Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
design / PORTRÄT<br />
Weitsicht<br />
Die »Delegate Lounge« im New Yorker<br />
UNO-Gebäude: Mit ihren Möbeln sowie dem<br />
Farb- und Raumkonzept schuf Jongerius dort<br />
eine kommunikationsfördernde Atmosphäre.<br />
MAHARAM ALS ERSTER KUNDE<br />
»Coloured Vases«, eine Installation von<br />
Jongerius aus dem Jahr 2010, ist gleichzeitig<br />
Credo ihrer Designphilosophie: »Neue Farben<br />
zu kreieren ist eine Reaktion gegen die globalisierte<br />
Industriefarbe, gegen dieses Establishment<br />
der Eintönigkeit.« Für Jongerius ist<br />
Farbe »eine Reflexion im Raum«. Sie verändert<br />
sich im Zusammenspiel mit Licht,<br />
Objekten und Materialien. So beruhen alle<br />
Textilien, Möbel oder Porzellanstücke, die<br />
Jongerius designt, auf dem Prinzip: gewohnte<br />
Empfindungen unterlaufen, um Ungewohntes<br />
zu schaffen. »Ihr revolutionärer Akt ist die<br />
Kritik an der Perfektion und die Suche nach<br />
Wegen, den Oberflächen wieder Leben einzuhauchen«,<br />
sagt Rolf Behlmann, ehemaliger<br />
CEO von Vitra, über Hella Jongerius. Für die<br />
Schweizer Premiummarke ist Jongerius seit<br />
2007 als Art-Direktorin tätig. Ihren ersten<br />
internationalen Auftrag erhielt die Designerin,<br />
die auf dem Land in der Nähe von Utrecht<br />
aufwuchs, von Maharam, dem US-Textilunternehmen<br />
mit großer Manu fakturtradition.<br />
Damals, im Jahr 1998, hatte sich Jongerius als<br />
»Eine Farbe allein ist gar nichts. Sie entsteht erst in<br />
Beziehung zu etwas anderem. Deshalb habe ich auch<br />
keine Lieblingsfarbe. Sie wechselt in jeder Minute.«<br />
HELLA JONGERIUS Designerin, Künstlerin und Farbphilosophin<br />
Mitglied des Design-Kollektivs »Droog<br />
Design« bereits einen Ruf als Rebellin<br />
er arbeitet. Sie habe sich nicht beworben,<br />
der Inhaber von Maharam sei nach Rotterdam<br />
gekommen, um sie im Atelier zu besuchen.<br />
»Die stören mich bei der Arbeit«, hat<br />
Jongerius damals gedacht. Und war doch<br />
beeindruckt, dass Maharam mit ihr – »dem<br />
Hippiemädchen aus den Niederlanden« –<br />
arbeiten wollte. 2008 verließ sie ihr Geburtsland,<br />
weil sie sich eingeengt fühlte. Sie wählte<br />
Berlin als Herausforderung – das Anonyme,<br />
das Studentische, die Internationalität.<br />
Neben ihren vielfältigen Auftragsarbeiten<br />
zieht es Hella Jongerius immer wieder in<br />
Museen, wo die leise, aber bestimmt auftretende<br />
Designerin ihre Arbeit einem öffentlichen<br />
Diskurs aussetzen möchte: »Gutes<br />
Reflexionen<br />
Farbe ist für Hella Jongerius vor allem<br />
eine Reflexion im Raum. Das Spiel mit diesen<br />
Reflexionen liebt die 54-Jährige.<br />
Fotos: Jongeriuslab, Magdalena Lepka, Frank Ouderman, Roel Van Tour<br />
80 falstaff living 05 / 17