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22 Im Blickpunkt<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 5 · 23. Mai <strong>2017</strong><br />
Vereint dem Übergewicht<br />
der 4- bis 12-Jährigen entgegenwirken<br />
Mit einem ganzheitlichen Konzept will Leipzig die Kindergesundheit fördern<br />
LEIPZIG. Modelle zum Thema Prävention und Adipositas im<br />
Kindes- und Jugendalter zielen in aller Regel auf eine Verhaltensänderung<br />
der Betroffenen ab. Ein Forschungsprojekt im Leipziger<br />
Stadtteil Grünau verfolgt dagegen den Ansatz, gesundheitsfördernde<br />
Angebote mit einer Modifikation der Strukturen, die<br />
die kindliche Lebenswelt prägen, zu verknüpfen, wie Kita, Horte,<br />
Freizeiteinrichtungen, das Wohnumfeld oder Spielplätze.<br />
Leipzig-Grünau – einst die<br />
größte Plattenbausiedlung der<br />
DDR – gilt als sozialer Brennpunkt<br />
der sächsischen Großstadt,<br />
was sich auch in der Gesundheit der<br />
Heranwachsenden widerspiegelt.<br />
Daten der Schulaufnahmeuntersuchungen<br />
sowie von Kinder- und<br />
Jugendärzten ergaben einen deutlich<br />
höheren Anteil an übergewichtigen<br />
Kindern (12,1 % gegenüber 4,1 % in<br />
gut situierten Wohnvierteln) sowie<br />
eine auffällige Grobmotorik (17,9 %<br />
gegenüber 10,1 %).<br />
Adipositas soll schon im frühen<br />
Alter entgegengewirkt werden<br />
Um das zu ändern, haben das städtische<br />
Gesundheitsamt, die Kinderklinik<br />
der Universität Leipzig, die<br />
Hochschule für Technik, Wirtschaft<br />
und Kultur sowie die AOK gemeinsam<br />
ein auf fünf Jahre (2015–2019)<br />
angelegtes Projekt initiiert, das zu<br />
einer nachhaltigen Verbesserung<br />
der Kindergesundheit führen soll.<br />
Zielgruppe sind Heranwachsende<br />
zwischen vier und zwölf Jahren. Die<br />
Kosten von 850 000 Euro werden<br />
hauptsächlich von der AOK PLUS<br />
sowie anteilig von der IKK Classic<br />
und der Knappschaft getragen.<br />
„Im Gegensatz zur Verhaltensprävention<br />
zielt der Ansatz unseres Projekts<br />
darauf ab, Lebensbedingungen<br />
so zu gestalten, dass sie der Entwicklung<br />
der Adipositas in den frühen<br />
Lebensaltern entgegenwirken oder<br />
diese gänzlich verhindern“, erläutert<br />
Professor Dr. Wieland Kiess von<br />
der Kinderklinik des Universitätsklinikums<br />
Leipzig.<br />
Im Stadtteil Grünau wurden daher<br />
zum Beispiel Schulwege unter Beteiligung<br />
der Kinder und Jugendlichen<br />
so umgestaltet, dass es jetzt möglich<br />
ist, gefahrlos zu Fuß zu gehen oder<br />
Fahrrad zu fahren.<br />
Eltern werden an gemeinsame<br />
Familienmahlzeiten erinnert<br />
Auch im Wohnumfeld wurden Veränderungen<br />
vorgenommen, die zu<br />
mehr körperlicher Bewegung und<br />
spielerischer Betätigung anregen<br />
sollen. Darüber hinaus veranstaltet<br />
das Projekt zweimal im Jahr mit<br />
Unterstützung von Ernährungswissenschaftlerinnen<br />
Aktionstage zur<br />
gesunden Ernährung, die sich direkt<br />
an die Vorschulkinder richten.<br />
Die Eltern wiederum werden über<br />
Plakataushänge im öffentlichen<br />
»Aktionstage zur<br />
Ernährung für<br />
die Vorschüler«<br />
Raum beispielsweise darüber informiert,<br />
wie wichtig gemeinsame<br />
Familienmahlzeiten sind, und sie<br />
erhalten Spielanregungen.<br />
„Das Stadtteilprojekt will Verhältnisprävention<br />
unter Einbeziehung<br />
aller Bewohner eines städtischen<br />
Siedlungsraums leisten“, so Prof.<br />
Kieß. Dies geschieht z.B. durch die<br />
Möglichkeit, an einem Gesundheitsnetzwerk<br />
mitzuwirken, das unter anderem<br />
Fußballturniere und Familiengesundheitstage<br />
organisiert. „Partner<br />
des Netzwerks sind Fachkräfte aus<br />
den Bildungs- und Freizeiteinrichtungen,<br />
den medizinischen Versorgungsdiensten,<br />
dem Forschungsprojekt<br />
,Grünau bewegt sich‘, dem<br />
Quartiersmanagement und der<br />
Stadtverwaltung sowie Bürgerinnen<br />
und Bürger, die sich für Kindergesundheit<br />
engagieren“, so die Projektkoordinatorin<br />
Ruth Gausche.<br />
Mit an Bord sind auch<br />
niedergelassene Kinderärzte<br />
Kinder der Grünauer Ringelnatz-<br />
Grundschule entdecken, gestalten und<br />
bespielen Bewegungsanlässe auf ihren<br />
Schulwegen – hier wird die<br />
Fußgängerbrücke zum bewegten Ort.<br />
Auch niedergelassene Kinderärzte beteiligen<br />
sich an dem Projekt, indem<br />
sie kontinuierlich Daten über die<br />
Körpergrößen- und Gewichtsentwicklung,<br />
BMI und Blutdruck ihrer<br />
Patienten sammeln und Familien<br />
beraten, deren Kinder eine auffällige<br />
Gewichtszunahme zeigen.<br />
Eine systematische und umfassende<br />
Dokumentation und wissenschaftliche<br />
Auswertung soll die Übertragbarkeit<br />
des Projekts auf andere<br />
Kommunen gewährleisten.<br />
Petra Spielberg<br />
www.gruenau-bewegt-sich.de<br />
Ruth Gausche: 0341 9726148<br />
Ein Stadtteil wird mobilisiert<br />
„Grünau bewegt sich“ ist ein Gemeinschaftsprojekt<br />
der Stadt Leipzig, der<br />
Universität und Poliklinik für Kinderund<br />
Jugendmedizin, der Hochschule<br />
für Technik, Wirtschaft und Kultur<br />
sowie der AOK PLUS. Ziel ist es, gemeinsam<br />
mit Bürgern und niedergelassenen<br />
Ärzten die Entwicklung von<br />
Übergewicht u.a. durch sportliche<br />
Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen<br />
zu bremsen oder zu verhindern.<br />
Laufen wird das Projekt über fünf Jahre<br />
(2015–2019). Die Kosten belaufen sich<br />
auf 850 000 Euro. Die Evaluierung soll<br />
eine Übertragbarkeit auf andere bundesdeutsche<br />
Städte überprüfen.<br />
Zweimal im Jahr lädt<br />
„Grünau bewegt sich“<br />
Kindergartengruppen zum<br />
Aktionstag „Gesunde<br />
Ernährung für Vorschulkinder“<br />
in den Projektladen<br />
„Bewegungsmelder“ ein.<br />
Fotos: Maria Garz, Grünau bewegt sich