MTD_DDG_2017_05_inkl_diatec
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4 News & Fakten<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. 5 · 23. Mai <strong>2017</strong><br />
Könnte richtungsweisend sein<br />
Sozialgericht urteilt: Krankenkasse muss auch für rtCGM<br />
als Alarmsystem gegen Unterzuckerung zahlen<br />
NÜRNBERG. Seit September vergangenen Jahres müssen die<br />
Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen für<br />
Systeme zur kontinuierlichen Glukosemessung (rtCGM) zahlen.<br />
So ein Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses.<br />
Aus einem Urteil des Sozialgerichts Nürnberg könnte sich<br />
eine weitere Voraussetzung für die Kostenübernahme ergeben.<br />
Zwar handelt es sich im aktuellen<br />
Fall um einen Rechtsstreit,<br />
der bereits 2012 seinen<br />
Anfang nahm, doch das jetzt gefällte<br />
Urteil schließt auch den 2016 vom<br />
Gemeinsamen Bundesausschuss<br />
(G-BA) gefassten Beschluss mit ein,<br />
dass die rtCGM eine Leistung der<br />
gesetzlichen Krankenkassen ist.<br />
Beklagte ist die AOK Bayern, die<br />
den Antrag auf Kostenübernahme<br />
mit der Begründung ablehnte, dass<br />
mit dem System keine verlässliche<br />
Messung durchgeführt werde. Der<br />
Kläger, der seit 28 Jahren an Diabetes<br />
Typ 1 und inzwischen auch<br />
unter einer schweren Hypoglykämiewahrnehmungsstörung<br />
leidet,<br />
argumentierte, dass es ihm durch<br />
entsprechend eingestellte Alarmmeldungen<br />
am Messgerät rechtzeitig<br />
möglich sei, die Insulindosis richtig<br />
anzupassen oder rechtzeitig Kohlenhydrate<br />
zu konsumieren. Weder eine<br />
Erhöhung der Frequenz der Selbstmessungen<br />
noch ein Unterzuckerungswahrnehmungstraining<br />
hatte<br />
ihm helfen können.<br />
rtCGM dient vorrangig<br />
als Frühwarnsystem<br />
Zudem gab er an, dass das beantragte<br />
System primär keine Therapieverbesserung<br />
bringen, sondern<br />
vorrangig dem rechtzeitigen Erkennen<br />
und somit der Verhinderung<br />
von lebensbedrohlichen Gefahrenzuständen<br />
dienen sollte – so wie es<br />
auch Frühwarnsysteme tun, die Epileptiker<br />
nachts vor bevorstehenden<br />
Anfällen warnen.<br />
Hilfsmittel ist notwendig, um<br />
Verschlimmerung zu vermeiden<br />
Der Aspekt der Alarmierung bei<br />
Gefahrenzuständen sei im Methodenbewertungsverfahren<br />
des G-BA<br />
nicht thematisiert worden, er wäre<br />
ausweislich der Stellungnahme der<br />
Deutschen Diabetes Gesellschaft<br />
aber offensichtlich tatsächlich praxisrelevant,<br />
so der Kläger.<br />
Die 11. Kammer des Sozialgerichts<br />
Nürnberg entschied für den Kläger:<br />
„Die Beklagte wird … verurteilt, den<br />
Kläger mit einem kontinuierlichen<br />
Glukosemonitoring-System … nebst<br />
dem hierfür erforderlichen Zubehör<br />
sowie dem notwendigen laufenden<br />
Verbrauchsmaterial (jeweils als<br />
Sachleistung) zu versorgen.“<br />
»Insulindosis<br />
ist rechtzeitig<br />
anzupassen«<br />
Das Sozialgericht hat<br />
gegen die AOK Bayern<br />
entschieden. Die<br />
Kasse muss zahlen.<br />
Foto: fotolia/fotogestoeber<br />
Verwiesen wird im Urteil u.a. darauf,<br />
dass Versicherte nach § 11 und<br />
§ 27 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung<br />
haben, wenn diese<br />
notwendig ist, um eine Krankheit zu<br />
erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung<br />
zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden<br />
zu lindern. Die<br />
Krankenbehandlung umfasse auch<br />
die Versorgung mit Hilfsmitteln, um<br />
den Erfolg der Krankenbehandlung<br />
zu sichern, einer drohenden Behinderung<br />
vorzubeugen oder eine<br />
Behinderung auszugleichen. „Diese<br />
Voraussetzungen liegen im vorliegenden<br />
Fall vor“, so das Gericht.<br />
Gericht hat seine Entscheidung<br />
„sorgfältig begründet“<br />
„Auch wenn es sich nur um die Entscheidung<br />
eines erstinstanzlichen<br />
Sozialgerichts handelt, könnte das<br />
Urteil doch richtungsweisend sein“,<br />
heißt es auf der Internetplattform<br />
diabetes-forum.de. Der Autor zeigt<br />
sich zufrieden, dass sich das Gericht<br />
sehr ausführlich mit der Problematik<br />
auseinandergesetzt und auch<br />
sorgfältig begründet hat, dass die<br />
Leistungspflicht der Krankenkassen<br />
über die reine Therapie hinausgeht.<br />
Das Urteil sei noch nicht rechtskräftig,<br />
aber „in jedem Fall dürfte die<br />
deutliche Urteilsbegründung nun<br />
auch anderen Patienten helfen, die<br />
sich momentan bei der Kostenübernahme<br />
eines CGM noch schwertun“.<br />
Cornelia Kolbeck<br />
Der Volltext des Urteils kann<br />
hier abgerufen werden:<br />
www.diabetes-forum.de/<br />
archiv/details/304<br />
Makrophagen lassen braunes<br />
Fettgewebe kalt<br />
Dogma zur Aktivierung der Fettsäure-Oxidation widerlegt<br />
NEUHERBERG. Wird braunes Fettgewebe durch Kältereiz aktiviert,<br />
kommt der Stoffwechsel auf Touren und baut weiße<br />
Fettzellen ab. Auf diese Weise wird Wärme produziert. Allerdings<br />
scheint der Zündfunke dafür nicht – wie bisher angenommen –<br />
von den Makrophagen auszugehen.<br />
Für die Adipositas-Forschung<br />
ist das braune Fettgewebe eine<br />
pharmakologisch interessante Zielstruktur:<br />
Durch die Oxidation von<br />
Fettsäuren produziert es Wärme.<br />
Bislang dachten Wissenschaftler,<br />
die Thermogenese im braunen Fett<br />
würde auch über die Noradrenalinproduktion<br />
in bestimmten Immunzellen,<br />
den Makrophagen, aktiviert.<br />
„Dieses bestehende Dogma konnten<br />
wir jetzt widerlegen“, betonte<br />
Makropahgen<br />
finden sich<br />
u.a. vermehrt<br />
im braunen<br />
Fettgewebe.<br />
Foto: thinkstock<br />
Katrin Fischer, Doktorandin am<br />
Institut für Diabetes und Adipositas<br />
(IDO), Helmholtz Zentrum München,<br />
Partner im Deutschen Zentrum<br />
für Diabetesforschung (DZD).<br />
Zusammen mit ihren Kollegen fand<br />
sie im Mausmodell Belege dafür,<br />
dass diese Immunzellen keinen Einfluss<br />
auf die Thermogenese haben. 1<br />
Die Wissenschaftler konnten zeigen,<br />
dass sich braunes Fettgewebe<br />
nicht – wie bisher angenommen –<br />
über M2-Makrophagen aktivieren<br />
lässt.<br />
M2-Makrophagen wirken<br />
antiinflammatorisch und fördern<br />
Reparaturprozesse im Gewebe, so<br />
»Das Schlüsselhormon<br />
fehlt«<br />
Dr. Timo Müller, Leiter der Pharmakologie<br />
am IDO. Sie sind jedoch<br />
nicht in der Lage, Noradrenalin zu<br />
synthetisieren, einem entscheidenden<br />
Hormon zur Aktivierung der<br />
thermogenetischen Signalkaskade.<br />
Der Grund: Sie besitzen nicht das<br />
notwendige Schlüsselhormon, die<br />
Tyrosinhydroxylase.<br />
Die Suche nach geeigneten Molekülen<br />
für eine entsprechende Pharmakotherapie<br />
bei Adipositas geht also<br />
weiter. Die Studien sind Bestandteil<br />
einer großen internationalen Kooperation,<br />
u.a. mit der ICAN School of<br />
Medicine at Mount Sinai, New York.<br />
dz<br />
1 Fischer K et al. Nature Medicine <strong>2017</strong>;<br />
doi: 10.1038/nm.4316<br />
DZD-Pressemitteilung<br />
DZD mit neuer<br />
Webseite<br />
Die Webseite des<br />
Deutschen Zentrums für<br />
Diabetesforschung<br />
(DZD) ist komplett<br />
überarbeitet worden.<br />
Die neu aufbereiteten<br />
Inhalte finden sich auf<br />
www.dzd-ev.de<br />
Experten-<br />
Videoreihe<br />
Der Diabetesinformationsdienst<br />
München<br />
startet eine monatliche<br />
Videoreihe mit Diabetes-<br />
Experten im Interview.<br />
www.diabetesinformationsdienst-muenchen.de