Drehen-am-Rad-der-Zeit
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Von <strong>der</strong> Gerberei zum Gourmetlokal<br />
92<br />
«Dieser Bau stellte beson<strong>der</strong>e<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an Ästhetik,<br />
Funktionalität und bauhistorisches<br />
Verständnis.»<br />
Zu den wichtigsten Bauten von Ruedi Egli zählt<br />
die Schlossgarage Werdenberg. Eine behuts<strong>am</strong>e<br />
Renovation des Gebäudes, das wohl aus dem<br />
16. Jahrhun<strong>der</strong>t st<strong>am</strong>mt, wird ergänzt mit dem<br />
neu gebauten Restaurant «Galerie <strong>am</strong> See».<br />
Bauherr ist Rolf Blaser, <strong>der</strong> Inhaber <strong>der</strong> Baarer<br />
Baumag AG, <strong>der</strong> das renovationsbedürftige<br />
Haus, das seit Jahrzehnten seiner F<strong>am</strong>ilie gehört,<br />
in ein beson<strong>der</strong>es Bijou verwandeln wollte.<br />
Wann genau ein frühneuzeitliches Gebäude erbaut<br />
worden ist, lässt sich selten exakt bestimmen.<br />
Meist erschien ein Gebäude erst dann in den<br />
Akten, wenn sein Eigentümer in einen Rechtsstreit<br />
verwickelt war. Dies war auch bei <strong>der</strong> Gerberei<br />
<strong>am</strong> östlichen Ende des Werdenberger Sees<br />
so. Erstmals wurde die Gerberei im Jahr 1565 erwähnt,<br />
als Landvogt Jacob Schuler einen Streit<br />
zwischen Gerber Bartholomeus Schmidt und<br />
dem Werdenberger Müller Hans Forer schlichtete:<br />
Schmidt wollte seiner Gerberei eine mit<br />
Wasser aus dem See angetriebene St<strong>am</strong>pfe beifügen,<br />
um Rinden zu bearbeiten. Der Müller dagegen<br />
bestand darauf, dass nur er Seewasser<br />
nutzen dürfe. Der Landvogt schützte zwar die<br />
Rechte des Müllers, denn die Abgaben <strong>der</strong> Mül-<br />
ler stellten für die Glarner Obrigkeit wichtige<br />
Einnahmen dar, beschränkte aber gleichzeitig<br />
dessen Macht und entschied, die Gerberei dürfe<br />
Wasser abführen, wenn genügend für beide Betriebe<br />
vorhanden sei.<br />
Die Gerberei, also die Verarbeitung von Häuten<br />
zu Le<strong>der</strong>, war ein Industriezweig, <strong>der</strong> für den Verarbeitungsprozess<br />
viel Wasser benötigte. Wenn<br />
ein Metzger einem Tier die Haut abgezogen hatte,<br />
brachte er sie möglichst schnell zum Gerber.<br />
Dieser weichte die Häute zuerst in fliessendem<br />
Wasser ein. Im Fall <strong>der</strong> Gerberei in Werdenberg<br />
brauchte Bartholomeus Schmidt das Wasser<br />
zusätzlich zum St<strong>am</strong>pfen von Eichenrinde. Die<br />
Gerbstoffe wurden nämlich aus <strong>der</strong> Rinde von<br />
Ästen junger Eichen gewonnen. Die Rinde wurde<br />
kurz vor dem eigentlichen Gerbprozess in Wasser<br />
gelaugt, um die darin enthaltenen Gerbstoffe<br />
zu extrahieren. Der Gerber hätte ohne die Bewilligung<br />
des Landvogts zur Nutzung des Wassers<br />
Die Galerie <strong>der</strong> Galerie <strong>am</strong> See. Das Konzept des<br />
Restaurants, das in idyllischer Lage den Gästen die<br />
Zus<strong>am</strong>menstellung ihres Menus von A bis Z überlässt,<br />
ist auch architektonisch konsequent durchgezogen.