Drehen-am-Rad-der-Zeit
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DIE STADT ZUG UND IHR SEE<br />
Röteli aus dem Hotel Ochsen<br />
88<br />
«Die Rötel wurde schon früh<br />
von den Herrschaften geschätzt<br />
und auch direkt als Zahlungsmittel<br />
verwendet.»<br />
hältnisse immer wie<strong>der</strong> geän<strong>der</strong>t. Eine <strong>der</strong> wenigen<br />
Konstanten war jeweils die Fischerei. Die<br />
Fangmethoden haben sich nur wenig verän<strong>der</strong>t.<br />
Der 1946 geborene Arthur Zimmermann, seit<br />
über 40 Jahren Berufsfischer auf dem Zugersee,<br />
erzählt aus seinem Alltag: «Schon mein Grossvater<br />
war Berufsfischer, er fuhr aber noch auf<br />
dem Vierwaldstättersee. D<strong>am</strong>als waren die Netze<br />
aus Baumwolle, mit Rosshaarleinen und mit<br />
Blei beschwert. Die Netze mussten nach jedem<br />
Gebrauch aufgehängt werden, d<strong>am</strong>it sie nicht<br />
schimmelten – heute, mit den Kunststoffnetzen,<br />
hat man es schon leichter.» Dafür haben die<br />
Fischer heute mit Problemen <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne zu<br />
kämpfen. Vor allem Phosphordünger schadet den<br />
Fischen. Der Dünger wird von <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />
zur Produktionssteigerung eingesetzt und gelangt<br />
über das Regenwasser in den See. Im Zugersee<br />
ist die Kontrolle des Phosphatgehaltes noch viel<br />
wichtiger als in an<strong>der</strong>en Seen, denn <strong>der</strong> Zugersee<br />
braucht für einen kompletten Wasseraustausch<br />
15 Jahre. Zum Vergleich: Der Vierwaldstättersee<br />
benötigt dafür nur drei bis vier Jahre.<br />
Phosphate för<strong>der</strong>n das Wachstum von Algen,<br />
durch diese sogenannte Eutrophierung nehmen<br />
die Algen den Sauerstoff auf, <strong>der</strong> vor allem für die<br />
Planktonpopulation, die Nahrung vieler Fische,<br />
überlebenswichtig ist.»<br />
«Mein Arbeitstag beginnt eigentlich <strong>am</strong> Nachmittag»,<br />
fährt Arthur Zimmermann weiter, «dann<br />
lege ich die Netze aus. Nach dem Auslegen geht<br />
es früh zu Bett, da ich im Sommer um drei Uhr<br />
morgens, im Winter um fünf Uhr mit dem Einholen<br />
<strong>der</strong> Netze beginne. Im Sommer bin ich dann<br />
um sechs Uhr in <strong>der</strong> Früh fertig. Dann geht es<br />
ans Filetieren, wir filetieren die meisten Fische<br />
selber, die Rötel ist da die Ausnahme. Gegen zehn<br />
Uhr morgens bin ich d<strong>am</strong>it fertig und liefere den<br />
Fisch aus. Meine Kunden sind vor allem Restaurants.<br />
Nach <strong>der</strong> Auslieferung ist mein Tag abgeschlossen<br />
und <strong>der</strong> ganze Prozess beginnt wie<strong>der</strong><br />
von vorne. So geht das sechs Tage pro Woche.»<br />
Auf dem Zugersee sind noch elf Berufsfischer<br />
aktiv. Arthur Zimmermann gehört mit 65 Jahren<br />
zu den jüngeren: «Fischen ist wie eine Sucht,<br />
viele zieht es bei jedem Wetter hinaus. Auch wenn<br />
ich keinen Nachfolger habe, werde ich wahrscheinlich<br />
bis zu meinem letzten Tag auf den<br />
See fahren.»<br />
Der Seesaibling o<strong>der</strong> Zugerrötel hat den N<strong>am</strong>en<br />
einerseits vom Männchen, das in <strong>der</strong> Laichzeit<br />
einen roten Bauch hat, an<strong>der</strong>erseits von <strong>der</strong> rosa<br />
Farbe seines Fleisches. Die Rötel wurde schon<br />
früh von den Herrschaften geschätzt und auch<br />
direkt als Zahlungsmittel verwendet. Das älteste<br />
datierbare Dokument, in dem Rötel als Zins<br />
aufgeführt sind, st<strong>am</strong>mt von 1281: «Der Hof,<br />
<strong>der</strong> da höret zu Zug, ward ouch versetzt Herrn<br />
Peter von Hünenberg. Der hoff gilt an Zins 24<br />
stuk und giltet an Vischen 6000 Röteli und 600<br />
Balchen…» In mo<strong>der</strong>nem Deutsch heisst dies,<br />
dass <strong>der</strong> Adlige Peter von Hünenberg neben Ge-