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Inputreferat Dr. Heinz Cornel Kriminalitätsbelastung unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten<br />

___________________________________________________________________________________<br />

Kriminalitätsbelastung unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten 2<br />

Ich werde in der gebotenen Kürze einige Daten zur Kriminalitätsbelastung unter geschlechtsspezifischen<br />

Gesichtspunkten präsentieren als Interpretationsfolie für die Diskussion<br />

um das Ungerechte an der Gerechtigkeit. Es geht mir dabei um die Vermittlung<br />

von Größenordnungen und Entwicklungen, nicht unbedingt um die Präsentation von exakten<br />

Daten bis zwei Stellen hinter dem Komma. Ich werde mich auch bezüglich möglicher<br />

Verursachungstheorien sehr zurückhalten und mit einigen qualitativen Anmerkungen<br />

schließen, die sich gerade nicht nur auf Frauenvollzug beziehen. Gender<br />

Mainstreaming ist kein Thema allein für Frauen.<br />

Ungleiche Kriminalitätsbelastungen zwischen den Geschlechtern sind allgemein bekannt<br />

und haben eine lange Tradition. Inzwischen sind die Delikte, die man nur als Mann (alte<br />

Fassungen des § 177 StGB Vergewaltigung oder § 175 Homosexuelle Handlungen) oder<br />

als Frau (§ 217 StGB alte Fassung Kindstötung) begehen konnte, aufgehoben oder<br />

haben geschlechtsneutralen Formulierungen Platz gemacht.<br />

Aber auch bei der Gesamtheit aller Straftaten hat es immer, soweit sich die Statistiken<br />

zurückverfolgen lassen, eine starke Ungleichverteilung gegeben. So wies beispielsweise<br />

die Reichsstatistik über die Verurteilungen wegen Verbrechen und Vergehen im Deutschen<br />

Reich 1882/1883 einen Frauenanteil von 20% aus, der in den folgenden Jahrzehnten<br />

regelmäßig und gleichmäßig sank und erst seit Mitte der 60er Jahre wieder<br />

leicht anstieg, um heute einen Anteil zu erreichen, der etwa dem von vor 125 Jahren<br />

entspricht. Damit ist die Lieblingsthese vieler selbst ernannter Experten, die seit 40 Jahren<br />

als Ergebnis der Frauenemanzipation einen Kriminalitätsanstieg erwarten zumindest<br />

in ihrer Reichweite stark eingeschränkt – wenn es denn einen solchen Trend gibt, dann<br />

haben wir nun den Stand von vor 125 Jahren erreicht.<br />

Man muss sich dabei vergegenwärtigen, dass dies zu einer Zeit war, in der Ehemännern<br />

ein Züchtigungsrecht gegenüber ihren Frauen zugestanden wurde. Diese Körperverletzungen<br />

waren damals keine Straftaten, sondern Teil der Sozialkontrolle, durch die erwünschtes<br />

Verhalten erzeugt und unerwünschtes bestraft werden sollte.<br />

Im Einzelnen wurden folgende Werte erreicht:<br />

1882/83 20,0%<br />

1892/93 18,4%<br />

1902/03 16,3%<br />

1912/13 16,0%<br />

1922/23 17,2%<br />

1932/33 11,6%<br />

1967 11,3%<br />

1974 13,5%<br />

1987 16,1%<br />

1993 3 18,9%<br />

2000 4 17,0%<br />

2004 5 17,8%<br />

2 Schriftliche Fassung des Vortrags anlässlich der Tagung „Das Ungerechte an der Gerechtigkeit“ Die<br />

Vortragsform wurde weitgehend beibehalten und auf Literaturnachweise verzichtet. Die Datenquellen<br />

werden jeweils im Text genannt.<br />

3 Nur das alte Bundesgebiet einschließlich Gesamtberlin<br />

4 Nur das alte Bundesgebiet einschließlich Gesamtberlin<br />

5 Nur das alte Bundesgebiet einschließlich Gesamtberlin<br />

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