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01/2017 KiGa-Heft

Fritz + Fränzi

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Erziehung & Kindergarten<br />

>>> können sich fast nicht lösen der emotionalen und sozialen Kompetenz.<br />

vom Mami. In solchen Beratungssettings<br />

könnte man dies angehen,<br />

ohne dass Eltern das Gefühl haben<br />

müssten, mit ihrem Kind stimme<br />

etwas nicht. Schüchternheit ist häufig<br />

etwas ganz Normales, das sich<br />

auswächst.<br />

Die Verschulung der Kindergärten verschärft<br />

diese Problematik noch.<br />

Unter anderem deshalb, weil die<br />

frühkindliche Bildung so betont<br />

wird. Frühkindliche Bildung meint<br />

in der Forschung die Förderung aller<br />

Sinne, also auch die emotionale<br />

Kompetenz oder Selbstkompetenz<br />

und nicht nur die intellektuellen<br />

Fähigkeiten. Aber in der Gesellschaft<br />

und in der Politik wird unter früher<br />

Bildung ausschliesslich Schulvorbereitung<br />

verstanden. Also Lesen und<br />

Rechnen lernen.<br />

Viele Eltern sagen stolz: Mein Kindergartenkind<br />

kann schon lesen!<br />

Wir leben in einer Gesellschaft, die<br />

den Frühbereich sehr betont. Auch<br />

die Wirtschaft spricht von Humankapital.<br />

Es gilt das ungeschriebene<br />

Gesetz: Kinder, die früh gefördert<br />

werden, sind später erfolgreich. In<br />

extremis führt das dazu, dass Eltern<br />

mit Unverständnis reagieren, wenn<br />

sie hören, dass ihr Kind kognitiv<br />

zwar weit entwickelt ist, aber emotional<br />

etwas hinterherhinkt. Sie sind<br />

Diesen Zusammenhang ken­<br />

nen viele Eltern nicht.<br />

Wie entsteht Leistung?<br />

Kinder, die gelernt haben, zu warten,<br />

sind später erfolgreicher. Hinzu<br />

kommt: Jede kognitive Leistung in<br />

der Schule ist immer ein Konglomerat<br />

von Kompetenzen. Schulerfolg<br />

oder gute Noten basieren immer auf<br />

einem Fundament, das aus den so ­<br />

zia len, emotionalen und schulischen<br />

Kompetenzen des Kindes besteht,<br />

welche von den Eltern unterstützt<br />

und gefördert werden. Treiben El ­<br />

tern ihre Kinder an, entwickeln sich<br />

diese Kompetenzen nicht wie erhofft.<br />

Eltern müssten mehr loslassen.<br />

Ist das nicht das Schwierigste in der<br />

Erziehung überhaupt?<br />

Absolut. In den eigenen Spiegel zu<br />

sehen, tut weh. Insbesondere, wenn<br />

das Kind Misserfolge hat. Denn jeder<br />

Misserfolg des Kindes ist ein Misserfolg<br />

der Eltern – zumindest erleben<br />

sie das so. Man muss als Eltern<br />

sehr stark sein, hinter dem Kind<br />

stehen, es ein wenig führen und doch<br />

loslassen. Das ist schwer und der<br />

unangenehmste Teil der Erziehung:<br />

einzusehen, dass das Kind, das man<br />

selbst geboren hat, einem nicht<br />

gehört, und vielleicht Eigenschaften<br />

hat, die man sich nicht gewünscht<br />

hat. Das war bei mir nicht anders.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Ich empfand unseren Sohn als sehr<br />

«Erfolg im Beruf schwierig. Er hat mich immer wieder<br />

ist nicht die Folge herausgefordert, mich mit mir selber<br />

konfrontiert. Ich musste einsehen:<br />

von möglichst Man kann ein Kind nicht schleifen<br />

vielen Förderkursen wie einen Diamanten. Das funktioniert<br />

nur selten.<br />

im Kleinkindalter.» Man gewöhnt sich den Defizitblick an.<br />

Ja, gerade die sogenannt schwierigen<br />

dann der Meinung: Aber das Wichtigste<br />

ist doch, dass es schon Rechnen<br />

und Lesen kann! Das ist fatal,<br />

denn aus der Forschung weiss man<br />

heute, dass Schul-, Berufs- und<br />

Lebenserfolge nicht primär von<br />

einem hohen Intelligenzquotienten<br />

und vielen Frühförderkursen abhängen,<br />

sondern ebenso vom Ausmass<br />

Kinder schaut man viel schneller aus<br />

diesem Blickwinkel an, wenn man<br />

entdeckt, dass sie eine Eigenschaft<br />

haben, die man nicht mag. Dann<br />

konzentriert man sich nur noch darauf.<br />

Wie kann ich ein langsames<br />

Kind dazu anhalten, schneller zu<br />

werden? Wenn man es antreibt, trödelt<br />

es noch mehr und es endet, wie<br />

erwartet, in Tränen. Dabei wäre es<br />

so wichtig, die vielen anderen positiven<br />

Eigenschaften des Kindes zu<br />

sehen und zu betonen.<br />

Und zu loben?<br />

Lob ist eine zweischneidige Sache.<br />

Man soll das Kind nur für das loben,<br />

was es macht oder kann oder wozu<br />

es sich gerade überwunden hat, eine<br />

«Lob für eine<br />

Eigenschaft ist<br />

unnötig. Loben Sie<br />

Ihr Kind nur für<br />

das, was es macht.»<br />

Anstrengung zum Beispiel. Lob für<br />

eine Eigenschaft ist dagegen unnötig.<br />

So vermeidet man, dass das Kind<br />

auf Lob angewiesen ist.<br />

Was soll das Kind tun, wenn es nach<br />

dem Kindergarten heimkommt?<br />

Der Kindergarten ist für Kinder sehr<br />

anspruchsvoll. Die Präsenzzeiten<br />

sind hoch. Pendeln Kinder zwischen<br />

Hort und Kindergarten hin und her,<br />

bedeutet das eine zusätzliche Belastung.<br />

Nicht wenige Kindergartenkinder<br />

haben damit im ersten Jahr<br />

Probleme. Haben Kindergartenkinder<br />

frei, sollten sie sich erholen, und<br />

zwar ohne Programm.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Das Kind soll dann machen können,<br />

was es will: lesen, spielen, rausgehen,<br />

Nanny-Studie<br />

Machen Sie mit bei der Mary-Poppins-Studie von<br />

Margrit Stamm! Sind Sie Mutter resp. Vater und haben<br />

eine Nanny angestellt oder sind selbst eine Nanny,<br />

freut sich das Forschungsteam über Ihre Anmeldung.<br />

Die einmalige, maximal 30 Minuten dauernde Online-<br />

Befragung wird im Herbst durchgeführt. Als Dankeschön<br />

erhalten alle Teilnehmer ein Dossier mit den<br />

wichtigsten Studienergebnissen und nehmen an einer<br />

Verlosung für eine Städtereise für zwei Personen teil.<br />

Anmeldung:<br />

Ursula Olden, Mail: jeckelmannu@gmail.com<br />

18 Sommer 2<strong>01</strong>7 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Kindergarten

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