompt<br />
am Asphalt wälzte. Da habe ich dann laut<br />
aufgelacht – vermutlich, weil der Purzelbaum<br />
das glückliche Gefühl der Kindheit<br />
auslöste. Die griesgrämige Nachbarin, die<br />
die Szene am Fenster beobachtete, nickte<br />
kurz bekräftigend. Offensichtlich sah sie<br />
sich in ihrem Urteil bestätigt: „Der ist nicht<br />
ganz normal.“<br />
Foto: Andreas Riedmann<br />
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