01/2017 KiGa-Heft
Fritz + Fränzi
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Neu im Chindsgi –<br />
und schon gestresst<br />
Lena ist seit zwei Wochen im Kindergarten. Sie ist unruhig und kann<br />
sich schlecht konzentrieren. Sie meidet das Spiel mit anderen<br />
Kindern und reagiert aggressiv auf Annäherungen. Warum reagiert<br />
Lena so? Bereitet ihr der Kindergarten eintritt Stress?<br />
Text: Nadine Messerli-Bürgy<br />
Kinder sind bereits im<br />
Kindergartenalter<br />
Stress ausgesetzt und<br />
reagieren mit Unsicherheit,<br />
Aggression<br />
oder Unruhe. Der erlebte Stress<br />
kann unterschiedliche Gründe<br />
haben: Tägliche kleinere Belastungen,<br />
grosse Belastungssituationen<br />
oder lebensverändernde Ereignisse<br />
wie ein Kindergarteneintritt können<br />
für Kinder in diesem Alter durchaus<br />
stressig sein.<br />
Stress beeinflusst die Entwicklung<br />
des Kindes<br />
Für uns Menschen entsteht Stress,<br />
wenn eine Situation als Herausforderung<br />
erlebt wird. Wir sind ge <br />
stresst, wenn eine Situation unsere<br />
Ressourcen und Möglichkeiten, mit<br />
der Situation umzugehen, übersteigt<br />
und von uns eine Anpassung an diese<br />
herausfordernde Situation verlangt<br />
wird. Diese Anpassung zeigt<br />
sich in unserem Körper (angespannt<br />
sein, höheren Puls haben, schneller<br />
Stress entsteht aus<br />
herausfordernden Situationen<br />
und lebensverändernden<br />
Ereignissen.<br />
atmen usw.), unseren emotionalen<br />
Reaktionen (verärgert, verängstigt,<br />
besorgt sein) und in unserem Verhalten.<br />
Stress kann durch kurz- oder<br />
langfristige Herausforderungen entstehen<br />
und kann die kindliche Entwicklung<br />
negativ beeinflussen.<br />
Kinder aus lang anhaltenden<br />
oder schweren Belastungssituationen<br />
wie Lebensereignisse oder ge <br />
häufte Konfliktsituationen in der<br />
Familie zeigen häufiger Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Man weiss heute,<br />
dass ein Verlust einer nahestehenden<br />
Person, ein Unfall, aber auch ein<br />
Umzug oder der Verlust eines ge <br />
liebten Haustieres bereits beim Vorschulkind<br />
Stress auslösen kann und<br />
bei einem gehäuften Auftreten solcher<br />
Belastungen sich Verhaltensauffälligkeiten<br />
zeigen können. Weiter<br />
haben Kinder aus Familien mit<br />
finanziellen Schwierigkeiten, mit<br />
psychisch kranken Familienmitgliedern,<br />
hohem Stresserleben der<br />
Eltern, wenig unterstützendem Er <br />
ziehungsstil der Eltern oder Vernachlässigung<br />
ein erhöhtes Risiko<br />
für Verhaltensauffälligkeiten.<br />
Eingeschränkte Stressregulation<br />
führt zu Verhaltensauffälligkeiten<br />
Es ist jedoch nicht die stressige Situation<br />
selbst, die zu Verhaltensauffälligkeiten<br />
führt. Vielmehr ist es die<br />
fehlende Anpassungsfähigkeit an die<br />
Herausforderung der Stresssituation.<br />
Diese Anpassungsfähigkeit wird<br />
auch als Stressregulationsfähigkeit<br />
verstanden. Sie bestimmt, wie stark<br />
und wie lange eine Situation von uns<br />
als stressig erlebt wird. Das Temperament<br />
des Kindes, aber auch die<br />
Unterstützung durch die Eltern und<br />
bisherige Erfahrungen mit Belastungssituationen<br />
legen fest, wie erfolgreich<br />
die Stressregulationsfähigkeit<br />
des Kindes ist.<br />
So ermöglichen verschiedene<br />
kleinere Herausforderungen dem<br />
Kind, diese Stressregulationsfähigkeit<br />
zu entwickeln und damit die<br />
Anpassungsfähigkeit auf spätere<br />
Herausforderungen stetig zu verbessern.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
spricht man auch von einer Kalibrierungsphase<br />
der Stressregulation.<br />
Diese Kalibrierung kann nur stattfinden,<br />
wenn das Kind in verschiedenen<br />
kleinen bis mittleren Herausforderungen<br />
die Möglichkeit hat,<br />
sich im Umgang mit Stress zu üben<br />
und neue Strategien zu erlernen.<br />
Ohne diese kleinen herausfordernden<br />
Ereignisse im Leben eines Kindes<br />
sind eine spätere erfolgreiche<br />
Stressregulation und damit eine<br />
adäquate Anpassung an grössere<br />
Belastungssituationen nicht möglich.<br />
24 Sommer 2<strong>01</strong>7 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Kindergarten