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Drehen-am-Rad-der-Zeit

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von Altären und Statuen wurden rückgängig gemacht,<br />

Spen<strong>der</strong> entwendeten ihre eigenen Vergabungen<br />

aus <strong>der</strong> Kirche und verbrannten sie.<br />

Schliesslich räumten die Gemeindegenossen<br />

gemeinschaftlich ihre Kirchen aus und verbrannten<br />

Statuen, Bil<strong>der</strong>, Altäre und Dekorationsobjekte.<br />

Gleichzeitig lieferten reformatorische<br />

Theologen wie Zwingli, Luther und Calvin<br />

die theologisch-ideologische Grundlage für diese<br />

«Bil<strong>der</strong>stürme». Sie entwickelten die Argumentation,<br />

die «Bil<strong>der</strong>» verstiessen gegen das<br />

zweite Gebot: «Du sollst dir kein geschnitztes<br />

Bild machen, kein Abbild von dem, was im Himmel<br />

droben o<strong>der</strong> unten auf <strong>der</strong> Erde o<strong>der</strong> im<br />

Wasser unter <strong>der</strong> Erde ist. Du sollst dich nicht vor<br />

diesen Bil<strong>der</strong>n nie<strong>der</strong>werfen und sie nicht verehren.»<br />

Nun wurden die Bil<strong>der</strong>stürme so aggressiv<br />

und unkontrollierbar, dass die Zürcher<br />

Regierung 1524 anordnete, dass Zwingli entscheide,<br />

welche Bil<strong>der</strong> zu entfernen seien, und<br />

entsprechende Weisungen an die Pfarrer gebe,<br />

d<strong>am</strong>it <strong>der</strong> Vorgang emotionslos und in Ruhe erfolge.<br />

1527 schliesslich ordnete <strong>der</strong> Zürcher Rat<br />

die Entfernung <strong>der</strong> Bil<strong>der</strong> in denjenigen Kirchen<br />

an, in welchen die Bevölkerung noch beim alten<br />

Glauben hatte verbleiben wollen. Während die<br />

Bil<strong>der</strong>frage für die Obrigkeit von nebensächlicher<br />

Bedeutung war, entzündete sie in <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

enorme Emotionen. Mit den Bil<strong>der</strong>n<br />

wurden die kostspieligen Investitionen für ein<br />

ewiges Leben, die einschränkenden Fastengebote<br />

und die zahlreichen Feste, an welchen ein<br />

– für viele Menschen existenzbedrohendes –<br />

Arbeitsverbot bestand, abgebaut. Der Preis dafür<br />

war, dass die von <strong>der</strong> katholischen Kirche<br />

to lerierten privaten Kulthandlungen nun verboten<br />

wurden. Wer an seinen magisch-kultischen<br />

Handlungen festhielt, wurde nun unvermittelt<br />

mit aller Schärfe gerichtlich verfolgt.<br />

Bil<strong>der</strong>stürmer und reformatorische Theologen<br />

waren gemeins<strong>am</strong> eine erhebliche Kraft, die<br />

sich um die Mitte <strong>der</strong> 1520er-Jahre gegen die<br />

katholische Kirche richtete. Beide hätten problemlos<br />

von <strong>der</strong> Obrigkeit unterdrückt werden<br />

können – und wurden es zum Teil auch. So gab<br />

es in Luzern bereits sehr früh sowohl Bil<strong>der</strong>stürme<br />

als auch reformatorische Theologen.<br />

Doch Luzern nutzte die Reformation in Zürich,<br />

um mit dem Verbleib beim katholischen Glauben<br />

die an<strong>der</strong>en Waldstätte, Uri, Schwyz und<br />

Unterwalden, sowie Zug stärker an sich zu binden.<br />

Die Zürcher Obrigkeit dagegen sah im neuen<br />

Glauben die Chance zur Verstaatlichung <strong>der</strong><br />

Kirche, eine Massnahme, die <strong>der</strong> Stadt endlich<br />

die vollständige Kontrolle ihres Herrschaftsgebiets<br />

erlaubte. Zwischen 1523 und 1525 führte<br />

Zürich die Reformation in <strong>der</strong> Stadt vollständig<br />

durch, bis 1527 auch im ganzen ländlichen<br />

Herrschaftsbereich. 1528 folgte Bern, anschliessend<br />

die mit Zürich verbündeten Städte und<br />

Stände Basel, Glarus, Mülhausen, Schaffhausen,<br />

St. Gallen und Toggenburg.<br />

Die Reformation wirkte sich prägend auf das<br />

Verhältnis zwischen Merenschwand und Ottenbach<br />

aus. Im Rahmen des Sempacher Krieges<br />

besetzte Luzern das Amt Merenschwand und<br />

1394 anerkannte Habsburg den Herrschaftsanspruch<br />

<strong>der</strong> Stadt über diese Reusstalgemeinde.<br />

Anfangs bedeutete dies keine Belastung des<br />

Verhältnisses zu Ottenbach, zumal das Luzernische<br />

Kloster Hof, heute St. Leodegar, auch hier<br />

über Ansprüche verfügte. Drei politische Ereignisse<br />

führten aber zu einer zunehmenden Trennung<br />

<strong>der</strong> Nachbarn beidseits <strong>der</strong> Reuss: 1406<br />

erlangte Zürich die Vogtrechte über Ottenbach<br />

und weitere ehemals den Herren von Eschen-<br />

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