C - AWO Landesverband Berlin eV
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Podiumsdiskussion<br />
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fertigungsdruck und in einer Situation, wo wir deutlich machen müssen: Es gibt einen<br />
Frauenvollzug, da gehen die Uhren anders. Frauen sind andere Menschen, auch im<br />
Vollzug. Selbst wenn wir nicht jeden Tag in der Zeitung stehen, weil irgend jemand<br />
über die Mauer gegangen ist oder ein größeres Vorkommnis passiert ist, kann das<br />
nicht immer dazu führen, dass die Situation sich bei uns verschlechtert.<br />
Ich habe das eben sehr interessiert gehört, und bin ganz begeistert. (Zwischenruf<br />
durch Frau Gerlach: Gott sei Dank war ich vor Ihnen dran.) Ich glaube, es ist sehr<br />
schwer, die Unterschiede immer deutlich zu machen. Es ist ja kein böser Wille der<br />
Beteiligten. Ich meine übrigens, dass wir nicht unbedingt ein neues Gesetz brauchen,<br />
sondern ich glaube einfach, dass es viel Spielräume lässt. Ein Mann, der reihenweise<br />
Frauen vergewaltigt, Kinder missbraucht hat, ist anders zu behandeln als eine Frau,<br />
die wegen Beihilfe zu einem Sexualdelikt verurteilt ist. Wenn wir einfach das Verhältnismäßigkeitsprinzip<br />
anwenden können und sagen können: Also hier müssen mal<br />
nicht unbedingt zwei Beamte mit raus, die Frau kann vielleicht auch mit einer Person<br />
raus. Das sind so kleine Sachen, die unseren Spielraum enorm erweitern können. Ich<br />
wäre froh, wenn das nun jetzt durch diese Veranstaltung noch schneller geht.<br />
Frau Dr. Seus: Ich schlage vor, dass wir uns jetzt nicht länger mit einer Defizitanalyse<br />
aufhalten, was es alles noch nicht gibt und noch nicht funktioniert, sondern – das habe<br />
ich an einer Hochschule für soziale Arbeit gelernt – Ressourcen-orientiert auf den<br />
Weg machen und vielleicht hier noch gemeinsam Strategien und Maßnahmen entwickeln<br />
können, wie wir dem Ziel, Geschlechterdemokratie näher kommen können. Ich<br />
möchte nicht mit großen Utopien oder radikalen Gedanken beginnen, sondern sehr<br />
bodenständig auf die Situation bezogen, wie wir sie jetzt haben. Als erstes die Frage,<br />
wie wir die Zeit vor, während und nach der Inhaftierung von Frauen – also diese Lebenszeit<br />
– nutzen können, um ihnen, die an zentralen Bereichen und Ressourcen<br />
der Gesellschaft nicht gleichberechtigt teilnehmen, z.B. Arbeit, Geld, Wissen und<br />
Ausbildung und vor allem auch Anerkennung, wie wir also diese Zeit nutzen können,<br />
um Frauen zu mehr Teilhabe zu verhelfen. Noch einmal anders gefragt, aus Ihrer<br />
Sicht, so wie Sie die Frauen kennen gelernt haben: Was bräuchten die Frauen, um<br />
ihr Leben selbstbestimmter Leben zu können? Wir müssen jetzt nicht immer diese<br />
Reihenfolge einhalten. Also wer sich dazu äußern möchte ...<br />
Herr Blümel:<br />
Das ist nicht mit einem Satz zu beantworten. Es gibt einen Großteil von Frauen, die<br />
nach einer langen Kette bei uns landen. Ja was brauchen die? Ich glaube, sie brauchen<br />
sehr viel Selbstbewusstsein, sie brauchen Schonräume, sie brauchen Felder, in<br />
denen sie sich ausprobieren können, wo sie ihre Fähigkeiten entdecken und entwickeln<br />
können. Das sehe ich als sehr wichtigen Punkt an. Wenn man das versucht,<br />
dann hat man auch riesige Erfolge damit. Das können, glaube ich, auch die anwesenden<br />
Mitarbeiterinnen des Frauenvollzugs der anderen Bundesländer bestätigen.<br />
Unsere Kunstprojekte, unsere Theaterprojekte, viele Dinge fördern Talente heraus,<br />
die man den Frauen überhaupt nicht zutraut. Bei uns machen z.B. auch Drogenabhängige<br />
den internationalen PC-Führerschein, was nicht immer ganz einfach ist. Anfangs<br />
dachte man, das geht überhaupt nicht. Das FrauenComputerZentrum hat es<br />
geschafft. Das sind Anstöße, die man so hat, in einem relativen Ruheraum. Ich sehe<br />
es auch so, wie Herr Cornel vorhin vorgetragen hat, dass einige in der Tat diesen<br />
Ruheraum auch für sich nutzen. Deswegen spreche ich nicht unbedingt für den<br />
Knast. Das muss nicht unbedingt der Knast sein.<br />
Frau Kummerow: Da möchte ich mich sehr dem Herrn Blümel anschließen. Selbstbewusstsein,<br />
Schutz, Ermutigung, das ist, was sie brauchen und natürlich eine Hilfe-<br />
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