01.09.2017 Aufrufe

AltaVista im September 2017

Altavista ist das neue Premium-Fachmagazin für Fachleute im Gesundheitswesen. In dieser Ausgabe: Cluster-Kopfschmerz "Wie ein glühender Eispickel im Hirn". Ausserdem: Das grosse Interview mit Dr. Christoph Held zu seinem neuen Buch "Bewohner". Dazu News aus Wissenschaft, Forschung und Pflegealltag.

Altavista ist das neue Premium-Fachmagazin für Fachleute im Gesundheitswesen. In dieser Ausgabe: Cluster-Kopfschmerz "Wie ein glühender Eispickel im Hirn". Ausserdem: Das grosse Interview mit Dr. Christoph Held zu seinem neuen Buch "Bewohner". Dazu News aus Wissenschaft, Forschung und Pflegealltag.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Magersucht kann<br />

angeboren sein<br />

Die WHO will Hepatitis<br />

bis 2030 beseitigen<br />

Offenbar best<strong>im</strong>men nicht nur das gängige Schönheitsideal oder psychische Probleme<br />

das Krankheitsbild der Magersucht. Es könnten auch – wie sooft – die Gene sein.<br />

Mehrere Staaten verfolgen nationale Strategien, um Hepatitis bis 2030 zu beseitigen.<br />

Für den Kampf gegen die Krankheit müssten vor allem Behandlungskosten sinken<br />

und die Prävention verbessert werden.<br />

DR. GABY FÖHN<br />

STEPHAN INDERBIZIN<br />

Magersucht gehört zu den bekanntesten<br />

Essstörungen; als<br />

Ursache kommen mehrere<br />

Bedingungen und Faktoren<br />

zusammen wie Selbstzweifel,<br />

geringes Selbstwertgefühl, Perfektionismus,<br />

übermässige Sorge um Figur und Gewicht<br />

sowie einschneidende Erlebnisse wie<br />

Trennungssituationen oder ein Schulwechsel.<br />

Auch eine genetische Veranlagung wird<br />

seit längerem diskutiert. Magersucht tritt am<br />

häufigsten während der Pubertät auf.<br />

Als Ursache für Magersucht wird <strong>im</strong>mer<br />

wieder das in der Gesellschaft weit verbreitete<br />

und von den Medien transportierte<br />

Schlankheitsideal angeführt. Weitere Gründe<br />

für die Entwicklung dieser Essstörung<br />

können etwa mangelndes Selbstwertgefühl<br />

oder Probleme <strong>im</strong> persönlichen Umfeld<br />

sein. Ebenfalls hinlänglich bekannt ist, dass<br />

Essstörungen häufiger bei Frauen als bei<br />

Männern vorkommen. Laut einer Umfrage<br />

des Statistikportals «Statista» sind über 50<br />

Prozent der Mädchen zwischen 16 und 17<br />

Jahren mit ihrem Gewicht unzufrieden.<br />

Magersucht hat – und das ist der neue<br />

Aspekt - nicht nur psychische Ursachen,<br />

sondern kann auch angeboren sein. Eine<br />

internationale Forschergruppe unter Beteiligung<br />

der Universität Duisburg-Essen<br />

(UDE) konnte ein Gen ausmachen, das die<br />

Essstörung «Anorexia nervosa» begünstigt,<br />

wie die Hochschule mitteilte.<br />

Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt<br />

Daten von knapp 3500 Patientinnen<br />

mit Magersucht und entdeckten das betreffende<br />

Gen auf dem Chromosom 12. Diese<br />

Region wurde bereits mit Diabetes Typ 1<br />

Eine Magersucht zeugt nicht zwingend von rein psychischen Problemen.<br />

und Auto<strong>im</strong>munerkrankungen in Verbindung<br />

gebracht.<br />

Magersucht und Schizophrenie<br />

Magersucht könnte den Forschern zufolge<br />

somit mit weiteren Erkrankungen verknüpft<br />

sein, etwa mit Schizophrenie. Die<br />

Gene, die dafür empfänglich machen, überlappen<br />

sich demnach.<br />

Diese Entdeckungen könnten das bisherige<br />

Verständnis der Magersucht «nachhaltig<br />

verändern», erklärte Anke Hinney<br />

von der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik<br />

und Psychotherapie des Kindes- und<br />

Jugendalters am UDE. «Eine psychiatrische<br />

Störung mit einem physiologischen<br />

Hintergrund eröffnet völlig neue und bislang<br />

unerwartete Therapieoptionen.»<br />

Ausserdem könne die genetische Ursache<br />

die Betroffenen entlasten, da sich «in<br />

vielen Fällen das Umfeld (Eltern) oder die<br />

betroffenen Personen selbst für ihre Krankheit<br />

die Schuld geben».<br />

Die Forschungsergebnisse wurden <strong>im</strong><br />

Fachmagazin «The American Journal of<br />

Psychiatry» veröffentlicht. Allerdings gelten<br />

diese neuen Erkenntnisse nur für das<br />

klar definierte Krankheitsbild der Anorexia<br />

nervosa, nicht für andere Essstörungen<br />

oder Mischformen.<br />

Rund 325 Millionen Menschen<br />

sind nach Schätzungen der<br />

Weltgesundheitsorganisation<br />

WHO mit chronischer Hepatitis<br />

B oder Hepatitis C infiziert.<br />

«Hepatitis stellt ein bedeutendes weltweites<br />

Gesundheitsproblem dar», sagte Gottfried<br />

Hirnschall, der Leiter des WHO-Hepatitis-Programms.<br />

«Wenn die Menschen<br />

nicht behandelt werden, sind sie in Lebensgefahr.»<br />

Hepatitis ist eine Leberentzündung,<br />

die zu tödlichem Leberkrebs führen<br />

kann. Die WHO hat nun erstmals Zahlen<br />

für Regionen veröffentlicht, um ihre Fortschritte<br />

be<strong>im</strong> Kampf gegen die Krankheit,<br />

die bis 2030 el<strong>im</strong>iniert werden soll, messen<br />

zu können. Die WHO-Region Europa ist<br />

bei Hepatitis-C-Infektionen hinter der Region<br />

Östliches Mittelmeer von Afghanistan<br />

bis Jemen am stärksten betroffen. Das<br />

geht aus dem Hepatitis-Bericht der Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) hervor.<br />

Die Region Europa reicht von der EU über<br />

Russland bis Usbekistan und Kirgistan.<br />

Enorme Sterberate<br />

Die Organisation konzentriert sich auf die<br />

chronische Hepatitis B (HBV) und Hepatitis<br />

C (HCV), weil diese beiden Infektionen<br />

96 Prozent der Todesfälle ausmachen. 2015<br />

starben 1,3 Millionen Menschen - mehr als<br />

durch HIV-Infektionen oder Malaria. Nach<br />

Hirnschalls Angaben könnte die Epidemie<br />

jedoch gestoppt werden. Gegen Hepatitis B<br />

gebe es eine erfolgreiche Impfung, gegen<br />

Hepatitis C eine nur noch rund 200 Dollar<br />

teure dre<strong>im</strong>onatige Behandlung, die Infizierte<br />

heile. Bei Hepatitis B sei eine lebenslange<br />

Behandlung nötig. Eine Herausforderung sei<br />

es, die Menschen überhaupt zu erreichen.<br />

Derzeit erhalten dem Bericht zufolge<br />

weniger als zehn Prozent der Betroffenen,<br />

die eine diesbezügliche Diagnose haben,<br />

Medikamente. Und oft bleibt die Krankheit<br />

jahrelang unerkannt. Von den chronisch Hepatitis-B-Kranken<br />

wissen demnach nur neun<br />

Prozent überhaupt, dass sie infiziert sind. Bei<br />

Hepatitis C sind es rund 20 Prozent.<br />

Nach 20 oder 30 Jahren vernarbe dann<br />

die Leber und es könne sich Krebs entwickeln,<br />

sagte WHO-Hepatitis-Experte Yvan<br />

Hutin. Menschen stecken sich demnach vor<br />

allem durch Kontakt mit Blut und anderen<br />

Körperflüssigkeiten oder be<strong>im</strong> Sex an. Hepatitis<br />

C bekommen zudem oft Drogensüchtige,<br />

die ihre Nadeln untereinander<br />

austauschen. In der WHO-Region Europa<br />

lebten mit fast vier Millionen Betroffenen<br />

die mit Abstand meisten Süchtigen, die sich<br />

Drogen spritzen, hiess es. Auf sie gehe ein<br />

beträchtlicher Teil der Infektionen zurück.<br />

In der Region von Afghanistan bis Jemen<br />

sind dem WHO-Bericht zufolge mangelnde<br />

Hygienevorkehrungen <strong>im</strong> Gesundheitswesen<br />

die häufigste Ursache für<br />

Hepatitis-C-Übertragungen. 15 Millionen<br />

Menschen sind dort betroffen - so viele wie<br />

sonst nirgendwo. Hepatitis B kommt vor<br />

allem in der Westpazifikregion vor: 115<br />

Millionen Menschen seien dort infiziert, so<br />

die WHO.<br />

Anders als bei Tuberkulose oder HIV<br />

sei bei Hepatitis die Zahl der Todesfälle<br />

gestiegen: von einer Million <strong>im</strong> Jahr 2011<br />

Alleine in Europa sind vier Millionen<br />

Menschen mit Hepatitis infiziert.<br />

auf 1,3 Millionen <strong>im</strong> Jahr 2015. Die WHO<br />

hat aber auch eine gute Nachricht: Die<br />

Zahl der Neuinfektionen sinke.<br />

Teures Medikament<br />

Gegen Hepatitis C gibt es erst seit weniger<br />

als vier Jahren die ersten wirklich wirksamen<br />

Medikamente, die das Virus innerhalb<br />

von drei Monaten el<strong>im</strong>inieren können. Aber<br />

nur sieben Prozent der Patienten haben Zugang<br />

zu diesen Medikamenten und die Zahl<br />

der neuen Fälle steigt. Die Entwicklung von<br />

Generika hat unlängst dazu beigetragen,<br />

den Preis für die horrend teuren Medikamente<br />

zu senken.<br />

Immerhin: Die WHO hat eines der<br />

Generika nun präqualifiziert, bei dem<br />

die dre<strong>im</strong>onatige Behandlung «nur» rund<br />

280 US-Dollar kostet.<br />

12 ALTA VISTA SEPTEMBER <strong>2017</strong> WISSEN GENFORSCHUNG<br />

STATISTIK HEPATITIS SEPTEMBER <strong>2017</strong> ALTA VISTA 13

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!