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naturgucker Nr. 30

DAS MAGAZIN ZUR VOGEL- UND NATURBEOBACHTUNG Wir zeigen Ihnen die Natur von ihrer schönsten Seite! Blättern Sie durch unser aktuelles Heft, und werfen Sie einen Blick auf die Vielfalt, die Sie umgibt. Alle zwei Monate finden Sie bei uns packende Fotos, Reportagen und Berichte über Vögel, seltene Pflanzen, Amphibien, Reptilien, Säugetiere oder Insekten wie Libellen und Schmetterlinge.

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NATURREISE<br />

In Grense Jakobselv, einem winzigen<br />

Weiler in der arktischen<br />

Finnmark, ist das Ende der Welt<br />

erreicht. Zumindest mit unserem<br />

VW-Bus geht es hier nicht mehr weiter.<br />

Links erheben sich abweisende<br />

Berghänge, auf deren Gipfel sich<br />

das norwegische Militär eingenistet<br />

hat. Vor uns aufgewühltes, bleifarbenes<br />

Meer, in dem sich ab und<br />

zu ein paar Schweinswale zeigen,<br />

und rechts, am anderen Ufer des<br />

Grenzflusses Jakobselv, befindet<br />

sich Russland. Bis nach Murmansk<br />

sind es nur noch 150 Kilometer. Die<br />

beiden norwegischen Soldaten, die<br />

am Rand der Schotterstraße gemütlich<br />

am Lagerfeuer sitzen, erklären<br />

uns freimütig, dass ihr Auftrag darin<br />

besteht, naive Touristen davon<br />

abzuhalten, den Fluss zu durchwaten,<br />

um auf russischem Staatsgebiet<br />

ein Erinnerungsfoto zu knipsen.<br />

Die nächstgelegene norwegische<br />

Stadt ist Kirkenes am Varangerfjord,<br />

die nördlichste und somit letzte Anlaufstelle<br />

der Hurtigruten-Schiffe.<br />

Der Varangerfjord, nahe der russischen<br />

Grenze im nordöstlichen Teil<br />

der norwegischen Finnmark gelegen,<br />

ist nicht nur bekannt für seine reichen<br />

Fischgründe, sondern auch ein Paradies<br />

für viele Vögel. In dieser äußerst<br />

dünn besiedelten Gegend wechseln<br />

sich Feuchtgebiete und Birkenwälder<br />

mit kargen Mondlandschaften ab.<br />

DIE KÖNIGSKRABBEN<br />

Bereits im Jahre 1869 ließ König<br />

Oscar II. hier eine Kapelle aus Stein<br />

errichten, um dem Nachbarn im<br />

Osten norwegische Hoheitsgewalt<br />

zu demonstrieren. Heute stehen<br />

in Sichtweite russische Grenztürme,<br />

die an die vergangenen Zeiten<br />

des eisernen Vorhangs erinnern. Im<br />

Zweiten Weltkrieg versuchten die<br />

deutschen Truppen von Kirkenes<br />

aus, den eisfreien russischen Hafen<br />

in Murmansk unter ihre Kontrolle<br />

zu bekommen. Aber die Rote Armee<br />

schlug immer wieder zurück,<br />

flog über <strong>30</strong>0 Bomberangriffe und<br />

machte Kirkenes so zur meistbombardierten<br />

Stadt Norwegens. Und<br />

die letzten Reste, die diesem Inferno<br />

wider Erwarten standhielten, verbrannten<br />

die Deutschen bei ihrem<br />

Rückzug. Entsprechend trost- und<br />

charmelos präsentiert sich leider die<br />

Stadt heute. Im Hafen verkauft ein<br />

Fischer frisch gefangene Krevetten<br />

direkt von seinem Kutter an die wartende<br />

Kundschaft. Während wir das<br />

Treiben, eingepackt in Fleece und<br />

Windjacke, beobachten, trotzen die<br />

vorbildlich in Einerkolonne wartenden<br />

Einheimischen in T-Shirt und<br />

Zehenschlappen dem bissigen Wind.<br />

Schließlich haben wir Mitte<br />

August und die Temperatur ist mit<br />

14 Grad, zumindest für die lokale<br />

Bevölkerung, angenehm warm.<br />

Am Quai nebenan wird ein russischer<br />

Trawler, dessen ursprüngliche Farbe<br />

sich unter der dicken Rostschicht nur<br />

noch vage erahnen lässt, kistenweise<br />

mit Nahrungsmitteln beladen. Die<br />

Matrosen winken uns spontan an<br />

Bord und erklären uns in brüchigem<br />

Englisch, dass die Jagd-Saison auf<br />

die eindrücklichen Königskrabben<br />

vor der Tür steht. Diese Krustentiere<br />

sind ursprünglich im nördlichen Pazifik<br />

beheimatet, wurden aber in den<br />

1960er Jahren von russischen Forschern<br />

in der Barentssee ausgesetzt.<br />

Ein Weibchen legt bis zu 500.000 Eier,<br />

und etwa zwei Prozent, also 1.000<br />

Nachkommen, erreichen das adulte<br />

Alter. Dank der hier herrschenden<br />

guten Lebensbedingungen und weil<br />

natürliche Fressfeinde fehlen, haben<br />

sich diese Monsterkrabben in der<br />

Zwischenzeit entlang der Küste bis<br />

zu den Lofoten ausgebreitet. Und<br />

es gibt bereits erste Unkenrufe, die<br />

davor warnen, dass die Krabben<br />

in naher Zukunft auch die Badenden<br />

auf Sylt erschrecken werden.<br />

JAKOBSLEITER<br />

In Bugoynes, einem malerischen Dorf<br />

westlich von Kirkenes, erwartet uns<br />

eine kleine biologische Sensation.<br />

Hier, auf dem fußballfeldgroßen<br />

Friedhof, ist der einzig bekannt Ort,<br />

an dem die nordische Jakobsleiter<br />

(Polemonium boreale), auch Himmelsleiter<br />

oder Sperrkraut genannt,<br />

wächst. Zwar gibt es auch im Norden<br />

andere Vertreter aus der Pflanzenfamilie<br />

der Jakobsleiter, wie beispielsweise<br />

Polemonium coeruleum und<br />

Polemonium acutiflorum. Aber Polemonium<br />

boreale unterscheidet sich<br />

von ihren Verwandten durch einen<br />

kleineren Wuchs und ihre helleren<br />

Blüten. Ein kleines Schild beim Eingang<br />

weist auf Norwegisch, Finnisch<br />

und Englisch auf diese Besonderheit<br />

hin. Die Blumen wurden 1868 hier<br />

entdeckt und sind seit 1919 geschützt.<br />

So ist es verboten, sie zu pflücken<br />

oder zu zerstören. Damit die zarten<br />

Pflanzen in diesem rauen Klima genug<br />

Zeit zum Aussamen und wachsen<br />

haben, wird das Gras im Friedhof<br />

nicht vor dem 15. August geschnitten.<br />

Nicht nur wegen der Königskrabben<br />

und den enorm reichen Fischgründen<br />

ist die Gegend um den<br />

Varangerfjord bekannt. Das Vogelleben<br />

in diesem Gebiet steht in krassem<br />

Gegensatz zu der für uns auf<br />

43<br />

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