01.09.2017 Aufrufe

AltaVista im September 2017

Altavista ist das neue Premium-Fachmagazin für Fachleute im Gesundheitswesen. In dieser Ausgabe: Cluster-Kopfschmerz "Wie ein glühender Eispickel im Hirn". Ausserdem: Das grosse Interview mit Dr. Christoph Held zu seinem neuen Buch "Bewohner". Dazu News aus Wissenschaft, Forschung und Pflegealltag.

Altavista ist das neue Premium-Fachmagazin für Fachleute im Gesundheitswesen. In dieser Ausgabe: Cluster-Kopfschmerz "Wie ein glühender Eispickel im Hirn". Ausserdem: Das grosse Interview mit Dr. Christoph Held zu seinem neuen Buch "Bewohner". Dazu News aus Wissenschaft, Forschung und Pflegealltag.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Info<br />

Akuter Durchfall führt zu beträchtlichen<br />

Erwerbsausfällen<br />

Magen-Darm-Erkrankungen führen hierzulande zu beträchtlichen<br />

Erwerbsausfällen und verursachen hohe volkswirtschaftliche<br />

Kosten. Zu diesem Schluss kommt eine Studie<br />

des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts<br />

(Swiss TPH) und des Bundesamtes für Gesundheit (BAG).<br />

Jedes Jahr suchen 175‘000 Menschen hierzulande hausärztliche<br />

Hilfe wegen einer akuten Durchfallerkrankung auf.<br />

In neun von zehn Fällen fehlen sie danach bei der Arbeit. Das<br />

ist das Resultat einer gemeinsamen Forschungsarbeit des<br />

Swiss TPH und des BAG, die in der Fachzeitschrift «Infection»<br />

veröffentlicht wurde.<br />

Das Forscherteam wertete die Daten des Sentinella-Meldesystems<br />

für das Jahr 2014 aus. Es sei erstaunlich,<br />

dass bei akutem Durchfall so wenig Prävention betrieben<br />

werde, wird die Erstautorin Claudia Schmutz zitiert. Die<br />

Studie zeige, dass Durchfall zu etwa gleich vielen Arztkonsultationen<br />

führe wie die Grippe während der Grippesaison.<br />

In vielen Fällen ist laut der Studie unklar, welche Erreger<br />

die akute Erkrankung verursachen. Denn nur bei rund<br />

zehn Prozent der Personen veranlassten Hausärzte eine<br />

Stuhluntersuchung. Als häufigster Erreger wurden Campylobacter-Bakterien<br />

diagnostiziert.<br />

Für die Kranken sei es zwar oft unwichtig, ob virale oder<br />

bakterielle Ke<strong>im</strong>e die Erkrankung hervorgerufen hätten.<br />

Laut Schmutz ist diese Information aber für den Aufbau von<br />

nationalen Präventionsmassnahmen unerlässlich.<br />

Ein weiterer Befund überraschte die Forscher: Die<br />

meisten Arztkonsultationen aufgrund von Magen-Darm-<br />

Erkrankungen kämen <strong>im</strong> Januar und Februar vor. Die Studienautoren<br />

hatten eher eine Zunahme während der Grillsaison<br />

<strong>im</strong> Sommer erwartet.<br />

Forscher mahnen zu<br />

vorsichtigem Umgang mit<br />

Gentechnik am Embryo<br />

Elf grosse Wissenschaftsorganisationen haben sich für eine<br />

vorsichtige, aber engagierte Herangehensweise bei der<br />

gentechnischen Veränderung menschlicher Embryonen<br />

ausgesprochen. Einen solchen Embryo in eine Frau einzusetzen<br />

und somit eine Schwangerschaft herbeizuführen, sei<br />

«derzeit unangemessen», schrieben die Organisationen <strong>im</strong><br />

Fachblatt «The American Journal of Human Genetics».<br />

Es gebe aber keinen Grund, eine Genveränderung <strong>im</strong><br />

Reagenzglas «mit angemessener Aufsicht und Zust<strong>im</strong>mung»<br />

zu verbieten. «Während die Grundlagenforschung<br />

zur Bearbeitung von Genen in den kommenden Jahren voranschreiten<br />

wird, fordern wir alle Beteiligten dazu auf, diese<br />

wichtigen ethischen und sozialen Diskussionen zusammenzuführen»,<br />

so Kelly Ormond von der Stanford University.<br />

Die Erklärung wurde unter anderem unterzeichnet von<br />

der American Society of Human Genetics, der Canadian<br />

Association of Genetic Counsellors und der International<br />

Genetic Epidemiology Society. Auch länderübergreifende<br />

asiatische Verbände sowie solche aus Grossbritannien und<br />

Südafrika schlossen sich an. Die Organisationen gehen<br />

zwar nicht direkt auf die kürzlich veröffentlichte Studie ein,<br />

in der Forscher einen Gendefekt in befruchteten Eizellen repariert<br />

hatten, sie verweisen aber explizit auf die Möglichkeiten<br />

und Gefahren, die durch die genutzte Genschere<br />

CRISPR/Cas9 entstanden sind.<br />

Sterben kostet<br />

in lateinischer Schweiz mehr<br />

als in Deutschschweiz<br />

Sterben kostet in der Romandie und <strong>im</strong> Tessin mehr als in<br />

der Deutschschweiz. Das Jahr vor dem Tod ist in der lateinischen<br />

Schweiz <strong>im</strong> Schnitt um etwa zwanzig Prozent teurer,<br />

wie eine Nationalfonds-Studie zeigt.<br />

In der Romandie und <strong>im</strong> Tessin sterben mehr Menschen<br />

<strong>im</strong> Spital und weniger zu Hause oder in einem He<strong>im</strong> als in der<br />

Deutschschweiz. Dies könnte ein Grund für die höheren Kosten<br />

am Lebensende sein, wie der Schweizerische Nationalfonds<br />

in einer Mitteilung zur Studie am Donnerstag schreibt.<br />

Wo es mehr ambulant behandelnde Ärzte und Pflegehe<strong>im</strong>e<br />

habe, sinke die Wahrscheinlichkeit, <strong>im</strong> Spital zu<br />

sterben, wird Erstautor Radoslaw Panczak vom Institut für<br />

Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern <strong>im</strong> Communiqué<br />

zitiert. Dies zeige ein Vergleich der Regionen von<br />

Yverdon und Neuenburg: Neuenburg habe bereits früh starke<br />

Spitex-Strukturen aufgebaut – und dort seien die durchschnittlichen<br />

Kosten am Lebensende nur halb so hoch wie<br />

in der angrenzenden Region Yverdon.<br />

Ein weiterer möglicher Grund für die regionalen Unterschiede<br />

sei, dass französischsprachige Fachleute Schmerzen<br />

eher aggressiv behandelten, wie eine Erhebung unter<br />

Schweizer Ärzten zeige. Sie seien auch weniger als ihre<br />

deutschsprachigen Kollegen gewillt, auf Wunsch der Angehörigen<br />

auf therapeutische Massnahmen zu verzichten.<br />

Die Nationalfonds-Studie zeigt zudem, dass die letzten<br />

Lebensjahre von Männern teurer sind als jene von Frauen.<br />

Die meisten Frauen sterben später als Männer und verwitwet<br />

– die Medizin kämpfe deshalb vielleicht weniger um ihr<br />

Leben als einige Jahre zuvor noch um das Leben ihrer Männer,<br />

mutmassen die Forscher.<br />

Die Daten würden dies jedoch nicht belegen. «Unsere<br />

Resultate weisen lediglich auf Unterschiede hin. Darüber,<br />

wie diese Unterschiede zustande kommen, kann nur spekuliert<br />

werden», wird Panczak in der Mitteilung zitiert.<br />

Die Studie <strong>im</strong> Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms<br />

«Lebensende» untersuchte die Daten von mehr<br />

als 113‘000 Erwachsenen, welche zwischen 2008 und 2010<br />

starben und bei einer von sechs grossen Krankenkassen<br />

versichert waren. Die Krankenkassen stellten den Forschenden<br />

die anonymisierten Daten zur Verfügung.<br />

Die Analyse zeigt, dass die von den Krankenkassen verrechneten<br />

Kosten <strong>im</strong> letzten Lebensjahr generell stark ansteigen.<br />

Deren Höhe unterscheidet sich aber von Fall zu Fall:<br />

So kostet etwa die Behandlung von Krebspatienten mehr als<br />

jene von Unfallopfern oder Opfern von Herzversagen.<br />

Forscher entfernen erstmals defektes<br />

Gen aus Embryo – kommt<br />

jetzt das «Designer-Baby»?<br />

Forscher korrigierten mithilfe der Genschere Crispr-Cas9<br />

eine Mutation, die zu Herzmuskelverdickung (Hypertrophe<br />

Kardiomyopathie) führt. Andere Erbgut-Teile seien dadurch<br />

nicht geschädigt worden, wie sie <strong>im</strong> Magazin «Nature»<br />

betonen.<br />

Mit dem Verfahren könne man eines Tages Tausende<br />

Erbkrankheiten verhindern, schreibt das Team um Shoukhrat<br />

Mitalipov von der Oregon Health and Science University<br />

in Portland. Die Embryonen wurden nach wenigen Tagen<br />

zerstört.<br />

Menschliche Embryonen wurden schon mehrfach genetisch<br />

verändert: So wurden unter anderem Studien aus China<br />

bekannt, in denen Forscher versucht hatten, Erbgut mithilfe<br />

von Crispr-Cas9 zu reparieren – allerdings mit weniger<br />

guten Resultaten. Britische Forscher hatten bereits 2008<br />

einen Embryo mit dem Erbgut von drei Eltern geschaffen.<br />

Die Forscher injizierten nun Spermien eines Mannes<br />

mit der Erbgut-Mutation in eine Eizelle zusammen mit der<br />

Genschere Crispr-Cas9, die den Erbgut-Doppelstrang an<br />

der mutierten Stelle aufschneiden sollte: Knapp drei Viertel<br />

(72,4 Prozent) der 58 Embryonen in der Studie trugen die<br />

krankhafte Mutation später nicht mehr.<br />

«Die Verfahren zur Genom-Editierung müssen opt<strong>im</strong>iert<br />

werden, bevor klinische Anwendungen erwogen werden»,<br />

schreibt das Autorenteam. Generell entwickelten sich<br />

die Embryonen jedoch normal.<br />

«Dennoch gibt es eine klare Notwendigkeit, sicherzustellen,<br />

dass solche Strategien keine anderen schädigenden<br />

Wirkungen auf den sich entwickelnden Embryo und<br />

sein Genom haben», schreiben Nerges Winblad und Fredrik<br />

Lanner vom Stockholmer Karolinska-Institut in einem<br />

«Nature»-Kommentar. (sda)<br />

30 ALTA VISTA SEPTEMBER <strong>2017</strong> INFO NATIONAL & INTERNATIONAL<br />

INFO NATIONAL & INTERNATIONAL SEPTEMBER <strong>2017</strong> ALTA VISTA 31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!