Drehen-am-Rad-der-Zeit
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Ruedi Egli schätzt die Herausfor<strong>der</strong>ung, im schlichten<br />
Rahmen <strong>der</strong> Sachbauten des Spitals die Bedürfnisse <strong>der</strong><br />
Patientinnen und Patienten optimal zu berücksichtigen.<br />
gerechnet auf den heutigen Geldwert müsste man<br />
von einer Spende in Millionenhöhe sprechen.<br />
1874 wurde das neue Spital eröffnet. Ab 1884<br />
ersetzten Diakonissen <strong>der</strong> Kranken- und Dia -<br />
ko nis senanstalt Neumünster die bisherigen<br />
«Wärterinnen» in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung. Die<br />
Diakonissen wurden im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t nach<br />
katholischem Vorbild geschaffen: Mit Blick auf<br />
die katholischen Schwesterngemeinschaften, die<br />
sich seit dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>der</strong> Krankenpflege<br />
widmeten, entstanden bei <strong>der</strong> Zürcher «Hülfsgesellschaft»<br />
Bestrebungen, «ähnliche Kongregationen»<br />
mit protestantischem Hintergrund zu<br />
schaffen. Gleichzeitig schuf ein Düsseldorfer<br />
Pfarrer eine Anstalt für unverheiratete junge<br />
Frauen und kin<strong>der</strong>lose Witwen, die Aufgaben im<br />
Pflege- und Sozialbereich wie Gefangenenseelsorge,<br />
Schulunterricht und unterstützende Arbeiten<br />
im Spital wahrnahmen. Wie die katholischen<br />
Nonnen erhielten sie keinen Lohn, verzichteten<br />
auf eine eigene F<strong>am</strong>ilie, ordneten sich <strong>der</strong><br />
Heimleitung unter und erhielten dafür Kost und<br />
Logis. Nach diesem Vorbild entstanden in <strong>der</strong><br />
ganzen protestantischen Schweiz Diakonissenanstalten.<br />
In Zürich gründete die Evangelische<br />
Gesellschaft 1857 die Diakonissenanstalt Neumünster.<br />
Diese baute selbst ein Spital aus, stellte<br />
Diakonissen aber auch an<strong>der</strong>en Spitälern gegen<br />
Entgelt an die Institution zur Verfügung. Teil<br />
<strong>der</strong> Tätigkeit war die Mission – ohne biblische<br />
Unterweisung gab es keine Pflege.<br />
1910 wurde an <strong>der</strong> Universität Zürich <strong>der</strong> erste<br />
Lehrstuhl für Kin<strong>der</strong>heilkunde geschaffen. 1919<br />
wurde das Verhältnis des nach wie vor privaten<br />
Kin<strong>der</strong>spitals zum Kanton Zürich neu geregelt:<br />
Der Professor für Kin<strong>der</strong>heilkunde leitete gleichzeitig<br />
das Kin<strong>der</strong>spital, das seinerseits bei dessen<br />
Wahl ein Mitspracherecht erhielt. Der Kanton<br />
verpflichtete sich, das Betriebsdefizit vollständig<br />
zu finanzieren. Dafür wurden die Kostgeldansätze<br />
den kantonalen Krankenanstalten angepasst.<br />
Sowohl die Heime <strong>der</strong> Diakonissen, also <strong>der</strong><br />
Pflegenden, als auch die Spitäler, die Heime <strong>der</strong><br />
Gepflegten, wurden d<strong>am</strong>als als «Anstalt» bezeichnet.<br />
Dies geht auf die bis ins 19. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />
vorherrschende Haltung zurück, Arme,<br />
Randständige und Kranke als min<strong>der</strong>wertige<br />
Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft auszugrenzen.<br />
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