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es bereits ein Erfolg sein, wenn einige wenige<br />

Menschen dieses Angebot annehmen.<br />

Herr Peugeot, Herr Ulm, was würden Sie persönlich<br />

mit so einem Bonusraum anfangen?<br />

PEUGEOT: Ich würde in diesem Schaufenster<br />

mein Musikstudio aufbauen.<br />

ULM: Bei mir wäre das ein Sport- und Fitnessraum.<br />

Sie würden in der Auslage wirklich sporteln?<br />

ULM: Natürlich! In jedem Fitnesscenter schaut<br />

einem jemand beim Training zu. Das würde<br />

mich überhaupt nicht stören.<br />

Multifunktionalität ist ein wichtiges Thema im<br />

Design. Sie haben schon einige spannende Projekte<br />

dazu entworfen. Wird die Nutzungsvielfalt<br />

im Alltag denn auch wirklich genutzt?<br />

PEUGEOT: Ja und nein. Und in den meisten<br />

Fällen können wir das gar nicht so genau<br />

sagen, weil wir von unseren Kunden dahingehend<br />

nur wenig Feedback bekommen. Eines<br />

meiner Lieblingsprojekte zu diesem Thema ist<br />

ein PET-Flaschen-Container für Vöslauer. Wir<br />

haben diesen Container so gestaltet, dass man<br />

ihn zugleich als Hocker oder als Barelement<br />

nutzen kann. Einmal für Zuhause, einmal eher<br />

für den Bürobereich sowie für Events und<br />

Veranstaltungen. Der Container ist weiß, der<br />

Deckel gelb – also in der typischen Farbe für<br />

Recycling-Kunststoff. Gerade in kleinen Wohnungen<br />

machen solche Möbel, die mehrere<br />

Funktionen abdecken, Sinn.<br />

Mittelganglösung zulässt und zweitens Freiräume<br />

in Form von Balkonen oder Loggien<br />

aufgrund des Denkmalschutzes nicht möglich<br />

sind. Das Wichtigste bei solchen Projekten ist<br />

immer, mit den Vorgaben und Vorschriften zu<br />

arbeiten – und nicht gegen sie.<br />

FLEITH: Wie kann man einen Altbestand<br />

umnutzen und ihn mit einem Thema wie dem<br />

temporären Wohnen aktivieren? Das klingt<br />

nach einem spannenden Projekt.<br />

PEUGEOT: Multifunktionalität ist immer<br />

auch eine Multiästhetik. Aber das ist ja auch<br />

das Reizvolle daran.<br />

Wir haben jetzt über Multifunktionalität<br />

in sämtlichen Facetten gesprochen. In der<br />

Gründerzeit war Multifunktionalität Standard<br />

in jedem einzelnen Gebäude. Haben wir die<br />

Nutzungsvielfalt im Laufe der Zeit verlernt?<br />

PEUGEOT: Die Wohnungen waren damals<br />

vielfach nutzbar. Und davon schwärmen wir<br />

DIE LIVING-SALON-<br />

GESPR ÄCHSPARTNER<br />

Anne Catherine Fleith studierte Architektur<br />

in Straßburg und Delft und ist Partnerin des<br />

2002 gegründeten Architekturbüros feld72<br />

mit Sitz in Wien. feld72 ist im Bereich Wohn-,<br />

Büro- und Bildungsbau tätig, entwickelt Projekte<br />

an der Schnittstelle zu Kunst im öffentlichen<br />

Raum und wurde für seine innovativen<br />

Ansätze bereits vielfach ausgezeichnet.<br />

feld72.at<br />

Fidel Peugeot ist Grafik- und Schriftdesi -<br />

gn er. Er arbeitete in renommierten Werbeagenturen<br />

im In- und Ausland, ehe er 2003<br />

in Wien gemeinsam mit seinem Partner Karl<br />

Emilio Pircher das Designstudio Walking<br />

Chair gründete. Seine Entwürfe verbinden<br />

Kunst, Design und Architektur in zumeist<br />

polyfunktionalen Objekten.<br />

walking-chair.com<br />

Peter Ulm ist Jurist und Betriebswirt im<br />

Bereich Immobilienwirtschaft. Seit 2011 ist er<br />

Vorstandsvorsitzender der 6B47 Real Estate<br />

Investors AG, die sich in Österreich, Deutschland<br />

und Polen auf außergewöhnliche, multifunktionale<br />

Projekt- und Stadtteilentwicklungen<br />

spezialisiert hat.<br />

6B47.com<br />

Derzeit arbeitet die 6B47 an der Revitalisierung<br />

des Philips-Hauses am Wienerberg.<br />

Wo früher gearbeitet wurde, entstehen nun<br />

135 Vorsorgewohnungen.<br />

ULM: Das Philips-Bürogebäude wurde 1964<br />

nach Plänen von Karl Schwanzer errichtet und<br />

ist eine der aufregendsten Stahlbeton-Konstruktionen<br />

dieser Zeit. Heute steht das Haus unter<br />

Denkmalschutz und lässt daher nur entsprechend<br />

behutsame Umbauten zu. Nun entstehen<br />

dort möblierte Wohnungen für Expats sowie<br />

für kurzfristige, wochen- und monatsweise<br />

Wohnnutzung. Wir haben das Projekt gemeinsam<br />

mit der Sans Souci Group entwickelt.<br />

heute immer noch. Aber ich warne davor, das<br />

alles zu romantisieren und zu verklären. Denn<br />

wir vergessen allzu gerne, dass darin sehr viele<br />

Menschen gewohnt haben und dass die Wohnungen<br />

nahezu unbeheizbar waren. Meistens<br />

ist man damals ins Kaffeehaus gegangen, um<br />

sich dort am Ofen zu erwärmen.<br />

FLEITH: Ich würde sogar so weit gehen zu<br />

sagen: Die Gründerzeitbauten sind in ihrer<br />

Struktur heute vielfältig und multifunktional<br />

nutzbar. Damals waren sie es nicht.<br />

Abschlussrunde: Von welcher Multifunktionalität<br />

träumen Sie?<br />

PEUGEOT: Natur und Liebe.<br />

FLEITH: Arbeiten und Werkstatt.<br />

ULM: Hobby und Beruf.<br />

Die Büroarchitektur der Sechzigerjahre hat<br />

ganz spezifische Standards. Wie geht man<br />

damit um?<br />

ULM: Wir haben uns das Objekt genau angeschaut<br />

und uns überlegt, für welche Zwecke es<br />

Peter Ulm:<br />

»Früher hatte man Zimmer, Küche, Und wo werden wir auf Multifunktionalität in<br />

Kabinett. Heute deckt ein Raum<br />

sich eignen würde. Große Wohnungen kommen<br />

Zukunft garantiert verzichten?<br />

mehrere Funktionen gleichzeitig ab.«<br />

nicht infrage, weil der Grundriss erstens nur eine ALLE UNISONO: Auf der Toilette. <<br />

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falstaff<br />

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