C - AWO Landesverband Berlin eV
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Podiumsdiskussion<br />
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reagieren. Wenn sie es dann eben doch tun, ist es eine ganz spezielle Auswahl von<br />
Frauen, die eben sehr viele Schwierigkeiten haben und von denen man sagen kann,<br />
sie sind an ihren Lebensbedingungen gescheitert und landen deshalb im Gefängnis.<br />
Und was sie dann brauchen ist soziale Hilfe und nicht bestraft zu werden. Ich möchte<br />
gleich noch Bezug nehmen auf den Bericht der ersten Arbeitsgruppe. Ich glaube<br />
auch nicht, dass Frauen alternative Sanktionen brauchen. Sie brauchen andere<br />
Hilfskonzepte, um im Leben zurecht zu kommen. Damit mache ich erst mal einen<br />
Punkt.<br />
Frau Dr. Seus:<br />
Frau Dr. Weinbach, bei Ihnen ist der Bezug vielleicht nicht ganz so augenfällig.<br />
Frau Dr. Weinbach:<br />
Ich fürchte, dass er insgesamt augenfälliger ist, als ich mir eigentlich selber wünsche.<br />
Der Schwerpunkt meiner Arbeit sind Antidiskriminierungs-Trainings. Ich arbeite mit<br />
Kolleginnen zusammen mit einem amerikanischen Konzept, das heißt social justice<br />
and diversity. Da geht es um die Verknüpfung von verschiedenen Diskriminierungsformen.<br />
Ich arbeite in unterschiedlichen Gruppen, also quer durch Verwaltungen und<br />
soziale Projekte. Es geht um die Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen, aber auch von<br />
Betroffenen selbst, die anwesend sind, also z.B. aus dem ALG-II-Bereich, für die<br />
Diskriminierungsformen in der Gesellschaft und zwar unterschiedlichster Art und ihr<br />
Zusammenhang. Dabei ist der Bezug jetzt zum Thema straffällig gewordene Frauen<br />
oder überhaupt straffällig gewordene Personen der, da sich hier häufig zeigt, dass es<br />
eine Kumulierung von Diskriminierungsformen gibt. Wir diskutieren auch, dass wir<br />
eigentlich nicht nur auf Rassismus, Sexismus, Heterosexismus, Klassismus, also<br />
Diskriminierung aufgrund von Armut fokussieren müssen, sondern dass man auch<br />
Diskriminierung aufgrund von Straffälligkeit als eine eigene Diskriminierungsform fassen<br />
muss, die auch so zu beschreiben ist, und gegen die in einer ganz bestimmten<br />
Weise vorgegangen werden muss. Dies ist öffentlich zu thematisieren in einer ganz<br />
bestimmten Weise. Es gibt das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, darauf würde<br />
ich gerne später einmal im Zusammenhang mit Gender Mainstreaming zu sprechen<br />
kommen, wo das natürlich nicht festgeschrieben ist. Es steht auch nicht drin, dass<br />
Diskriminierung aufgrund des sozialpolitischen Status überhaupt eine Diskriminierung<br />
ist. Es steht in der Menschenrechts-Charta der EU drin, Diskriminierung aufgrund<br />
sozialer Herkunft, aber es gibt eigentlich nur die UN-Charta zum minimalen Schutz<br />
von Strafgefangenen, die einen Anknüpfungspunkt bietet, um Menschen, die straffällig<br />
geworden sind, vor Diskriminierung zu schützen.<br />
Auf eine ganz große Menschenrechtsebene muss man sich beziehen, wenn man das<br />
thematisieren möchte. Also das Ungerechte an der Gerechtigkeit ist eine Kumulierung<br />
von verschiedensten Formen von Diskriminierung, mit denen wir es hier zu tun<br />
haben und die in der Gesellschaft nicht genügend thematisiert sind, zumal wir auch<br />
in einer Kultur leben, in der es ein hohes Potential überhaupt für Diskriminierungen<br />
gibt. Wir sehen das in den Bielefelder Studien von Heitmeier, die jedes Jahr rauskommen,<br />
dass so 20 bis 30% der Bevölkerung mindestens – meistens sogar noch<br />
mehr – anfällig sind für Rassismus, Antisemitismus, Sexismus, Heterosexismus. An<br />
der Situation von Menschen im Strafvollzug kommt das noch einmal geballt zusammen.<br />
Vielleicht gehen wir später noch einmal in die Details.<br />
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