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2009-01

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Inhaltsübersicht / Aus der Redaktion<br />

Aus der Redaktion 3<br />

Kredit em 1930 rem 4<br />

Inflation / Wirtschaftsleben 4<br />

d’r Hearing 5<br />

KulturPur <strong>2009</strong> 6<br />

„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“ 7<br />

Der neue Computer 8<br />

Lasst Euch fördern 9<br />

Edgar Allan Poe 10<br />

Sagen aus dem Hickengrund 12<br />

Klappern gehört zum Handwerk 14<br />

Gibt es Ahnungen? 17<br />

Der Kommentar 17<br />

Wilde Wätze ante portas 18<br />

Der Osterhase 21<br />

Mein Opa 22<br />

Der Frauenflüsterer 24<br />

Ruf 24<br />

Die Dong 26<br />

Dengong 27<br />

Besuch bei der Siegener Tafel 28<br />

Wohninsel 30<br />

Wohnen im Grünen 34<br />

Wohnen im „Eisschrank“ 34<br />

Wohnberatung im Kreis Siegen-Wittgenstein 36<br />

Kraftquelle der Freude 38<br />

Gedächtnistraining 40<br />

„Leben im Alter“ 42<br />

Es muss etwas passieren 43<br />

Jung und Alt backen gemeinsam 44<br />

„Absatzkrise“ 45<br />

Weltgebetstag 46<br />

Elke Schweisfurth 49<br />

Wozu Religion? 50<br />

Es fiel uns auf / Lösungen 58<br />

Zu guter Letzt / Impressum 58<br />

„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“. Dieter Gerst weist auf ungewöhnliche Kinoveranstaltungen<br />

hin (Seite 7), die von den Seniorenstellen der Städte Siegen und Kreuztal<br />

gemeinsam mit dem preisgekrönten Filmtheater Viktoria Dahlbruch veranstaltet werden.<br />

Nach Kaffee und Kuchen kann man sich einem der ausgesuchten Filme hingeben.<br />

Bedanken dürfen wir uns bei dem Herforder Künstler Manfred Hübscher, der den<br />

durchblick wieder einmal mit einer Grafik (Seite 11) bereichert hat. Sein Rabe bebildert<br />

den Beitrag von Erika Krumm über Edgar Allan Poe, der vor 200 Jahren geboren wurde.<br />

Zum Frühjahr wollen auch wir uns mal dem Thema Gesundheit widmen. Der Kölner<br />

Sportwissenschaftler Dr. Leif Arne Eickhoff schreibt über Fitness und Sport im Alter<br />

(ab Seite 14). Die Siegener Künstlerin Bärbel Breunig hat dazu eine Nordic Walkerin<br />

modelliert, die auch das Titelbild dieser Ausgabe ziert. Diese Figur (32 cm hoch) möchte<br />

der durchblick gern versteigern. Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen mit bieten! Das<br />

höchste Angebot erhält den Zuschlag.<br />

Jetzt aber viel Freude beim Lesen des neuen durchblick.<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 3


Finanzen<br />

Fotocollage: Gottfried Klör<br />

In Anbetracht der heutigen weltweiten miesen Finanzlage einen Rückblick auf:<br />

Kredit em 1930 rem<br />

Noch lang nom earschde Wältgrech woarn de Li wane<br />

arm. Et wuer fel gebombt, dat hes, si lesen aschriwe.<br />

Domols kom d’r Klein’s Willäm uss d’r Hetschelsbeach<br />

bim sinnem Nochber – d’m Weawersch Karl – en de<br />

Lare on sät: „Karl! Gemmer emo ain fa dä diere Zigaredde!<br />

Waisde, so en „Senussi“. „He! Häsde ain! Fuer och?“<br />

D’r Willäm neckde, hoab de Nas hoch, säde, als d’r<br />

Glemmschdängel brannde: „Danke!“, on woll go.<br />

He! He! Willäm! Ech grijje en Grosche fa d’r.<br />

Genesslich paffde d’r Willäm e par Rauchgrengelcher en<br />

de Loft on säde: „Bezaln do ech earscht moarrn!“<br />

Gerda Greis<br />

Inflation<br />

Zo dä Zitt, als det Gäld jeden Dach weaniger weart<br />

wuer, wossde m’r altemo net, wi fel m’r am nächsde<br />

Moarje foar e Breadsche ze bezaln hadde.<br />

Schmetze’s Fritz, domols Bäckermaisder em „Ale<br />

Fläcke“, woar net nuer en d’r Backschdoab azedreffe, hä<br />

holf och flissich em Lare dat, wat hä gebacke hadde, ze<br />

ferkaufe. Wann hä awer en d’r Backschdoab ze do hadde,<br />

da ewernom sin Schwäsder Emma d’r Ferkauf em Lare.<br />

Aines Moarjens ganz fre, de earschde Breadscher<br />

woarn grad ussem Oawe komme, do ref det Emma ussem<br />

Lare en de Backschdoab ren: „He! Fritz! Wat kosdet ho e<br />

Grosches Breadsche?“<br />

D’r Fritz da uss d’r Backschdoab russ: „Zwai Mol fenf<br />

Pänning – Du al Duermeldier!“<br />

Gerda Greis<br />

4 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Essen<br />

Em 1900 als „Allhailmeddel“ bekannt, met Doffeln e „Arme -Li -Ässe“<br />

on honnert Joarn schbäer wirre emo als „Delikadesse“ schdark gefrogt sin<br />

d`r H e a r i n g<br />

Dat woar so em 1910 rem, do säde domols det Flug’s Kaddrinche<br />

fa onnerm „Hä“ zo sinnem Änkelche met zemmlich grächzender Schdemm:<br />

„Friedche! Komm! Gear m'r emo nom Schomachersch Fried’r on hoal m’r’n<br />

Salzhearing, ech sin jo so arich ferkält, ech moss obedengt wat d‘rgäje do.“<br />

En Salzhearing woar en d’r domolije Zitt det Allhailmeddel wann m’r’t em Hals<br />

hadde; on d’m Kaddrinche do d’r Hals wane we’. No moss m’r d’rzo noch wesse:<br />

D’r Schomachersch Fried’r hadde onnerm „Hä“ en Lare,<br />

woet fast alles ze kaufe gob, wi dat frejer so woar, on –<br />

d’r Schomachersch Fried’r, dä schdodderte. Hä konn net annerscht.<br />

So geng da det Friedche no äm en d’r Lare, on hä frogde ät:<br />

„Nn-na, ww-wat wett dd-Du da?“ „Dd-de Oo-omma es grank.<br />

Ee-ch ss-sall en Salzhearing hh-hoaln“,<br />

on d’rbi sog dat Glai d’n Fried’r oferwant a.<br />

Hä gob äm da dä Hearing on sät: „Ss-sost noch ww-wat?“<br />

Det Friedche guckde äm emmer noch medde end Gesechde, als ät säde:<br />

„Nn-nä, nn-niks me.“<br />

Nn-n scheane Gg-gros o-och on gg-gore Gesondhait ff-foar dd-de Oo-omma,<br />

schdodderde hä sech zesame. On ät bim Russgo:„Dd-danke!“<br />

D’r Salzhearing hadde geholfe. Det Kaddrinche woar werrer gesond,<br />

on ät geng och sälwer werrer zom Enkaufe.<br />

Sät da d’r Schomachersch Fried’r zo äm als ät en d’r Lare kom:<br />

„Kk-kaddrinche! Oo-ou Glai schsch-schdoddert jo och!“<br />

„En nä, Fried’r! Net darrech wessde.“ „Bb-bi mier aa-awer!“<br />

„Du! Friedche!“,<br />

so schbroch det Kaddrinche bim nächsde Besoch fa däm Glai,<br />

„d’r Schomachersch Fried’r hät met m’r geschwatt.“ „Wadda? Omma!“<br />

„Hä hät gesät: Du schdodderdest och.“ „Mänchmo! Omma!<br />

Ech woll äm doch nur en Gefalln do“, on lesdich fonkelden de Äjjelcher,<br />

alset drbi de Omma ganz oschellich aguckde.<br />

Met arich engegneffenem Mull – wailet sost det Lache net ferbisse konn –<br />

säde det Kaddrinche: „Du best e rechdich glai Schennos!“<br />

genießer-frühstück<br />

belegte brötchen<br />

zum mitnehmen<br />

abwechslungsreicher<br />

mittagstisch<br />

(von 12. 00 -14. 30 uhr)<br />

kaffeespezialitäten<br />

– auch für unterwegs<br />

leckere kuchen nach<br />

hausmacher art<br />

typisches aus dem<br />

siegerland<br />

dienstags - freitags 8. 30 -19 uhr · samstags 9. 30 -19 uhr · sonntags 10 -19 uhr<br />

wir freuen<br />

uns auf Sie : )<br />

Wä no dänkt, det Kaddrinche hädde dä Salzhearing gässe – enä –<br />

ät weckelde sech dä Hearing um d’r Hals, läde sech end Bädde<br />

on hät noch nerremo en Labbe dremgebonne.<br />

On dat woar so!, dänn min Dande Frieda – si es itzend 93 –<br />

di hät domols det Kaddrinche met däm nackelije Hearing em Bädde läjje se.<br />

Gerda Greis<br />

Ulrike Neuhaus<br />

Hagener Str. 15 · 57072 Siegen<br />

Tel.: 0271 2506193<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 5


Siegerland<br />

KulturPur<br />

Internationales Musik- und Theaterfestival<br />

Pfingsten <strong>2009</strong><br />

Das internationale Musik- und Theaterfestival<br />

vom 28. Mai bis 1. Juni auf dem Giller<br />

Ein einzigartiges Kulturerlebnis in freier Natur – die<br />

letztjährige Ausgabe des internationalen Musik- und<br />

Theaterfestivals KulturPur bot an fünf Festivaltagen<br />

tatsächlich für alle etwas: „Strahlender Sonnenschein,<br />

restlos ausverkaufte Konzerte und ein neuer Besucherrekord!“<br />

berichtet immer noch stolz Andreas Schmidt vom<br />

Kulturbüro des Kreises Siegen-Wittgenstein. Über 60.000<br />

begeisterte Menschen gaben sich ein Stelldichein auf der<br />

Ginsberger Heide und machten das Festival im südwestfälischen<br />

Rothaargebirge zum erfolgreichsten „KulturPur“<br />

aller Zeiten. Doch selbst wenn die Sonne in diesem Jahr nur<br />

ab und zu hinter den Wolken hervorschaut, braucht Kultur-<br />

Pur um seine Attraktivität nicht zu bangen: Verdankt es seine<br />

Beliebtheit doch hauptsächlich dem familiären Charme, der<br />

idyllischen Lage an einem der schönsten Plätze Westfalens<br />

und der imposanten Kulisse der Zelttheaterstadt. Vor allem<br />

aber, weil es die Veranstalter jedes Jahr über Pfingsten verstehen,<br />

hochkarätige Show-Stars mitten in die südwestfälische<br />

Natur zu holen. Wo sich sonst Fuchs und Hase „Gute<br />

Nacht“ sagen, begeisterten bisher u. a. Annett Louisan, Juliette<br />

Gréco, Gilbert Bécaud, Milva oder Roger Cicero das<br />

Publikum. Dieses größte naturnahe Festival in Deutschland<br />

schuf in den 19 Jahren seines Bestehens eine Tradition, die<br />

die Veranstaltung (28. Mai – 1. Juni) mittlerweile ins Licht<br />

internationaler Produktionen rückt.<br />

Dank der bewährten Mischung aus Theater, Tanz, Kabarett<br />

und Musik kann auch das diesjährige Festival mit<br />

einem hochkarätigen und abwechslungsreichen Programm<br />

aufwarten. Das Nachmittagsprogramm mit Artistik, Theater<br />

und Mitmachaktionen spricht vor allem Familien an,<br />

während die Abendprogramme mit weltbekannten Stars<br />

und aufwendigen Bühnenproduktionen alle Altersgruppen<br />

in die Zelte locken soll. Das meist kostenlose Rahmenund<br />

Tagesprogramm lädt dazu ein, die Atmosphäre mit der<br />

ganzen Familie entspannt zu genießen. Nachtschwärmer<br />

können sich nach Einbruch der Dunkelheit am imposanten<br />

Anblick des Lichtermeeres erfreuen. KulturPur ist jeden<br />

Tag mit einer im Vorverkauf erworbenen Eintrittskarte über<br />

kostenlose Bus- und Bahn-Verbindungen erreichbar. Auch<br />

nach den Spätveranstaltungen stehen noch Shuttlebusse zur<br />

Verfügung.<br />

Pfingsten <strong>2009</strong><br />

Donnerstag, 28. Mai – Montag, <strong>01</strong>. Juni<br />

auf dem Giller bei Hilchenbach-Lützel<br />

www.siwikultur.de • 0271/333-2440<br />

Informationen gibt es im Internet unter www.siwikultur.de<br />

oder unter der Info-Nummer Tel. 0271/333-2440.<br />

Wann: 28. Mai – 1. Juni <strong>2009</strong><br />

(wie immer, über Pfingsten)<br />

Wo: Hilchenbach-Lützel<br />

6 durchblick 1/<strong>2009</strong>


„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“<br />

Ein Kino-Pilotprojekt für Senioren<br />

Leiten das neue Kinoprojekt – von links: Jochen Manderbach;<br />

Astrid E. Schneider; Anke Berg; Daniela Sadelkow-Gessner.<br />

Wenn sich das richtige Team an den Tisch setzt,<br />

um eine gute Sache durchzuziehen, dann klappt<br />

das auch. Wie am viel zitierten Schnürchen lief<br />

die gute Sache bei folgendem engagierten Quartett: Jochen<br />

Manderbach (Chef des Viktoria-Kinos in Dahlbruch), Daniela<br />

Sadelkow-Gessner (Stiftung Diakoniestation, Seniorenbeauftrage<br />

der Stadt Kreuztal), Astrid E. Schneider<br />

(Leiterin der Regiestelle „Leben im Alter“ Siegen) und<br />

Anke Berg aus dem Team der vorgenannten Regiestelle. Jochen<br />

Manderbach hatte alle zusammengerufen und schlicht<br />

die Frage gestellt: „Was haltet<br />

ihr von einer Veranstaltungsreihe<br />

Senioren-Kino zu günstigen<br />

Preisen?“ Darauf gab es nur eine<br />

Antwort: „Klar, machen wir.“ Es<br />

folgten mehrere Sitzungen des<br />

tatkräftigen und kreativen Quartetts.<br />

Und was dabei herauskam?<br />

Ein Top-Event. Quasi ein Pilotprojekt<br />

für die südwestfälischen<br />

Gefilde unter der Schlagzeile<br />

„Ohne ALTERsbeschränkung<br />

<strong>2009</strong>“. Anspruchsvolles Kino<br />

für ältere Menschen ohne Limit<br />

auf der nach oben offenen Jahrgangsskala.<br />

Und nach unten ist<br />

auch viel Platz. Das „Quartett Seniorenkino“<br />

– nennen wir die Arbeitsgruppe<br />

einfach mal so – hat<br />

die erste Etappe ruckzuck und<br />

mutig festgezurrt. Kurzum: Die<br />

Reihe startet am 16. März <strong>2009</strong>.<br />

Die Vorbereitungen sind bis auf<br />

paar Kleinigkeiten abgeschlossen<br />

Film<br />

16. März „Die Herbstzeitlosen“: Die 80-jährige<br />

Martha will nach dem Tode ihres Mannes ihren kleinen<br />

Schweizer Dorfladen dichtmachen. Ihr Sohn, Dorfpfarrer,<br />

möchte den Raum für eine Bibelgruppe nutzen. Martha, von<br />

Beruf Schneiderin, hat anlässlich eines Besuches in Bern plötzlich<br />

den Wunsch, einen Dessous-Laden zu eröffnen. Ihre Freundinnen<br />

unterstützen das Vorhaben. - Beschwingte Komödie.<br />

6. April „Saint Jaques – Pilgern auf Französisch“:<br />

Drei unterschiedliche Geschwister müssen<br />

gemeinsam eine zweimonatige Pilgerreise nach Santiago de<br />

Compostella (Jakobsweg) unternehmen, weil sie nur dann<br />

das Erbe ihrer Mutter ausgezahlt bekommen. – Schmissiger<br />

Film zum Wohlfüllen voller Humor und Fantasie.<br />

4. Mai „Elsa und Fred“: Den Spanier Fred erwartet<br />

nach dem Tod seiner Frau ein langweiliger Lebensabend<br />

unter der Ägide seiner dominanten Tochter. Da findet Fred in<br />

seiner argentinischen Nachbarin Elsa eine quirlige neue Lebensgefährtin…<br />

- Mitreißend gespielte (Senioren-) Komödie.<br />

15. Juni „Jetzt oder nie“: Drei alte Freundinnen<br />

wollen endlich ihren Traum von einer gemeinsamen Schiffsreise<br />

verwirklichen. Sie werden jedoch rüde um ihr mühsam<br />

erspartes Geld gebracht. Das geprellte Trio versucht sich im<br />

Bankraub. - Melancholisch-heitere Komödie mit Tiefgang.<br />

Auskünfte über das Viktoria in Dahlbruch, über die<br />

Stiftung Diakonie Kreuztal sowie über die<br />

Regiestelle „Leben im Alter“ (Rathaus Weidenau).<br />

– das Programm steht, der Zeitplan ist erarbeitet. Es<br />

kann losgehen mit dem städteübergreifenden (Siegen<br />

und Kreuztal) Projekt.<br />

Jochen Manderbach trug die Idee schon seit längerer<br />

Zeit mit sich herum: „Da man in anderen Städten<br />

gute Erfahrungen gemacht hatte, warum nicht<br />

auch bei uns?“ Ja, warum eigentlich nicht?! Aus der<br />

Idee wird ab März also Wirklichkeit. Sogar an Gehbehinderte<br />

und auf den Rollstuhl angewiesene wurde<br />

gedacht. Ein Shuttle-Bus-Betrieb sorgt für reibungslosen<br />

Transport. Denn alle vier Verantwortlichen sind<br />

sich in ihrem sozialen Engagement dahingehend einig:<br />

Gerade für diese Menschen ist es wichtig, einmal<br />

aus dem Einerlei herauszukommen. Denn auch Mitbürger<br />

mit körperlichen Handicaps haben kulturelle<br />

Ansprüche. Oft können sie die aber nicht verwirklichen,<br />

da es keine geeigneten Fahrmöglichkeiten gibt.<br />

Nicht so bei dem Projekt Seniorenkino. Hier ist für<br />

alles gesorgt. Es geht jeweils um 16 Uhr los. Filmbeginn<br />

ist eine Stunde später. Jochen Manderbach: „Der Einlass<br />

60 Minuten vor Vorführungsbeginn hat gute Gründe. So haben<br />

die Kinobesucher noch eine Stunde Zeit, Kaffee zu trinken,<br />

ein Stück Kuchen zu essen oder einfach zu plaudern.“<br />

60 Minuten Zeit, sich auf das Filmereignis einzustimmen.<br />

Man kann das auch so sehen: Seniorenkino im Rahmen<br />

eines netten Nachmittags – im Rahmen einer Begegnung.<br />

Nun ist es keineswegs so, dass die Projekt-Verantwortlichen<br />

nur leichte Filmkost verabreichen. Manderbach:<br />

„Wer ein Heinz-Rühmann-Festival<br />

erwartet, geht von falschen<br />

Voraussetzungen aus. Vielmehr<br />

bieten wir ein anspruchsvolles<br />

Programm.“ Also: Auch unter dem<br />

Motto „Ohne ALTERsbeschränkung“<br />

möchte das Viktoria seinen<br />

Qualitätsanspruch „in jedem Fall<br />

wahren“. Man ist sich das schuldig.<br />

Immerhin heimst das Viktoria<br />

für besondere Leistungen z.B. von<br />

der Filmstiftung NRW Prämien<br />

ein. So im November 2008 für<br />

ein ausgezeichnetes Kinder- und<br />

Jugendprogramm.<br />

Das Viktoria ist eines von<br />

54 Kinos in NRW, die für ihre<br />

besonderen Programme von<br />

der Filmstiftung ausgezeichnet<br />

wurden. Die letzte Prämienvergabe<br />

fand übrigens in Neuss statt<br />

und wurde von Bettina Böttinger<br />

moderiert.<br />

Dieter Gerst<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 7


Da steht er nun der neue Computer. Ich habe Angst<br />

vor ihm und freue mich trotzdem über seinen<br />

Besitz. Aber ...<br />

„Mama, kommst du nachher rüber und hilfst mit?“<br />

„Was soll ich denn machen?“<br />

„Ich will eine Geschichte in den Computer eingeben und<br />

wenn ich dir vorlese und du schreibst, geht es schneller.“<br />

„Bist du wirklich davon überzeugt?“<br />

Eine ganz kleine Pause, doch lang genug, um meine<br />

Zweifel zu verstärken.<br />

Ich dachte an die laufenden Buchstaben auf dem Bildschirm<br />

und das Verschwinden der Reihen. Schreibmaschinenseiten<br />

werden sichtbar – bleiben auch sichtbar. Will ich<br />

Texte verbessern, nehme ich ein Radiergummi; aber was<br />

weg ist – ist weg. Aus dem Bildschirm verschwunden, ist<br />

trotzdem nicht weg. Unheimlich! Jedenfalls ging ich zur verabredeten<br />

Zeit zu Lina hinüber und wir gaben den Text ein.<br />

„Mama, sei doch nicht so nervös. Es kann doch gar<br />

nichts passieren.“<br />

„Ich bin nicht nervös.“<br />

„Und warum machst du so viele Tippfehler? Wenn du<br />

dich jedesmal so aufregst, mache ich mir Sorgen um dich!“<br />

Wir tauschten die Plätze; ich las – sie schrieb.<br />

Als ich nach Hause kam, erzählte ich meiner Mutter von<br />

der Aufregung. Viel brauchte ich nicht zu reden darüber.<br />

Sie sah es mir noch an. „Kind“, sagte sie zu mir, dabei bin<br />

ich schon sechzig Jahre, „wenn ihr beide demnächst öfter<br />

zusammenarbeiten wollt, dann kaufe dir doch auch so eine<br />

Anlage.“ Meine Mutter, mit 85 Jahren, war für einen Computer.<br />

Ich traute meinen Ohren nicht. Ich rief meine Tochter<br />

an und erzählte ihr von dem Vor schlag. Sie war begeistert.<br />

„Oma weiß, was gut für dich ist. Du solltest dich wirklich<br />

dazu entschließen.“<br />

Die folgende Nacht schlief ich sehr schlecht. Ich rechnete<br />

und überlegte. Das bisschen, was ich zu schreiben hatte,<br />

konnte ich gut auf meiner Schreibmaschine erledigen. Warum<br />

sollte ich mir einen Computer hinstellen?<br />

Wieder brauchte mich Lina zum Eingeben einer Geschichte<br />

und wieder war ich aufgeregt. Diesmal überlegte<br />

ich schon unterwegs, dass ja gar nichts passieren könne,<br />

d.h. dass ruhig etwas rauslaufen konnte aus dem Blickfeld,<br />

aber trotzdem gespeichert war – irgendwo. Auf dem Weg<br />

dachte ich immer wieder: „Der Computer kann nur, was du<br />

ihm sagst. Der Computer wartet auf deine Anweisungen.“<br />

Meine Aufregung war nicht mehr ganz so groß.<br />

„Wie sieht es aus. Hast du dir Omas Vorschlag überlegt?“<br />

fragte Lina mich.<br />

„Ja.“<br />

Unterhaltung<br />

Der neue Computer<br />

von Wilma Frohne<br />

„Und?“<br />

„Wann hast du Zeit zum Einkaufen?“<br />

„Sara kommt gleich aus der Schule. Sollen wir morgen<br />

früh, sofort wenn sie zur Schule gegangen ist, einkaufen<br />

fahren?“<br />

„Ja. Dann können wir heute noch bei dir schreiben –<br />

zusammen.“ Lina sah mich an.<br />

„Mama, auch bei dir zu Hause ist es nichts anderes mit<br />

dem Computer als bei mir. Es passiert auch da nur, was du<br />

willst.“<br />

Als die neuen Geräte angeschlossen waren, kam Oma<br />

Irene und besah sie sich genau.<br />

„Vor den Dingern bist du so bange?“ fragte sie, sah mich<br />

an und schüttelte den Kopf.<br />

„Mama,“ sagte Lina, „ich bin ja nicht weit und wenn<br />

was ist, rufe an. Ich helfe dir weiter.“<br />

Dann saß ich da mit meiner Anlage und meiner Angst.<br />

Zuerst sah ich von einem Gerät zum anderen, doch das<br />

brachte nichts. Vorsichtig streckte ich dann die Hand aus<br />

und schaltete nacheinander den Computer mit Laufwerk<br />

und den Bildschirm ein. Auf dem schwarzen Fläche erschien<br />

in grünen Buch staben, was ich schrieb. Doch dann<br />

war der Bildschirm fast voll. Konnte ich auch speichern?<br />

Meine Aufregung wurde größer. Ich nahm meine Zettel, auf<br />

denen ich mir jeden einzelnen Schritt aufgeschrieben hatte.<br />

Dann ging es los, zusammen mit viel Herzklopfen. „Oh, es<br />

hat geklappt.“ Mutig versuchte ich andere Tastenkombinationen<br />

und freute mich. Doch dann ging überhaupt nichts<br />

mehr. Ich rief Lina an.<br />

„Ist doch halb so wild. Rege dich nicht so auf. Welche<br />

Befehle hast du eingegeben?“ Mit meiner Auskunft konnte<br />

sie wenig anfangen.<br />

„Ich komme!“<br />

„Oma, möchtest du etwas trinken?“ fragte ich meine Mutter.<br />

„Nein, nein, mir geht es gut.“ Sie schmunzelte. „Mach dir<br />

keine Sorgen, es klappt gleich“, tröstete sie mich.<br />

Lina kam, besah sich den Monitor, drückte ein paar<br />

Tasten und alles war in Ordnung. Sie nahm mich in den Arm<br />

und schaukelte mich wie ihre kleine Tochter.<br />

„Du weißt doch, wenn es mal gar nicht klappt, schal test<br />

du alles aus und fängst Schritt für Schritt von vorn an.“<br />

Das war vor drei Jahren. Jetzt sitze ich wieder vor einem<br />

neuen Computer. Diesmal ist er größer und schneller und<br />

kann wesentlich mehr als der alte Rechner. Zuerst arbeitete<br />

ich das Lernprogramm durch. Behalten habe ich nicht alles,<br />

dafür ist es viel zu viel. Aber ich weiß ja, dass der Computer<br />

auf meine Anfrage mit Hinweisen weiterhilft.<br />

Er sagt mir dann vor, was er machen möchte, damit ich<br />

das erreiche, was ich will.<br />

8 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Lasst Euch fördern<br />

Siegener Seniorenbeirat ruft Wohnungsinhaber auf!<br />

Die staatlichen Förderungsmöglichkeiten beim<br />

barrierefreien Bauen und Wohnen im Alter sind<br />

in der Bevölkerung viel zu wenig bekannt. Vor<br />

allem die älteren Mitbürger scheuen sich oft, öffentliche<br />

Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Dabei werden als<br />

Grund für die Nichtinanspruchnahme solcher Fördermittel<br />

häufig die Angst vor einem längerfristigen Darlehen angegeben,<br />

dass später nicht mehr zurückgezahlt werden kann.<br />

Der Seniorenbeirat ermutigt dazu, die vom Land bereitgestellten<br />

Fördermittel für den barrierefreien Umbau von<br />

Wohnungen anzufordern. Förderzweck dieses Programms<br />

ist die Anpassung des Wohnraumangebotes an die Erfordernisse<br />

des demografischen Wandels. Damit kann ein Umbau<br />

im Eigenheim, der Eigentumswohnung, aber auch in bereits<br />

bestehenden Mietwohnungen zum barrierefreien und behindertengerechten<br />

Wohnen für alle Altersgruppen und insbesondere<br />

für ältere Menschen finanziell unterstützt werden.<br />

Förderfähige Maßnahmen sind u.a. die barrierefreie Umgestaltung<br />

von Bad und Küche, der Einbau von breiteren<br />

Türen, Rampen, Aufzug und Treppenliften. Auch die Herstellung<br />

der Barrierefreiheit auf Wegen, Freiflächen und<br />

SA | 14.03. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />

Ingolf Lück gewährt<br />

uns in seinem<br />

deutschsprachigen<br />

Ein-Mann-Theaterstück<br />

einen sehr<br />

amüsanten, ironischen<br />

Blick auf die<br />

Spezies Mann.<br />

INGOLF LÜCK<br />

„One Way Man“<br />

FR | 24.04. | 20h | Weiße Villa<br />

Leidenschaft bis<br />

zum letzten Kaffee<br />

- klassische Besetzung<br />

mit Gesang,<br />

Bandoneon, Violine,<br />

Piano und Bass<br />

in der großen Tradition<br />

des Tango.<br />

TANGO FUEGO<br />

„Vivo“<br />

Tickets und Infos:<br />

www.kreuztal-kultur.de | 02732-51324<br />

Wohnen<br />

Stellplätzen des Grundstücks sowie die Nachrüstung mit<br />

elektrischen Türöffnern ist förderungsfähig.<br />

„Auch ältere und pflegebedürftige Menschen wollen möglichst<br />

langfristig in ihrer Wohnung bleiben und bei Bedarf<br />

dort auch ambulant gepflegt werden. Sie sollten bei Bedarf<br />

diese Fördermöglichkeiten unbedingt in Anspruch nehmen<br />

bzw. sich darüber informieren“, rät der Seniorenbeirat.<br />

Wichtige Grundvoraussetzung für eine solche finanzielle<br />

Förderung ist die frühzeitige Beantragung vor Beginn<br />

der geplanten Baumaßnahme beim Kreis Siegen-Wittgenstein<br />

als zuständiger Bewilligungsbehörde. „Bei dieser investiven<br />

Maßnahme im Wohnbestand, die rund die Hälfte<br />

der entstehenden Umbaukosten als äußerst günstiges<br />

Darlehen gewährt, gibt es weder eine Einkommensgrenze<br />

noch eine Altersgrenze. Es erfolgt auch keine Eintragung<br />

des Darlehens in das Grundbuch oder eine Sozialbindung<br />

der Wohnung“, beruhigt Ute Heyde von der Kreisverwaltung<br />

alle diejenigen, die einer solchen staatlichen Hilfsund<br />

Fördermöglichkeit bisher aus Unkenntnis eher skeptisch<br />

gegenüberstanden.<br />

Dr. Horst Bach<br />

UNSERE HIGHLIGHTS IN <strong>2009</strong> - WÄRMSTENS ZU EMPFEHLEN!<br />

SA | 21.03. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />

Das Enfant Terrible<br />

der Comedy-Szene<br />

ist erstmalig zu<br />

Gast in Kreuztal,<br />

denn die Arschkarten<br />

werden neu gemischt,<br />

der Untergang<br />

droht! Doch<br />

Rettung naht:<br />

INGO APPELT<br />

„Der Retter der Nation“<br />

MO | 27.04. | 20h | Ev. Kirche Hilchenbach<br />

Jazz, Folklore, gregorianischer<br />

Chorgesang<br />

und weitere<br />

sakrale Musik<br />

- Klang von großer<br />

Leuchtkraft, reine<br />

Schönheit!<br />

LIVE-VIDEOÜBERTRAGUNG<br />

AUF DER EMPORE<br />

JAN GARBAREK &<br />

THE HILLIARD ENSEMBLE<br />

„Offi cium“<br />

SO | 22.03. | 17h | Stadthalle Kreuztal<br />

Ein Nachmittag Mozart<br />

pur unter der<br />

Leitung von Russell<br />

N. Harris und mit der<br />

Solo-Klarinettistin Nicola<br />

Jürgensen.<br />

GROSSE<br />

MOZARTGALA<br />

mit der<br />

Philharmonie Südwestfalen<br />

DO | 14.05. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />

Ihre Konzerte sind<br />

theamusikalisch, ihre<br />

Lieder musitralisch.<br />

Sie zersingt Bandbreiten,<br />

passt in keine<br />

Schublade. Immer<br />

spontan, immer anders.<br />

ANNAMATEUR &<br />

AUSSENSAITER<br />

„Bandaufstellung nach<br />

B. Hellinger“<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 9


Edgar Allan Poe<br />

Meister der Imagination – Mathematiker der Seele<br />

Edgar Allan Poe, eine<br />

herausragende Figur unter<br />

den amerikanischen<br />

Romantikern, kam aus<br />

dem Dunkel und verschwand<br />

nach 40 Jahren<br />

wieder in der Dunkelheit.<br />

Er ist nicht zu fassen, sein<br />

Werk aber ist und bleibt<br />

das Erstaunlichste, was<br />

die amerikanische Literatur<br />

hervorgebracht hat.<br />

Zu Lebzeiten eher umstritten<br />

als bekannt. Ame-<br />

Edgar Allan Poe<br />

rika war damals in seinen<br />

moralischen Vorstellungen nicht so weit, einen Literaten zu würdigen,<br />

der Fortschrittsglauben und Tugendterror verachtete und<br />

der Literatur jeglichen erzieherischen Anspruch absprach. Als<br />

Gelegenheitstrinker konnte der strauchelnde Außenseiter nur<br />

die Verachtung des amerikanischen Volkes verbuchen.<br />

Es war Baudelaire, ein Seelenverwandter, der ihn der<br />

völligen Versenkung entriss. Kafka kannte und Hitchkock<br />

liebte ihn.<br />

Literatur<br />

Edgar Allan Poe wurde am 19. Januar 1809 in Boston<br />

geboren. Er muss eine faszinierende Erscheinung gewesen<br />

sein: dunkles, fast schwarzes Haar, lang, hinter die Ohren<br />

gekämmt, graue, durchdringende Augen. Ein Herzensbrecher.<br />

Sein Vater verschwand früh, jung starben seine Mutter,<br />

seine Pflegemutter, die schöne Mutter eines Schulkameraden,<br />

in die er sich als 14-Jähriger verliebte, und jung<br />

starb seine zart-schöne Frau Virginia. Das Bild seiner schönen<br />

Mutter hat ihn nie losgelassen.<br />

Daher, vielleicht, sein transzendentaler Ästhetizismus,<br />

die innige Verstrickung zwischen Lebenden und Toten, der<br />

erotisierende Tod in seinen Liebesgeschichten, die Vision<br />

einer leeren Welt. Für ihn gab es nichts Wesentliches zu entdecken<br />

in ihr, das Abenteuer aber entspringt nur der Imagination.<br />

Dadurch sein spielerisches Erforschen des Jenseits,<br />

des Nichts, der Perversion, des Unbewussten. An banaler<br />

Wirklichkeit war Poe nur mäßig interessiert, ihm ging es<br />

um die Verschönerung der Welt, die Magie, mit der man die<br />

Realität verlässt, um sie zu ertragen. Er erschließt uns ein<br />

Universum der Angst, des Unheimlichen und des Grauens.<br />

Das Mystische lässt uns erahnen, dass die Entschlüsslung<br />

der Geheimnisse Zerstörung und Selbstauslöschung bedeutet.<br />

Die Erbsünde oder auch die menschliche Begabung zum<br />

Der Rabe<br />

Einst, um eine Mittnacht graulich, da ich trübe sann und traulich<br />

müde über manchem alten Folio lang vergessner Lehr,-<br />

da der Schlaf schon kam gekrochen, scholl auf einmal leis ein Pochen,<br />

gleichwie wenn ein Fingerknochen pochte, von der Türe her.<br />

„s` ist Besuch wohl, murrt ich, „was da pocht so knöchern zu mir her<br />

das allein, nichts weiter mehr.“<br />

Ah, ich kann’s genau bestimmen: im Dezember war’s, dem grimmen,<br />

und der Kohlen matt Verglimmen schuf ein Geisterlicht so leer.<br />

Brünstig wünscht ich mir den Morgen, hat umsonst versucht zu borgen<br />

Von den Büchern Trost dem Sorgen, ob Lenor wohl selig wär’<br />

Ob Lenor, die ich verloren, bei den Engeln selig wär –<br />

Bei den Engeln – hier nicht mehr –<br />

Und das seidig triste Drängen in den purpurnen Behängen<br />

Füllt, durchwühlt mich mit Beengen, wie ich’s nie gefühlt vorher;<br />

also dass ich den wie tollen Herzensschlag musst’ wiederholen:<br />

„s’ ist Besuch nur, der ohn’ Grollen, mahnt, dass Einlass er begehr´ –<br />

nur ein später Gast, der friedlich mahnt, dass Einlass er begehr’ –<br />

ja, nur das – nichts weiter mehr.“<br />

Augenblicklich schwand mein Bangen, und so sprach ich unbefangen:<br />

„Gleich, mein Herr – gleich meine Dame, um Vergebung bitt ich sehr.<br />

Just ein Nickerchen ich machte, und ihr Klopfen klang so sachte,<br />

dass ich kaum davon erwachte, sachte von der Türe her –<br />

doch nun tretet ein!“ – und damit riss weit auf die Tür ich – leer!<br />

Dunkel dort – nichts weiter mehr.<br />

Tief ins Dunkle späth’ich lange, zweifeln<br />

Träume träumend, wie kein sterblich Hi<br />

Doch die Stille gab kein Zeichen, nur ein Wo<br />

Durch die Nacht, das mich erbleichen ließ: da<br />

Selber sprach ich`s, und ein Echo murm<br />

Nur „Lenor“ – nichts we<br />

Da ich nun zurück mich wandte und mein<br />

hört` ich abermals ein Pochen, etwa<br />

„Ah, gewiss“ so sprach ich bitter: liegt’s<br />

Schaden tat ihm das Gewitter jüngst – j<br />

Schweig dann still, mein Herze, lass mich nach<br />

’s der Wind – nichts weite<br />

Auf warf ich das Fenstergatter, als he<br />

Schritt ein stattlich stolzer Rabe wie<br />

Grüßen lag ihm nicht im Sinne, keinen<br />

mit hochherrschaftlicher Miene flog<br />

setzt sich auf die Pallas – Büste überm<br />

flog und saß – nichts wei<br />

Doch dies ebenholzne Wesen ließ mein<br />

ließ mich lächelnd ob der Miene, die es m<br />

„Ward dir auch kein Kamm zur Gabe,“ sprach<br />

grauslich grimmer alter Rabe, Wandere<br />

sag, welch hohen Namen gab man Dir in<br />

sprach der Rabe, „Nimm<br />

10 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Literatur<br />

Bösen verhindern den Fortschritt. Die Abgründigkeit seines<br />

Menschenbildes – ein archaisches Ungeheuer – erinnert an<br />

Dostojewski.<br />

In seinen Erzählungen überschreitet er alle Grenzen,<br />

die des Raumes, der Zeit, der Vernunft und der menschlichen<br />

Individualität, erschließt uns damit Freiräume, die<br />

unheimlich sind. Die schwarze Seite der heutigen Kultur ist<br />

undenkbar ohne Poe. Seine morbiden Erzählungen haben<br />

mich, als junger Mensch, sehr angezogen. Er geriet dann<br />

für mich lange in Vergessenheit. In letzter Zeit habe ich<br />

mich öfter seiner erinnert und verfiel ihm aufs Neue. Das<br />

eigene Erleben, die Erkenntnisse, gesammelt im Laufe gelebter<br />

Jahrzehnte, bringen mich seiner Welt wieder näher.<br />

Seine unheimlichen Erzählungen und Gedichte haben mir<br />

nie Angst eingeflößt, ihre Schönheit hat mich davon abgehalten.<br />

Von seinen Werken möchte ich den berühmtesten Raben<br />

der Weltliteratur anführen, ein Gedicht, welches eine<br />

hypnotische Kraft besitzt. Er hat 10 Jahre lang daran gearbeitet.<br />

Ich lernte es in jungen Jahren auswendig. Der Rabe<br />

klopft lange vergeblich an die Scheiben der Bibliothek, bis<br />

der melancholische, ins Grübeln versunkene Nachtschwärmer<br />

ihn einlässt. Immer selbstquälerischer werden seine<br />

Fragen, bis hin zu der letzten, ob er seine Geliebte im Himmel<br />

wiedersehen werde. Natürlich nicht. Die Poe-Pointe,<br />

auf die der Leser atemlos wartet, besteht in der Erkenntnis,<br />

dass der Rabe kein Dämon ist, sondern die Trauer, die Untröstlichkeit<br />

und die Agonie des Genies verkörpert.<br />

Poe bietet uns den Vorgeschmack auf die fiebrige Kälte<br />

der modernen Literatur, die jedoch auch die Freiheit des<br />

modernen Menschen in sich trägt. Nichts auf der Welt entschädigt<br />

für die Sinnlosigkeit der Existenz.<br />

Eine völlig andere Perspektive bietet er uns in der Verkörperung<br />

des modernen Detektivs, Monsieur Dupont, der<br />

das Verbrechen und die Verzweiflung und selbst den Tod<br />

besiegt durch die Macht der Intelligenz, der Beobachtung<br />

und der Deduktion.<br />

Man kann den Blick werfen auf den „Roten Tod“, darin<br />

wird eine ganze Festtagsgesellschaft ausgelöscht, oder auf<br />

den unerschrockenen Dupont, Poes Werk enthält beides,<br />

den Abgrund und die Rettung.<br />

Edgar Allan Poe stirbt am 7. Oktober 1849 in einem<br />

Krankenhaus in Baltimore. Die Umstände, die zu seinem<br />

Tod führten, sind nie völlig geklärt worden, z.T. klingen unheimliche<br />

Geschehnisse an. Er liegt in Baltimore begraben,<br />

und auf seinem Grabstein ist ein Rabe in Stein gemeißelt.<br />

Ich habe diesen Bericht mit Begeisterung zusammengestellt<br />

aus diversen Abhandlungen über den Poeten, die<br />

anlässlich seines 200. Geburtstages in der Wochen-Zeitschrift<br />

„Die Zeit“ erschienen sind.<br />

Erika Krumm<br />

d, wieder seltsam bange.<br />

rn sie träumte je vorher;<br />

rt hin ließ sie hin streichen<br />

s Wort „Lenor?“ so schwer<br />

elte ’s zurück so schweriter<br />

mehr.<br />

Herz wie Feuer brannte,<br />

s lauter denn vorher.<br />

an meinem Fenstergitter<br />

a; so ich’s mir erklär, –<br />

sehn, dass ich`s mir erklär: –<br />

r mehr!“<br />

rein mit viel Geflatter<br />

aus Sagenzeiten her;<br />

Blick lang hielt er inne:<br />

empor zur Türe er –<br />

Türgesims dort – er<br />

ter mehr.<br />

Bangen rasch genesen,<br />

acht so ernst und hehr;<br />

ich, „so doch ernst Gehabe,<br />

r aus nächtger Sphär –<br />

Plutos nächtger Sphär?“<br />

ermehr.<br />

Grafik: Manfred Hübscher, Herford<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 11


Aus dem Siegerland<br />

Sagen aus dem Hickengrund<br />

Am Anfang der 90er Jahre wohnte ich in Holzhausen.<br />

Zusammen mit den Ortschaften Oberdresselndorf,<br />

Niederdresselndorf und Lützeln liegt Holzhausen im<br />

Hickengrund. Lützeln gilt als älteste der vier Ansiedlungen<br />

des Hickengrundes, die bereits in Urkunden des 9. Jahrhunderts<br />

Erwähnung finden. Die anderen Ortschaften wurden<br />

1349 erstmals urkundlich erwähnt. Die Einwohner des Hickengrunds<br />

wurden „Hicken“ genannt. Die Landwirtschaft,<br />

der Handel mit Hopfen und anderen Gütern und später der<br />

Bergbau prägten die Erwerbsstruktur der Dörfer.<br />

Die Geschichte der Hicken liegt im tiefen Dunkel. Zwei<br />

Heimatsagen erzählen über ihre Herkunft und Namen.<br />

Als die Berge des Hickengrundes noch mit wilden Urwäldern<br />

bedeckt waren, hauste auf der „Höhe“ ein mächtiger<br />

Riese, Wackebold geheißen. Er riß Bäume des Urwalds aus,<br />

um Menschen damit zu erschlagen, wenn sie in seine Nähe<br />

kamen. Niemand war mehr im Tale vor ihm sicher, denn<br />

Wackebold warf mit Basaltknorren von der Höhe, die wie<br />

Kugeln durch die Luft sausten. Die Steine rollten hinab bis<br />

in den Wetterbach. Die Bewohner des Dörfchen am Fuße<br />

der „Höhe“ verließen ihre Hütten, um im Nassauischen eine<br />

sichere Unterkunft zu suchen.<br />

Viele hundert Jahre blieb die Gegend menschenleer und<br />

der Riese wurde vergessen. Da kam eines Tages vom Westerwald<br />

her eine Männerschar: Hans Hick und seine sieben<br />

Söhne. Sie hatten durch eine Feuerbrunst Haus und Hof<br />

verloren und suchten eine neue Gegend. Die milde Gegend<br />

gefiel ihnen, aber Hans Hick war misstrauisch.<br />

„Mir ist nicht recht geheuer“, sagte er. „Meine Großmutter<br />

hat oft von einem Riesen erzählt, der hier hausen soll.“ „Unsinn!“<br />

rief der Jüngste. „Wer glaubt schon solche Märchen?“<br />

Er hatte kaum ausgesprochen, da prasselte ein gewaltiger<br />

Steinhagel auf die Wanderer, und der arme Heinz, von<br />

einer Basaltkugel am Kopf getroffen, sank tot ins Gras. Die<br />

anderen entkamen mit Mühe dem Unheil. In der Nacht trugen<br />

sie den Getöteten in die verfallene Kirche des Dörfchens.<br />

Hans Hick aber schwor dem Riesen bittere Rache. In<br />

dunkler Nacht pirschte er mit seinen Söhnen an den Unhold<br />

heran. Ein Schnarchen, das die Berge erzittern ließ, verriet<br />

ihnen, wo er schlief. Unerschrocken stieg Hans Hick auf<br />

die Stirn des Riesen und warf einen dicken Basaltbrocken<br />

in dessen aufgesperrten Rachen, an dem der Ruchlose jämmerlich<br />

erstickte.<br />

Dann schleppten die Männer die vom Riesen ausgerissenen<br />

Bäume ins Tal, zimmerten daraus Balken, und aus<br />

den Balken bauten sie Häuser. Dem Dorf, das so entstand,<br />

gaben sie den Namen Holzhausen. Das schöne Tal wurde<br />

später Hickengrund genannt. (Noch heute liegen einige von<br />

den Basaltbrocken, mit denen der Riese geworfen hat, in<br />

der Gegend umher, s.u.).<br />

Die tapferen Hicken aber spotteten den Furchtsamen,<br />

die aus Angst vor dem Riesen davongelaufen waren. Sie<br />

schalten sie Esel und nannten ihr Dorf, „der Eseln Dorf“.<br />

So soll der Name Dresselndorf entstanden sein.<br />

Noch heute liegen einige von den Basaltbrocken, mit denen<br />

der Riese geworfen hat, in der Gegend umher. Ranken<br />

und Strauchwerk umwuchern sie. Wackebold liegt oben am<br />

Großen Stein begraben. In stürmischen Nächten ächzt und<br />

knarrt es im Gebirge, als fände er im Grab keine Ruhe und<br />

streifte wieder durch die Wälder.<br />

Die zweite Sage erzählt über die Herkunft<br />

der Hicken folgendes:<br />

In grauer Vorzeit sind die Hicken aus dem fernen Osten<br />

eingewandert, wahrscheinlich als die Hunnen die Völker<br />

Europas durcheinanderwürfelten. Da kamen sie ins Tal des<br />

Weierbachs und ließen sich dort nieder. Um ihre Ortschaften<br />

zu schützen, legten sie um diese eine hohe Hecke an. Deren<br />

Dorngesträuch griff so eng ineinander und zeigte nach außen<br />

so spitze Wehr, dass kein Wolf es wagte, hindurchzukommen,<br />

und jeder Feind vorüberzog. So wohnten sie, unbelästigt<br />

von Mensch und Tier, in ihrem stillen Grund, bildeten für<br />

sich einen eigenen Gau, den sie Heggers- oder Hegen-Gau<br />

nannten und später der Hickengrund hieß.<br />

Die Hecken blieben bestehen bis zur Franzosenzeit. Als<br />

dann aber ein französischer General hier vorbeizog, ließ er<br />

die Hecken oder Hegen abhauen. Nun war der Hickengrund<br />

offen und mit der großen Welt in Verbindung. Seitdem haben<br />

die Hicken manches von ihrer Eigenart verloren.<br />

Eine andere Sage berichtet über einen außergewöhnlichen<br />

Vorfall, in dem die Bevölkerung des<br />

Hickengrundes sich siegreich gegen die Schweden im<br />

Dreißigjährigen Krieg wehrten.<br />

Der Große Stein in Holzhausen<br />

Hier ein Auszug aus dieser Sage:<br />

Als die Kunde in die stillen Talgründe kam, dass schwedische<br />

Truppen von Dillenburg her im Anzug waren, taten<br />

12 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Aus dem Siegerland<br />

sich die Dörfer des Grundes zusammen, vereinbarten, sobald<br />

der Feind in Sicht käme, sich gegenseitig durch Glockenzeichen<br />

zu verständigen und die Heimat zu verteidigen. In aller<br />

Stille bewaffnete man sich mit allem, was einem Bauer zur<br />

Verfügung stand. Nicht lange sollte man zu warten haben, bis<br />

die Zeit kam, da sie in Aktion treten sollten.<br />

Eines Tages drang vom Kirchlein in Holzhausen der<br />

Glockenschall in die umliegenden Ortschaften, zeigte das<br />

Nahen des Feindes an und rief die Bauern auf zum Schutz<br />

ihrer Dörfer. Vor dem Dorf scharten sie sich zusammen,<br />

mit Sensen und Dreschflegeln die einen, die anderen mit<br />

Spießen und Hellebarden bewaffnet. Und als vom Walde<br />

her die Feinde nahten, wurden sie von den Bauern blutig<br />

zurückgeschlagen. Gar schlimm sausten die Hellebarden<br />

auf die Körper der Gegner, gar grausam mähten die Sensen,<br />

und was sich allzu nah heranwagte, fiel unter derben<br />

Fäusten. Eiligst suchten die Schweden das Weite und kamen<br />

auch nicht wieder. So blieb der Hickengrund verschont<br />

dank der mannhaften Gegenwehr des Volkes, während der<br />

Burbacher Grund völlig ausgeplündert wurde.<br />

Diese Sage, in der uns die Gestalten der Befreier sieghaft<br />

und strahlend entgegentreten, könnten wir als „Heldensage“<br />

bezeichnen. Sagen erzählen von geheimnisvollen,<br />

fantastischen und manchmal auch grusligen Ereignissen<br />

aus vergangenen Zeiten. So z. B. die nachfolgende Sage,<br />

die ich in gekürzter Form wiedergebe:<br />

„Wilde Weiber“ im Hickengrund<br />

Auf den Höhen bei Oberdresselndorf, in den Hohlräumen<br />

zwischen den mächtigen Steinen einer Blockhalde, hausten<br />

die Wilden Weiber. Es waren kleine braune Gestalten mit<br />

zerzausten schwarzen Haaren und zum Fürchten hässlichen<br />

Gesichtern. Die umwohnenden Waldleute, arme Köhler und<br />

Schweinehirten, waren diesen Wilden hilflos preisgegeben,<br />

hatten sie ihnen doch alles zu liefern, was jene zu ihrem<br />

Unterhalt brauchten. Niemand stellte sich ihnen entgegen,<br />

denn jeder fürchtete ihre Zauberkünste und ihre Hexerei.<br />

Je ängstlicher aber die Dörfler waren, umso unverschämter<br />

und zudringlicher wurden die Weiber. Sie holten die Eier<br />

aus den Nestern, den Schinken aus dem Rauch, das Brot<br />

frisch aus dem Backofen und molken am helllichten Tage<br />

die Ziegen in den Ställen. Die Hofhunde zogen bei ihrem<br />

Herannahen kläglich winselnd den Schwanz ein, und selbst<br />

der Hirte, der doch mit allerlei Abwehrzauber vertraut war,<br />

wusste keinen Spruch, dieses zudringliche boshafte Geistervolk<br />

zu bannen. Eines Tages stahlen die Wilden Weiber<br />

im Dorf ein Schwein und verlangten noch dazu von den<br />

Bewohnern Töpfe und Tiegel, um es zu kochen. Das war<br />

zu viel der Unverschämtheit, und die Dörfler gaben ihnen<br />

Gefäße aus Holz statt eiserner Geräte. Die standen, als die<br />

Weiber Fleisch darin kochen und braten wollten, plötzlich<br />

in Flammen. Da schworen sie Rache und steckten eines<br />

Nachts alle Häuser in Brand.<br />

Die Bewohner zogen nach Norden und gründeten eine<br />

neue Siedlung, die sie Rinsdorf nannten. Die Wilden<br />

Weiber mussten nun zusehen wie sie durchs Leben kamen.<br />

Einige von ihnen taten es auf redliche Weise und ließen<br />

sich unweit in einem Dorf nieder, das den Namen Wilden<br />

bekam. Andere spukten noch viele Jahre in den Kammern<br />

und Gewölben der Blockhalde, die von den Leuten „Wildweiberhäuschen“<br />

genannt wurde.<br />

Es gehört zum Wesen einer Sage, dass sie nie restlos zu<br />

erklären ist und auf Dichtung und Wahrheit beruht. Spuren<br />

aus alter Zeit, die mit der Entstehung dieser Sagen zusammenhängen,<br />

sind auch heute noch vorhanden, so z. B. der<br />

Große Stein in Holzhausen, auffällige Naturgebilde aus Stein<br />

in Oberdresselndorf, die Wilde-Weiber-Leye genannt.<br />

Ich erinnere mich gerne an Holzhausen, an die schöne<br />

Landschaft, an die lieben Menschen, insbesonders an<br />

Familie Peter Ernst aus der Hoorwaldstraße, die mir in<br />

schweren Zeiten mit Rat und Tat beigestanden hat. Ich erinnere<br />

mich an die „Alte Schule“, in der ich gewohnt habe,<br />

und an ihre gegenüberliegende Kirche, deren Kirchtum<br />

von Weitem zu sehen ist und der mir immer ein Gefühl<br />

der Geborgenheit gab.<br />

Die „Alte Schule“ wurde 1769 fertiggestellt und diente<br />

jahrhundertelang als Dorfschule und in der letzten Zeit als<br />

Wohnung. Vor elf Jahren wurde das alte Fachwerkhaus<br />

restauriert und zu einem kulturellen Dienstleistungszentrum<br />

des Ortes<br />

eingerichtet.<br />

Vieles hat sich<br />

in Holzhausen<br />

verändert, aber<br />

die „Alte Schule“<br />

und die ihr<br />

gegenüberliegende<br />

Kirche<br />

stehen noch<br />

immer inmitten<br />

des historischen<br />

Dorfkerns von<br />

Holzhausen.<br />

Fünfzehn Jahre<br />

sind vergangen,<br />

seitdem ich Holzhausen<br />

verlassen<br />

habe und nach<br />

Siegen gekommen<br />

bin. Die Erinnerungen<br />

an eine<br />

schwere, aber<br />

doch schöne Zeit<br />

in Holzhausen Dorfkirche in Burbach-Holzhausen<br />

sind geblieben.<br />

Dorothea Istock<br />

Quellen: Gernhard Görnig, „Sagen aus dem Siegerland“<br />

2 Bilder: Heimatverein Burbach-Holzhausen<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 13


Klappern gehört zum Handwerk<br />

Nordic Walking für annähernd alle Generationen geeignet<br />

von Leif Arne Eickhoff<br />

Die Redaktion des durchblick bat mich, als „Fachmann“<br />

etwas über Sport im Alter zu schreiben. Mir fiel dazu<br />

natürlich sofort „Nordic Walking“ ein. Gern erfülle ich<br />

die Bitte und versuche nun, Sie, liebe Leserinnen und<br />

Leser, auf diese zunehmend beliebtere Sportart neugierig<br />

zu machen.<br />

Es ist halb zehn, als ich mein Motorrad vor dem kleinen<br />

Restaurant unweit des neuen „DSV nordic aktiv Walking<br />

Zentrum Niederrhein“ abstelle. Ich bin sehr gespannt was<br />

mich erwartet. Natürlich habe ich als Sportwissenschaftler auch<br />

ein berufliches Interesse, eigentlich bin ich aber neugierig auf die<br />

Menschen, die sich für einen Nordic-Walking-Kurs interessieren.<br />

Ich will wissen, wie die Aufteilung nach Geschlecht ist und in<br />

welchem Alter Teilnehmer sind und mutmaße schon, dass ich mit<br />

meinen 34 Lenzen wahrscheinlich der Benjamin sein werde. Von anderen<br />

Übungsveranstaltungen bin ich es gewohnt, dass in der Regel<br />

viel mehr Frauen als Männer an Sportkursen teilnehmen. Ich betrete<br />

also gespannt den Seminarraum, etwa 10 Personen sind bereits anwesend.Wie<br />

üblich im Sportbereich geht’s per Du. Pünktlich beginnt<br />

Sylvia, die Leiterin des Kurses, ihren Vortrag mit einer Kurzgeschichte,<br />

in der es um Nordic Walking geht. Während Sylvia erzählt,<br />

lasse ich meinen Blick durch die Runde schweifen, meine Angst<br />

aufzufallen war unbegründet. Die rund 20 Teilnehmenden bilden eine<br />

bunte Mischung aus Menschen aller Altersgruppen und beiderlei<br />

Geschlechts. In der anschließenden Vorstellungsrunde erfahre ich<br />

außerdem, dass auch sportlich gesehen alles vertreten ist, vom Bewegungsmuffel<br />

bis zu gesundheitsbewussten Ausdauersportlern.<br />

Ob das funktioniert, denke ich, aber Sylvia geht souverän weiter<br />

in ihrem Programm, sie zeigt wie man die richtigen Stöcke und<br />

die richtige Stocklänge auswählt; die allermeisten Teilnehmer haben<br />

keine eigenen Stöcke, und das ist auch gut so. Eine große Auswahl<br />

der unterschiedlichsten Stöcke liegt bereit, die während des Kurses untereinander<br />

ausgetauscht werden sollen. So können die verschiedenen<br />

Varianten und Längen ausprobiert werden. Der Praxisteil<br />

beginnt ganz leicht. Zuerst werden die<br />

Stöcke nur in den Händen<br />

getragen,<br />

Figur: Bärbel Breunig, Siegen, Tel. 0271-4853264 Bild: durchblick – Gottfried Klör<br />

14 durchblick 1/<strong>2009</strong>


um den richtigen Rhythmus zu finden. Anschließend<br />

wird das richtige gelenkschonende Abrollen<br />

der Füße geübt. Nachdem alle sich an das ruhige<br />

gleichmäßige Gehen gewöhnt haben und die Kursleiterin<br />

alle Fehler korrigiert hat, sind wir bereit,<br />

mit Stockeinsatz in einem langsamen Tempo loszugehen.<br />

Die Stöcke werden erst nur locker gehalten<br />

und schleifen hinterher. Sylvia geht ganz behutsam<br />

vor, Schritt für Schritt, und achtet darauf, dass jeder<br />

mitkommt. Danach wird erst mal Pause gemacht.<br />

Es gibt ein leichtes Mittagessen mit reichlich Salat,<br />

genau das Richtige, um sich beim Gehen wohlzufühlen.<br />

In der zweiten Unterrichtseinheit wird dann<br />

weiter an der Stocktechnik gefeilt, zuerst nur mit<br />

jeweils einer Hand, danach mit beiden. Jetzt wird mir<br />

klar, warum Sylvia uns in so vielen kleinen Schritten<br />

an die Bewegung herangeführt hat. Jeder kann<br />

jetzt selbstsicher laufen, alle fühlen sich gut und<br />

brennen darauf, endlich ausgedehnt zu gehen und<br />

sich auf die Bewegung einzulassen. Das Übungsgelände<br />

ist sehr abwechslungsreich, es gibt lange flache Strecken,<br />

Steigungen und Gefälle. Wo es notwendig ist, gibt Sylvia<br />

Tipps für optimales Laufen oder macht spielerische<br />

Übungen, um die Technik zu verbessern. Zum Abschluss<br />

des Kurses finden wir uns zusammen und besprechen noch<br />

einmal die Besonderheiten. Den zufriedenen Gesichtern<br />

nach zu urteilen war der Kurs für alle TeilnehmerInnen ein<br />

Erfolg. Auch ich war sehr zufrieden mit dem Erlebten. Immer<br />

stand die Bewegung,<br />

das Erleben und die<br />

Freude im Mittelpunkt<br />

und nicht der gesundheitliche<br />

Aspekt und die<br />

sportliche Wirkung auf<br />

den Organismus. Zu oft<br />

wollen uns Ärzte, Sportwissenschaftler<br />

oder<br />

Krankengymnasten in<br />

Zeitschriften, Magazinen<br />

oder in der Werbung überzeugen, allein aus gesundheitlichen<br />

Gründen Sport zu treiben. Aber mal ehrlich, wer von uns<br />

schafft es tatsächlich, regelmäßig und motiviert Sport zu treiben,<br />

nur weil er glaubt, dass er dann gesünder lebt? Müssen<br />

wir uns wirklich quälen aus Angst vor den Konsequenzen<br />

unserer vermeintlichen Faulheit?<br />

Wer täglich mit Sport zu tun hat, mit Menschen spricht,<br />

die sich regelmäßig bewegen, der gewinnt einen ganz anderen<br />

Eindruck. Gerade diejenigen, die regelmäßig Sport treiben,<br />

reden kaum von den gesundheitlichen Vorteilen.<br />

Wer sich von frühester Jugend bis ins hohe Alter bewegt,<br />

der tut dies meist aus Freude an Bewegung und dem dabei<br />

Erlebten. Das sind Menschen, die sich darauf freuen, bei<br />

einem Spaziergang die Sommersonne und die Winterkälte<br />

zu spüren. Oder es sind Menschen, die sich gerne mit anderen<br />

treffen und dann gemeinsam tanzen, Tai-Chi-Übungen aus-<br />

Überall anzutreffen: Nordic-Walking-Begeisterte<br />

Wer Schmerzen und Unwohlsein<br />

mit eisernem Willen überwindet,<br />

der tut nicht nur seinem Körper,<br />

sondern auch seiner Seele weh!<br />

führen oder sich im Wasser zu Musik bewegen. Diese Menschen<br />

kommen ganz ohne Bevormundung durch Gesundheits-Besserwisser<br />

zum Sport. Meine persönliche Erfahrung<br />

sagt mir, dass drei Dinge ausschlaggebend sind, damit Sport<br />

zu einem Genuss wird, auf den ich nicht verzichten will.<br />

Zunächst ist es wichtig, Bewegung frei von Angst zu genießen.<br />

Wer fürchtet sich zu verletzen, wer glaubt mit anderen<br />

nicht mithalten zu können und wer ganz allgemein denkt,<br />

dass es ohnehin bereits zu spät ist noch mit etwas Neuem zu<br />

beginnen, der hat schon, bevor er überhaupt beginnt, kaum<br />

eine Chance auf Entspannung<br />

und Freude.<br />

Jeder Mensch ist<br />

anders. Es kommt gar<br />

nicht so sehr darauf<br />

an, ob unsere Bewegung<br />

effizient zur<br />

Fettverbrennung oder<br />

geeignet zur Vorbeugung<br />

von Herz-Kreislauf-Problemen<br />

ist. Allein was unser Interesse weckt, was<br />

Spaß macht, was spannend und unterhaltsam ist, bekommt<br />

uns auf Dauer.<br />

Als Letztes sollte man seinen Körper nicht überfordern.<br />

Wer Schmerzen und Unwohlsein mit eisernem Willen überwindet,<br />

der tut nicht nur seinem Körper, sondern auch seiner<br />

Seele weh und verliert schnell die Lust.<br />

Gerade weil Nordic Walking so viel Freude bereiten<br />

kann, hat es sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren<br />

Volkssport entwickelt. Das Nordic Walking ist vielseitig<br />

und beinahe für jedes Alter geeignet. Geht man allein,<br />

erreicht man durch die gleichmäßigen Bewegungen schnell<br />

Ausgeglichenheit und einen Zustand der inneren Ruhe. Man<br />

erlebt die Natur in der Bewegung intensiver. Auch zu zweit<br />

oder in der Gruppe kann Nordic Walking viel Freude bereiten.<br />

Die Bewegung ist mit ein wenig Anleitung schnell<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 15


Sport<br />

Figur: Bärbel Breunig, Foto: Gottfried Klör<br />

Nicht alle Sportarten eignen<br />

sich gleich gut für den alternden<br />

Körper. Beim Radfahren ist besondere<br />

Vorsicht geboten. Die<br />

relativ hohen Geschwindigkeiten<br />

bergen ein besonderes Gefahrenpotenzial!<br />

Daher:<br />

Niemals ohne Helm aufs Rad!<br />

erlernbar und schon nach<br />

kurzem Üben läuft es sich<br />

fast wie von selbst. Ein<br />

Tempo, in dem man sich<br />

noch ohne Anstrengung<br />

unterhalten kann, ist ideal.<br />

Viele Nordic Walker<br />

treffen sich seit Jahren<br />

regelmäßig zum Laufen<br />

und pflegen ihre Freundschaften<br />

draußen an der<br />

frischen Luft, statt in der<br />

Konditorei bei Kaffee<br />

und Kuchen. Nach dem<br />

Gehen fühlt man, dass<br />

der ganze Körper angesprochen<br />

wurde. Viele<br />

Nordic Walker berichten,<br />

dass sie nach dem Laufen<br />

angenehm erschöpft sind und nachts besser schlafen.<br />

Es gibt kaum Gründe, die diesen Sport verhindern<br />

könnten. So eignet sich Nordic Walking z. B. auch für<br />

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn das<br />

Training richtig dosiert und angemessen ist. In diesem Fall<br />

ist es ratsam, mit einem Arzt die sportliche Betätigung ab-<br />

zustimmen. Sollte Nordic Walking nicht in Frage kommen,<br />

weil z.B. aufgrund von Übergewicht die Gelenke schmerzen<br />

oder weil andere triftige Gründe vorliegen, gibt es immer<br />

noch zahlreiche sportliche Alternativen.<br />

Ein heißer Tipp für Personen mit Gelenkproblemen und<br />

Übergewicht sind Sportarten, bei denen die Gelenke im<br />

Wasser entlastet werden. Durch den Auftrieb des Wassers<br />

fühlt man sich beweglich und befreit. Beispielsweise bietet<br />

sich Aqua Jogging für Menschen an, die gerne allein oder<br />

zu zweit mehr für ihre Bewegung tun möchten.<br />

Es gibt zahlreiche Kurse, in denen man zu Musik Wassergymnastik<br />

in der Gruppe erleben kann. Egal, welche<br />

Sportart man ausprobiert, es macht mehr Spaß, wenn man<br />

zu Anfang auf Hilfe und Anleitung zugreifen und Fragen<br />

stellen kann, weil nun einmal nicht immer alles auf Anhieb<br />

funktioniert. Dazu muss man nicht, wie ich es tat, ins<br />

Leistungssportcentrum nach Kleve fahren, gute Angebote<br />

gibt es auch in Siegen. Wer schon genug Erfahrung hat,<br />

aber lieber gemeinsam mit anderen Sport treibt, findet hier<br />

vielleicht den einen oder anderen interessanten Mitstreiter.<br />

Viele Sportgeschäfte und fast alle Sportvereine bieten Nordic-Walking-Kurse,<br />

oftmals auch speziell für Seniorinnen<br />

und Senioren, an. Auskünfte erteilt auch die Servicestelle<br />

„Leben im Alter“ unter der Tel.-Nr. 0271-4042208.<br />

16 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Das Jahr hat 365 Tage. Werktage, Sonntage, Feiertage.<br />

Einige davon sind bestimmten Menschen oder<br />

Organisationen zugedacht. Zwei der Bekanntesten<br />

sind Mutter- und Vatertag. Von einem ganz besondern<br />

Vatertag, der sich in meiner Familie zugetragen hat, möchte<br />

ich erzählen.<br />

Meine Tochter und mein Schwiegersohn sind prachtvolle<br />

Menschen und leben in einer glücklichen Ehe. Mein<br />

Schwiegersohn – passionierter Segler – macht seit vielen<br />

Jahren am Vatertag einen Segeltörn. Dieses Jahr sollte es<br />

aufs Ijsselmeer gehen. Die Crew war immer dieselbe und<br />

die Planungen liefen auf Hochtouren, als meine Tochter<br />

plötzlich und ohne jeden Grund nicht mehr mit dieser Reise<br />

einverstanden war. Es war nicht zu verstehen. All die<br />

Jahre zuvor gab es keinerlei Einwände. Sie gönnte ihrem<br />

Unterhaltung<br />

Gibt es Ahnungen?<br />

Eine unglaubliche Geschichte<br />

Mann dieses schöne Hobby und half sogar gerne bei<br />

den Vorbereitungen. Deshalb war es total unverständlich,<br />

wieso sie diese Reise vereiteln wollte. Sie bat<br />

ihren Mann, er möge doch einmal den Vatertag mit<br />

der Familie verbringen. Er konnte seine Frau absolut<br />

nicht verstehen, woher kam dieser Sinneswandel? Er<br />

gab ihr zu verstehen, dass er doch seine Freunde jetzt<br />

nicht im Stich lassen könnte und dass er auf jeden Fall<br />

fahren würde. Daraufhin wurde meine Tochter heftiger.<br />

Sie bat nicht mehr, nein, sie forderte seinen Verzicht.<br />

Die Fronten verhärteten sich. Es gab Krach, ja es kam<br />

zu einem richtigen Streit. Meine Tochter siegte! Ihr<br />

Mann blieb zu Hause! Natürlich mit schlechter Laune.<br />

So stand dieser Vatertag in der Familie unter keinem<br />

guten Stern. Man ging sich aus dem Weg. Keiner verstand<br />

den anderen, aber auch dieser Tag ging einmal zu Ende.<br />

Am nächsten Morgen beim Frühstück hörten sie eine<br />

Rundfunkmeldung, die den beiden den Atem stocken ließ.<br />

Der Sprecher sagte: „Gestern in den Abendstunden geriet<br />

ein deutsches Segelschiff mit acht Mann Besatzung<br />

in einen Sturm und sank. Es gab Zwei Tote und mehrere<br />

Verletzte.“<br />

Meine Tochter und mein Schwiegersohn waren wie<br />

gelähmt. Zwei tote Freunde und Kollegen!<br />

Was war in meiner Tochter vorgegangen, dass sie mit<br />

aller Kraft und unter allen Umständen ihren Mann von dieser<br />

Reise abhielt?<br />

Sie weiß es nicht, keiner weiß es, man kann es nicht<br />

erklären!<br />

Inge Göbel<br />

Der Kommentar<br />

Winterlicher Zauber – Open-Air-Vorstellung<br />

im Museum für Gegenwartskunst<br />

Die Mittwochsakademie bietet, u. a., Vorlesungen in Philosophie an, sie<br />

finden im Museum für Gegenwartskunst statt. Platznot, denn der Andrang<br />

der Gasthörer ist beachtlich. Frühes Anstehen, Kampf um einen adäquaten<br />

Sitzplatz, Ellenbogen werden auch ausgefahren. Beschwerden gingen an den<br />

Vorstand der Universität. Prof. Dr. Broer gab sich die Ehre und schaute vorbei.<br />

Aus erlauchtem Munde der einzige Vorschlag, den er anzubieten hatte, für mich<br />

die blanke Ironie: lüften, lüften, lüften. Zu diesem Behufe stellte er eigens eine<br />

Praktikantin ab. Sie reißt alle 10 Minuten die nach draußen führenden Glastüren<br />

auf, schließt, öffnet, schließt. Wir werden auf Eis gelegt, die Gedanken frieren<br />

ein. Ich bin, nach 1,5 Stunden, bis auf die Knochen durchgefroren. Gejammert<br />

wird auf niedrigem Niveau, gleichsam gekontert von den eingefleischten Frischluft-Fanatikern<br />

– typisch deutsch. Ich erhob dennoch Einspruch. Vorerst wird<br />

gemäßigt gelüftet, was, vielleicht, aber auch daran liegt, dass sich die Reihen<br />

etwas gelichtet haben, wetter- und urlaubsbedingt. Je nach Endergebnis werde<br />

ich an den Wintersemestern nicht mehr teilnehmen.<br />

Heute von Erika Krumm<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 17


Es war eine schlimme Zeit für das Siegerland und<br />

ganz besonders für die Randgebiete der großen Stadt<br />

Siegen und ihrer umliegenden Nachbardörfer. Beinahe<br />

allwöchentlich mussten die Zeitungen im Sommer und<br />

Frühherbst über die mit unglaublicher Dreistigkeit verübten<br />

Untaten der ruchlosen Schwarzkittel-Bande berichten. Auf<br />

der Suche nach Nahrung hatten randalierende Wildschweine<br />

im Schutze der Dunkelheit und unter völliger Missachtung<br />

des Strafgesetzbuches doch tatsächlich immer wieder<br />

schlecht geschützte Gärten und Rasenstücke umgegraben.<br />

„Schwarzkittel wüteten hemmungslos“, „19 Wildschweine<br />

gruben Garten um“, „Jäger befürchten Wildschweinplage“,<br />

„Jäger blasen zur Großjagd“ – so und so ähnlich lauteten<br />

die fetten Schlagzeilen der Intelligenz- und Käseblätter. Und<br />

kaum hatten die empörten Gartenbesitzer ihren verehrten<br />

Rasen wieder instand gesetzt, da kamen die weder Maß noch<br />

Ziel kennenden Borstenviecher erneut und gruben mit ihren<br />

kräftigen Rüsseln abermals den weichen Boden auf.<br />

Alle waren bestürzt. Die Grundstücksbesitzer sowieso,<br />

das Kreisordnungsamt von Amts wegen, die Jagdpächter<br />

mit schlechtem Gewissen, der Jagdschutzverband mit der<br />

eindeutigen Warnung vor einer sehr wahrscheinlichen Seuchenausbreitung.<br />

Am betroffensten indes schien der Herr<br />

Landrat. Auf allen Fotos sah man, wie er mit weit geöffnetem<br />

Mund und blitzenden Zähnen ob der Ungeheuerlichkeiten<br />

förmlich nach Luft rang.<br />

Die unheilvolle Suche der skrupellosen Bande nach Engerlingen,<br />

Würmern und Käfern durfte nicht unbeantwortet<br />

bleiben. „Abknallen!“ schrien die einen, „Niedermetzeln!“<br />

riefen die anderen. „Um die Ecke bringen!“ forderten diese<br />

und „Rübe abhacken!“ jene. „Aufknüpfen!“ meinten die<br />

schlecht Informierten und „Ausrotten!“ die Unbarmherzigen.<br />

Kurzum – für den rücksichtslosen und kaltblütigen<br />

Mundraub gepaart mit grob fahrlässiger Sachbeschädigung<br />

blieb als Forderung der mehr oder weniger Betroffenen für<br />

jedes Bandenmitglied nur eines: die Todesstrafe und die<br />

umgehende Vollstreckung derselben.<br />

Tierisch – Satirisch<br />

Wilde Wätze ante portas<br />

Wie sich zwei Borstentiere durch die Flucht der Hinrichtung entzogen<br />

Nordwestlich des Stadtzentrums befindet sich ein größeres<br />

mit Mischwald, teils aber auch mit Fichten bestandenes<br />

Waldgebiet. Weitab der menschlichen Behausungen<br />

dösten hier an einem schönen Herbsttag zwei Wildschweine<br />

in einem Gestrüpp. Sie hatten sich mit ihren Rüsseln Kuhlen<br />

gegraben und lagen in diesen recht gemütlich auf dem<br />

Bauch, die kurzen Beine so weit es ging nach vorne und<br />

hinten ausgestreckt. Das eine Borstentier war ein mächtiger<br />

Eber, der in den zwölf Jahren seines Erdendaseins schon<br />

viel erlebt hatte. Nach einem Kampf mit einem Artgenossen<br />

war das linke Ohr nur noch verstümmelt vorhanden, und<br />

die deutlichen Spuren eines Streifschusses auf dem Rücken<br />

zeugten davon, dass er auch schon Jagdglück gehabt hatte.<br />

Die ungemein langen Eckzähne im Unterkiefer sorgten dafür,<br />

dass nicht nur jeder Artgenosse ihm mit Vorsicht begegnete.<br />

Der ursprüngliche Name dieses Hünen war in Vergessenheit<br />

geraten, man nannte ihn allerorten nur „der Alte“.<br />

Eine Rangordnung musste nicht ausgehandelt werden, denn<br />

sein Kumpan war wesentlich kleiner, stellte in keiner Weise<br />

für den Riesen eine Gefahr dar und erfreute sich vor allem<br />

aus diesem Grund der Duldung. Er war vor zwei Sommern<br />

aus der Frankfurter Gegend eingewandert, konnte den dortigen<br />

Dialekt nicht ablegen und ähnelte wegen eines bei der<br />

Geburt erlittenen Schadens einem liegenden Krug. Deshalb<br />

und seiner Größe und Herkunft wegen wurde er weit und<br />

breit von den Schwarzkitteln „Bembelche“ gerufen. Eben<br />

hatte Letzterer verdächtige Geräusche gehört, wandte den<br />

Kopf in Richtung des Alten und sagte leise ...<br />

„Halt!“ schimpfen spätestens hier sicherlich wieder einige<br />

unserer Leser, die es einfach nicht glauben möchten,<br />

dass ein wildes Tier einen Namen hat und sprechen kann.<br />

Wer wird denn so kritisch sein? Was ist zum Beispiel mit der<br />

ganzjährigen und mit Zuckerstückchen auf der Fensterbank<br />

angestachelten Tätigkeit unseres lieben Freundes Adebar?<br />

Und mit was beschäftigt sich der nur einmal im Jahr fleißige<br />

Meister Lampe um die Osterzeit? Deren Passionen werden<br />

seit Jahrhunderten gegenüber Jüngeren immer wieder glaub-<br />

Wir haben viele gute Seiten...<br />

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18 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Tierisch – Satirisch<br />

haft versichert. Und vergessen werden dürfen in diesem Zusammenhang<br />

auf keinen Fall täglich grüßende Murmeltiere<br />

und auch nicht die leicht erregbare Mama Wutz, die doch sogar<br />

einem grasgrünen Urmel das fast akzentfreie Sprechen<br />

beibrachte. Na also, ihr ... – ihr ... – ihr Besserwisser!<br />

Also, Bembelche sagte leise zu dem Alten: „Ei,<br />

ich glaab, da kommt wer.“ Der Alte hob kurz den Kopf,<br />

Auch Aas und Abfall schmeckt den Allesfressern.<br />

lauschte, würdigte seinen Nachbarn indes mit keinem Wort<br />

und döste friedlich weiter. Der neugierige Kumpan freilich<br />

konnte nicht liegen bleiben, stand auf und wollte unbedingt<br />

wissen, wer wohl die Mittagsruhe störe. Es war ein anderthalbjähriges<br />

Mutterschwein, das mit einer zwölfköpfigen<br />

Kinderschar langsam durch die Büsche zog, unentwegt nach<br />

Leckereien suchend. Der schon etwas ältere Nachwuchs,<br />

dessen gelbe Längsstreifen kaum noch auszumachen waren,<br />

tollte umher, Einzelne sprangen einander auf den Buckel<br />

oder rannten sich gegenseitig um. Die junge Sau sah<br />

in dem mickrigen Hessen, dessen Schwänzchen frohgemut<br />

hin und her pendelte, keine Gefahr für ihren Nachwuchs. So<br />

griff sie nicht ein, als der Witzbold der übermütigen Kinderschar<br />

vorschlug, gemeinsam das bekannte Lied „Ein Eber<br />

wollte Hochzeit machen“ zu singen. Mit hellen Stimmen<br />

schrie der Chor kräftig die Weise. Es folgte das Lied vom<br />

Ferkel, das ganz alleine in die weite Welt gezogen war, und<br />

zum Schluss der beliebte Gassenhauer „Kein Schwein ruft<br />

mich an“. Danach überschlug sich die muntere Schar in eifrigem<br />

Bemühen, die freilich noch nicht allzu weit entfernte<br />

Mama einzuholen.<br />

Als Bembelche zum Alten zurückkam, wiederholte er<br />

betrübt einige Male noch die Liedzeile „Kai Sau indrissiert<br />

sich für mich“. Ja, das war sein Schicksal. Einige Male<br />

hatte er im jugendlichen Leichtsinn ganz und gar erfolglos<br />

versucht, sich in der Paarungszeit gegenüber kräftigeren<br />

Artgenossen durchzusetzen. Dabei hatte er sich unzählige<br />

Knüffe und zum Schluss den gutgemeinten Rat eingehandelt:<br />

„Ei, probier’s doch emal im Siecherland!“ Fast eine<br />

ganze Woche lang war er unterwegs gewesen und musste<br />

endlich feststellen, dass er vom Regen in die Traufe gekommen<br />

war. Die westfälischen Nebenbuhler waren noch<br />

um einiges kräftiger gebaut als die in der Maingegend. Da<br />

beschloss Bembelche, sich künftig aus allen Machtkämpfen<br />

herauszuhalten und sich stattdessen dem erfahrenen Alten<br />

anzuschließen, der den zu kurz Geratenen seiner Gewitztheit<br />

und seiner lockeren Sprüche wegen gerne unter seine<br />

Fittiche nahm.<br />

Am frühen Nachmittag suchten beide kurz eine nahe<br />

gelegene Schlammlache auf und suhlten sich in dieser.<br />

Der Schlamm kühlte und die unangenehmen Parasiten auf<br />

der Haut fanden rasch ihr feuchtes Grab. Es begann bereits<br />

zu dämmern, als der Alte sich erneut erhob und zu einer<br />

dicken Fichte trat. Er scheuerte an der groben Rinde zunächst<br />

mit kräftigen Bewegungen den nun festen Schlamm<br />

von dem Körperteil ab, in dem gewöhnlich die wenigsten<br />

Kenntnisse stecken. Danach folgte der Rest des Körpers,<br />

der Kleine tat es ihm gleich und endlich waren beide sauber<br />

und ausgehfertig. Ein mächtiger Hunger meldete sich hüben<br />

wie drüben und wollte gestillt werden. In ganz leichtem<br />

Trab setzte sich das ungleiche Duo in Bewegung.<br />

Unweit des Ruheplatzes befand sich ein von Bäumen<br />

und Sträuchern befreites Areal, an dessen Kopfseite die<br />

Grünröcke einen Hochsitz errichtet hatten. Der Platz lag<br />

ganz friedlich da, weit und breit war kein Lebewesen auszumachen.<br />

„Ei, wolle merr emal gugge, ob se frischen Mais<br />

hingeschüttet hawe?“ fragte der Kleine, doch da kam er<br />

bei dem Alten an den Richtigen. „Du bist wohl vom wilden<br />

Watz gebissen. Hast wohl schon vergessen, dass die<br />

Schießer alleine in diesem Jahr hier schon drei Mütter ermordet<br />

haben. Ganz zu schweigen von den anderen, die<br />

dran glauben mussten.“ Bembelche war erschrocken von<br />

der Heftigkeit des Alten, legte zum Zeichen seiner Unterwürfigkeit<br />

hurtig die Ohren an und behauptete forsch: „Ei,<br />

ich hab nur Schbass gemacht. Oder glaabst du, ich wollte<br />

als Lewerwörschtche ende?!“<br />

Dem Alten indes war der Spaß vergangen. Der Gedanke<br />

an die Getöteten, die er alle sehr gut gekannt hatte, brachte<br />

ihn ins Grübeln. Vor allem das Ende der erfahrenen Rotten-<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 19


Tierisch – Satirisch<br />

führerinnen hatte vieles in Unordnung gebracht, denn diesen<br />

oblag es, innerhalb ihrer Gruppe alles im rechten Lot zu<br />

halten. Eine der Hauptaufgaben war die Geburtenkontrolle.<br />

Die Chefinnen und deren Hormone bestimmten die Empfängnisbereitschaft<br />

aller Weibchen der Rotten. Nun fehlten<br />

sie und die Disziplin war völlig im Eimer. Junge Dinger<br />

bekamen schon als Einjährige Nachwuchs – und das nicht<br />

nur einmal im Jahr wie eigentlich üblich, sondern mitunter<br />

gleich dreimal.<br />

„Und dann wundern sich diese Menschen, wenn das unreife<br />

Volk in ihrer Umgebung Schaden anrichtet“, schimpfte<br />

der Alte vor sich hin, und Bembelche, der gleich wusste von<br />

was die Rede war, gab eifrig seinen Senf dazu: „Ei freilich, un<br />

am End heißt es widder, es gäb viel zu viele von uns. Dabei<br />

is es umgekehrt. Ei, es gibt viel zu viele Mensche. Un die<br />

Gribbel komme als immer näher, gell?“ Das gab dem Alten<br />

Wasser auf die Mühle: „Du hast recht! Überall wird noch eine<br />

Siedlung gebaut, auf jedem Fleckchen Ödland steht irgendwann<br />

eine Fabrik und die Suche nach Nahrung wird zunehmend<br />

schwieriger. Und wenn die Schießer mit ihren grünen<br />

Röcken und ihren Donnerrohren Futter über Futter für uns<br />

auslegen, so ist immer eine ganz üble Hinterlist dabei.“<br />

Inzwischen war es Nacht geworden. Im Gegensatz zu<br />

ihren jüngeren Artgenossen wussten beide recht gut, wo<br />

sie gefahrlos etwas für das leibliche Wohl tun konnten. In<br />

einigen morschen Fichtenstümpfen krabbelten leckere Insekten,<br />

die sie als Vorspeise vertilgten, dazu Käfer, Larven<br />

und auch einige Schnecken. Danach wurden die beiden<br />

Flanken eines Hohlweges mit den kräftigen Rüsseln um<br />

und um gegraben. Viele Engerlinge mussten dran glauben,<br />

das eine oder andere Mäuschen ebenfalls und eine Blindschleiche.<br />

Endlich wagten sie sich im Schutze der Dunkelheit<br />

ins Freie und wühlten am Ende eines Kartoffelfeldes<br />

Die Donnerbüchsen werden hervorgeholt – die Tr<br />

das Unterste nach oben. Der Schaden durch das Umwühlen<br />

schien höher als der Wert der wenigen gefressenen Kartoffeln.<br />

Dem Landwirt entstand durchaus kein Nachteil, denn<br />

die Entschädigung durch den Jagdpächter war deutlich<br />

höher als ihm ein Verkauf der Kartoffeln eingebracht hätte.<br />

Dennoch regte sich der Bauer am nächsten Tag mächtig<br />

auf und schimpfte so laut er nur konnte. Doch sein Gezeter<br />

galt nicht den Verursachern, sondern dem schießfaulen<br />

Jagdpächter. Nachdem die beiden Schwarzkittel auf dem<br />

Heimweg noch einen toten Hasen und einige Frösche vertilgt<br />

hatten, folgten als beliebtes Dessert unzählige Eicheln,<br />

die in einem älteren Eichenbestand den Boden über und<br />

über bedeckten.<br />

Ehe sie gesättigt ihr Lager aufsuchten und sich dem<br />

Schlummer hingaben, kam der Alte noch einmal auf das<br />

Thema des Abends zu sprechen: „Die Schießer tun so, als<br />

ob wir Ungeziefer wären, dass mit Stumpf und Stiel ausgerottet<br />

werden müsse. Dabei haben sie selbst dafür gesorgt,<br />

dass bei uns immer öfter die Ordnung nicht mehr stimmt.<br />

Lehre annehmen, das tun sie nicht. Sie haben ja Zaster. Und<br />

wer den hat, der hat ganz automatisch auch Sachverstand.<br />

Meine Vorfahren haben früher gesagt, die Menschen seien<br />

das böseste Raubzeug in der Natur. Wir müssten sie aber<br />

nicht bekämpfen, das machten die schon selber.“<br />

Es war ein paar Wochen später. Der erste Schnee war<br />

gefallen. Am frühen Morgen schon lag Unruhe in der<br />

Luft. Die Eichelhäher schrien was das Zeug hielt, andere<br />

Gefiederte stimmten mit ein. Als dann aber drei Rehe in<br />

höchstem Tempo am Lager der beiden Freunde vorbeirasten,<br />

wussten diese, dass sich etwas ganz Unerfreuliches<br />

anbahnte. Und schon erklangen aus der Ferne die Rufe der<br />

Treiber: „Hopphopp! Hopphopp!“ Dumpfe Schläge verkündeten,<br />

dass viele dicke Knüppel an die Bäume geschlagen<br />

wurden. Bembelche wollte sofort los, hinter den Rehen<br />

her und er rief: „Ei, merr mache uns als uff die Socke, was<br />

gibste, was haste!“ Doch der Alte bewies einmal mehr, dass<br />

er schlauer als sein Schützling war und sagte ganz ruhig:<br />

„Lass sie näher kommen. Genau da, wo du jetzt hin woll-<br />

20 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Tierisch – Satirisch<br />

test, stehen nämlich die Schießer. Also ist es<br />

besser, du bleibst hier und machst genau das,<br />

was ich auch mache!“<br />

Schon hörte man die ersten Schüsse knallen.<br />

Der Kleine konnte sich kaum noch beherrschen<br />

und trampelte immer unruhiger auf der Stelle.<br />

„Ei, häd ich doch blos damals die freie Schdell<br />

im Schdreichelzoo aahgenomme“, jammerte<br />

er einige Male. Endlich erblickten sie die nach<br />

Herzenslust lärmenden Treiber. Jetzt flüsterte<br />

der Alte: „Gleich rennen wir los. Da vorne<br />

zwischen diesen beiden hindurch.“ Sie waren<br />

schon auf gleicher Höhe, als die überraschten<br />

eibjagd beginnt Scheucher sie erspähten. Einer warf erbost seinen<br />

Knüppel hinter ihnen her, ein anderer band<br />

seinen Hund los, der nach den Worten „Bello,<br />

fass!“ auch gleich die Verfolgung aufnahm. Holderdipolder<br />

ging es durch Büsche und Sträucher, durch Fichtenschonungen<br />

und Haubergswald. Und sie rannten immer weiter<br />

wie die gesengten Säue, bis Bembelche endlich fix und fertig<br />

war und außer Atem krächzte: „Ei, mach sachte, ich glaab,<br />

mir hawe es geschafft.“ Der sie verfolgende Hund erwies sich<br />

trotz mutigen Gekläffs nicht als ernsthafte Bedrohung. Der<br />

Alte rannte ein paar Schritte auf ihn zu und zeigte ihm seine<br />

prächtigen Eckzähne. Da kniff Bello hurtig den Schwanz ein<br />

und trollte sich mit einem verlegenen Knurren von dannen.<br />

Weil eine weitere Verfolgung bei der Treibjagd nicht zu<br />

befürchten war, blieben sie bis zum Abend dort, wo sie gerade<br />

standen. Der Alte meinte lakonisch: „Wieder einmal<br />

Jagdglück gehabt!“ Und sein Fluchtgenosse befand: „Ei,<br />

jetzt müsse se als noch e bissi warde, bis se sache könne: Es<br />

Bembelche fand sei letzte Ruhe in des Schießers Tiefkühltruhe,<br />

gell?“ Danach legten sie sich hin und dösten ein wenig.<br />

Ulli Weber<br />

Der Osterhase<br />

von Helga Düringer<br />

Der Osterhase sitzt im Nest<br />

und wartet auf das Osterfest,<br />

die Eier malt er alle bunt<br />

und tut hier seine Freude kund.<br />

Er hat sie kreativ bepinselt<br />

und mit dem Schwänzchen froh gewinselt,<br />

geheimnisvoll hat er perfekt,<br />

wie jedes Jahr, sie gut versteckt.<br />

Wenn dann in der Osternacht<br />

lieblich die Natur erwacht,<br />

liegen dort im Ostermoos<br />

bunte Eier, klein und groß.<br />

Es heißt dann wieder, such und find‘,<br />

in jedem steckt doch noch ein Kind!<br />

Frohe Ostern!<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 21


Siegerlandhalle<br />

... live erleben!<br />

Donnerstag, Sonntag, 22. März 12. März <strong>2009</strong> <strong>2009</strong><br />

Sonntag, 22. März <strong>2009</strong><br />

DIE FLIPPERS<br />

LIVE ab 20:00 Uhr<br />

Freitag, 15. Mai <strong>2009</strong><br />

Donnerstag, 29.10.<strong>2009</strong><br />

BRUNNER &<br />

BRUNNER<br />

LIVE ab 20:00 Uhr<br />

Samstag, 31.10.<strong>2009</strong><br />

HELMUT LOTTI<br />

time to swing<br />

LIVE ab 20:00 Uhr<br />

MICHAEL<br />

WENDLER<br />

LIVE ab 19:30 Uhr<br />

KASTELRUTHER<br />

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LIVE ab 19:30 Uhr<br />

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Telefonischer Kartenservice:<br />

0271 5940-350<br />

Unterhaltung<br />

Mein Opa<br />

Eine Kindheitserinnerung<br />

Auf ihn trafen alle guten Eigenschaften zu. Bescheidenheit,<br />

Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Verlässlichkeit, Treue<br />

und ganz viel stille Liebe. Er starb mit 92 und arbeitete<br />

bis 75. Das war für ihn selbstverständlich. Er sprach nicht<br />

viel, und von sich erzählte er gar nichts. Erst nach seinem<br />

Tode fiel mir auf, wie wenig ich von ihm wusste.<br />

Er war einfach da und ich liebte ihn. Er nannte mich<br />

von Kind an „Ströppchen“. Ich weiß nicht was das bedeutet.<br />

Es war so, und gut! Opa hatte bis ins hohe Alter<br />

seinen Lebensrhythmus. Alles zu seiner Zeit und ohne<br />

viel Aufhebens. Sein Leben war von Stille bestimmt. Ein<br />

Auto besaß er nie, und ich glaube, er hat auch niemals<br />

jemanden um sein Fahrzeug beneidet. Ich habe Beine und<br />

kann laufen, sagte er, und so lief er eben. Er suchte auch<br />

nie große Menschenmengen und es wundert mich heute<br />

noch, dass er im Kriegerverein war. Einmal im Jahr wurde<br />

ein Fest gefeiert. Ein Festzug ging vom Rathaus die<br />

Kölner Straße herunter bis zur Eintracht. Die Herren elegant<br />

in schwarzem Anzug und weißem Hemd. Orden und<br />

Ehrenzeichen hefteten an der Brust. Weil die Kapelle in<br />

der Kölner Straße immer den Marsch „Alte Kameraden“<br />

spielte, war dieser Marsch für Opa nur der „Kölnersträßer“<br />

und in unserer Familie blieb er das bis heute.<br />

Als ich einmal bei Jüngst am Obergraben Vogelfutter<br />

holte, fragte mich Herr Jüngst: „Bist du nicht ein<br />

Ludes’chen?“ Als ich seine Frage bejahte, erzählte er mir,<br />

dass mein Opa sein Lebensretter sei. In der Schlacht vor<br />

Verdun sei er schwer verwundet worden und mein Opa<br />

hätte ihn aus den feindlichen Linien gerettet, sonst wäre er<br />

heute tot. Ich war sehr erstaunt, denn Opa hatte nie etwas<br />

davon erzählt. Als ich ihn einmal darauf ansprach, sagte<br />

er nur: Das war meine Pflicht. So war er eben. Nur kein<br />

Aufhebens um seine Person.<br />

Opa hatte einmal einen Schlaganfall. Seit der Zeit zitterten<br />

seine Hände. Ich kannte ihn gar nicht anders. Diese<br />

ewig zittrigen Hände waren aber sehr geschickt. Immer<br />

wenn ich in eine neue Schulklasse kam, war Opa für die<br />

neuen Bücher zuständig. Blaues Einbandpapier und weiße<br />

Aufklebeschildchen brachte er mit. Fein säuberlich band er<br />

die Bücher ein. Beschriften konnte er sie nicht. Das musste<br />

Mutti machen, dazu reichte seine Schrift nicht aus.<br />

Opa wohnte in einer ruhigen Seitenstraße, eine Lindenbaumallee.<br />

Wenn es Mai wurde, hatte Opa für mich eine<br />

besondere Freude bereit. Die Maikäfer! Er brauchte nur,<br />

wenn abends das Licht brannte, die Fenster zu öffnen, und<br />

sie flogen hinein. Er sammelte sie für mich und brachte mir<br />

die tollsten Exemplare, „Schornsteinfeger“, „Bäcker“ und<br />

„Müller“. Damit war ich in der Schule der King, denn Maikäfer<br />

waren gute Tauschobjekte. Hausaufgaben abschreiben<br />

habe ich dagegen am liebsten getauscht.<br />

Ein guter Freund Opas war Dr. h.c. Wilhelm Jung, den<br />

Opa nur den „hc“ nannte. Die beiden machten gemeinsam<br />

22 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Unterhaltung<br />

lange Spaziergänge. In der Siegener Zeitung war einmal<br />

ein Bericht über die beiden, mit Bild, unter dem Titel:<br />

„Zwei alte Knaben“. Das war selbst für meinen bescheidenen<br />

Opa eine tolle Sache.<br />

Er schnitt den Artikel aus und<br />

bewahrte ihn in seiner Brieftasche<br />

auf.<br />

Am Martinstag kam Opa<br />

schon morgens. Seine Augen<br />

strahlten mit meinen um die<br />

Wette, wenn er mir die leckere,<br />

frisch gebackene Martinsbrezel<br />

gab. Diese Tradition<br />

übertrug er auch noch auf<br />

meine Kinder, als er schon<br />

Urgroßvater war.<br />

Opa war Pfeifenraucher.<br />

Sein Tabak hieß „Welschenennester“.<br />

Etwas anderes kam<br />

nicht in seine Pfeife. Auch<br />

hier war er konsequent.<br />

Er hatte ein uraltes Tabakschneidbrett.<br />

Ein Erbstück<br />

von seinem Schwiegervater.<br />

Ich habe es heute noch. Darauf<br />

wurde der Tabak geschnitten<br />

und dann zwischen den Händen<br />

„gerömmelt“, bis er ganz<br />

fein war. Wenn Opa dann sein<br />

Pfeifchen stopfte, hatte er<br />

immer ein feines Lächeln im<br />

Gesicht, die Vorfreude auf den<br />

kleinen Genuss. Dann flackerte das Zündhölzchen auf<br />

und bald hüllte der süßliche Rauch des „Welschenennester“<br />

ihn ein. Sonntags nahm Opa ein ledernes Etui<br />

aus der Jackentasche und entnahm ihm eine gute Zigarre.<br />

„Alles zu seiner Zeit“ war sein Motto und dazu gehörte<br />

die Sonntagszigarre.<br />

Weihnachten bekam Opa immer Pantoffeln, beigeschwarz<br />

kariert, stets dieselben. Ich frage mich heute,<br />

warum wir so einfallslos waren, aber spätestens beim<br />

zweiten Weihnachtslied hatte<br />

Opa bereits die Pantoffeln<br />

an und strahlte. Er war so bescheiden<br />

und dankbar.<br />

Nachdem seine Frau, meine<br />

Oma, gestorben war, zog<br />

Opa in das Altenheim auf der<br />

Radschläfe um. Auch dort war<br />

er sehr beliebt. Alle nannten<br />

ihn Opa. Eines sonntags morgens<br />

spielte eine Musikkapelle<br />

vor dem Seniorenheim. Opa<br />

fragte den Dirigenten, ob sie<br />

auch den „Kölnersträßer“ spielen<br />

könnten. Der bejahte, und<br />

dann dirigierte Opa allen zur<br />

Freude den Marsch „Alte Kameraden“.<br />

Als Opa gestorben war,<br />

habe ich ihn geküsst. Im Leben<br />

eigentlich nie. Opa starb<br />

im März und als sein Sarg, mit<br />

Frühlingsblumen geschmückt,<br />

in die Erde sollte, gab es einen<br />

Stopp. Über Nacht hatte<br />

Der Marsch „Alte Kameraden“ war für Opa der ein starker Gewitterregen das<br />

„Kölnersträßer“<br />

Grab einfallen lassen. So stand<br />

der Sarg noch auf der Erde als<br />

wir gingen. Mir war es als würde<br />

er uns noch einmal winken. Voriges Jahr wurde das<br />

Grab eingeebnet, aber ich weiß noch genau wo es war und<br />

besuche ihn immer noch. Manchmal lege ich eine Blume<br />

auf die Stelle. Dann sagt er: „Ströppchen, das wäre doch<br />

nicht nötig gewesen.“ Ja, so war er, mein Opa.<br />

Inge Göbel<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 23


Die Kleinstadt lag in den frühen Abendstunden im<br />

versinkenden Sonnenlicht, das sich noch ein wenig<br />

im Schatten des neu erweiterten Balkons im<br />

Fenster spiegelte.<br />

Julia betrachtete stolz den Aufbau und stellte sich ihn<br />

mit vielen Blumenkästen geschmückt vor.<br />

Da der Balkon nun genau mit der Hauswand des Nachbarn<br />

abschloss und dieser eine Treppe zu seinem<br />

Teil bauen ließ, kam es ihr plötzlich in den Sinn,<br />

dass es für Einbrecher dadurch ein Leichtes wäre,<br />

bei Nacht und Nebel auf ihren Balkon zu steigen,<br />

um dann ganz einfach ihre Räumlichkeiten<br />

zu betreten. Doch der Gedanke verflüchtigte sich<br />

schnell, denn wer sollte es wirklich wagen bei<br />

Julia einzubrechen ...<br />

Unterhaltung<br />

Der Frauenflüsterer<br />

von Edith Maria Bürger<br />

Niemand war ihm bisher böse, den er besucht hatte.<br />

Und ganz besonders Frauen hatten es ihm angetan, die ins<br />

Schwärmen gerieten, wenn sie von ihm sprachen.<br />

Er sei groß und stattlich und äußerst charmant, sagte<br />

man. Seine Ausdrucksweise wäre von einer Art, der man<br />

sich nicht entziehen könnte. Und, wenn der Tisch reich gedeckt<br />

wäre, mit Putenfleisch, zartem Schinken oder leicht<br />

geräuchertem Fisch, dann würde er sich besonders erkenntlich<br />

zeigen. Und wenn man es zuließ mit ihm zu schmusen,<br />

dann würde einem Hören und Sehen vergehen.<br />

So geschah es, dass Julia eines Abends die Balkontür<br />

des Wohnzimmers öffnete, um einmal durchzulüften. Derweil<br />

begab sie sich in die Küche, um das Glas, aus dem sie<br />

am Abend einen guten Tropfen Wein genossen hatte, in die<br />

Spülmaschine zu setzen. Als sie sich wieder in Richtung<br />

Doch nun machte das Gespräch die Runde,<br />

dass schon bei einbrechender Dunkelheit ein<br />

männliches Wesen die Häuser umschlich, das im<br />

unbedachten Augenblick das Haus betrat, um mit<br />

köstlichen Speisen verwöhnt zu werden.<br />

Ein armer Obdachloser vielleicht. Und die<br />

Vermutung lag nahe, dass er gerade jetzt in der<br />

immer noch kühlen Jahreszeit ein warmes Plätzchen<br />

suchte. Aber, warum klingelte er nicht an<br />

der Haustür? Es wäre sicher der eine oder andere<br />

bereit, ihm eine warme Suppe zu geben. Nein,<br />

er schlich auf geöffnete Türen zu und setzte sich<br />

gleich in die Küche, um schnellstens bedient zu<br />

werden.<br />

Wohnzimmer bewegte, da stand er plötzlich vor ihr. Vor<br />

lauter Schreck bekam die junge Frau keinen Ton heraus,<br />

sondern starrte fasziniert auf dieses männlich Wesen. „Diese<br />

Augen, dieser Blick, diese wunderschöne, schwarzhaarige<br />

Gestalt, mit dem weißen Bart!“, dachte sie. Wortlos<br />

ging sie in die Küche zum Kühlschrank, nahm den besten<br />

Schinken heraus, um ihn in mundgerechte Stücke auf einem<br />

Teller zu zerkleinern und servierte dem Eindringling das<br />

Mahl reich verziert. Stumm machte er sich über die Köstlichkeit<br />

her und leerte den Teller in Windeseile.<br />

Autorenfoto<br />

Ruf<br />

von Inge Göbel<br />

Frühling, schöner Knabe, werd’ wach,<br />

komm heraus aus deinem Wintergemach,<br />

streck deine Glieder<br />

und gib uns wieder<br />

die Freude am Leben Tag für Tag.<br />

Gib der Erde die Kraft<br />

und den Bäumen den Saft,<br />

lass die Blumen blühen<br />

und die Schwalben ziehen.<br />

Lass die Sonnenstrahlen<br />

durch die Fenster malen.<br />

24 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Unterhaltung<br />

So wohl gesättigt kam er auf Julia zu und zeigte mit<br />

besonderen Zärtlichkeiten seine Dankbarkeit. Sichtlich<br />

gerührt nahm die junge Frau diese Art „Dankeschön“ zu<br />

sagen entgegen und führte den Eindringling zur Haustür.<br />

Still lächelnd verschloss sie die Tür. Während sie sich bereit<br />

machte, um sich zur Nachtruhe zu begeben, spukten ihr<br />

allerlei Gedanken durch den Kopf. Ich sollte das Ende des<br />

Balkons leicht erhöhen, um nicht noch einmal überrascht zu<br />

werden! Denn, wenn sie sich vorstellte, dass der Verführer<br />

unbemerkt das Haus betreten und er sich vielleicht am Morgen<br />

neben ihr im Bett wiederfinden könnte ... Nein, einen<br />

solchen Schock wollte sie sich ersparen!<br />

Ottfried Mießner<br />

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Also beschloss sie am nächsten Tag das Ende der Balkonbrüstung<br />

mit Reisigzweigen zu erhöhen, um all dem<br />

gewappnet zu sein. Später könnte sie ja immer noch etwas<br />

Stabileres anbringen. Doch sie hatte die Rechnung ohne<br />

dieses männliche Wesen gemacht, denn er unternahm am<br />

gleichen Abend den Versuch wieder auf den Balkon zu gelangen,<br />

was ihm auch gelang. Dieses Mal war die Tür verschlossen,<br />

und er traute sich wohl nicht mehr den gleichen<br />

Weg zurückzugehen.<br />

Nur durch Zufall hörte Julia ein merkwürdiges Klopfen<br />

an der Glastür und sie schaute nach. Voller Erstaunen<br />

nahm sie wieder das Wesen wahr, das sich ihr in der von ihr<br />

geöffneten Tür drängend in den Weg stellte. Schmunzelnd<br />

ging sie zum Kühlschrank und servierte ihm einen feinen<br />

Leckerbissen.<br />

Und wieder bekam sie ein zärtliches Dankeschön und<br />

diesen Blick, der ihr Herz erwärmte, als er, so still und<br />

heimlich wie er gekommen war, dann aber durch die geöffnete<br />

Haustür wieder in die Nacht entschwand.<br />

Zwischenzeitlich hatte die junge Frau einen Paravent auf<br />

dem Balkon aufgestellt, sodass niemand mehr von außen<br />

auf den Balkon gelangen konnte. Aber dieser Eindringling<br />

steht nun zu jeder Gelegenheit vor der Haustür, um so ein<br />

kleines Mahl zu bekommen.<br />

Und Julia lüftete inzwischen das umwobene Geheimnis<br />

in der nächsten Nachbarschaftsrunde und warnte mit verschmitztem<br />

Lächeln: „Mädels, seid wachsam, denn Kater<br />

Romeo schwächt alle Sinne!“ <br />

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Lass uns Lieder singen<br />

und die Kinder springen.<br />

Schau, wir sind bereit,<br />

für die schönste Zeit.<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 25


Die Dong – zwischen „Dommes“ und „donkel“<br />

Über den Ursprung der Bezeichnung für die Schnitte mit dem schmackhaften Aufstrich<br />

Unterhaltung<br />

Ein Bekannter aus Kaan-Marienborn, der im durchblick<br />

meinen Beitrag „Wie der Magolwes zu seinem<br />

Namen kam“ gelesen hatte, bat mich doch<br />

einmal zu untersuchen, woher das Wort „Dong“ kommt.<br />

Spontan sagte ich eine Nachforschung zu und war mir<br />

dabei sicher, dass es kein Kunststück sein dürfte, den Ursprung<br />

für die heimische Bezeichnung der mit Butter, Käse,<br />

Wurst oder Honig belegten Brotschnitte zu ermitteln.<br />

Zudem fiel mir während unseres Gesprächs ein, dass ich<br />

in einem Heimatjahrbuch irgendwann einmal etwas über<br />

das betreffende Wort gelesen hatte. Und tatsächlich fand<br />

ich bei der nachfolgenden Suche im „Heimatjahrbuch für<br />

den Lahn-Dill-Kreis 1996“ einen Beitrag mit dem Titel<br />

„Die Dung“. Als Verfasser (oder als Verfasserin) war R.<br />

Kuhlmann angegeben. Das mit einem festen Einband versehene<br />

Jahrbuch aus dem Nachbarkreis entspricht vom<br />

Inhalt her in etwa dem „Siegerländer Heimatkalender“, ist<br />

allerdings um einiges umfangreicher, weil auch die wichtigsten<br />

heimischen Begebenheiten des jeweils zurückliegenden<br />

Jahres enthalten sind.<br />

„Dong“ oder „Donge“ ist die Bezeichnung im Siegerland<br />

und im Wittgensteiner Raum, im nördlichen Teil unserer<br />

Heimat sagt man allerdings auch „Dung“.<br />

Ähnlich ist es im hessischen Nachbarkreis. Und<br />

wäre der oben genannte Schreiber in einer Gegend<br />

daheim, in der man „Dong“ sagt, dann wäre<br />

sein Beitrag vielleicht anders ausgefallen. Er<br />

beginnt wie folgt:<br />

„Der mundartlich gebrauchte Ausdruck<br />

,Dung‘ für ein geschmiertes Stück Brot hat schon<br />

bei manchem die Frage aufgeworfen, wie das<br />

Wort wohl zu deuten sei. Da sein Verbreitungsgebiet<br />

klein ist, wird es von den großen deutschen<br />

Wörterbüchern nicht gebraucht und aufgeklärt.<br />

Höchstwahrscheinlich ist das Wort von ,tunken‘<br />

abzuleiten. Hartes Brot tunkt man in Milch oder<br />

Kaffee.“<br />

Der Verfasser erläutert weiter die Tischsitten des Mittelalters<br />

und bringt Beispiele aus der Literatur, die belegen, dass<br />

das Eintunken des Brotes in eine Flüssigkeit durchaus üblich<br />

war. Freilich gehörte diese Praxis auch damals schon nicht zu<br />

den guten Sitten. So steht laut R. Kuhlmann in einem Gedicht<br />

mit dem Titel „Tischzucht“ aus dem Jahr 1645: „Das angebissen<br />

duncke auch nicht wider ein.“ Nachdem noch bemerkt<br />

wird, dass in einem Breitscheider Hexenprotokoll von 1629<br />

vermerkt ist, die Hexe habe das Gift in einer Dongen eingegeben,<br />

endet der Beitrag mit den Worten:<br />

„So gehen wir wohl nicht fehl in der Annahme, dass<br />

das uns Dorfgeborenen von Jugend auf so liebe und vertraute<br />

Wort ,Dung‘ ursprünglich ein in eine entsprechende<br />

Flüssigkeit getunktes Stück Brot bezeichnet hat und dass<br />

der Ausdruck dann auf jedes geschmierte Stück Brot übertragen<br />

worden ist.“<br />

Als Kind habe ich beinahe täglich gesehen, wie meine<br />

Großmutter das Brot in ihrem Kathreiner-Malzkaffee<br />

tunkte. Vor allem die hart gewordenen Krüstchen wurden<br />

so geweicht. Meine Mutter untersagte mir streng, es ihr<br />

gleichzutun. Das schlecht sitzende Gebiss der Oma sei<br />

der verzeihliche Grund für das Tunken, wurde mir vorgemacht.<br />

Der hessische Kollege wird es mir hoffentlich nicht<br />

übel nehmen, dass mir seine Erklärung dennoch etwas zu<br />

vordergründig erschien. Nun haben wir Siegerländer ja bekanntlich<br />

das große Glück, dass vor rund 70 Jahren Prof.<br />

Dr. Jakob Heinzerling und der unermüdliche Bibliotheksdirektor<br />

Dr. Hermann Reuter ein Wörterbuch über das heimische<br />

Sprachgut verfasst haben, in dem auch die Herkunft<br />

vieler Worte erläutert wird.<br />

Und so ist zwischen „Dommes“ und „donkel“ auch das<br />

Wort „Dong“ zu finden. Dessen Ursprung liegt – so ist zu<br />

lesen – im Hochmittelalter (etwa 1050 bis 1350) und damit<br />

schon viele Jahrhunderte zurück. Es ist die Zeit der<br />

Staufer und der Minnesänger. Das „Nibelungenlied“ und<br />

der „Parzival“ wurden in der mittelhochdeutschen Sprache<br />

geschrieben. Damals stand das Wort „tunge“ für „Dünger“<br />

26 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Unterhaltung<br />

bzw. „Düngung“. Nicht erwähnt wird im Siegerländer Wörterbuch,<br />

dass schon im Althochdeutschen (750 bis 1050)<br />

die Düngung „tunga“ hieß und dass man anstatt düngen<br />

„tungen“ sagte.<br />

Was aber hat die Düngung mit unserer Dong zu tun?<br />

Im mittelhochdeutschen Wörterbuch von Matthias Lexer<br />

steht, dass man das Wort „tungen“ (auch „dungen“ und<br />

„tongen“ geschrieben) bildlich damals<br />

auch für Stärkung bzw. Erquickung<br />

nutzte. Beispiele hierzu sind: „daz ist<br />

sines herzen tunge“ oder „daz leben wirt<br />

getunget“. Heinzerling/Reuter schreiben<br />

dann auch: „... das Wort hat siegerländisch<br />

nicht mehr die ursprünglichere,<br />

im hochdeutschen ‚Dünger‘ erhaltene<br />

Bedeutung. Das mittelhochdeutsche<br />

tunge ... hat ... eine bildliche Bedeutung<br />

‚Stärkung‘, ‚Erfrischung‘ entwickelt,<br />

welche die siegerländische Bedeutung,<br />

eigentlich ‚Düngung des Butterbrotes‘,<br />

erklärlich macht. Die ‚Düngung‘, der<br />

erfrischende saftige Brotaufstrich, dient<br />

dann zur Bezeichnung des Butterbrots<br />

selbst.“<br />

Auch wenn der Ursprung des Wortes<br />

„Dong“ für unsere heutigen Begriffe<br />

etwas „anrüchig“ daher kommt, muss<br />

man die im Siegerländer Wörterbuch<br />

gefundene Erklärung (die zudem durch<br />

die mittel- und althochdeutschen Wörterbücher<br />

gefestigt wird) als die einzig<br />

richtige ansehen. Lassen Sie sich Ihre<br />

stärkende und erfrischende Dong heute<br />

Abend oder morgen früh recht gut<br />

schmecken!<br />

Ulli Weber<br />

Dengong<br />

em Fre’joar<br />

Mier mochen emo en de<br />

earschde Abre’lldache en<br />

Sondachsnommedachs-<br />

Schbazi’ergang. Drai Schdonn sin m’r om<br />

“Kulmerich” en Frairebearch remgelaufe,<br />

ha det schea geärerde Haubearchsholz<br />

bewonnert, konnen de Schbazi’ergängrer,<br />

di os begänden, a de Fengern afzealn on<br />

ha fergäwens fersocht, de Fejjelche piffe<br />

ze hearn.<br />

Arich kalt woaret! Niks, awer och gar<br />

niks hoarde m’r. Aimo e bessje Gegnisder<br />

em Onnerholz. Zwai Rehe gräjen m’r<br />

ze se’ on en Has hebbde schwinn foar’da.<br />

A d’r Nordsitte log noch schnaisewis d’r<br />

Schne wo fresch geschrabbt, on en denne Isdecke zog sech<br />

gletzerich gre ewer d’r Önnerwäjjer.<br />

Om Haimwäch, oawerhalb fam Frailechtdreja’der sogen<br />

m’r fa wierem of d’r Schdrose wat läjje. A däm, wat do log,<br />

komen mier foarbi. Ech säde: „Dä Hebbel he kenn ech got<br />

foar de Blome br’uche“, d’rbi guckde ech so e bessje schäb<br />

fa onnerof zo d’m Minne hin. „Ech ha noch so en Perlondudde<br />

bi m’r, ob ech m’r fa däm do, wat do läjjt, wat doren<br />

do? Wat mainsde?<br />

Sall ech?“<br />

„Frou! Dat<br />

aine well ech<br />

d’r sä“, blarrde<br />

hä mech glich a,<br />

„ewerall kasde<br />

d’r de Peardsäbbel<br />

foar de<br />

Blome hoaln,<br />

nuer net ho on<br />

fa he oawe on<br />

da och noch en<br />

so ner duerchsechdije<br />

Dudde<br />

duerch d’r ,Ale<br />

Fläcke‘ schläbbe.<br />

On mech!“<br />

De Fre’joars<br />

dengong ha m’r<br />

da lenks läjje<br />

loase on sin d’r<br />

one duerch d’r<br />

„Ale Fläcke“<br />

nohaim gange.<br />

Gerda Greis<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 27


Unterhaltung<br />

bzw. „Düngung“. Nicht erwähnt wird im Siegerländer Wörterbuch,<br />

dass schon im Althochdeutschen (750 bis 1050)<br />

die Düngung „tunga“ hieß und dass man anstatt düngen<br />

„tungen“ sagte.<br />

Was aber hat die Düngung mit unserer Dong zu tun?<br />

Im mittelhochdeutschen Wörterbuch von Matthias Lexer<br />

steht, dass man das Wort „tungen“ (auch „dungen“ und<br />

„tongen“ geschrieben) bildlich damals<br />

auch für Stärkung bzw. Erquickung<br />

nutzte. Beispiele hierzu sind: „daz ist<br />

sines herzen tunge“ oder „daz leben wirt<br />

getunget“. Heinzerling/Reuter schreiben<br />

dann auch: „... das Wort hat siegerländisch<br />

nicht mehr die ursprünglichere,<br />

im hochdeutschen ‚Dünger‘ erhaltene<br />

Bedeutung. Das mittelhochdeutsche<br />

tunge ... hat ... eine bildliche Bedeutung<br />

‚Stärkung‘, ‚Erfrischung‘ entwickelt,<br />

welche die siegerländische Bedeutung,<br />

eigentlich ‚Düngung des Butterbrotes‘,<br />

erklärlich macht. Die ‚Düngung‘, der<br />

erfrischende saftige Brotaufstrich, dient<br />

dann zur Bezeichnung des Butterbrots<br />

selbst.“<br />

Auch wenn der Ursprung des Wortes<br />

„Dong“ für unsere heutigen Begriffe<br />

etwas „anrüchig“ daher kommt, muss<br />

man die im Siegerländer Wörterbuch<br />

gefundene Erklärung (die zudem durch<br />

die mittel- und althochdeutschen Wörterbücher<br />

gefestigt wird) als die einzig<br />

richtige ansehen. Lassen Sie sich Ihre<br />

stärkende und erfrischende Dong heute<br />

Abend oder morgen früh recht gut<br />

schmecken!<br />

Ulli Weber<br />

Dengong<br />

em Fre’joar<br />

Mier mochen emo en de<br />

earschde Abre’lldache en<br />

Sondachsnommedachs-<br />

Schbazi’ergang. Drai Schdonn sin m’r om<br />

“Kulmerich” en Frairebearch remgelaufe,<br />

ha det schea geärerde Haubearchsholz<br />

bewonnert, konnen de Schbazi’ergängrer,<br />

di os begänden, a de Fengern afzealn on<br />

ha fergäwens fersocht, de Fejjelche piffe<br />

ze hearn.<br />

Arich kalt woaret! Niks, awer och gar<br />

niks hoarde m’r. Aimo e bessje Gegnisder<br />

em Onnerholz. Zwai Rehe gräjen m’r<br />

ze se’ on en Has hebbde schwinn foar’da.<br />

A d’r Nordsitte log noch schnaisewis d’r<br />

Schne wo fresch geschrabbt, on en denne Isdecke zog sech<br />

gletzerich gre ewer d’r Önnerwäjjer.<br />

Om Haimwäch, oawerhalb fam Frailechtdreja’der sogen<br />

m’r fa wierem of d’r Schdrose wat läjje. A däm, wat do log,<br />

komen mier foarbi. Ech säde: „Dä Hebbel he kenn ech got<br />

foar de Blome br’uche“, d’rbi guckde ech so e bessje schäb<br />

fa onnerof zo d’m Minne hin. „Ech ha noch so en Perlondudde<br />

bi m’r, ob ech m’r fa däm do, wat do läjjt, wat doren<br />

do? Wat mainsde?<br />

Sall ech?“<br />

„Frou! Dat<br />

aine well ech<br />

d’r sä“, blarrde<br />

hä mech glich a,<br />

„ewerall kasde<br />

d’r de Peardsäbbel<br />

foar de<br />

Blome hoaln,<br />

nuer net ho on<br />

fa he oawe on<br />

da och noch en<br />

so ner duerchsechdije<br />

Dudde<br />

duerch d’r ,Ale<br />

Fläcke‘ schläbbe.<br />

On mech!“<br />

De Fre’joars<br />

dengong ha m’r<br />

da lenks läjje<br />

loase on sin d’r<br />

one duerch d’r<br />

„Ale Fläcke“<br />

nohaim gange.<br />

Gerda Greis<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 27


Besuch bei der Siegener Tafel<br />

„Ein Stück Brot, ein Lächeln, ein offenes Ohr …“<br />

Sein Dach über dem Kopf ist der Himmel. Oft wolkenfrei,<br />

manchmal bedeckt und immer weit weg.<br />

Und das Zimmer, das muss er nehmen wie es gerade<br />

kommt. Es ist immer draußen. Zwischen Bäumen,<br />

zwischen Backstein, zwischen Sträuchern, zwischen Menschen,<br />

die vorübereilen. Menschen, die ihm nicht zunicken,<br />

aber heimlich ein Auge auf ihn richten, flüchtig, rasch<br />

vorüber … und weg.<br />

Beispielsweise Franz. 66 Jahre. Wettergegerbt. Mit<br />

Wohnsitz mal hier, mal dort. Das Leben hat ihm nicht viel<br />

von der Sonnenseite gezeigt. Aber Knüppel, das hat es<br />

ihm zwischen die Beine geworfen. So viele, dass man sie<br />

schichten kann. Und Franz weiß: „Wenn du mittellos bist,<br />

dann wirst du einsam. Dafür gibt es viele Gründe. Der<br />

wichtigste: Du ziehst dich von den Menschen zurück, weil<br />

du dich schämst. Du bist halt kein Normalfall mehr.“ Aus<br />

der Norm gepurzelt, gestrauchelt, aus der Bahn geworfen,<br />

Platte machen, es reicht vorne und hinten nicht, ausgespuckt<br />

von der Gesellschaft – arm! Und Franz weiß: Arm sein, das<br />

ist nicht nur ein Zustand, das ist ein Makel. Einmal in der<br />

Woche blüht Franz auf: „Immer dann, wenn ich zur Siegener<br />

Tafel gehe.“ Da verliert er die Scheu, oder wie Franz<br />

sagt: „Da bist du noch mal Mensch.“ Tatsächlich: Essen<br />

und Schicksale werden geteilt. Man kennt sich. Am großen<br />

Tisch der Siegener Tafel,<br />

da sind sie alle gleich. Es<br />

geht hier nicht nur darum,<br />

materielle Bedürfnisse zu<br />

befriedigen, sondern: Man<br />

kennt sich, spricht miteinander<br />

– das tut der Seele gut.<br />

Da macht keiner dem anderen<br />

etwas vor. Warum auch!<br />

Not sorgt für eine gewisse<br />

Gleichschaltung. Franz ist<br />

einer von rund 600 Bürgern,<br />

die an diesem Tag die<br />

Dienste der Tafel in Anspruch<br />

nehmen.<br />

Sybille Klein, Tafel-<br />

Franz: „Die Tafel ist ein<br />

Mitarbeiterin und zuständig<br />

Segen für die Betroffenen.“<br />

für Öffentlichkeitsarbeit:<br />

„Zu uns kann jeder kommen.<br />

Wir versorgen an der Ausgabestelle Weidenau wöchentlich<br />

über 3000 Menschen. Dazu zählen Sozialhilfeempfänger,<br />

Obdachlose, Arbeitslose, Alleinerziehende, Kinderreiche,<br />

Asylbewerber Asylanten, Rentner und andere Bedürftige.<br />

Versorgt von uns werden auch soziale Einrichtungen. Beispielsweise<br />

Frauenhaus Alf (Alternative Lebensräume für<br />

Mütter und Kinder in Not), Übernachtungshäuser usw.“<br />

Über 100 ehrenamtliche Helfer der Tafel stehen an der Front<br />

im Kampf gegen die Not, im Kampf gegen den Hunger.<br />

Gesellschaft<br />

„Gott sei dank“, sagt Sybille Klein, „stiften über 90 Läden<br />

in der Hauptsache Lebensmittel.“ Und: „Großmärkte stellen<br />

an vier Wochentagen Waren für uns zusammen.“ Die Ehrenamtlichen<br />

spucken in die Hände. Da wird Knochenarbeit<br />

geleistet, in der Einrichtung Hammerwerk Nr. 1 (Weidenau)<br />

– ein stillgelegtes Betriebsgelände mit Gebäude dient heute<br />

der Tafel als Ausgabe- und Sammelstelle. Platz für ein<br />

kleines Büro (bei dem großen Verwaltungsaufwand muss<br />

das sein!). Dafür legt der Tafelvorstand jeden Monat 500<br />

Euro Miete auf den Tisch.<br />

Wie der Vorstand dem durchblick erläuterte, sind „etwa<br />

70 000 Euro übers Jahr notwendig, um alle anfallenden<br />

Kosten zu finanzieren“. In diesen erklecklichen Posten fallen<br />

u. a. die erwähnte Miete, Bürokosten, Strom und Heizung,<br />

Versicherungsbeiträge, Unterhaltung von drei Kühl-<br />

Transportfahrzeugen usw. All diese Kosten werden über<br />

Mitgliedsbeiträge und Spendengelder finanziert. Auf diese<br />

Zuwendungen ist die Tafel dringend angewiesen. So richteten<br />

die Verantwortlichen zum Jahreswechsel einen dringenden<br />

Appell an die Öffentlichkeit: „Bitte unterstützen Sie<br />

uns auch im kommenden Jahr, denn die verflixte Armut will<br />

kein Ende nehmen.“ Im Gegenteil: Es wird schlimmer. Die<br />

wirtschaftliche Entwicklung schaltete auch bei der Tafel<br />

die Alarmglocken auf Sturm! Wer der Tafel unterstützend<br />

unter die Arme greifen möchte, kann das (natürlich gegen<br />

Spendenquittung) tun. Hier die Bankverbindung: Sparkasse<br />

Siegen, Kontonummer: 3007<strong>01</strong>63, Bankleitzahl: 460 500 <strong>01</strong>.<br />

Die Siegener Tafel besteht seit zehn Jahren. Als 87. Tafel<br />

bundesweit wurde sie unter dem Krönchen gegründet. In<br />

der Republik bestehen heute über 800 Tafeln. Natürlich waren<br />

die Anfänge in Siegen bescheiden. Sybille Klein: „Am<br />

Anfang stand die Idee, Menschen zu helfen. Aber, was ist<br />

aus diesem kleinen Anfang alles entstanden!? Immer mehr<br />

Menschen stießen zu unserer Einrichtung. Menschen, die<br />

sich für unsere Idee begeisterten und zur Mitarbeit bereit<br />

waren. Lebensmittelhändler stellten Waren zur Verfügung,<br />

weitere Spender und Unterstützer aus der Stadt und dem<br />

Umland stellten sich in den Dienst unseres Projektes.“ Und<br />

heute? Sybille Klein sieht das so: „Ja, heute ist die Tafelarbeit<br />

mit 106 Ehrenamtlichen nicht mehr aus dem sozialen<br />

Gefüge unserer Stadt wegzudenken. Nicht nur, dass wir<br />

Menschen in Not Lebensmittel zur Verfügung stellen, sondern<br />

wir haben für viele Menschen einen Ort der Hoffnung<br />

geschaffen.“ Und genau das empfindet Franz, wenn er sagt:<br />

„Da werden Essen und Schicksale geteilt.“<br />

Zitat aus einer Veröffentlichung der Tafel:<br />

„Einem anderen geben, was er braucht.<br />

Ein Stück Brot, ein Lächeln, ein offenes Ohr.<br />

Jetzt – nicht irgendwann.“<br />

28 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Gesellschaft<br />

Treffender kann es kaum gesagt werden.<br />

Nur drei Zeilen, aber: ein Leitgedanken-Fundament,<br />

auf dem sich alles installiert.<br />

Nicht nur, dass in der Ausgabestelle Hammerwerk<br />

wöchentlich Tausende ihre Lebensmittel<br />

erhalten, zusätzlich versorgt die Siegener<br />

Tafel regelmäßig auch folgende Außenstellen:<br />

den ökumenischen Tisch in Hilchenbach, den<br />

Netphener Tisch, Alf – Alternative Lebensräume<br />

für Mütter und Kinder in Not, das Kinder-,<br />

Jugend- und Familienzentrum Ypernstraße Siegen,<br />

das Siegener Frauenhaus (nach Absprache),<br />

den Mittagstisch für Kinder auf dem Siegener Heidenberg.<br />

Außerdem: Pausenbrote für die Schüler einer Siegener<br />

Förderschule. Dazu: Die Betzdorfer und die Neunkirchener<br />

Tafel werden regelmäßig mitversorgt.<br />

Der Bedarf an Lebensmitteln ist gewaltig. Kein Wunder:<br />

Mehr als insgesamt 4000 bedürftige Kinder, Jugendliche, Erwachsene<br />

(inklusiv Rentner) werden im relativ großen Einzugsbereich<br />

der Siegener Tafel einmal wöchentlich versorgt.<br />

Voraussetzung für alle ist der sogenannte Tafel-Ausweis, der<br />

nach schriftlichem Nachweis der Bedürftigkeit ausgestellt<br />

und bei jeder Lebensmittelausgabe kontrolliert wird. Anders<br />

geht es nicht. Mit den Tafel-Kühl-Transportern werden die<br />

gespendeten Waren von montags bis einschließlich donnerstags<br />

eingesammelt. Ein schweißtreibender Job. 36 Männer<br />

fahren, sammeln und schleppen im Dienst eines großartigen<br />

sozialen Engagements. – 70 Frauen sortieren und verteilen<br />

die Lebensmittel. Wie gesagt: alles ehrenamtlich!<br />

Wenn man bedenkt, dass die rund 800 in der Republik<br />

arbeitenden Tafeln rund eine Million Menschen mit Lebensmitteln<br />

versorgen, ist daran unschwer zu erkennen, dass<br />

Armut in Deutschland kein Randphänomen, sondern für<br />

eine große Zahl bundesdeutscher Bürger zu bitterer Realität<br />

geworden ist. Kampf gegen Armut als zentrales Problem.<br />

Die in diesem Bericht genannten Zahlen sprechen eine<br />

eigene und traurige Sprache. Sprechen von Hoffnungslosigkeit,<br />

oft von besseren Zeiten. Tränen versalzen manches<br />

Wort. Scham schwappt aus den Tiefen der Gefühlswelt an<br />

die Oberfläche. Blicke tasten den Himmel ab. Als stehe die<br />

bessere Zukunft in den Sternen. Oder in Wolkenkuckucksheim.<br />

Der Alte mit der Schiebermütze murmelt: „Ob das<br />

noch mal besser wird?“<br />

Die Frau steht in der Ausgabeschlange.<br />

Geduldig. Einen Korb<br />

hat sie in der Hand. Der ist groß.<br />

Die Frau hat acht Kinder: „Gut,<br />

dass ich hier etwas bekomme.<br />

Nicht so einfach hier zu stehen.<br />

Schamgefühle, verstehen Sie.“<br />

Wir verstehen. Und weiter: „Es ist<br />

wirklich gut, das hier. Trotzdem<br />

reicht es kaum für alle. Hoffe, es<br />

gibt viel Obst, das ist gesund. Verteile<br />

das wenige immer so, dass<br />

Sybille Klein (re.) überprüft den neuen Wareneingang in den<br />

Räumen der Siegener Tafel.<br />

ENTDECKE DIE OBERSTADT:<br />

HISTORISCHE ALTSTADT • KÖLNER STRASSE<br />

ALTE POSTSTRASSE • KRÖNCHENCENTER<br />

LÖHRSTRASSE • MARBURGER STRASSE<br />

MARBURGER TOR: ALLES GANZ OBEN!<br />

kein Kind benachteiligt wird.“ Ein Korb für sie selbst,<br />

ihren Mann und acht Kinder. Da ist sie mit dem Verteilen<br />

schnell durch.<br />

Sie hat drei Kinder. Mit der Ehe hat es nicht mehr hingehauen.<br />

Geschieden ist sie. Viel sagt sie nicht. Nur: „Das<br />

ist die einzige Stelle, die mir hilft.“ Ihre Hand zeigt auf ein<br />

Fenster der Tafel-Ausgabestelle. Fünf sind noch vor ihr,<br />

dann ist sie dran. Endlich.<br />

Dann noch mal Franz. Der Exot mit dem Käppi. Sie<br />

kennen ihn fast alle. Und: Sie mögen ihn. Der Franz kann<br />

gut erzählen. Nicht immer tut er das, aber oft. So wie heute.<br />

Und sie hören ihm zu. Auch der durchblick-Journalist. Und<br />

Franz sagt: „Nun ja, ich lebe von der Grundsicherung oder<br />

wie das heißt. Früher nannte man das einfach ,Stütze‘. Große<br />

Bedürfnisse habe ich nicht. Wie auch?! Das Geld reicht<br />

vorne und hinten nicht. Wie ein zu kleines Hemd. Irgendwo<br />

ist es immer zu kurz. In der Bundesrepublik muss niemand<br />

verhungern. Du musst dich aber überwinden, um Hilfe zu<br />

bitten.“ Hans schiebt die Kappe in den Nacken: „Zuvor<br />

musst du natürlich wissen, wo du Hilfe bekommen kannst.<br />

Du musst dich informieren. Viele Informationen taugen<br />

nichts. Aber, es sind gute dabei. Die sind Geld wert. Ich<br />

sag dir was: Mit der Zeit kriegst du schnell heraus, welche<br />

Informationen du sofort auf den Müll werfen kannst. Die<br />

guten, die speichere ich hier…“ Er tippt sich an die Stirn:<br />

„Hier…“ Einige nicken. Ihre Zustimmung gehört Franz,<br />

den das Leben ziemlich zerrupft hat. Aufgeben tut er nicht.<br />

Er beißt sich wieder ein paar Tage durch mit dem, was er<br />

heute bei der Tafel bekommt.<br />

Maria Anspach und Dieter Gerst<br />

DA RAUF<br />

KOMMT<br />

JEDER!<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 29<br />

vhs Siegen


William Shakespeare beschreibt in seiner Komödie<br />

„Wie es Euch gefällt“ sieben Altersstufen des Menschen<br />

und endet mit der düsteren Prognose: „Der letzte Akt, mit<br />

dem die seltsam wechselnde Geschichte schließt, ist zweite<br />

Kindheit, gänzliches Vergessen.“ Da scheint vorausgenommen,<br />

was Jahrhunderte später jenseits von aller Poesie gnadenlos<br />

auf einen Begriff reduziert wird: Demenz. Die Silbe<br />

de = weg, mens = Geist, Verstand (lateinisch).<br />

Der Geist hat seine Schaltstelle im Gehirn, dem facettenreichsten,<br />

komplexesten der menschlichen Organsysteme,<br />

in dem Milliarden Nervenzellen funktionsgerecht<br />

miteinander verknüpft sind. Die kognitiven Fähigkeiten:<br />

Denken, Lernen, Erkennen, Sehen, Erinnern, Bewusstsein<br />

entstehen durch solche Kontakte und Verbindungen. Demenz<br />

ist der Oberbegriff für eine Krankheit, bei der höhere<br />

Hirnfunktionen der Zellen als Folge einer Hirnschädigung<br />

gestört sind.<br />

Und ebenfalls gestört sind dann Denken, Erinnern,<br />

Sprache, Wahrnehmung, Orientierung und die Logik von<br />

Handlungsabläufen. Der Werdegang der Krankheit auf<br />

ihrem Weg in ein Vakuum ohne Vergangenheit und Zukunft<br />

scheint festgelegt. Die Wissenschaft weiß derzeit noch<br />

nicht weiter.<br />

Mein Besuch in der im Januar 2007 in Hilchenbach-<br />

Helberhausen eröffneten „Wohninsel Abendfrieden“, ein<br />

Heim speziell für Demenzkranke, galt der Recherche für<br />

einen Bericht in unserer Seniorenzeitung.<br />

Das einladend freundliche Gebäude am Fuß des Rothaargebirges<br />

gehört organisatorisch als eigene Einheit zum<br />

benachbarten, privat geführten Alten- und Pflegeheim Haus<br />

Abendfrieden, das im Jahr 20<strong>01</strong> sein 50-jähriges Bestehen<br />

Leben<br />

Wohninsel<br />

„Ver-rückt“ sein dürfen im geschützten Raum<br />

Gemeinsames Singen im „Lebensraum“<br />

gefeiert hat. Im Empfangsgespräch mit Anne Alhäuser, die<br />

seit über 20 Jahren im Stammhaus tätig ist, erfahre ich, dass<br />

schon lange vor der Gründung der Wohninsel der Plan des<br />

Pflegeteams gereift war, die verwirrten Bewohner, darunter<br />

in überwiegender Mehrzahl mit der Diagnose Alzheimer-<br />

Demenz, getrennt außerhalb des Heims zu betreuen. Dazu<br />

hatten Überlegungen geführt, dass das Krankheitsbild Demenz<br />

eine besondere Betreuung verlange und die Konfrontation<br />

mit den gesunden Bewohnern ständige Konflikte zur<br />

Folge habe. Nach langen Bestrebungen im Vorfeld war es<br />

dann so weit: Der Inhaber und Leiter des privat geführten<br />

Hauses Abendfrieden, Guido Fuhrmann, konnte die Wohninsel<br />

ihrer Bestimmung übergeben.<br />

Ich hatte Angst vor der Konfrontation mit einem tragischen<br />

„letzten Kapitel Leben,“ einem erschreckenden,<br />

aussichtslosen Schicksal, das jeden treffen kann. Aber diese<br />

Angst vor „gänzlichem Vergessen“ blieb aus.<br />

Die im Kreis Siegen-Wittgenstein einzigartige Einrichtung<br />

vermittelt jeweils auf zwei Etagen des weiträumigen<br />

Wohngebäudes eine familiäre und heitere Atmosphäre. Alle<br />

Türen sind geöffnet, aus einem lichtdurchfluteten Raum<br />

mit wandfüllenden Fensterfronten dringen Stimmen. Hier<br />

ist das Zentrum, in dem sich das Zusammenleben abspielt.<br />

Ich wage mich hinein und habe plötzlich einen Sitzplatz in<br />

einer Runde von mehreren Frauen, die Volkslieder singen.<br />

Sie gehören zu einer der beiden Wohngruppen auf den zwei<br />

Etagen im Haus und haben in ihrem Bereich 12 Einzelzimmer.<br />

Die meisten von ihnen singen bis zur letzten Strophe<br />

mit, während ich bei der dritten schon streike. Sie singen<br />

„Hoch auf dem gelben Wagen“, „Horch, was kommt von<br />

draußen rein?“ „Die Gedanken sind frei.“ Eine zierliche<br />

alte Dame neben mir wiederholt<br />

mehrfach den Refrain: „So bleibt<br />

es dabei, die Gedanken sind frei.“<br />

Sie sagt: „So ist das, es ist wie es<br />

ist. Ja, es ist wie es ist“; und dann<br />

kommt noch einmal der Refrain.<br />

In meiner Nähe sitzt eine Frau,<br />

die keine Stimme hat, trotz weit<br />

geöffnetem Mund, der sich gar<br />

nicht mehr schließen will, aber<br />

die Körpersprache macht sich<br />

verständlich und folgt dem Takt<br />

mit den Füßen und mit den wiegenden<br />

Schultern. Miteinander<br />

gesprochen wird nicht viel, aber<br />

doch entsteht der Eindruck, dass<br />

sich hier in der Runde ein Kollektiv<br />

zusammengefunden hat, das<br />

sich in einer Art verständigt, die<br />

anderen außerhalb des Kreises<br />

verborgen bleibt. Kein Wunder.<br />

30 durchblick 1/<strong>2009</strong>


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Leben<br />

Die Frauen leben in ihrer Wohngruppe wie eine große Familie.<br />

Später, inzwischen am Mittagstisch, höre ich einer<br />

Bewohnerin zu, die im Siegerländer Dialekt spricht. Ich<br />

gebe mit meinen Kenntnissen an und zitiere: „Ka da dat da?<br />

Dat ka dat!“ und die Siegerländerin ergänzt: „Dat dat dat<br />

ka!“ Da lachen wir zusammen. Aber dann wird es traurig.<br />

„Ich muss jetzt schnell nach Hause“, sagt die Tischnachbarin<br />

mir gegenüber, die schon zwei Jahre zur „Insel“ gehört<br />

und früher Lehrerin war. „Aber mit dem Auto geht es nicht,<br />

weil es glatt ist.“ Und dann kommt unvermittelt der Satz:<br />

„Der Vater wollte zum Bus. Er wurde überfahren und war<br />

gleich tot. Ich muss nach Hause und in die Schule, auch im<br />

Nachthemd.“ Nun lacht sie und das gerade noch spürbare<br />

Heimweh ist vergessen, aber es kommt wieder. Das Heimweh<br />

nach zu Hause gehört zu den wenigen Bestandteilen im<br />

Gedächtnis, die der Demenzkranke zu vergessen vergisst.<br />

In dem großen hellen Lebensraum mit Wohnzimmeratmosphäre<br />

werden die Mahlzeiten nicht nur eingenommen,<br />

sondern in der angrenzenden offenen Küche auch unter Anleitung<br />

zubereitet. Der einzige Mann unter 23 Frauen gehört<br />

auch zum Küchendienst. Die Frauen werden zu den Arbeiten<br />

im Haushalt, soweit möglich, mit ihren verbliebenen<br />

Fähigkeiten herangezogen. Abwaschen, Kochen, Spülen<br />

sind elementare Erfolgserlebnisse für ihr Selbstwertgefühl.<br />

Der strukturierte Tageslauf der Bewohner stärkt die Zusam-<br />

mengehörig-<br />

keit der Gemeinschaft.<br />

Nicht für,<br />

sondern mit<br />

dem Schutzbefohlenen<br />

tätig werden,<br />

das ist Bestandteil<br />

des<br />

milieutherapeuthischen<br />

Konzeptes<br />

für den Umgang<br />

mit den<br />

Verwirrten.<br />

In diesem<br />

Leitfaden für<br />

die Betreuung<br />

ist eine<br />

Vielzahl von<br />

Hinweisen<br />

Der einzige Mann unter 23 Frauen<br />

festgelegt: Ihre<br />

Umsetzung<br />

erläutert Anne<br />

Alhäuser als beteiligte Verfasserin. Erreicht werden soll ein<br />

Höchstmaß an noch möglicher Lebensqualität. Dazu gehört<br />

Zuwendung und Nähe neben einer oft notwendigen Distanz.<br />

Die Emotionen der Verwirrten überdauern lange den zunehmenden<br />

Verlust des Gedächtnisses. Die Lebensgeschichte<br />

der alten Menschen mit ihren früheren Fähigkeiten muss<br />

kennengelernt und in die Betreuung eingebracht werden.<br />

Um Antworten zu bekommen, müssen vom Personal Fragen<br />

mit einfacher Wortwahl gestellt werden. Ganz wichtig<br />

auch der Kontakt mit den Angehörigen, die gern in den<br />

Heimalltag einbezogen werden.<br />

In beiden Wohngruppen erfolgt eine 24-Stunden-Betreuung.<br />

Dabei werden in Fällen beginnender Erkrankung noch<br />

vorhandene Fähigkeiten trainiert. Für jede Wohneinheit ist<br />

ein Basisteam zuständig, das in drei Schichten arbeitet.<br />

Das gesamte Wohnkonzept ist den Bedürfnissen der Demenzkranken<br />

angepasst. Die Bewohner unter sich können<br />

sich in ihrer Gruppe als homogene Familie fühlen. Aggressionen<br />

der Schutzbefohlenen, die nie auszuschließen sind,<br />

können im geschützten Raum niedrig gehalten werden.<br />

Ihr krankheitsbedingter Bewegungsdrang kann in langen<br />

Rundgängen im Wohnbereich befriedigt werden. Ein Rest<br />

von Freiheit ist geblieben: Die Eingangstür des Hauses ist<br />

nicht verschlossen. Zu dieser verbliebenen Freiheit der Bewohner<br />

sagt Anne Alhäuser: „Die Tür abschließen, um die<br />

Bewohner am ,Weglaufen‘ zu hindern, ist rechtlich gesehen<br />

eine Freiheitsberaubung, die nur dann erlaubt ist, wenn sie<br />

von einem Facharzt und dem Gericht genehmigt ist. Für unsere<br />

Rechtsprechung ist der Schutz der persönlichen Freiheit<br />

des Einzelnen ein höheres Gut als das durchaus berech-<br />

32 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Leben<br />

Das Interview zum Thema<br />

tigte Bedürfnis<br />

nach Sicherheit.<br />

Abgesehen davon, Anne Alhäuser ist zuständig für Konzeptentwicklung,<br />

dass die Bewohner Qualitätssicherung und Dokumentation der Pflege und für<br />

kaum die Tendenz die Schulung des Personals. Das Pflegeteam ist verantwortlich<br />

für die Umsetzung des Konzepts in Kooperation mit<br />

zum ,Weglaufen‘<br />

zeigen, ist es unsere<br />

Aufgabe, ein durchblick: 24 Plätze sind zu wenig. Mehr Plätze wären<br />

Angehörigen und ehrenamtlichen Helfern.<br />

wachsames Auge ein Segen für Angehörige und Kranke. Ist da in Zukunft<br />

auf sie zu haben eine Änderung zu erwarten?<br />

und sie in den Alhäuser: Der Bedarf ist erkannt, in den stationären<br />

beschützenden Einrichtungen werden zunehmend spezielle Betreuungskonzepte<br />

für die demenzkranken Bewohner umgesetzt.<br />

Raum der Insel<br />

zurückzuholen.“ Auch das neue Pflegeversicherungsgesetz sieht für den zusätzlichen<br />

Pflegebedarf weitere Betreuungskräfte vor. Es<br />

Es wird – so<br />

Alhäuser – an der entstehen Wohngemeinschaften für Demenzkranke, sicher<br />

Basis alles versucht,<br />

damit die durchblick: Wer wird in die Wohninsel aufgenommen?<br />

entstehen künftig auch zusätzliche „Wohninseln“.<br />

Gäste sich zu Hause<br />

fühlen. Orien-<br />

Alhäuser: Die Aufnahme ist nicht von den finanziellen<br />

Wird eine elitäre Auswahl getroffen?<br />

tierungshilfen für Möglichkeiten der Betroffenen abhängig. Sie wird genauso<br />

gehört auch zum Küchendienst.<br />

sie gibt es durch geregelt wie jede andere Heimunterbringung auch.<br />

einprägsame Farben,<br />

Ziffern, Plä-<br />

wirklich umgesetzt wird und die berechtigten Interessen der<br />

durchblick: Wie wird sichergestellt, dass das Konzept<br />

ne, Namen und Bewohner und ihrer Angehörigen gewahrt sind?<br />

Bilder, die in Räumen und Fluren an den Wänden auf sich Alhäuser: Da unsere Bewohner selbst nicht in der Lage<br />

aufmerksam machen.<br />

sind, einen Heimbeirat zu bilden, bestellt die Heimaufsicht<br />

Dass die Pflegenden neben fachlicher Kompetenz und einen Heimfürsprecher, der ihre Interessen wahrnimmt. In<br />

Berufserfahrung vor allem die uneingeschränkte Motivation<br />

im Umgang mit den aus der Realität „ver-rückten“ Men-<br />

lange und gute Zusammenarbeit mit dem Vormundschafts-<br />

unserem Fall haben wir der Heimaufsicht den uns durch<br />

schen einbringen müssen, ist in der Konzeption vorrangige gericht am Amtsgericht Siegen bekannten Richter a.D. Reiner<br />

Capito vorgeschlagen, der von der Heimaufsicht gerne<br />

Bedingung, Forderung und Herausforderung zugleich.Verständnis<br />

und Unterstützung bei Problemen, die die schwere berufen wurde. Herr Capito nimmt seit zwei Jahren diese<br />

und verantwortungsvolle Aufgabe mit sich bringt, findet Funktion wahr und ist für alle Beteiligten ein guter und<br />

das Personal bei Vorgesetzten und Kollegen in Gespräch kompetenter Ansprechpartner.<br />

und Erfahrungsaustausch. Die zahlreichen Angehörigen, durchblick: Sind die Angehörigen somit „außen vor“?<br />

die ihre erkrankten Famlienmitglieder unter großen persönlichen<br />

Opfern zu Hause betreuen, sind dagegen mit dieser lich willkommen und eingeladen, so lange wie möglich die<br />

Alhäuser: Nein, im Gegenteil. Sie sind jederzeit herz-<br />

Aufgabe ganz auf sich gestellt. Hinzu kommt für Ehepartner<br />

oder Söhne und Töchter der schmerzliche Prozess des in ihrer zunehmenden Verunsicherung ganz wichtig ist.<br />

persönliche Beziehung zu pflegen, was für die Betroffenen<br />

Erkennens, dass der vertraute Mensch sich immer weiter<br />

in seine verschlossene Welt zurückzieht. Ein Besuch in der<br />

Wohninsel weckt den Wunsch, dass hier durch ähnliche<br />

Einrichtungen oder Wohngemeinschaften Wege gefunden<br />

werden, die ambulante Pflege spürbar zu erleichtern.<br />

Mein letzter Eindruck von meinem Inselbesuch ist kein<br />

gänzliches Vergessen. Die Siegerländerin aus der Tischrunde<br />

im großen Saal kommt auf mich zu, zeigt mir ihr Zimmer<br />

und fragt mich, wo ich wohne. Wie lange wird sie noch<br />

sprechen können? Das Unabänderliche des Schicksals Alzheimer,<br />

das jeden treffen kann, hat für mich seinen Schrecken<br />

nicht verloren, aber die Begegnung mit den Menschen<br />

in ihrer ganz auf sie abgestimmten Umgebung hatte etwas<br />

Tröstliches: Es war mir, als hätten sie dort das Schreckliche<br />

ihrer Krankheit vergessen. Maria Anspach Maria Anspach im Interview mit Anne Alhäuser, lks.<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 33


Günter Heinbach aus dem Siegener Stadtteil Obersetzen<br />

engagiert sich in besonderer Weise für altengerechtes<br />

und generationenübergreifendes Bauen<br />

und Wohnen.<br />

Mit diesem Versprechen ist der gelernte Schreinermeister<br />

auch im Sommer 2007 zur Seniorenbeiratswahl in Siegen<br />

angetreten. Und der inzwischen 75-jährige rüstige Rentner<br />

lässt nicht locker, wenn es um alternative Wohnformen oder<br />

die Suche nach geeigneten Grundstücken für die älteren<br />

Wohnen<br />

Jung und Alt unter einem Dach<br />

Wohnen im Grünen<br />

Es grünt so grün: Günter Heinbach wirbt für<br />

generationenübergreifendes Wohnen in dörflicher Umgebung.<br />

Neues aus der Anstalt<br />

Wohnen im „Eisschrank“<br />

Foto: Dr. Horst Bach<br />

Mitbürger im Siegener Stadtgebiet geht. Als Sprecher<br />

des Arbeitskreises „Bauen und Wohnen“ hat<br />

er gemeinsam mit seinen Beiratsmitgliedern inzwischen<br />

eine ganze Reihe von möglichen Standorten im<br />

Stadtgebiet für seniorengerechtes Bauen „entdeckt“<br />

und bei den zuständigen städtischen Gremien ins Gespräch<br />

gebracht. Allerdings schließt er sich nicht dem<br />

Trend an, dass ältere Mitbürger in der Regel inzwischen<br />

lieber kleine Stadtwohnungen beziehen wollen<br />

und damit „Landflucht“ begehen, weil angeblich die<br />

familiäre Versorgung von Seniorinnnen und Senioren<br />

im Dorf nicht mehr sichergestellt sei. „Es müssen Häuser<br />

gebaut werden, in denen junge und alte Menschen<br />

gemeinsam wohnen können“, sagt Günter Heinbach<br />

und macht am Beispiel seines Heimatdorfes deutlich,<br />

dass hier trotz anderweitiger Baumaßnahmen auch<br />

noch Grundstücke in „seniorengerechter, absoluter<br />

Flachlage“ vorhanden seien. „Ein solches Wohnen<br />

in grüner Umgebung, mit guter Straßenanbindung<br />

und kurzen Wegen zur nächsten Bushaltestelle kommt uns<br />

Rentnern sehr entgegen. Voraussetzung ist allerdings, dass<br />

es in der dörflichen Umgebung eine intakte Nachbarschaft<br />

gibt.“ Er hebt besonders die saubere Luft und die Spielmöglichkeiten<br />

für die Kinder in der freien Natur hervor. Daher<br />

ist Günter Heinbach (Tel. 0271 – 3131993) sehr dankbar für<br />

Vorschläge aus der Bevölkerung, was das seniorengerechte<br />

Bauen und Wohnen sowohl in der Stadt als auch auf dem<br />

Lande betrifft.<br />

Dr. Horst Bach<br />

Ich möchte den Leser nicht langweilen mit immer<br />

neuen Nachrichten aus meinem häuslichen Panoptikum,<br />

dennoch in Kürze die vorerst<br />

letzte Variante.<br />

Vor geraumer Zeit, als Vorgeplänkel<br />

dessen, was noch folgen sollte: Morgenstund<br />

hat bekanntlich Gold im Mund,<br />

aber nicht, wenn im Winter Heizung und<br />

Wasser kalt bleiben. Ein kurzes Intermezzo,<br />

laut Auskunft meiner Vermieterin.<br />

Lange danach, aber nun schon seit etwa<br />

fünf Wochen, wiederholt sich das eisige<br />

Erlebnis in dem ihm eigenen Rhythmus.<br />

Mal kann ich meinen Vermieter erreichen,<br />

des Öfteren nicht. Angeblich hat er<br />

ein Ersatzteil bestellt, welches aber nicht<br />

kommt. Die Wahl seiner Handwerker trifft<br />

er nach einem ominösen Muster. Nach meiner immer gleichen<br />

frohen Botschaft stiefelt der Vermieter in den Heizungskeller,<br />

und Abrakadabra, die Heizung springt wieder<br />

an. Draußen nasse Kälte, ich eine dicke Grippe. Panik vor<br />

jedem neuen Tag. Nach einem Arztbesuch<br />

war die Bude wieder kalt. Mir platzte der<br />

Kragen. Ich warf ihm Verantwortungslosigkeit<br />

vor und drohte mit Mietminderung.<br />

Er presste ein „okay“ durch zusammengebissene<br />

Zähne. Auf meine Frage,<br />

was mich an den Feiertagen erwarte, ward<br />

mir die total erschöpfende Auskunft zuteil,<br />

er habe einen Auftrag erteilt, mehr<br />

wolle er dazu nicht sagen. Ich traf ihn vor<br />

seiner Garage an und gestattete mir die<br />

Frage, ob er mich nicht in sein Geheimnis<br />

einweihen und mir das Zauberwort verraten<br />

könne, welches dem Spuk immer ein<br />

Ende setze. Ich erfuhr, dass ich nur den<br />

Notknopf zu drücken brauche. Mir verschlägt es bis heute<br />

die Sprache.<br />

Erika Krumm<br />

34 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Wohnberatung im Kreis Siegen-Wittgenstein<br />

Die Notwendigkeit einer Wohnberatung für ältere<br />

Menschen nimmt landesweit zu. Dafür gibt es zahlreiche<br />

Gründe, die zum Teil allgemeingültig sind,<br />

aber je nach Wohnort und Wohnsituation unterschiedlich bedeutsam<br />

sein können. Fast überall<br />

spielt die demografische Entwicklung<br />

eine Rolle (immer mehr Alte<br />

und Hochaltrige – immer weniger<br />

Kinder), außerdem die finanzielle<br />

Situation der Älteren, steigende<br />

Energiekosten, überalterter Baubestand,<br />

veränderte Wohnbedürfnisse<br />

usw. Im ländlichen Bereich<br />

sind Wohnungen und Wohngrundstücke<br />

oft zu groß, um von möglicherweise<br />

zwei alten Personen allein<br />

bewohnt und gepflegt werden<br />

zu können.<br />

Vor diese Hintergrund hat der Verein ALTERAktiv<br />

Siegen-Wittgenstein die Aufgabe übernommen, kreisweit<br />

eine kostenfreie, von den SeniorenServiceStellen der Kommunen<br />

vermittelte Wohnberatung anzubieten. Der direkte<br />

Weg zur Arbeitsgruppe „Wohnberatung“ ist natürlich auch<br />

möglich.<br />

Wohnen<br />

Die Beraterinnen und Berater gehen davon aus, dass eine<br />

wachsende Zahl hochaltriger und pflegebedürftiger Menschen<br />

umziehen müssten, wenn die häufig ungeeigneten<br />

Wohnverhältnisse nicht angepasst werden. Insgesamt ist<br />

aber erforderlich, dass mehr<br />

ältere Menschen innerhalb<br />

Kostenlose Wohnberatung<br />

ALTERAktiv Siegen-Wittgenstein e.V.<br />

Mehrgenerationenzentrum Martini<br />

57074 Siegen, St.-Johann-Straße 7<br />

ihrer Wohnquartiere bleiben<br />

und dort auch versorgt<br />

und betreut werden können.<br />

Heute lebt die überwiegende<br />

Mehrheit älterer Menschen<br />

noch zu Hause in ihren angestammten<br />

Wohnungen.<br />

Die meisten wollen hier auch<br />

bleiben. Viele Wohnungen<br />

haben aber Barrieren, die<br />

nicht nur normale Alltagsaktivitäten<br />

behindern, wenn die<br />

Mobilität eingeschränkt ist, sondern auch die Tätigkeiten<br />

von Diensten und Helfern bei der häuslichen Pflege.<br />

Neben altersgerechtem Wohnungsneubau geht es vor<br />

allem um die Anpassung der bestehenden Wohnungen. Ziel<br />

der Wohnungsanpassung ist es, bestehende „normale“ Wohnungen<br />

an die Bedürfnisse älterer und behinderter Menschen<br />

anzupassen, damit sie ihren selbstständigen Haushalt<br />

aufrechterhalten können. Zu unterscheiden ist zwischen der<br />

individuellen und der strukturellen Wohnungsanpassung.<br />

www.wohnberatung@senioren-siegen.de.<br />

Beratung nach telefonischer<br />

Anmeldung unter 0271- 234 60 66<br />

a) individuelle Wohnungsanpassung<br />

Bei der individuellen Wohnungsanpassung wird eine<br />

einzelne Wohnung an die besonderen Bedürfnisse des hier<br />

lebenden Bewohners angepasst. Hierbei geht es um kleinere<br />

bis mittlere baulich-technische Maßnahmen, die normalerweise<br />

unterhalb der Schwelle einer strukturellen Anpassung<br />

liegen. Die Beseitigung von räumlichen Barrieren sowie<br />

kleinere Alltagserleichterungen und technische Hilfen<br />

bilden den Schwerpunkt der Anpassungsmaßnahmen. Im<br />

Zusammenhang mit demenziellen Erkrankungen gewinnt<br />

auch der Abbau von Barrieren zunehmende Bedeutung. Im<br />

Einzelnen umfasst die Wohnungsanpassung folgende Maßnahmebereiche:<br />

Beseitigung von Ausstattungsmängeln (Bad, WC, Zentralheizung);<br />

Reorganisation der Wohnung (Wohnungsverkleinerung,<br />

Stockwerktausch);<br />

Beseitigung von Barrieren (Lift, Rampe, bodengleiche<br />

Dusche, Türverbreiterung);<br />

Kleine Alltagserleichterungen (Kücheneinrichtung, Erhöhung<br />

Bett/Sessel);<br />

Technische Hilfen (Haltegriffe, Stütz- und Gehhilfen).<br />

Der wichtigste Ort für technische Veränderungen ist das Bad.<br />

Von besonderer Bedeutung sind zudem alle Maßnahmen, die<br />

das Überwinden von Stufen und Schwellen erleichtern.<br />

36 durchblick 1/<strong>2009</strong>


) strukturelle Anpassung des Wohnungsbestandes<br />

Bei der strukturellen Wohnungsanpassung werden eine<br />

oder mehrere Wohngebäude im Zusammenhang weitgehend<br />

von Barrieren befreit oder es werden Wohnungen eines Gebäudes<br />

entsprechend umgebaut. Ziel ist das Angebot barrierefreier<br />

bzw. barrierearmer Wohnungen im Bestand, das<br />

sich vor allem an ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen<br />

richtet, die hier später einziehen. Hierbei sind<br />

oft Kompromisse sinnvoll und gefordert: Wenn „barrierefrei“<br />

im Bestand nicht mit vertretbarem Aufwand erreicht<br />

werden kann, ist „barrierearm“ besser, als alle Barrieren<br />

einfach zu belassen. Auch bezüglich der strukturellen Anpassung<br />

besteht erheblicher Handlungsbedarf. Bei strukturellen<br />

Anpassungsmaßnahmen sollten auch Aspekte der<br />

infrastrukturellen Versorgung und der barrierefreien Gestaltung<br />

des Wohnumfeldes berücksichtigt werden.<br />

Notwendigkeit und Nutzen der Wohnberatung<br />

Wohnberatung ist der Schlüssel zur Wohnungsanpassung.<br />

Die individuelle Wohnungsanpassung ist nicht in erster<br />

Linie eine technische Aufgabe. Im Vordergrund steht die<br />

Unterstützung der Betroffenen mit Rat und Tat.<br />

Eine Kernaufgabe der Wohnberatung ist die qualifizierte<br />

Beratung und Unterstützung älterer und/oder behinderter<br />

Menschen hinsichtlich der individuellen Wohnungsanpassung.<br />

Die Tätigkeit der Wohnberatungsstelle beinhaltet<br />

auch praktische Hilfe, Begleitung und organisatorische<br />

Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Anpassungsmaßnahmen.<br />

Die Wohnberatung ist unverzichtbarer Bestandteil der<br />

individuellen Wohnungsanpassung, weil ältere<br />

Menschen häufig selbst nicht in der Lage sind, die<br />

Notwendigkeit von Veränderungen wahrzunehmen<br />

und Anpassungsmaßnahmen in eigener Regie<br />

durchzuführen. Neben der Hilfe bei technischen<br />

Veränderungen in der Wohnung besteht eine wichtige<br />

Aufgabe der Wohnberatung darin, den Bedarf<br />

für andere Altenhilfeangebote zu erkennen und diese<br />

zu vermitteln. Hier liegt eine wichtige Schnittstelle<br />

zur ambulanten Versorgung. Im Rahmen der<br />

individuellen Wohnungsanpassung gehören zu den<br />

zentralen Aufgaben der Wohnberatungsstelle:<br />

das Erkennen von Wohnungsproblemen und<br />

Finden von individuell angemessenen Lösungsmöglichkeiten<br />

in der Wohnung, gegebenenfalls<br />

auch von Wohnalternativen;<br />

die Gewährleistung von praktischen Hilfen,<br />

Begleitung und organisatorische Unterstützung<br />

bei der Planung und Durchführung von Anpassungsmaßnahmen<br />

(dies schließt die Regelung<br />

der Finanzierung und die Kontrolle der handwerklichen<br />

Ausführung mit ein);<br />

die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von<br />

Personen und Institutionen sowie Aufbau und<br />

Koordination eines solchen Netzes der Wohnungsanpassung;<br />

Wohnen<br />

Öffentlichkeitsarbeit, um alle Beteiligten zu erreichen<br />

und auch eine breitere Öffentlichkeit für selbstständiges<br />

Wohnen im Alter oder bei Behinderungen zu sensibilisieren.<br />

Um eine Maßnahme in der Wohnung durchführen zu können,<br />

müssen häufig folgenden Gruppen beteiligt werden:<br />

Verwandte und Bekannte des Bewohners<br />

Soziale Hilfsdienste, Einrichtungen der Altenhilfe<br />

Ärzte und Krankenhäuser<br />

Krankenkassen, Pflegekassen und Sozialämter<br />

Hauseigentümer, Handwerker und Sanitätshäuser<br />

Ein solches „Netz der Wohnberatung“ muss funktionsfähig<br />

sein, damit die Beratungsstelle erfolgreich arbeiten kann.<br />

Ein weiteres Aufgabenfeld bezieht sich auf Wohnungsunternehmen<br />

bzw. Wohnungseigentümer als Klienten.<br />

Insbesondere bei der Anpassung ihres Wohnungsbestands<br />

können die Erfahrungen der Wohnberatungsstelle gefragt<br />

sein. Neben der individuellen Wohnungsanpassung betrifft<br />

dies in zunehmendem Maße auch die strukturelle Wohnungsanpassung.<br />

Große Bedeutung kann auch eine erweiterte<br />

Beratung und Vernetzung haben. Dazu gehört:<br />

das Aufzeigen von Wohnalternativen und die Beratung<br />

zu Wohnformen wie betreutes Wohnen, gemeinschaftliches<br />

Wohnen oder betreute Wohngruppen;<br />

Beratung zur Energieeinsparung und Hilfe bei der Realisierung<br />

entsprechender Maßnahmen;<br />

das Angebot von Umzugshilfen, einschließlich der Vermittlung<br />

von geeigneten Wohnungen;<br />

die Begleitung des Übergangs von stationärer zu ambulanter<br />

Versorgung (Entlassungsmanagement).<br />

Erich Kerkhoff<br />

GARDINEN<br />

UND TEPPICHE<br />

BERATUNG · ANGEBOT · MUSTERSERVICE · MONTAGE<br />

Siegen-Geisweid • Marktstraße 29<br />

Telefon: 02 71/8 30 41 • www.mackenbach.de<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 37


Über die Einrichtung von SeniorenServiceStellen<br />

wird in diesen Wochen und Monaten viel geschrieben<br />

und geredet. Und die Frage „Wer hat’s<br />

erfunden?“, mit der ein Schweizer Saunameister in einer<br />

bekannten Fernsehwerbung einigen seiner Gäste mit einem<br />

respektlosen Ziehen am Saunatuch die Eigentumsrechte<br />

seines Landes an einem Hustenbonbon verdeutlicht, scheint<br />

auch hier nicht immer<br />

ganz geklärt zu sein.<br />

War’s der Kreis Siegen-Wittgenstein,<br />

der<br />

die seniorenfreundliche<br />

Serviceerfindung<br />

machte? Oder liegt das<br />

Erstgeburtsrecht bei<br />

der Stadt Siegen, die<br />

eigens eine Regiestelle<br />

für solcherlei Dienstleistungen<br />

eingerichtet<br />

hat? „Entscheidend is<br />

auf’m Platz“, hat einmal<br />

ein Fußballweiser<br />

aus dem Ruhrpott<br />

gesagt, als es um die<br />

praktische Umsetzung<br />

von „grauer Theorie“<br />

in Alltagshandeln ging.<br />

Pardon. Der Altinternationale aus dem Revier, der längst<br />

unter der Erde liegt, meinte natürlich „Sonntagshandeln“.<br />

Denn zur damaligen Zeit gab es noch keinen Fernsehfußball<br />

an jedem Tag und rund um die Uhr.Wie selbstverständlich<br />

wurde „nur“ am arbeitsfreien Sonntag gekickt. Meist in aller<br />

Stille, was die Medienausstrahlung betraf. Da war bestenfalls<br />

schon einmal das Radio „dran“, wenn dieses denn „an“<br />

war. Aber die Beteiligten, Spieler und Zuschauer, hatten<br />

Freude pur. Diese Gedanken kamen mir in den Sinn, als ich<br />

im Februar bei einer Geburtstagsfeier der besonderen Art zu<br />

Gast war. Die handelnden Personen waren allerdings keine<br />

Freunde des runden Leders, sondern Seniorinnen und Senioren,<br />

die sich schon seit 20 Jahren in Seelbach treffen und<br />

einmal im Monat miteinander Freude haben. In einer „Seniorenservicestelle“<br />

der besonderen Art, OASE genannt. Da<br />

kann man nur sagen: Der Name „sitzt“. Der Anzug „passt“.<br />

Nomen est omen. „Die Oase ist eine Stätte in der Wüste,<br />

wo die Menschen mit dem Wasser neue Kräfte für den Lebensalltag<br />

schöpfen.“ Treffend brachte Pfarrer Dr. Christian<br />

Schwark von der Ev. Kirchengemeinde Trupbach-Seelbach<br />

mit diesen Worten die Leistung des Seelbacher Seniorentreffs<br />

„OASE“ bei der Feier zum 20. Geburtstag der Einrichtung<br />

im Seelbacher Bürgerhaus zum Ausdruck. Und es waren<br />

viele „Wasserschöpfer“, die ihren betagten Mitmenschen<br />

über die Jahre hinweg Freude bereitet hatten, sodass viele der<br />

Aus dem Leben<br />

Kraftquelle der Freude<br />

OASE in Seelbach feierte 20. Geburtstag<br />

Fröhlich eingeschenkt: Siegbert Ullrich als Serviermeister beim<br />

OASE-Geburtstag in Seelbach.<br />

älteren Besucher meinten: „Wat soammr da deheim, wänn<br />

mr ne OASE ha?!“ So würdigten denn auch neben Pfarrer<br />

Schwark dessen katholischer Kollege Vikar Ulrich Liehr<br />

sowie Siegens stellv. Bürgermeister Jens Kamieth und der<br />

stellv. Seniorenbeiratsvorsitzende Helmut Plate die Leistungen<br />

des OASE-Teams, das seit zwei Jahrzehnten einmal im<br />

Monat einen bunten Nachmittag für die älteren Mitbürger<br />

veranstaltet und darüber<br />

hinaus noch eine<br />

ganze Reihe „Sonder -<br />

angebote“ wie Mundartnachmittage,<br />

Wanderungen<br />

oder Theateraufführungen<br />

im<br />

Programm hat.<br />

„Eine solche gemeinnützige<br />

Eigeninitiative<br />

ist in heutiger Zeit<br />

nicht oft zu finden<br />

und verdient besondere<br />

Anerkennung.<br />

Wo doch sonst nur<br />

nach dem Staat gerufen<br />

wird, zeigen hier<br />

engagierte Senioren,<br />

was alles in Eigeninitiative<br />

möglich<br />

ist,“ so lobte Senioren-Mobilmacher Helmut Plate aus der<br />

Numbach die Leistung seiner Seelbacher Nachbarn über den<br />

grünen Klee.<br />

Als „Wasserschöpfer“ und „Kräftebringer“ wurden neben<br />

langjährigen Mitgliedern und zahlreichen Helferinnen vor<br />

allem die OASE-Vorsitzende Gertrud Steinbrück, ihr Bruder<br />

Günther Schleifenbaum und „Kilometerfresser“ Friedhelm<br />

Junk aus Geisweid besonders geehrt. Bevor die große Kaffeetafel<br />

begann, hatte Siegbert Ullrich, der „Mann für wirklich<br />

alle Fälle“, im schmucken Zwirn und mit Zylinder auf dem<br />

Kopf die gesellige Runde zum Sektempfang gebeten. Für die<br />

musikalische Umrahmung und Erheiterung sorgten schließlich<br />

das Duo Bernd Basler und Helmut Haase von der Marinekameradschaft<br />

Siegen sowie der Deucker-Chor aus Ferndorf.<br />

Letzterer lud mehrfach zum Mitsingen ein, bis mit der<br />

OASE-Nationalhymne „Kein schöner Land in dieser Zeit“<br />

die Jubiläumsveranstaltung ausklang. Das muss aber zum<br />

Abschluss auch noch gesagt werden: Die Räumlichkeiten im<br />

Seelbacher Bürgerhaus werden zwar von der Stadt Siegen kostenlos<br />

zur Verfügung gestellt, doch alle weiteren Serviceleistungen<br />

des OASE-Teams werden aus privater Tasche bezahlt.<br />

Und der Einsatz der „Servicekräfte“ ist ehrenamtlich. Nach<br />

einer Ehrenamtskarte hat hier noch niemand gefragt. Wie sagte<br />

doch der Weise von der Ruhr: „Entscheidend is auf’m Platz.“<br />

Und in der OASE, müsste man ergänzen. Dr. Horst Bach<br />

38 durchblick 1/<strong>2009</strong>


3 x Testsieger<br />

Sieger im 1., 2. & 3. Siegener Kundenspiegel*<br />

Platz 1: Durchschnittlicher Zufriedenheitsgrad (88,9%)<br />

Platz 1: Freundlichkeit (93,7%)<br />

Platz 2: Beratungsqualität (88,4%)<br />

Platz 1: Preis- /Leistungsverhältnis (84,6%)<br />

3, Siegener Kundenspiegel 2008: untersucht 7 Geldinstitute, 88,9% durchschnittlicher Zufriedenheitsgrad (Platz 1);<br />

reundlichkeit: 93,7% (Platz 1), Beratungsqualität: 88,4% (Platz 2), Preis-/Leistungsverhältnis: 84,6% (Platz 1);<br />

undenbefragung 08/2008; N = 840 (Geldinstitute) von N = 903 (Gesamt); MF Consulting Dipl.-Kfm. Marc Loibl;<br />

www.kundenspiegel.de; Telefon: 0991/2708847<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 39


Gedächtnistraining<br />

„Wer aufhört zu lernen, ist alt. Er mag zwanzig sein oder achtzig.“ Henry Ford<br />

Versteckte Blumen<br />

Bringen Sie die Buchstaben der Blüten jeweils in die richtige<br />

Reihenfolge. Es ergeben sich dann Blumennamen.<br />

Zahlen – Redewendungen<br />

In den Lösungen muss sich immer ein<br />

Zahlwort befinden.<br />

Alle Übungen gefunden beim Bundesverband Gedächtnistraining e.V. www.bvgt.de, zusammengestellt von Barbara Kerkhoff<br />

Wortergänzung – Wortsammlung<br />

Durch Zufügen des ersten Buchstaben Wörter finden.<br />

Bsp.: inden.<br />

binden, finden, Rinden, schinden, winden, ...<br />

1. ahnen __________________________<br />

2. assen __________________________<br />

3. aden ___________________________<br />

4. asen ___________________________<br />

5. egen ___________________________<br />

6. en _____________________________<br />

7. essen __________________________<br />

8. ichtig __________________________<br />

9. itten ___________________________<br />

10. orgen _________________________<br />

11. üchtig _________________________<br />

12. üssen __________________________<br />

13. opf ____________________________<br />

Bsp.: Ich gebe mich geschlagen, du hast recht.<br />

Eins zu Null für Dich<br />

1. Zu Hause bleiben.<br />

2. Jetzt wird es mir zu bunt, es reicht.<br />

3. Er verstellt sich oft, er ist unaufrichtig.<br />

4. Etwas nicht allzu genau nehmen.<br />

5. Sich bequem lang strecken.<br />

6. Sehr wütend oder zornig sein.<br />

7. Mit jemandem vertraulich sprechen.<br />

8. Gut auf etwas aupassen, vorsichtig sein.<br />

9. Sich hinsetzen.<br />

10. Nicht bei Verstand sein.<br />

11. Auf Händen und Füßen gehen.<br />

12. Für klüger halten als andere.<br />

13. Das kannst Du doch selbst ausrechnen.<br />

14. Etwas das ich nicht verstehe.<br />

15. Ausruf der Verwunderung.<br />

16. Zählt zur oberen Gesellschaft.<br />

Liedanfänge erraten<br />

Es fehlt in jedem der zu erratenden Lieder<br />

jeweils der erste Teil der Textzeile.<br />

Bsp.: Heißa Kathreinerle<br />

schnür dir die Schuh.<br />

1. _________________ schläfst Du noch?<br />

2. _________ nur am Bach die Nachtigall<br />

3. ____ als hier das unsere weit und breit<br />

4. ___________________ alle Vögel alle<br />

5. __________ der Frühling kehrt wieder<br />

6. ____________ die Bäume wieder grün<br />

7. _____________ am rauschenden Bach<br />

8. ______ ziehn wir durch Wald und Feld<br />

9. _____ geht die Fahrt wohl übers Meer<br />

10. ________ sitz ich beim Schwager vorn<br />

11. __________ da such ich meine Freude<br />

12. ______ und mir steckt’s auch im Blut<br />

13. _____ den schickt er in die weite Welt<br />

40 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Gedächtnistraining<br />

Ein Socken-Problem<br />

Herr und Frau Zerstreut ziehen sich<br />

fürs Theater um. Da fällt Frau Zerstreut<br />

ein, dass die schwarzen Socken<br />

ihres Mannes, die er gleich braucht,<br />

noch im Garten auf der Leine hängen.<br />

Es ist stockfinstere Nacht, und natürlich<br />

finden sich weder Kerze noch<br />

Taschenlampe auf Anhieb. Also tappt<br />

Frau Zerstreut mutig ins Dunkle hinaus<br />

zur Leine, auf der vier Paar braune<br />

und sechs paar schwarze Socken<br />

hängen. Natürlich nimmt Frau Zerstreut<br />

als ordentliche Hausfrau gleich<br />

alle Strümpfe mit ins Haus, aber: Wie<br />

viele Strümpfe müsste sie mindestens<br />

abnehmen, um mit Sicherheit ein<br />

gleichfarbiges Paar zu haben, und wie<br />

viele müsste sie nehmen, um garantiert<br />

ein schwarzes Paar zu finden? Herr<br />

Zerstreut hat dazu leider auch keine<br />

Idee. Finden Sie die Lösung?<br />

Logische Ergänzungen<br />

Füllen Sie die Lücken in der Tabelle entsprechend aus.<br />

Deutschland<br />

Euro<br />

Schweiz<br />

Schweizer<br />

Franken<br />

Paris<br />

Euro<br />

Japan<br />

Tokio<br />

Bier Milch Tee<br />

Fußball Skifahren Boulespiel<br />

Kartoffeln Baguette Reis<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 41


Das Duo Weigand und Genähr führte mit Mutterwitz und<br />

Situationskomik durch das bunte Programm.<br />

Es ist vollbracht: Die Regiestelle „Leben im Alter“ ist<br />

endlich auch räumlich vorhanden. Im Rathaus Weidenau<br />

präsentiert sich die Regiestelle in schmucken<br />

Räumen der ehemaligen Bücherei. „Leben im Alter“ hat<br />

endlich ein Wohnzimmer bekommen. Grund genug für eine<br />

Einweihungsfeier. Stadträtin Birgitta E. Radermacher betonte<br />

in ihrer Festrede vor versammelter Mannschaft (Insider<br />

und viele Gästen), dass aus „einem virtuellen Haus endlich<br />

ein reales Haus“ geworden sei. Will sagen: Die Regiestelle<br />

existiert schon viel länger, aber halt ohne notwendige Räumlichkeiten.<br />

Das ist seit Februar <strong>2009</strong> vorbei. Die Regiestelle<br />

ist jetzt sichtbar: Sie präsentiert sich in schmucken Räumen.<br />

Schlicht, zweckmäßig, ansprechend. Der zuständige Fachbereichsleiter<br />

Horst Fischer: „Die neuen Räume dienen mit<br />

dazu, dass die Einrichtung nicht nur präsent ist, sondern sich<br />

jetzt auch sichtbar nach außen öffnen kann. Die Arbeit wird<br />

dadurch natürlich<br />

– wie gewünscht –<br />

transparenter.“ Sie<br />

schließt auch den<br />

Behindertenbereich<br />

mit ein, dessen Beauftragte<br />

ebenfalls<br />

im Rathaus Weidenau<br />

ihr Domizil<br />

haben. Wie wichtig<br />

eine derartige Regiestelle<br />

ist, dokumentiert<br />

sich allein<br />

schon darin, dass in<br />

Siegen rund 30 000<br />

Menschen leben,<br />

die bereits über 58<br />

Lenze zählen. Tendenz<br />

steigend.<br />

Wie Astrid E.<br />

„Leben im Alter“<br />

Regiestelle hat ein neues Wohnzimmer<br />

Schneider, Leiterin<br />

der Regiestelle,<br />

anriss, bündelt und<br />

schafft die Regiestelle<br />

Angebote<br />

Siegerländerin<br />

Ursel überreichte<br />

ein<br />

Wirsinggesteck<br />

an<br />

Astrid E.<br />

Schneider,<br />

Leiterin der<br />

Regiestelle.<br />

für unterschiedliche Lebens- und Interessenslagen älterer<br />

Menschen. „Leben im Alter“ koordiniert die Zusammenarbeit<br />

von Diensten und fördert die stadtteilspezifische Entwicklung<br />

von Unterstützungsangeboten. Schwerpunkte:<br />

Gesundheitsförderung, Mobilität, Entfaltung von Eigeninitiative.<br />

Während der Feierstunde in der ehemaligen Bücherei<br />

des Weidenauer Rathaustraktes, die vom Siegener Kabarettisten-Duo<br />

Weigand und Genähr hervorragend moderiert<br />

wurde, hob Birgitta E. Radermacher die Prinzipien der Regiestellen-Arbeit<br />

hervor: „Wir können den Menschen nur<br />

helfen, wenn wir die Dinge tun, die sie selbst nicht tun können.“<br />

Unter Berücksichtigung dieses Ansatzes habe man<br />

daher ein ehrenamtlich gestütztes und stadtteilbezogenes<br />

Konzept entworfen. Im Rahmen dieses Aus- und Aufbaus<br />

nachfragegerechter und quartierbezogener Infrastruktur für<br />

Ältere sei auch ein Wechsel von der Vorsorgungs- zur Mitwirkungsgesellschaft<br />

vorgenommen worden. Die Referentin<br />

wörtlich: „Wesentlicher Baustein hierzu ist die Stärkung<br />

von Eigeninitiativen und gegenseitiger Hilfe.“<br />

Insoweit weihe man nicht nur die Räumlichkeiten<br />

der Regiestelle ein, sondern „dies ist auch der Startschuss<br />

für den Auf- und Ausbau der sogenannten Senioren-Service-Stellen“<br />

im Rathaus Weidenau (Tel.:<br />

0271/4042200), im Geisweider Mehrgenerationenhaus<br />

(Tel.: 0271/23392519), im Haus Herbstzeitlos (Tel.:<br />

0271/3846108) und in Zusammenarbeit mit dem Verein<br />

ALTERAktiv im Martini-Mehrgenerationen-Zentrum,<br />

St.-Johann-Straße (Tel.: 0271/2339425). Übrigens: Bis<br />

zum Jahr 2<strong>01</strong>0 sollen derartige Service-Stellen als bürgernahe<br />

Angebote in allen Städten und Gemeinden des<br />

Kreises Siegen eingerichtet werden.<br />

Siegens Ex- und Altbürgermeister Ulf Stötzel – gern gesehener<br />

Gast während der Eröffnungsfeier im Weidenauer<br />

Rathaus –, in dessen Amtszeit der Tagesordnungspunkt Regiestelle<br />

„Leben im Alter“ fiel, war zumindest anfangs von<br />

dieser Idee nicht gerade begeistert. Am Ende aber stimmte<br />

er zu. Mit einem dicken Seufzer und anschließendem kräftigem<br />

Durchatmen. Und danach sprach der Ex-Verwaltungschef<br />

und heutige Ruheständler: „Dann macht es. Aber<br />

dann will ich auch etwas Ordentliches haben und nicht so<br />

42 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Der Behindertenbeauftragte<br />

Rainer Damerius<br />

(links), Olaf N.<br />

Schwanke im<br />

Gespräch.<br />

Mitte Ernst Göckus<br />

vom Seniorenbeirat<br />

und rechts Bernd<br />

Alberts, Vorsitzender<br />

des Seniorenbeirats.<br />

Hannelore Henrich in der<br />

Servicestelle Geisweid<br />

Birgitta E. Radermacher,<br />

Stadträtin von Siegen<br />

was 08/15-mäßiges.“ Jahre später konnte sich der Skeptiker<br />

davon überzeugen: Er bekam genau das, was er wollte.<br />

Von nullachtfuffzehn kann überhaupt keine Rede sein. Ulf<br />

Stötzel wurde jetzt an seine damalige Einstellung erinnert.<br />

Sein Blick ging in die Runde. Der Mann nickte dann beifällig<br />

und schmunzelte.<br />

Aus vollem Hals hingegen lachte Regiestellen-Leiterin<br />

Astrid E. Schneider, als sie zur Einweihung einen<br />

rustikalen Kohlkopf geschenkt bekam. Von der Ursel des<br />

Duos Weigand und Genähr. Die Ursel fertigt neuerdings<br />

deftige Gestecke aus Wirsing an.<br />

Eine frisch geerntete und mit einer Kerze liebevoll<br />

aufgepeppte breitblätterige Gemüsekugel zierte bis zum<br />

Welken den Tresen in der neuen Regiestelle.<br />

Dieter Gerst<br />

Erstmals waren Fernsehkameras bei einer Sitzung<br />

des Seniorenbeirates im Großen Sitzungsaal des<br />

Geisweider Rathauses mit dabei. Eigentlich sollte<br />

es nur eine erste „Schnupperrunde“ werden, zu der die Vorstandsmitglieder<br />

des Gremiums die Vertreter der Kirchen<br />

und Wohlfahrtsverbände sowie die Siegener Tafel an einen<br />

Tisch gebeten hatten.<br />

Das Thema hatte dann aber eine elektrisierende Wirkung,<br />

die so nicht vorhersehbar war: Altersarmut in Siegen!<br />

Alle, alle kamen, und das Medieninteresse war plötzlich<br />

so groß, dass Vorsitzender Bernd Alberts flugs den vorgesehenen<br />

Sitzungsraum gegen den großen Ratssaal „eintauschen“<br />

musste. Altersarmut in Siegen, das machte die<br />

Runde deutlich, gibt es in der Tat. Und<br />

das nicht zu knapp. So war es ein guter<br />

und notwendiger Schritt, mit dem der<br />

Seniorenbeirat den Anstoß zu einem<br />

Runden Tisch gegeben hatte. Superintendentin<br />

Annette Kurschus bezog<br />

sich auf die Bibel und hielt die wohl<br />

„griffigste“ Formulierung bereit: Armut<br />

ist ein Skandal Das sahen die eingeladenen<br />

Gesprächsteilnehmer und<br />

die Mitglieder des Seniorenbeirates<br />

genauso. Und so kamen sie einstimmig<br />

überein, gemeinsam mit einem<br />

„Bündnis gegen Armut“ dem auch in<br />

Siegen immer öfter zu beobachtenden<br />

Phänomen entgegenzuwirken.<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

Es muss etwas passieren<br />

Runder Tisch gegen Altersarmut<br />

Nach dem ersten Erfahrungsaustauch sollen in Zukunft<br />

ein gegenseitiger Ideenaustausch und die Verabredung<br />

gemeinsamer Aufgaben den Runden Tisch beleben. Vorsitzender<br />

Bernd Alberts schlug vor, im Rahmen einer Podiumsdiskussion<br />

auch die Politiker an einen Tisch zu bringen.<br />

Zuvor hatte er über die immer bedrohlicher werdende<br />

Altersarmut referiert. Dass diese schon heute grundgelegt<br />

wird, machte Dr. Wolfgang Bauch in seinen Ausführungen<br />

über die Kinderarmut in Deutschland deutlich. In besonderem<br />

Maße werden demnächst auch die ausländischen Mitbürger<br />

von der Altersarmut betroffen sein, so Melice Gecer<br />

vom Integrationsrat. <br />

Alle Texte und Bilder der Seiten „Aus dem Seniorenbeirat“: von Dr. Horst Bach<br />

A. Kurschus (lks.) beim Runden Tisch des Seniorenbeirats: „Armut ist ein Skandal“<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 43


Der Behindertenbeauftragte<br />

Rainer Damerius<br />

(links), Olaf N.<br />

Schwanke im<br />

Gespräch.<br />

Mitte Ernst Göckus<br />

vom Seniorenbeirat<br />

und rechts Bernd<br />

Alberts, Vorsitzender<br />

des Seniorenbeirats.<br />

Hannelore Henrich in der<br />

Servicestelle Geisweid<br />

Birgitta E. Radermacher,<br />

Stadträtin von Siegen<br />

was 08/15-mäßiges.“ Jahre später konnte sich der Skeptiker<br />

davon überzeugen: Er bekam genau das, was er wollte.<br />

Von nullachtfuffzehn kann überhaupt keine Rede sein. Ulf<br />

Stötzel wurde jetzt an seine damalige Einstellung erinnert.<br />

Sein Blick ging in die Runde. Der Mann nickte dann beifällig<br />

und schmunzelte.<br />

Aus vollem Hals hingegen lachte Regiestellen-Leiterin<br />

Astrid E. Schneider, als sie zur Einweihung einen<br />

rustikalen Kohlkopf geschenkt bekam. Von der Ursel des<br />

Duos Weigand und Genähr. Die Ursel fertigt neuerdings<br />

deftige Gestecke aus Wirsing an.<br />

Eine frisch geerntete und mit einer Kerze liebevoll<br />

aufgepeppte breitblätterige Gemüsekugel zierte bis zum<br />

Welken den Tresen in der neuen Regiestelle.<br />

Dieter Gerst<br />

Erstmals waren Fernsehkameras bei einer Sitzung<br />

des Seniorenbeirates im Großen Sitzungsaal des<br />

Geisweider Rathauses mit dabei. Eigentlich sollte<br />

es nur eine erste „Schnupperrunde“ werden, zu der die Vorstandsmitglieder<br />

des Gremiums die Vertreter der Kirchen<br />

und Wohlfahrtsverbände sowie die Siegener Tafel an einen<br />

Tisch gebeten hatten.<br />

Das Thema hatte dann aber eine elektrisierende Wirkung,<br />

die so nicht vorhersehbar war: Altersarmut in Siegen!<br />

Alle, alle kamen, und das Medieninteresse war plötzlich<br />

so groß, dass Vorsitzender Bernd Alberts flugs den vorgesehenen<br />

Sitzungsraum gegen den großen Ratssaal „eintauschen“<br />

musste. Altersarmut in Siegen, das machte die<br />

Runde deutlich, gibt es in der Tat. Und<br />

das nicht zu knapp. So war es ein guter<br />

und notwendiger Schritt, mit dem der<br />

Seniorenbeirat den Anstoß zu einem<br />

Runden Tisch gegeben hatte. Superintendentin<br />

Annette Kurschus bezog<br />

sich auf die Bibel und hielt die wohl<br />

„griffigste“ Formulierung bereit: Armut<br />

ist ein Skandal Das sahen die eingeladenen<br />

Gesprächsteilnehmer und<br />

die Mitglieder des Seniorenbeirates<br />

genauso. Und so kamen sie einstimmig<br />

überein, gemeinsam mit einem<br />

„Bündnis gegen Armut“ dem auch in<br />

Siegen immer öfter zu beobachtenden<br />

Phänomen entgegenzuwirken.<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

Es muss etwas passieren<br />

Runder Tisch gegen Altersarmut<br />

Nach dem ersten Erfahrungsaustauch sollen in Zukunft<br />

ein gegenseitiger Ideenaustausch und die Verabredung<br />

gemeinsamer Aufgaben den Runden Tisch beleben. Vorsitzender<br />

Bernd Alberts schlug vor, im Rahmen einer Podiumsdiskussion<br />

auch die Politiker an einen Tisch zu bringen.<br />

Zuvor hatte er über die immer bedrohlicher werdende<br />

Altersarmut referiert. Dass diese schon heute grundgelegt<br />

wird, machte Dr. Wolfgang Bauch in seinen Ausführungen<br />

über die Kinderarmut in Deutschland deutlich. In besonderem<br />

Maße werden demnächst auch die ausländischen Mitbürger<br />

von der Altersarmut betroffen sein, so Melice Gecer<br />

vom Integrationsrat. <br />

Alle Texte und Bilder der Seiten „Aus dem Seniorenbeirat“: von Dr. Horst Bach<br />

A. Kurschus (lks.) beim Runden Tisch des Seniorenbeirats: „Armut ist ein Skandal“<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 43


Diese Seiten stehen dem Seniorenbeirat der Stadt Siegen zur Verfügung. Die Redaktion des „durchblick“ hat keinen Einfl uss auf die Auswahl der Beiträge.<br />

Das Thema „Alt und Jung“ spielt in der Arbeit des Seniorenbeirates<br />

der Stadt Siegen eine ganz wichtige<br />

Rolle. Bei der Standortbestimmung und Zukunftsplanung<br />

des Gremiums im vergangenen Jahr bei einer Klausurtagung<br />

in Wilgersdorf war es vor allem Dr. Maria Czell ein wichtiges<br />

Anliegen, auf dieses wichtige Miteinander hinzuweisen:<br />

„Das Zusammentreffen der verschiedenen Generationen sollte<br />

Freude auf beiden Seiten schaffen und den Lebensalltag von<br />

Kindern und Senioren bereichern.“ Im Siegener Sophienheim<br />

versucht die stellvertretende Beiratsvorsitzende seither diesem<br />

Ziel näherzukommen. Und das mit Erfolg, wie die folgende<br />

„Tagebuchaufzeichnung“ beweist:<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

Jung und Alt backen gemeinsam<br />

Kein Waffel-Stillstand im Sophienheim<br />

als der Weltkriegsteilnehmer von den Leiden der deutschen<br />

Soldaten beim Russlandfeldzug zu erzählen begann. Mit<br />

dem Namen Russland verbanden die Kleinen offensichtlich<br />

zunächst eine ganz bestimmte Vorstellung, die in die<br />

Frage mündete: „Trinken Sie Wodka? Viel Wodka?“ Franz<br />

Wunderlich verneinte, erzählte weiter und konnte mit so<br />

manchen Vorurteilen der Kinder über Deutsche und Russen<br />

aufräumen. Während für Franz Wunderlich das Kriegsgeschehen<br />

plötzlich wieder ganz nahe rückte, war dieses<br />

für die Kinder doch offensichtlich unendlich weit weg. Zu<br />

weit, um weitere Fragen zu stellen. Zumal der Duft von<br />

frisch gebackenen Waffeln die Räumlichkeiten durchzog<br />

Mit einer Backaktion bereicherten die Kinder vom Fischbacherberg das Leben der BewohnerInnen im Sophienheim.<br />

Franz Wunderlich sitzt gerührt in seinem Rollstuhl und<br />

will die Hand der kleinen Lorena gar nicht mehr loslassen.<br />

Dem 87-jährigen Bewohner des Sophienheims, dem Altenpflegezentrum<br />

der Diakonie an der Ecke Bürbacher Weg/<br />

Südstraße, stehen die Tränen in den Augen. So sehr freut er<br />

sich über den Besuch der Kindergruppe, die da am Samstagnachmittag<br />

beim gemeinsamen Waffelbacken im Gemeinschaftsraum<br />

der Alteneinrichtung im wahrsten Sinne<br />

des Wortes für „Leben in der Bude“ sorgt.<br />

Genau das war es, was Dr. Maria Czell vom Seniorenbeirat<br />

der Stadt Siegen erreichen wollte: Begegnungen zwischen<br />

Jung und Alt schaffen, nicht über Probleme reden,<br />

sondern Freude haben in der Gemeinschaft und beim gemeinsamen<br />

Tun. Sozialpädagogin Beate Gieseler vom Jugendamt<br />

der Stadt Siegen unterstützte das Vorhaben. Die<br />

von ihr ausgewählten Kinder des Jugendtreffs Fischbacherberg<br />

stehen in der Regel auch nicht nur auf der Sonnenseite<br />

des Lebens. So war ihnen denn die Begeisterung an diesem<br />

ebenso abwechslungs- wie lehrreichen Backnachmittag<br />

deutlich anzumerken.<br />

Lorena, Eldin, Hayder, Anna Lena und Dana „löcherten“<br />

Franz Wunderlich mit Fragen, als dieser vom Krieg in<br />

Russland zu erzählen begann. „Sind Sie Russe?“ wollten<br />

die Kinder als Erstes wissen und wurden dann ganz still,<br />

und Alt und Jung zur gemeinsamen Kaffeetafel an einen<br />

Tisch brachte.<br />

Mit in der Runde auch Martina Liebe. Die 59-Jährige hat<br />

vor drei Jahren noch als Kindergärtnerin gearbeitet, ehe ein<br />

Schlaganfall sie ganz plötzlich aus dem Berufsleben riss. Sie<br />

kann nicht viel sprechen, aber ihre Augen leuchten beim Anblick<br />

des bunten Treibens um sie herum. Auch bei ihr werden<br />

Erinnerungen wach. Diese mit Worten wiederzugeben, bleibt<br />

der Schlaganfallpatientin allerdings weitgehend versagt.<br />

Als die Kinder sich nach rund zwei Stunden verabschieden,<br />

müssen sie versprechen wiederzukommen. Dr.<br />

Maria Czell und Beate Giesler, die zuvor bereits einen gemeinsamen<br />

Spielabend im Sophienheim organisiert hatten,<br />

wollen jetzt weitere Zusammenkünfte zwischen Alt und<br />

Jung im Sophienheim organisieren. Dann werden die Tage<br />

schon wieder länger dauern und heller sein als beim Winterbesuch<br />

im Januar <strong>2009</strong>.<br />

Fritz Wunderlich und die anderen Heimbewohner freuen<br />

sich schon auf den „frischen Wind“, den die Kinder mit ins<br />

Pflegeheim bringen. Und auch für Lorena, Dana & Co. ist<br />

der Nachmittag mit den „Alten“ immer eine willkommene<br />

Abwechslung im machmal auch recht tristen Schulalltag.<br />

So bringen sich Jung und Alt gegenseitig etwas mehr Sonne<br />

in ihr Leben. <br />

44 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Verantwortlich für deren Inhalt ist nach dem Presserecht Dr. Horst Bach, der Pressesprecher des Seniorenbeirats der Stadt Siegen.<br />

„Absatzkrise“<br />

Im bitterkalten Nachkriegswinter 1946 auf dem Weg zum Trupbacher Bäcker<br />

In den frostigen Zeiten des Winters 2008/<strong>2009</strong> wurden<br />

Erinnerungen wach an Schnee und Eiseskälte in der<br />

Nachkriegszeit. Damals hatten viele Menschen nicht<br />

genug Brennmaterial, sodass der „Kohlenklau“ sogar kirchlicherseits<br />

durch den damaligen Kölner Erzbischof Frings<br />

stillschweigend geduldet wurde. „Fringsen“ nannte man<br />

daher auch das „Klauen“ von Briketts, Koks und anderen<br />

Brennstoffen aus den auf den Bahnhöfen stehenden Güterwaggons<br />

der Reichsbahn. Da viele Väter im Krieg geblieben<br />

oder noch in Gefangenschaft waren, versuchten hauptsächlich<br />

die Mütter der verarmten Familien, mit dieser eigentlich<br />

ungesetzlichen „Brennstoffzufuhr“ ihren Kindern eine<br />

warme Wohnstube nicht nur zu den Festtagen zu „bescheren“.<br />

Aber auch an warmer Kleidung, insbesondere auch<br />

an dem geeigneten Schuhwerk mangelte es. Hier kann sich<br />

Zeitzeuge Helmut Plate aus der Siegener Numbachstraße<br />

noch eindrucksvoll an eine Begebenheit erinnern, die ihn<br />

bis heute nicht losgelassen hat. Mit „Absatzkrise“ beschreibt<br />

der agile 72-jährige Rentner im Gespräch mit dem durchblick<br />

das einschneidende Erlebnis im Nachkriegswinter<br />

1946. Schuhe waren in der Familie damals Mangelware,<br />

und so musste Helmut Plate den ganzen Sommer über in einer<br />

Schreinerei gefertige Holzsandalen mit Lederriemchen,<br />

sogenannte „Kläpperchen“, tragen. Als der Winter näherrückte,<br />

hatte Mutter Plate für ihren Sprössling endlich ein<br />

Paar Lederschuhe aufgegabelt. Viel zu groß, aber mit dicken<br />

Socken und Einlegesohlen wurden sie „tragbar“ und passend<br />

gemacht. Diese Schuhe musste Helmut Plate natürlich hüten<br />

wie seinen Augapfel, denn es waren die einzigen „Treter“,<br />

die er hatte. Und sie mussten den ganzen Winter über halten.<br />

Im Januar 1946 lag wie heute eine dicke Schneedecke<br />

über dem Siegerland. Helmut Plate wurde von seiner Mutter<br />

zum Bäcker nach Trupbach geschickt,<br />

um Brot einzukaufen. Der<br />

Weg von der Numbachstraße aus<br />

durch dicken Schnee war reichlich<br />

beschwerlich. Gut, dass Helmut<br />

Plate da seine derben Schuhe mit<br />

stabilen Absätzen hatte. Doch diese<br />

Stabilität erwies sich als trügerisch,<br />

denn als Helmut Plate nach<br />

Beendigung der Einkaufstour vor<br />

dem Haus in der Numbach seine<br />

Schuhe „abtreten“ wollte, waren<br />

beide Absätze nicht mehr vorhanden.<br />

„Meine Mutter geriet in Wut,<br />

weil sie glaubte. ich hätte irgendwo<br />

Fußball gespielt, und schickte<br />

mich postwendend zurück nach<br />

Trupbach, um die verlorenen Absätze<br />

zu suchen.“ Reichlich „betränt“<br />

machte sich Helmut Plate<br />

Aus dem Seniorenbeirat<br />

auf den Weg, und<br />

siehe da, auf halbem<br />

Wege wurde<br />

der eine, etwas<br />

weiter der zweite<br />

Absatz gefunden.<br />

Freudestrahlend<br />

überreichte er<br />

wenig später die<br />

wiedergefundenen<br />

Schätze seiner<br />

Mutter. Eine genaue<br />

Inspektion<br />

des Schuhwerks<br />

ergab sodann, dass<br />

die vermeintlichen<br />

Lederabsätze nur<br />

aus Pappe bestanden<br />

und mittels<br />

„Mählbabb“ auf<br />

Akrobat schööön: Helmut Plate<br />

bei einer Absatzkontrolle vor dem<br />

Weidenauer Hauptbahnhof.<br />

die Gummisohle<br />

aufgeklebt worden<br />

waren. Mit „Mählbabb“<br />

bezeichneten die Siegerländer damals ihren notgedrungen<br />

aus Mehl und Wasser hergestellten Ersatzkleber. Im<br />

nassen Schnee hatten sich die Absätze auf dem Weg nach<br />

Trupbach gelöst und selbstständig gemacht. „Noch heute<br />

kontrolliere ich routinemäßig immer mein Schuhwerk und<br />

mache einen Absatzkontrolle, wenn ich durch tiefen Schnee<br />

gehe“, sagte der „Absatzroutinier“ Helmut Plate mit einem<br />

leichten Schmunzeln im Gesicht. Von einer erneuten „Absatzkrise“<br />

wollte er allerdings nicht sprechen. <br />

Kein Feinstaubfilt er<br />

nöti g !<br />

DIREKT VOM HERSTELLER<br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 45<br />

5 Bilder Dr. Horst Bach


Kirche<br />

WELTGEBETSTAG<br />

Ein Fenster im März<br />

Ist ein Fenster zur Welt<br />

Ein Tag voller Phantasie und Liebe<br />

Ein ökumenisches Datum<br />

Eine Überraschung für viele<br />

Ein Schritt auf ein gemeinsames Ziel.<br />

Irisches Kreuz – Symbol des<br />

Weltgebetstages<br />

Jedes Jahr laden<br />

Frauen aller Konfessionen<br />

am ersten<br />

Freitag im März zum<br />

Weltgebetstag (WGT)<br />

ein. Der Weltgebetstag<br />

ist eine weltweite Bewegung<br />

christlicher Frauen<br />

aus vielen Traditionen,<br />

die jedes Jahr zum Feiern<br />

eines gemeinsamen<br />

Gebetstages zusammenkommen.<br />

Durch<br />

den Weltgebetstag teilen<br />

Frauen in aller Welt ihre<br />

Hoffnungen und Ängste,<br />

ihre Freuden und Sorgen,<br />

Möglichkeiten und Bedürfnisse. Das Weltgebetstagsymbol,<br />

ein Irisches Kreuz, bringt dies zum Ausdruck: Aus vier<br />

Himmelsrichtungen kommen Menschen im Gebet zusammen,<br />

kniend bilden sie ein Kreuz. Ein grüner Kreis, der<br />

alle verbindet, bedeutet die Welt, auf der wir gemeinsam<br />

unterwegs sind. Grün ist die Farbe für Gott, der Hoffnung<br />

und Irland.<br />

Wie entstand der Weltgebetstag? Welche Anliegen<br />

hat er? Wann haben wir das erste Mal in unserem<br />

Land und in unserer Stadt den Weltgebetstag gefeiert?<br />

Was uns heute in Deutschland fast als Selbstverständlichkeit<br />

erscheint und was wir als weltweite Gebetsbewegung<br />

erleben, nahm seinen Anfang im vorigen Jahrhundert<br />

in den USA. Sie hat ihre Wurzeln in der Weltmissionsbewegung.<br />

1887 rief eine Pfarrfrau in New York zu einem<br />

Gebetstag für die Inlandsmission auf, um die damals herrschenden<br />

Nöte nach dem Bürgerkrieg und das Elend der<br />

Einwanderer vor Gott zu tragen und im Gebet Kraft und<br />

Mut zu schöpfen, selbst etwas zur Besserung zu tun.<br />

1890 kamen zwei Baptistische Frauen von einer Missionsreise<br />

zurück, wo sie die Nöte und Missstände vor<br />

allem der Frauen in Asien gesehen hatten, sie riefen deshalb<br />

zu einem Gebetstag für die äußere Mission auf. Beide<br />

Gebetstage wurden unabhängig voneinander gefeiert. Die<br />

missionarisch bewegten Frauen waren aber auch besonders<br />

motiviert, konfessionelle Grenzen zu überwinden, zunächst<br />

zwischen den protestantischen kirchlichen Gemeinschaften.<br />

Diese Bestrebungen führten 1919 zur Zusammenlegung<br />

der beiden Gebetstage sowie zur Gründung eines nationalen<br />

Komitees, das die Gebetstexte erarbeitete. Beten<br />

und Handeln waren von Beginn an die Richtpunkte. Mit<br />

den Kollekten wurde Bildungsarbeit finanziert, wurden<br />

Wanderarbeiter in der USA unterstützt, wurden Missionsprojekte<br />

ermöglicht. Das „Beten und Handeln“ zog dann<br />

gewaltige Kreise. Nach und nach schlossen sich immer<br />

mehr Länder an.<br />

1927 wurde zum ersten Mal zu einem Weltgebetstag<br />

aufgerufen und beschlossen, den Gottesdienst nach einer<br />

gemeinsamen Liturgie zu feiern. Methodistische Frauen in<br />

Deutschland schlossen sich diesem weltweiten Beten an,<br />

blieb aber noch unbeachtet in den anderen Kirchen. Erst<br />

ab 1949 wird der Weltgebetstag durch die Initiative von<br />

Dr. Antonie Nopitsch, die Gründerin des Bayerischen Mütterdienstes<br />

in Stein bei Nürnberg, über die evangelischen<br />

Frauenwerke und über die verantwortlichen Frauen in den<br />

kleineren Kirchen überall in Deutschland eingeführt. Nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg entwickelt sich die Weltgebetstagarbeit<br />

in der Bundesrepublik und in der DDR getrennt, aber<br />

doch in engem Austausch weiter. War der WGT bis 1969<br />

eine protestantische Bewegung, kamen nach dem Zweiten<br />

Vatikanischen Konsil auch die katholischen Frauen dazu.<br />

Heute arbeiten im Deutschen Weltgebetstagkomitee e.V.<br />

zwölf Frauenorganisation aus neun verschiedenen Konfessionen<br />

zusammen. Seit 1970 ist der WGT eine der Säulen<br />

der Ökumene.<br />

Lange Zeit haben die Frauen in Deutschland den WGT<br />

meist in kleinen Gruppen gefeiert. Der Durchbruch zur großen<br />

Bewegung in der Bundesrepublik erfolgte um das Jahr 1980.<br />

Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Gebetstages in Siegen<br />

46 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Kirche<br />

Durch all die Jahre hindurch lag die Stärke der Themen<br />

der Weltgebetstagsordnungen darin, dass sie die<br />

Herausforderungen der jeweiligen Zeit aufgegriffen haben,<br />

z.B. die Verantwortung für den Frieden, die immer<br />

größer werdende Kluft zwischen Reichen und Armen, die<br />

Verletzung der Menschenrechte, Gewalt gegen Frauen,<br />

die wachsende Einsamkeit vieler Menschen und das Entstehen<br />

neuer Randgruppen ... Leider ist heute die Not in<br />

der Welt nicht weniger geworden. Um konkret beten und<br />

handeln zu können, braucht man Informationen, deshalb<br />

wird von „informiert beten – betend handeln“ gesprochen.<br />

Informiert werden wir durch die Gebetsordnung, die jedes<br />

Jahr aus einem anderen Land zusammengestellt wird,<br />

und so können wir dann vor Ort gezielt für bestimmte<br />

Anliegen in dem Land beten. Und das geschieht weltweit,<br />

sodass Frauen rund um den Globus am selben Tag und mit<br />

einer gemeinsamen Liturgie vereint sind. Ein Aspekt des<br />

Handelns ist die finanzielle Unterstützung, die dank der<br />

jährlichen Kollekte an Frauenprojekte in der ganzen Welt<br />

vergeben wird. Die Kollekte im Jahr 2007 betrug allein in<br />

Deutschland 3 Mio. Euro und wurde für 231 Projekte in<br />

76 Ländern bereitgestellt.<br />

Wann haben wir nun das erste Mal in unserer Stadt<br />

den WGT gefeiert?<br />

Die älteste Gebetsordnung, die uns zur Verfügung steht,<br />

ist aus dem Jahre 1956. Es ist anzunehmen, dass in diesem<br />

Jahr der erste WGT in Siegen in der Martinikirche unter<br />

der Leitung von Frau Pastorin Luise Fuchs gefeiert wurde.<br />

Die evangelische Landeskirche und die Freikirchen haben<br />

in den ersten Jahren den WGT getrennt gefeiert, sind dann<br />

aber mehr und mehr zusammengewachsen, sodass dann<br />

Anfang der 60er Jahre der Gottesdienst auf Allianzbasis<br />

zentral in der Martinikirche gefeiert wurde. 1968 kamen<br />

die katholischen Frauen dazu. Schwester Bernadet, Äbtissin<br />

des Clarissen-Klosters Eremitage in Wilnsdorf, predigte<br />

Organisationskomitee für den Weltgebetstag in Siegen-Mitte<br />

2 Fotos: Hellwig<br />

viele Jahre in der Martinikirche zum WGT. Heute wird die<br />

Feier des Weltgebetstags abwechselnd in verschiedenen<br />

Kirchengemeinden veranstaltet. Ich befragte Dipl.-Rel.-<br />

Pädagogin Claudia Montanus über den konkreten Ablauf<br />

der Weltgebetstagfeier in Siegen-Mitte.<br />

Frage: Wer beteiligt sich an der Planung und Durchführung<br />

der Weltgebetstagsgottesdienste in Siegen-Mitte? Und<br />

wie geht das vor sich?<br />

Claudia Montanus: Vier Frauen überlegen im Vorfeld,<br />

ein Vorbereitungsteam aus 12–14 Frauen überlegt anschließend<br />

gemeinsam Ideen für die Gestaltung der Gottesdienste,<br />

informiert sich über das jeweilige Land, lernt neue<br />

Lieder, probiert Rezepte aus, sinnt nach über die gewählten<br />

biblischen Texte, diskutiert über die Situation des Landes,<br />

erklärt sich solidarisch mit den Frauen in aller Welt. Dieses<br />

Team trifft sich dreimal und einmal zur Nachlese und Nachfeier<br />

des Ganzen. Mitmachen tun zumeist ehrenamtliche<br />

Frauen und werden von Pfarrerin Silke Panthöfer vom<br />

Frauenreferat des Kreises Siegen und von mir begleitet.<br />

Frage: Das klingt ganz lebendig – wie sieht dann die<br />

Feier des Weltgebetstags konkret aus?<br />

Claudia Montanus: Das bleibt den Gemeinden oder<br />

Regionen überlassen. Hier in Siegen-Mitte bieten wir zwei<br />

Gottesdienste an, einen am Nachmittag und einen am Abend<br />

in verschiedenen Kirchen, als Wahlmöglichkeit für die berufstätigen<br />

bzw. die älteren Besucherinnen. Bei jedem Gottesdienst<br />

(der Ort bzw. die gastgebende Gemeinde wechselt<br />

jedes Jahr) wird der Raum besonders festlich geschmückt,<br />

es gibt dem Land entsprechende Musik, meist ein Anspiel<br />

oder eine passende Gestaltung und anschließend landestypische<br />

Leckereien zu verkosten.<br />

Das Wichtigste jedoch ist das gemeinsame Lesen der vom<br />

Landeskomitee erarbeiteten Gottesliturgie. Ein erhebendes<br />

Gefühl, mit Christinnen aus über 170 Ländern der ganzen Welt<br />

am selben Tag zur selben Zeit Gottesdienst zu feiern!<br />

Frage: Wer sind die Frauen, die mitmachen?<br />

Claudia Montanus: Ganz normale, oft in einer christlichen<br />

Kirche engagierte jüngere und ältere Frauen, die<br />

neugierig sind auf neue Länder und Gewohnheiten, die Lust<br />

haben an Ökumene und sich auf diese Weise gesellschaftlich<br />

engagieren wollen.<br />

Frage: Ist das Ganze ökumenisch?<br />

Claudia Montanus: Ja, diese Arbeit (übrigens die größte<br />

kirchliche Basisorganisation dieser Art) wird von katholischen,<br />

evangelischen und freikirchlichen Frauen miteinander<br />

gestaltet.<br />

Frage: Und das gibt keine Probleme?<br />

Claudia Montanus: Ganz im Gegenteil, da wir ein gemeinsames<br />

erklärtes Ziel haben, ...<br />

Frage: Und das wäre?<br />

Claudia Montanus: ... die Welt in den Blick zu nehmen,<br />

zu informieren, durch gemeinsames Beten und<br />

Handeln, Nächstenliebe auf praktische Weise zu üben,<br />

Solidarität zu leben und nicht zuletzt den Ärmsten zu helfen.<br />

Durch diese Mitte, dieses Ziel sind wir dicht bei- <br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 47


Kirche<br />

Ein Paar auf die Ohren?<br />

Viel hören - Wenig verstehen?<br />

Von diesem Problem mit dem Gehör ist annähernd jeder<br />

Siebte betroffen. Der Anfang: Angestrengtes Verstehen und<br />

Verwechselung bei Neben<br />

geräuschen, wobei es bei<br />

Einzelgesprächen oft noch<br />

geht. Meist sind beide Ohren<br />

gleichermaßen betroffen.<br />

Für eine individuelle<br />

Versorgung mit Hör- und<br />

Versteh-Hilfen stehen wir<br />

Ihnen bei der Auswahl und<br />

Anpassung dieser Geräte<br />

mit unserem stets aktuellen<br />

Fachwissen gerne zu Diensten. In unserem Meisterbetrieb<br />

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ruhig kritisch sein. Viele Werbeaussagen sind übertrieben und<br />

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einander, Trennendes ist nicht so sehr zu spüren. Wir erleben<br />

vielmehr, dass wir uns in unseren unterschiedlichen<br />

Sichtweisen ergänzen. Diskutieren darf und muss sein. Das<br />

stärkt das eigene Profil.<br />

Frage: Weltgebetstags„arbeit“ – ist das Arbeit?<br />

Claudia Montanus: Arbeit ja. Der Einsatz beträgt doch<br />

viele Stunden an vielen Tagen, Jede setzt sich ein, so viel<br />

sie mag und auf die Weise, die ihr liegt. Und: Das Projekt ist<br />

begrenzt. So sind wir nachher immer erleichtert und freuen<br />

uns schon wieder auf das nächste Treffen im November<br />

des nächsten Jahres. Nicht zuletzt: Die Arbeit macht Spaß,<br />

bereichert sie doch jede Frau persönlich – und das Erleben<br />

von solch gemeinschaftlichem<br />

Tun<br />

unter Gottes Segen,<br />

der die ganze<br />

Welt umspannt,<br />

ist etwas Wunderbares.<br />

In<br />

diesem<br />

Jahr kommt<br />

der Weltgebetstag<br />

aus Papua-<br />

Neuguinea. Das<br />

Titelbild der Gebetsordnung<br />

ist ein<br />

Kreuz, in dessen<br />

Mitte das Wappentier<br />

Paradiesvogel<br />

steht. Ringsherum<br />

sind Gesichter<br />

– stehen für die<br />

Vielfalt unter den<br />

Menschen –, Fische<br />

und Palmen<br />

– stehen für die<br />

Leben spendende<br />

Titelbild der Weltgebetstagsordnung<br />

von Papua-Neuguinea<br />

Fülle der Natur –, Tonkrug, Schiff und Trommel abgebildet.<br />

Das Ganze symbolisiert den kulturellen Reichtum<br />

des Inselstaates. Das Land ist ein fruchtbares Land mit<br />

tropischem Klima, und trotzdem gibt es große Armut im<br />

Land, und Missstände im sozialen Bereich. Die Frauen aus<br />

Papua-Neuguinea beten für ihr Land und Frauen rund um<br />

die Welt nehmen diese Gebete in Liebe und Solidarität auf<br />

und bringen sie als ihre eigenen Gebete vor Gott.<br />

Dorothea Istock<br />

Literaturverzeichnis:<br />

Bote für die evangelische Frau 1/1987<br />

Margarete Knauf, 100 Jahre Weltgebetstag der Frauen<br />

Weltgebetstag der Frauen - deutsches Komitee e.V., Weltgebetstag. Viele sind<br />

wir, doch eins in Christus.<br />

Bildernachweis:<br />

Weltgebetstag der Frauen - deutsches Komitee e.V. Stein, Veronika Hellwig und<br />

Margarete Müller vom Weltgebetstagkomitee Siegen-Mitte.<br />

48 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Menschen<br />

Elke Schweisfurth<br />

Meine Gedanken, Empfindungen und Gefühle<br />

Natur<br />

Die Natur ist der Glanz<br />

Der Schönheit, der Berge,<br />

Wälder und Seen.<br />

In der Natur ist die<br />

Geborgenheit, die Wärme,<br />

Der Atem zum Leben.<br />

In der Natur ist die<br />

Freiheit, die Hoffnung<br />

Und der Frieden<br />

Ineinander.<br />

Der frische Duft der<br />

Pflanzen, der Wälder<br />

Und Seen geben mir die<br />

Innere Ruhe.<br />

Mensch<br />

Härte, Tapferkeit<br />

zählen über alles,<br />

sonst ist man kein<br />

Mensch.<br />

Nur keine Tränen verlieren<br />

und seine Gefühle verstecken,<br />

sonst ist man kein<br />

Mensch.<br />

Nur nach Norm und Etiketten<br />

gehen,<br />

so wie die Gesellschaft<br />

es gerne haben will,<br />

dann ist man Mensch.<br />

Elke Schweisfurth ist 1956 in<br />

Siegen geboren. Durch eine<br />

fortschreitende Krankheit ist<br />

sie schon im Kindesalter erblindet. In<br />

den 80er Jahren war sie aktiv in der<br />

Siegener Gruppe von Amnesty international,<br />

danach mehrere Jahre engagiert<br />

im dortigen Flüchtlingsrat. 1990/1991<br />

Mitbegründerin des Vereins Gemeinschaft<br />

der Blinden und Sehbehinderten<br />

Schriftsteller und ihre Freunde e.V.<br />

Trotz aller Erschwernisse hat Elke<br />

Schweisfurth sich nicht entmutigen<br />

lassen. Sie nimmt am gesellschaflichen<br />

Leben teil und bringt sich aktiv ein.<br />

Ihre Gedanken und Gefühle in Worte<br />

zu fassen und als kurze Gedichte interessierten<br />

Leserinnen und Lesern anzubieten<br />

macht ihr besondere Freude. Sie<br />

selber sagt dazu: „Zum Schreiben bin<br />

ich gekommen, weil ich mir Gedanken<br />

gemacht habe über die Dritte Welt und<br />

die Menschenrechte. Es befreit mich,<br />

wenn ich über diese Dinge und über<br />

meine Gedanken schreibe.“<br />

Ihre Gedichte befassen sich vorwiegend<br />

mit gesellschaftspolitischen und<br />

sozialen Themen. Ihr Gedichtband,<br />

aus dem ich die genannten Gedichte<br />

entnommen habe, geben Denkanstöße<br />

zum Besinnen, Nachdenken und Meditieren.<br />

Dorothea Istock<br />

Es wächst der Baum,<br />

es wächst die Pflanze,<br />

es wächst das Gras<br />

und die Blumen<br />

bunt gemischt.<br />

Es wächst das Korn,<br />

es wächst die Frucht,<br />

es wächst in jedem Land<br />

eine andere Frucht und Pflanze.<br />

HAUS PATMOS - ein Besuch lohnt sich.<br />

HAUS PATMOS<br />

Hotel & Gästehaus<br />

Patmosweg 60 . 57078 Siegen<br />

Telefon 02 71 / 77 00 96-0<br />

info@hauspatmos.de . www.hauspatmos.de<br />

Haus Patmos liegt in einem parkähnlichen Gelände, mitten im Naturschutzgebiet<br />

Langenbachtal. Es ist das ideale Haus für Einzelübernachtungen, für Freizeit- und<br />

Gruppenreisen, für Tagungen, für Familienfeiern, Erholung und Entspannung.<br />

Das Restaurant im Haus Patmos ist täglich geöffnet und bietet mittags wechselnde<br />

Tagesmenüs, Kaffee und Kuchen am Nachmittag und Essen à la carte am Abend.<br />

Testen Sie unseren guten und preiswerten Mittagstisch täglich von 12.00 bis 14.00 Uhr.<br />

In Kürze werden direkt am Patmospark attraktive, barrierefreie<br />

Seniorenwohnungen errichtet.<br />

Es wächst die Saat<br />

Herzlich willkommen im Haus Patmos - erleben Sie<br />

echte Gastfreundschaft in natürlicher Umgebung.<br />

Es wächst die Saat<br />

in rauhen Mengen,<br />

sodass Mensch und Tier<br />

satt werden können<br />

und Freude an den Pflanzen haben.<br />

Es wächst die Saat,<br />

man plündert die Armen um die Saat,<br />

damit die Satten noch satter werden.<br />

Ihr Team vom Haus Patmos


Wozu Religion?<br />

Gedanken über die Frage: Wozu braucht der Mensch Religion?<br />

Spannend und immer wieder neu gestellt<br />

Es hat schon einige Zeit bei mir gedauert, bis ich<br />

mich endlich dazu entschließen konnte, oder sollte<br />

ich besser sagen, dazu durchgerungen hatte, diesen<br />

Artikel über die Frage nach der Notwendigkeit von Religion<br />

zu schreiben. Nicht zuletzt deshalb, weil die Frage nach<br />

Sinn und Zweck von Religion ein komplexes Themenfeld<br />

anspricht und aus verschiedenen<br />

Blickwinkeln heraus gestellt werden<br />

kann. Hinzu kommt, dass<br />

sich in der Vergangenheit schon<br />

viele prominente Geisteswissenschaftler<br />

sprich Theologen,<br />

Philosophen, Soziologen und<br />

Psychologen, aber auch Naturwissenschaftler,<br />

darunter Physiker<br />

wie Albert Einstein und Carl<br />

Friedrich von Weizsäcker, zu diesem<br />

Thema mehr oder weniger<br />

ausführlich und intensiv geäußert<br />

haben. Ein Blick in die fachbezogene<br />

Literatur bestätigt dies.<br />

Warum, so mein immer wieder<br />

aufsteigender innerer Widerstand,<br />

sollte ich als Laie auch noch meinen<br />

„unwissenschaftlichen Senf“<br />

dazutun? Ausschlaggebend, es<br />

doch zu tun, war schließlich der<br />

Gedanke, dass es bei dieser zwar<br />

schwierigen, aber nach wie vor<br />

sehr spannenden Frage, in ihrem<br />

Kern überhaupt nicht um<br />

spezielles „Wissen“ gehen kann,<br />

sondern viel mehr um „erlebte<br />

Erfahrung“. Was ich damit sagen<br />

will: Religion, richtig verstanden<br />

und praktiziert, ist keine Angelegenheit<br />

des Kopfes und der Intelligenz.<br />

Religion, und hier im<br />

Besonderen das Christentum mit<br />

seinem mystischen Hintergrund,<br />

will und kann, wenn überhaupt,<br />

in seiner wahren Tiefe nicht mehr<br />

gedacht, sondern immer nur ganz<br />

persönlich erfahren werden. Und dazu braucht es kein<br />

Hochschulstudium, sondern vor allem Achtsamkeit, um die<br />

Kostbarkeit und Einzigartigkeit des Daseins und die tiefe<br />

universale Verbundenheit mit allem Lebendigen zu erfahren<br />

und zu spüren. Aber dazu später mehr.<br />

Soweit der Mensch wissenschaftlich (anthropologisch,<br />

archäologisch, ethnologisch) überhaupt in der Lage ist, in<br />

Philosophischer Essay<br />

seine eigene Entwicklungsgeschichte zurückzublicken,<br />

sicherlich aber seit dem Zeitpunkt, ab dem der Mensch die<br />

geistige Fähigkeit besaß, sich selbst zu erkennen und über<br />

sein eigenes Dasein in der Welt zu reflektieren, versucht er,<br />

eine für ihn befriedigende Antwort auf die beunruhigende<br />

Frage nach dem Woher und Wohin seines Lebens zu finden<br />

und damit nach Sinn und Zweck von Religion.<br />

Verschärft und an Bedeutung<br />

erheblich zugenommen hat diese<br />

Frage jedoch durch die umfangreichen<br />

Erkenntnisse in den<br />

Naturwissenschaften der letzten<br />

dreihundert Jahre. Insbesondere<br />

die neu entwickelten naturwissenschaftlichen<br />

Theorien über die<br />

Entstehung des Universums (Urknalltheorie),<br />

die Entwicklung<br />

des Lebens auf der Erde (Evolutionstheorie),<br />

die Erkenntnisse über<br />

Raum und Zeit (Relativitätstheorie)<br />

bis hin zu den Forschungsergebnissen<br />

in der Psychologie<br />

und Neurologie, sie alle haben<br />

nicht nur das Weltbild gravierend<br />

verändert, sondern auch dem bis<br />

dahin vorherrschenden Menschenbild<br />

mehrere narzisstische<br />

Kränkungen zugefügt.<br />

Aber all diese neuen naturwissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse und<br />

eine weltweite Zunahme säkularisierender<br />

Gesellschaftsformen<br />

haben es bis heute nicht fertiggebracht,<br />

die Religionen dieser Welt<br />

überflüssig zu machen. Nach wie<br />

vor bekennen sich weit über 80<br />

Prozent aller Menschen, und das<br />

sind 6,7 Milliarden, zu einer der<br />

fünf großen Weltreligionen, davon<br />

(nur noch?) 2,1 Milliarden<br />

Christen. Wenn aber alle naturwissenschaftlichen<br />

Versuche, die<br />

Welt und den Menschen zufriedenstellend<br />

erklären zu wollen, nicht<br />

ausreichen, wenn trotz allem wissenschaftlichen und technischen<br />

Fortschritt, trotz der geistesgeschichtlichen Epoche<br />

der Aufklärung in Europa, der größte Teil der Menschheit in<br />

irgendeiner Form (immer noch) religiös ist, liegt dann nicht<br />

die Vermutung nahe, dass es tief in der Natur des Menschen<br />

liegen muss, ein religiöses Wesen zu sein? Ist Religiosität<br />

nicht, wie allgemein angenommen, nur soziokulturell anerzogen<br />

und psychologisch begründet, sondern hat sie auch<br />

50 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Philosophischer Essay<br />

eine biologische Komponente? Gehört Religiosität, wie<br />

die Sprachfähigkeit, zur natürlichen Grundausstattung des<br />

Menschen und bietet aus evolutionärer Sicht gesehen einen<br />

Selektionsvorteil? Sowohl innerhalb der eigenen Spezies<br />

als auch gegenüber anderen Lebewesen? Immerhin wächst<br />

die Zahl von uns Menschen, der wir ein religiös veranlagtes<br />

Lebewesen sind, jedes Jahr um weitere 80 Millionen, während<br />

andere, unreligiöse Lebewesen wie die Tiere, nicht nur<br />

in vieler Hinsicht den Kürzeren ziehen, sondern auch aussterben.<br />

Hat aus dieser evolutionär-biologischen Perspektive<br />

heraus Religiosität eine genetische<br />

oder neurologische, also<br />

substanzielle Grundlage, die bis<br />

heute wissenschaftlich nur noch<br />

nicht bewiesen werden kann?<br />

Seit einigen Jahren bemühen<br />

sich Wissenschaftler unterschiedlicher<br />

Fachdisziplinen, unter ihnen<br />

Biologen, Genforscher, Neurologen,<br />

Soziologen und Psychologen,<br />

über alle Fachrichtungen hinweg,<br />

auf diese Frage eine gemeinsame<br />

Antwort zu finden. Aber bevor ich<br />

auf diese wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

und Studien etwas<br />

näher eingehe, möchte ich zunächst<br />

einmal auf der Grundlage meiner<br />

alltäglichen Beobachtung ganz einfach<br />

und pragmatisch fragen:<br />

Welche Vorteile bietet Religion<br />

im alltäglichen Leben?<br />

Sind Sie der Frage nach der Notwendigkeit<br />

von Religion (auch in<br />

Ihrem persönlichen Leben) schon<br />

einmal ernsthaft nachgegangen?<br />

Sowohl naturwissenschaftlich<br />

als auch gesellschaftspolitisch?<br />

Braucht der Mensch, um auf<br />

dieser Erde (über) leben zu können,<br />

biologisch wie soziologisch<br />

überhaupt eine Religion? Ganz<br />

unabhängig davon, um welche<br />

Religion es sich dabei handelt?<br />

Ob um eine der drei sogenannten<br />

Wüstenreligionen Christentum,<br />

Judentum oder den Islam, um die<br />

zwei größten fernöstlichen Religionen,<br />

Buddhismus und Hinduismus, um eine Form der<br />

chinesischen Religion, Konfuzianismus bzw. Daoismus,<br />

oder eine der vielen alten Stammesreligionen wie die der<br />

Aborigines in Australien? Naturwissenschaftlich betrachtet<br />

braucht Leben, in welcher Form und Entwicklungsstufe<br />

es auch immer auf dieser Erde in Erscheinung tritt, ob als<br />

Pflanze, Tier oder auch als Mensch, keine Religion. Der<br />

beste Beweis dafür sind die Tiere an unserer Seite. Im Leben<br />

der Tiere gibt es keine Religion. Auch die uns biologisch<br />

am nächsten stehenden Menschenaffen, die Schimpansen,<br />

deren genetische Übereinstimmung mit uns Menschen bei<br />

über 98 Prozent liegt und die naturwissenschaftlich ausgedrückt<br />

unsere Vettern sind, kommen ohne Religion aus.<br />

Für Schimpansen stellt sich die Frage nach Religion überhaupt<br />

nicht und trotzdem leben sie schon seit vielen Millionen<br />

Jahren, viel länger als wir Menschen, erfolgreich<br />

auf dieser Erde. Und so ist es im ganzen Tierreich rund um<br />

den Globus. Leben ja, sofern die<br />

Lebensräume der Tiere durch den<br />

Menschen nicht zerstört werden,<br />

Religion nein. Das beweist doch,<br />

biologisch gesehen, Religion ist<br />

für das Überleben auf dieser Erde<br />

nicht erforderlich.<br />

Für den unbarmherzig tobenden<br />

Überlebenskampf in der<br />

Natur braucht es andere Voraussetzungen,<br />

wie Fitness, Vitalität,<br />

Kraft und Ausdauer. Eigenschaften,<br />

die ausschließlich dem<br />

Zweck zur Fortpflanzung der<br />

eigenen Art dienen. Nicht zu vergessen<br />

eine natürliche Intelligenz<br />

und mit ihr die Fähigkeit, sich<br />

veränderten Lebensbedingungen<br />

anzupassen. All diese Faktoren<br />

sichern das Überleben in der<br />

Natur, aber keine Religion.<br />

Wenn aber Religion biologisch<br />

nicht nötig ist, was hat<br />

die Evolution, was hat uns, den<br />

Homo sapiens, dann veranlasst<br />

(oder gar genötigt?), irgendwann<br />

und irgendwo in unserer langen<br />

Entwicklungsgeschichte trotzdem<br />

ein religiöses Wesen zu werden,<br />

ein Homo religiosus? Nur so aus<br />

Spaß, aus einer Laune heraus, oder<br />

war es Zufall? Was verbirgt sich<br />

hinter dem natürlichen Bedürfnis<br />

des Menschen nach Religiosität,<br />

wenn biologisch kein Überlebensvorteil<br />

zu erkennen ist? Wo liegt<br />

ihr Nutzen?<br />

Und wie sieht es soziologisch<br />

aus? Der Mensch ist ein zutiefst soziales Wesen. Er braucht<br />

die Gemeinschaft mit anderen, um überleben zu können.<br />

Insbesondere der moderne Mensch von heute kann, aufgrund<br />

der Komplexität und Verwobenheit der Lebensbedingungen,<br />

nur noch in größeren politischen und wirtschaftlichen<br />

Gesellschaften existieren. Aber, so ist auch hier zu<br />

fragen, welchen sozialen Lebensvorteil bietet ihm <br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 51


dabei die Zugehörigkeit zu einer Religion? Bei uns, hier<br />

in Deutschland und Europa, die Zugehörigkeit zum Christentum?<br />

Welchen Vorteil hat in unserer Gesellschaft ein<br />

gläubiger Christ gegenüber einem Nichtgläubigen im ganz<br />

gewöhnlichen Alltag, mit seinen Aufgaben und Pflichten,<br />

seinen alltäglichen Sorgen und Ängsten? Schützt ihn seine<br />

Religion vor Armut, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit, Unfällen,<br />

Krankheit und Tod? Bietet sie ihm sowohl materielle als auch<br />

geistige Vorteile? Genießt er durch seine Religiosität mehr<br />

gesellschaftliches Ansehen? Wo liegt der gesellschaftliche<br />

und soziale Nutzen, religiös zu sein? Wir Menschen, völlig<br />

unabhängig ob religiös oder unreligiös, sind doch den gleichen<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sachzwängen<br />

ausgesetzt. Um sich in unserer Gesellschaft zu behaupten<br />

und ihn ihr existieren zu können, braucht es keine Religion.<br />

In einer zunehmend säkularisierten Welt sind Glaube<br />

und Religion nicht erforderlich, um ein erfolgreiches (und<br />

zufriedenes?) Leben zu führen. Was zählt, und auch ohne<br />

jeden Zweifel wichtig ist, sind Bildung und Wissen, Fleiß<br />

und Ausdauer, Durchsetzungskraft und Zielstrebigkeit, Flexibilität<br />

und Kreativität sowie, wie auch schon aus biologischer<br />

Sicht gesehen, körperliche und geistige Fitness und<br />

Gesundheit. Alles dies sind Erfolg versprechende Eigenschaften,<br />

aber keine Religiosität. Hinzu kommt, so meine<br />

persönliche Erfahrung, dass religiöse Menschen, und hier<br />

meine ich insbesondere Menschen, die sich bekennende und<br />

gläubige Christen nennen, nicht automatisch auch die besseren<br />

Menschen sind, denn moralisch-ethisches Denken und<br />

Handeln, Achtung und Ehrfurcht vor allem Leben, Rücksichtnahme<br />

und Hilfsbereitschaft gegenüber Schwächeren<br />

u. v. a. positive Eigenschaften, die einen im humanistischen<br />

Sinne „guten Menschen“ zugeschrieben werden, all diese<br />

Tugenden sind nicht notwendigerweise an Religiosität und<br />

die Mitgliedschaft einer christlichen Kirche gebunden. (Dazu<br />

und zu einem sogenannten Samariterexperiment später<br />

etwas mehr). Ganz im Gegenteil möchte ich fragen: Richten<br />

Religionen auf dieser Erde und unter den Menschen<br />

nicht eher großen Schaden an? Wie viel unbeschreibliches<br />

Leid und Elend, Tod und Verderben, haben Religionskriege,<br />

religiös motivierte Verfolgungen und Vertreibungen, nicht<br />

schon über die Menschheit gebracht. Millionenfach. Rund<br />

um den Globus. Bis in die Gegenwart hinein. Schauen wir<br />

nur genau hin, auf die weltweiten Krisenherde und den internationalen<br />

Terrorismus und wir erkennen in den meisten<br />

Fällen einen religiösen Hintergrund. Drängt sich da nicht die<br />

bekannte Frage auf: Wäre die Welt, wäre der Mensch ohne<br />

Religion nicht friedfertiger? Insbesondere mit Blick auf die<br />

bereits genannten drei großen monotheistischen Wüstenreligionen<br />

mit ihren fundamentalistischen Wahrheitsansprüchen?<br />

Aber es wäre sicherlich falsch, all diese kriegerischen<br />

Auseinandersetzungen immer und ausschließlich nur auf<br />

religiöse Motive als Ursachen zurückzuführen. Oft genug<br />

sind sie nur Mittel und Zweck zur Erhaltung und Ausdehnung<br />

der eigenen politischen Macht.<br />

Halten wir bis hierhin fest: Obwohl die Veranlagung und<br />

Fähigkeit zur Religiosität, aufgrund seiner Wesensart und<br />

seines Verhaltens, tief in der Natur des Menschen verankert<br />

sein muss, bietet sie ihm weder biologisch noch soziologisch<br />

keine direkt erkennbaren Lebensvorteile. Eher ist Gegenteiliges<br />

festzustellen. Religionen verbergen ein tödliches<br />

Potenzial. Durch ihre unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen<br />

liefern sie immer wieder fundamentalistischen<br />

Sprengstoff für kriegerische Auseinandersetzungen. Außerdem<br />

sind im alltäglichen Leben religiösgläubige Menschen<br />

nicht automatisch auch die besseren Menschen. Wenn aber<br />

alldem so ist und diese meine Feststellungen zutreffen, ist<br />

es dann nicht berechtigt zu fragen: wozu Religion? Worin<br />

liegt der persönliche Lebensvorteil des einzelnen Menschen<br />

religiös zu sein und wieso sind fast alle Religionen dieser<br />

Welt, in ihren jeweiligen Kulturen und Gesellschaften, so<br />

tief verwurzelt? Und überhaupt ...<br />

... was ist das eigentlich genau, Religion?<br />

Etymologisch (Etymologie = Wortforschung) wird Religion<br />

meist abgeleitet von den drei lateinischen Wörtern<br />

religio, relegere und religare und mit „anbinden“, „festbinden“<br />

und „etwas wiederholt sorgfältig beachten“ übersetzt.<br />

Aber das ist keine befriedigende und ausreichende<br />

Beantwortung der Frage. Bei der Suche nach einer Antwort<br />

drängt sich mir als Erstes die Abwandlung der Frage „Was<br />

also ist Zeit?“ von Kirchenvater Augustinus (354–430)<br />

auf. „Was also ist Religion?“ Die Antwort, die Augustinus<br />

dazu gab, könnte bei mir die gleiche zur Religion sein:<br />

„Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es<br />

52 durchblick 1/<strong>2009</strong>


aber einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.“ Kein<br />

Wunder, denn bis heute gibt es keine allgemein wissenschaftlich<br />

anerkannte Definition für den Begriff Religion.<br />

Bereits 1912 klagte der amerikanische Psychologe James<br />

Leuba darüber, dass es mehr als 50 Definitionen gebe. 1) Bis<br />

heute hat sich daran nichts geändert. Im Gegenteil, es sind<br />

weitere hinzugekommen. Ein Grund für die verwirrende<br />

Situation sind die unterschiedlichen Perspektiven und Positionen,<br />

aus denen heraus Religion beschrieben, aber auch<br />

beurteilt wird. Dabei ist es fast zwangsläufig, dass je nach<br />

wissenschaftlicher Fakultät die Definition anders ausfallen<br />

muss. So umschreibt ein Religionswissenschaftler oder ein<br />

Theologe den Begriff Religion sicherlich anders, als ein<br />

Philosoph, Soziologe, Psychologe oder auch Neurologe.<br />

Hinzu kommt die persönliche Einstellung der jeweiligen<br />

Person, denn Religion ist wesentlich „innerlich“ und berührt<br />

immer auch das eigene, subjektive Empfinden. Insbesondere<br />

bei der Beschreibung des Begriffs Religion ist der<br />

wissenschaftlich allgemein angestrebte objektive Blick von<br />

Nirgendwo nach Irgendwo nicht möglich. Das Ergebnis<br />

einer Beschreibung, unabhängig aus welcher Perspektive,<br />

ist immer subjektiv eingefärbt und das gilt für beide Richtungen,<br />

sowohl befürwortend als auch ablehnend. Beispielhaft<br />

dafür sei nur auf die unterschiedlichen Auffassungen<br />

der Philosophen Kierkegaard, Schleiermacher, Nietzsche<br />

und Feuerbach zur Religion hingewiesen. Fast aussichtslos<br />

wird der Versuch, Religion(en) in ihrer Mehrzahl zu beschreiben.<br />

Deshalb möchte ich mich auch auf eine einfache<br />

Formulierung, die ich in meinem schlauen Philosophischen<br />

Wörterbuch gefunden habe, beschränken. Dort heißt es;<br />

„Religion ist die vom Glauben an die Existenz eines Gottes,<br />

einer Gottheit bestimmte Weltanschauung und Lebensführung;<br />

das Gefühl der Verbundenheit, der Abhängigkeit, der<br />

Verpflichtung gegenüber einer geheimnisvollen Macht“.<br />

Belassen wir es bei dieser Formulierung mit dem Hinweis<br />

darauf, dass es Religionen wie den Buddhismus gibt, bei<br />

denen man streiten kann, ob es sich um eine Religion oder<br />

mehr um eine philosophische Weltdeutung handelt.<br />

Die Vielfalt von Religiosität<br />

Sicherlich wird es dem aufmerksamen Leser und der<br />

aufmerksamen Leserin nicht entgangen sein, dass ich bisher<br />

nicht nur von Religion, sondern an manchen Stellen<br />

auch von Religiosität gesprochen habe. Beides sind schillernde<br />

Begriffe, die oft ineinander verschwimmen, insbesondere<br />

dann, wenn es um Erklärungsversuche geht. Ab<br />

jetzt möchte ich jedoch unterscheiden zwischen Religion<br />

als eine religiöse Weltanschauung mit festgeschriebenen<br />

Glaubensinhalten, und Religiosität, als eine grundsätzlich<br />

natürliche Veranlagung des Menschen zur Transzendenz,<br />

d. h. die Fähigkeit, über die Grenze seines Lebens hinaus<br />

denken und reflektieren zu können. Und genau hier, bei<br />

der Religiosität des einzelnen Menschen, ihren Einfluss auf<br />

sein Leben, ihre vielfältigen Ausdrucksformen, ihre evolutionäre<br />

Entwicklung, sowie die Verbindungen von Religiosität<br />

zu anderen Lebensbereichen wie z. B. zur Gesundheit<br />

und Medizin, liegt der Kern meiner Gedanken. Schließlich<br />

frage ich in diesem Beitrag ja nach dem „Wozu Religion?“<br />

Vielleicht sollte ich meine Frage ja präzisieren und ändern<br />

in: „Wozu Religiosität?“<br />

An dieser Stelle möchte ich einen Vergleich wagen und<br />

Religiosität mit einem Rucksack, einem „religiösen Rucksack“<br />

vergleichen, den jeder von uns mit sich trägt. Wir<br />

Menschen sind Reisende, Wanderer durch Raum und Zeit.<br />

Wir spüren den Raum (Körperlichkeit) und erfahren die Zeit<br />

(Vergänglichkeit). Auf dieser Lebenswanderung trägt jeder<br />

von uns einen religiösen Rucksack bei sich, in dem sich sein<br />

geistigseelischer Proviant und sein religiöser Kompass befinden.<br />

Dieser religiöse Rucksack wurde den meisten von<br />

uns schon in früher Kindheit umgehangen. Gefüllt haben<br />

ihn vorwiegend unsere Eltern und Kirchenvertreter (Theologen<br />

und Seelsorger). Sie waren es, die bestimmt haben,<br />

was zum religiösen Proviant (= Glaubensinhalt) gehört und<br />

in welche Richtung der Kompass zeigen soll. Viele von uns<br />

haben im Laufe ihres Lebens längst eine Bestandsaufnahme<br />

gemacht und den Inhalt des religiösen Rucksacks auf seine<br />

Wirksamkeit und seinen Realitätsgehalt hin überprüft.<br />

Maßstab für diese permanente Inventur war (und ist) das<br />

Leben selbst, und vieles von dem, was einst als Proviant<br />

in den Rücksack hineinkam, wurde als unnötiger Ballast<br />

(Bürde) empfunden und wieder rausgenommen. Was heute<br />

noch in diesem religiösen Rucksack verblieben ist, ob er<br />

ganz leer und deshalb abgelegt wurde, oder ob ein <br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 53


anderer religiöser Proviant hinzugekommen ist, dürfte von<br />

Mensch zu Mensch unterschiedlich sein und ist abhängig,<br />

um im Bild der Wanderschaft zu bleiben, von den Erfahrungen<br />

und Erlebnissen seiner bisherigen Wanderschaft.<br />

Angefangen beim Atheisten, der „religiös unmusikalisch“<br />

ist (um eine Formulierung des Soziologen Max<br />

Weber zu verwenden), über eine aus der Natur bezogenen<br />

Religiosität, bis hin zu einem tiefgläubigen Christenmenschen,<br />

Religiosität ist so vielfältig wie es Menschen<br />

gibt. Ihre Bedeutung und ihren inhaltlichen Wert erhält sie<br />

aus der persönlichen Weltanschauung des Menschen, wie<br />

z. B. seiner Gottesvorstellung (Monotheismus, Polytheismus),<br />

seiner Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft<br />

(Christ, Moslem, Jude, Buddhist), seiner humanistischen<br />

Grundeinstellung oder auch seiner Einstellung zur Natur<br />

(Naturgesetze, Urknall- und Evolutionstheorie etc.) Auf<br />

alle diese vielfältigen religiösen Unterschiede kann ich<br />

hier natürlich nicht näher eingehen. Deshalb beschränke<br />

ich mich bei der Religion auf das Christentum, der Religion,<br />

der sicherlich die meisten von uns angehören bzw. am<br />

nächsten stehen, und bei der Religiosität auf eine Teilung in<br />

zwei Hauptzweige, in eine „institutionelle“ und eine „persönliche<br />

Religiosität.“ 3) Wissenschaftler und Psychologen<br />

sprechen auch von einer extrinsischen (extrinsisch = äußerlich,<br />

belohnend, zweckmäßig) und einer intrinsischen (intrinsisch<br />

= verinnerlichen, aus eigenem Antrieb) Glaubensorientierung.<br />

2) Wie groß die Vielfalt von Religiosität ist,<br />

wird auch äußerlich, d.h. architektonisch sichtbar, durch die<br />

vielen unterschiedlichen religiösen Begegnungsstätten und<br />

Kirchen hier in Siegen und Umgebung, wie die oben und<br />

unten mitlaufenden Bildstreifen sehr schön verdeutlichen.<br />

Die institutionelle Religiosität<br />

In diesem Zweig finden wir eine äußerlich sichtbare,<br />

theologisch orientierte Religiosität. Ihre Grundlagen und<br />

Motivation liegen in der Mitgliedschaft einer Religionsgemeinschaft<br />

(Kirche) mit ihren jeweiligen Glaubensinhalten,<br />

Lehren und Dogmen. Sie ist traditionsbewusst und findet<br />

ihren Ausdruck in liturgisch unterschiedlichen Feierlichkeiten<br />

wie Taufe, Gottesdienst, Abendmahl, heilige Messe,<br />

Kommunion und Konfirmation etc. All diese religiösen<br />

Handlungen erfolgen in der Gemeinschaft mit anderen, d.h.<br />

in Kirchengemeinden unter der Leitung ausgebildeter Theologen,<br />

Priester und Pastoren. Sie sind die Vermittler zwischen<br />

Gott und den Gläubigen. In der Gemeinschaft will der<br />

Mensch Gott Ehre erweisen, ihn anbeten, preisen und loben,<br />

ihm geloben, seine göttlichen Gebote zu befolgen, damit<br />

Gott an ihm sein Wohlgefallen hat. (Die alten Griechen<br />

würden sagen, um die Gunst der Götter zu erringen). Der<br />

extrinsisch religiöse Mensch verbindet damit die Hoffnung,<br />

dass Gott ihm gegenüber wohl gesonnen ist. Gott soll durch<br />

gemeinsame Gebete, Gelöbnisse und religiös-liturgische<br />

Opfergaben gütig gestimmt werden, den Menschen segnen,<br />

ihn in seinem irdischen Leben behüten und seine Seele<br />

nach dem Tod in den Himmel des ewigen Lebens aufnehmen.<br />

Die äußerlich praktizierte institutionelle Religiosität<br />

hat, nicht zuletzt aus langer Kirchentradition heraus, zuerst<br />

„Gott im Blick“. Ein Gott, in der Gestalt eines Vaters auf<br />

dem Richterstuhl, vor dem sich der Mensch zu verantworten<br />

hat und vor dessen Urteil er sich fürchten muss. Dieses<br />

Urteil versucht der Mensch zu beeinflussen. Ein Gottesbild,<br />

bei dem Kritiker von einem kirchlich verwalteten und manipulierbaren<br />

Gott sprechen. Es ist eine vom Herzen des<br />

Menschen isolierte Religiosität, angstbesetzt, imperativ<br />

mit der Neigung zur Intoleranz. Ihre festgelegten rituellen<br />

Handlungen vollziehen sich einförmig und schablonenhaft<br />

und ihre vorgegebenen Gebets- und Liedertexte klingen oft<br />

wie Worthülsen, hohl und leer. Der Grund: sie werden meist<br />

ohne echte innere Anteilnahme abgehalten und vorgetragen,<br />

weil sie nicht den ganzen Menschen erfassen und losgelöst<br />

sind von den tatsächlichen Empfindungen und Gefühlen des<br />

einzelnen Menschen. Der Mensch glaubt, seine Pflicht Gott<br />

gegenüber nachkommen zu müssen. Und das wissen wir<br />

doch alle, wenn ich etwas nur aus Pflichterfüllung tue, ist<br />

zwar meine Angst, nicht aber mein Herz anwesend.<br />

Ist es da verwunderlich, wenn bei dieser Form von Religiosität<br />

die Zahl der Kirchgänger und Gottesdienstbesucher<br />

ständig rückläufig ist? Zugespitzt formuliert könnte<br />

man auch von einer „gottgefälligen, kirchlich organisierten<br />

Sonn- und Feiertags-Religiosität mit manipulativen Eigenschaften“<br />

sprechen.<br />

54 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Die persönliche Religiosität<br />

Bei ihr sollte unterschieden werden zwischen einer glaubensorientierten<br />

und einer offenen Religiosität. Beide Formen<br />

sind in ihrer religiösen Ausstattung und Ausrichtung<br />

zwar sehr unterschiedlich, haben aber einen wesentlichen<br />

Punkt gemeinsam: in beiden Fällen findet Religiosität zuerst<br />

und wesentlich im Innern des einzelnen Menschen statt, sozusagen<br />

ein innerer ganz persönlicher Orientierungsprozess,<br />

bei dem der ganze Mensch erfasst wird. Bei der glaubensorientierten<br />

Religiosität steht das Bemühen im Mittelpunkt,<br />

die Werte des Glaubens in das tägliche Leben zu übertragen,<br />

d. h. sie in allen Situationen des Lebens zu praktizieren,<br />

auch dann – und dies ist im Gegensatz zur institutionellen<br />

Religiosität wichtig zu unterscheiden –, wenn damit persönliche<br />

Nachteile verbunden sind. Der Glaube ist Lebensinhalt<br />

und bestimmt die Lebensform. Nicht im Leben glauben,<br />

sondern den Glauben leben ist das Ziel. Ein großer Unterschied,<br />

denn hier sind alle Lebensbereiche des Menschen<br />

betroffen. Ordensleute, Missionare und Menschen, die aus<br />

ihrer Glaubensüberzeugung heraus ein karges Klosterleben<br />

einem normalen bürgerlichen Leben vorziehen, leben aus<br />

dem Glauben heraus. Sie folgen unerschütterlich ihrer eigenen<br />

inneren Stimme und Berufung, auch wenn ihr Glaubensweg,<br />

der auch ihr Lebensweg ist, nicht immer leicht und von<br />

Zeit zu Zeit mit Selbstzweifeln behaftet ist. Problematisch<br />

kann es allerdings für diese Menschen dann werden, wenn<br />

ihre persönliche Glaubensüberzeugung, auf der Basis ihrer<br />

eigenen, inneren Gotteserfahrung und das damit verbundene<br />

Gottesbild, sowie ihre Weltanschauung mit den offiziellen<br />

Lehren der Kirche nicht (mehr) übereinstimmen. Nicht selten<br />

wurden sie der Häresie (Ketzerei) beschuldigt und in der<br />

Vergangenheit verfolgt oder gar getötet. Mönche wie Martin<br />

Luther, der Mystiker Meister Eckart und Giordano Bruno, um<br />

nur diese drei zu nennen, sind bekannte Beispiele. In unserer<br />

Zeit sind so anerkannte Theologen wie Eugen Drewermann,<br />

Hans Küng, Rupert Lay oder auch Williges Jäger zu nennen,<br />

denen von der Katholischen Kirche bzw. von ihren Orden<br />

die offizielle Lehrbefugnis entzogen wurde und sicherlich<br />

gibt es noch viele weitere Beispiele. Wie differenziert und<br />

unterschiedlich der Einzelfall auch immer sein mag, der Weg<br />

einer innerlich erlebten und äußerlich gelebten, glaubensorientierten<br />

Religiosität führt, auch ohne institutionelle Amtshilfe<br />

der Kirche, über Meditation und Kontemplation hin zur<br />

Spiritualität und Mystik. In ihr lag und liegt der Humus für<br />

Heilige und Märtyrer, ja sogar für die großen Religionsstifter<br />

wie Moses, Mohammed, Jesus oder auch Buddha, denn<br />

auch sie lehrten und lebten ihren Glauben auf der Grundlage<br />

einer innerlich unerschütterlichen Glaubensüberzeugung,<br />

verbunden mit einer eigenen tiefen Gotteserfahrung. So gesehen<br />

liegen die Wurzeln aller großen Weltreligionen nicht in<br />

einer Kirche, Synagoge, Moschee oder einem Tempel, sondern<br />

in der persönlichen Religiosität eines einzelnen Menschen.<br />

Eine, wie ich finde, bedenkenswerte Feststellung.<br />

Ganz anders bei der offenen Religiosität. Sie ist eine<br />

suchende und fragende Religiosität. Bei ihr steht nicht Gott<br />

oder der Glaube im Mittelpunkt, sondern der Mensch mit<br />

seiner geistig-seelischen Befindlichkeit. Zu ihr hat jeder<br />

Mensch Zutritt, sie ist frei, unabhängig und religionsneutral.<br />

Ein besonderes Kennzeichen von ihr ist die selbstkritische<br />

Hinterfragung und die immer wieder aufkommenden<br />

Zweifel an endgültigen und vorgegebenen Antworten. Ihr<br />

Motto könnte lauten: „Glaube dem, der auf der Suche nach<br />

der Wahrheit ist, aber misstraue jedem, der meint sie gefunden<br />

zu haben“.<br />

Bei dieser Form der Religiosität stellt sich der Mensch,<br />

ohne Dogmatismus und Orthodoxie, dem Kern seiner eigenen<br />

Existenz mit all seinen Zweifeln und Ängsten. Dabei<br />

versucht er Antworten zu finden auf die Fragen nach dem<br />

Woher und Wohin seines Lebens, insbesondere nach dem<br />

Sinn seiner Person. Er weiß um seine körperliche und geistig-seelische<br />

Verletzbarkeit, und in der Erkenntnis seiner<br />

Vergänglichkeit, d.h. in der Gewissheit seines persönlichen<br />

Todes, sucht er inneren Halt und Orientierung. Bei dieser<br />

Suche macht er sich auf den Weg, hin zur eigenen Mitte,<br />

denn er spürt, dass das Göttliche, wie und was es auch immer<br />

sein mag, nicht in der Kirche, sondern nur in ihm selbst<br />

verborgen und zu finden ist. Dabei denkt und glaubt er nicht<br />

von Gott her, sondern zu Gott hin. Ein wesentlicher Unterschied.<br />

Warum? Im ersten Fall macht sich der Mensch ein<br />

Bild von Gott, z. B. das Bild einer Vaterfigur. Er glaubt nicht<br />

nur zu wissen, wer Gott ist, sondern er maßt sich auch an zu<br />

wissen, was Gott will, d.h., er denkt von Gott her. Im <br />

durchblick 1/<strong>2009</strong> 55


Philosophischer Essay<br />

Gegensatz dazu macht sich der Mensch im zweiten Fall<br />

kein Bild von Gott („Ihr sollt euch kein Bild machen“, Altes<br />

Testament Ex 20,1-5) und kennt auch nicht seine Absichten.<br />

Er hat nichts anderes als ein hoffendes Vertrauen auf ein<br />

bedingungsloses Angenommenwerden und die Geborgenheit<br />

in einem absoluten Gegenüber, nämlich in Gott. Das<br />

Einzige, was er über Gott zu wissen glaubt, ist, dass er ihn,<br />

seinem menschlichen Bedürfnis nach Nähe und Wärme folgend,<br />

mit DU anreden darf. (Auf das fährlässige Sprechen<br />

von Gott, das dazu führen kann, dass Menschen, weil sie<br />

über das Wort verfügen, meinen, auch über Gott verfügen<br />

zu können 4) , kann ich hier nur hinweisen.) Obwohl beide<br />

Arten der persönlichen Religiosität in ihren Ausgangspositionen<br />

sehr unterschiedlich sind, die eine mit und die andere<br />

ohne festen Glaubensinhalt, haben sie etwas Wichtiges gemeinsam:<br />

bei beiden verläuft, um den amerikanischen Psychologen<br />

und Philosophen Williams James (1842–1910) zu<br />

zitieren, „die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen<br />

direkt von Herz zu Herz, von Seele zu Seele“. 3)<br />

Halten wir auch hier fest: Religiosität ist nicht gleich Religiosität<br />

und religiös sein bedeutet nicht gleichzeitig, auch<br />

christlich-kirchlich gläubig zu sein. Hermann Hesse, der<br />

große deutsche Dichter und Nobelpreisträger (1877–1962),<br />

hat dies für sich so zum Ausdruck gebracht: „Ich habe nie<br />

ohne Religion (Religiosität, d. V.) gelebt und könnte keinen<br />

Tag ohne sie leben, aber ich bin mein Leben lang ohne<br />

Kirche ausgekommen“. (Hermann Hesse, Mein Glaube,<br />

Frankfurt 1987, S. 62). Diese Aussage von Hermann Hesse<br />

möchte ich aufnehmen, denn in meinen nachfolgenden<br />

Gedanken binde ich Religiosität nicht an eine Kirche, sondern<br />

sehe in ihr das natürliche Bedürfnis des Menschen,<br />

seinem Leben einen tiefgründigen und über den Tod hinausgehenden<br />

Sinn und Halt zu geben. Ob dabei das Christentum,<br />

insbesondere aber Jesus, der Mann aus Nazareth,<br />

Hilfestellung und Orientierungspunkte geben kann – ich<br />

denke dabei an die Bergpredigt (Mt. 5-7) –, steht auf einem<br />

völlig anderen Blatt. Und das Religiosität darüber hinaus<br />

viel mit unserem täglichen Leben zu tun hat, welche Verbindungen<br />

zu anderen Lebensbereichen bestehen, welchen<br />

Einfluss sie haben kann und überhaupt wozu Religiosität<br />

eigentlich gut ist, werden wir noch sehen, aber …<br />

… jetzt, wo es erst richtig spannend und interessant<br />

wird, muss ich feststellen, dass ich das Limit meiner Seitenzahl<br />

im durchblick schon (wieder mal) erreicht habe, ohne<br />

das Thema und die Fragestellung hinreichend behandelt zu<br />

haben. Deshalb muss ich hier leider unterbrechen und den<br />

interessierten Leser und die interessierte Leserin auf die<br />

Fortsetzung meines Beitrages in der nächsten Ausgabe des<br />

durchblick hinweisen, der Anfang Juni erscheinen wird.<br />

Damit Ihnen das Thema bis dahin aber nicht abhandenkommt<br />

und falls Sie daran interessiert sind zu erfahren, wie<br />

Ihr ganz persönliches Religiositätsprofil aussieht, empfehle<br />

ich Ihnen in der Zwischenzeit die Teilnahme an einer Online-Umfrage<br />

der Bertelsmann-Stiftung. Dort ist Ihre ganz<br />

persönliche Religiosität gefragt. Die Umfrage ist vollständig<br />

anonym, d. h. ohne irgendwelche Personenangaben und<br />

gilt ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Am Ende<br />

der Umfrage können Sie, gewissermaßen als Belohnung<br />

für die Beantwortung der vielen Fragen, kostenlos Ihr ganz<br />

persönliches Religiositätsprofil erstellen lassen. Ich habe<br />

es getan und kann Sie nur ermuntern, es ebenfalls zu tun.<br />

Unter www.religionsmonitor.com erfahren Sie mehr. Falls<br />

Sie interessiert sind, aber keinen PC mit Internetanschluss<br />

haben, kommen Sie ins Haus Herbstzeitlos; im Senecafé<br />

von ALTERAktiv haben Sie Gelegenheit, Ihr Religiositätsprofil<br />

zu erstellen. Die Öffnungszeiten können Sie telefonisch<br />

erfahren.<br />

Schließen möchte ich diesen ersten Teil mit einer Aussage<br />

des deutschen Kulturphilosophen und Dichters Friedrich<br />

v. Schlegel (1772–1829):<br />

„Religiosität ist die Wurzel des menschlichen Daseins,<br />

lasst sie frei, und es wird eine neue Menschheit geben.“<br />

Bis zur nächsten Ausgabe wünsche ich Ihnen eine farbenfrohe<br />

Frühlingszeit mit viel Sonne, in der Natur und in<br />

Ihren Herzen.<br />

Eberhard Freundt<br />

1) Michael Blume, Rüdiger Vaas, in: Gott, Gene und Gehirn (Hirzel-Verlag)<br />

2) Ulrich Schnabel, in: Die Vermessung des Glaubens (Karl Blessing Verlag)<br />

3) William James, in: Die Vielfalt religiöser Erfahrung (Insel Taschenbuch)<br />

4) Rupert Lay, in: Nachkirchliches Christentum (Econ-Verlag)<br />

taupadel<br />

Grabpflege . meisterlich und liebevoll<br />

Meisterbetrieb für zuverlässige Grabpflege im Raum Siegen<br />

Vertragspartner der Gesellschaft für Dauergrabpflege<br />

Morgenstraße 1 | 57076 Siegen | Telefon 0271 - 4889921 | eMail: info@grabpflege-siegen.de | www.grabpflege-siegen.de<br />

56 durchblick 1/<strong>2009</strong>


!" $%&'!()%*+' ,*&-&. / <strong>01</strong>"23*&4 .&3'&. '*((&. *' 5&1&.<br />

Wir möchten den Weg der Feuerbestattung eines Verstorbenen in unserem<br />

Hause bewusst begleiten. Als einziges Krematorium in Deutschland haben wir<br />

daher eine eigene zeremonielle Begleitung der Feuerbestattung entwickelt.<br />

Wir führen Unsere Zeremonie der Feuerbestattung für jeden Verstorbenen<br />

durch. Sie als Angehörige erhalten von uns ein einmaliges und exklusives<br />

Erinnerungsstück, das die bisherige Anonymität einer Feuerbestattung<br />

aufheben möchte.<br />

Gerne können Sie an der Feuerbestattung Ihres Angehörigen teilnehmen<br />

und Ihre Wünsche und Vorstellungen in die Zeremonie einbringen.<br />

Darüber hinaus bieten wir Ihnen die Möglichkeit einer individuell gestalteten<br />

Aufbahrung sowie weitere Möglichkeiten der Nutzung unseres Trauerraumes.<br />

Sie werden durch unsere Mitarbeiter persönlich und kompetent betreut.<br />

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Unterhaltung / Impressum<br />

Es fiel uns auf …<br />

… dass der Gebrauch des Internets den Geist fit hält.<br />

Das legen Ergebnisse einer Untersuchung von Wissenschaftlern<br />

der Universität von Kalifornien nahe. Sie maßen<br />

bei Senioren mit Internet-Erfahrung eine höhere Aktivität<br />

in Hirnregionen, die für Entscheidungsfindung und komplexes<br />

Denken zuständig sind. So haben wir es jetzt schwarz<br />

auf weiß, dass der Gebrauch des Internets was bringt.<br />

… dass Schokolade glücklich macht.<br />

Schokolade enthält sowohl Zucker als auch den Eiweißstoff<br />

Tryptophan. Beides ist notwendig, um das Glückshormon<br />

Serotonin im Gehirn freizusetzen. Außerdem wirkt die enthaltene<br />

Substanz Theobromin anregend und stimmungsaufhellend.<br />

Dann ist es ja kein Wunder, dass wir bei Stimmungstiefs<br />

gerne zu Schokolade greifen.<br />

… dass eine „Flatrate“ sich lohnt.<br />

Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat entschieden, dass<br />

Kunden mit Flatrate ohne Mehrkosten täglich 24 Stunden<br />

telefonieren und im Internet surfen dürfen.<br />

Gut, wer will das schon, aber eine solche Pauschale lohnt<br />

sich ja auch schon bei geringerem Einsatz.<br />

Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: Seite 40/41<br />

Versteckte Blumen: Nelke, Tulpe, Rose, Veilchen, Malve,<br />

Iris, Aster, Lilie, Goldlack, Phlox, Anemone, Erika. Zahlen-<br />

Redewendungen: 1. In seinen 4 Wänden bleiben. 2. Jetzt<br />

schlägt’s 13. 3. Er hat 2 Gesichter. 4. 5 gerade sein lassen.<br />

5. Alle 4 von sich strecken. 6. Auf 80 sein. 7. Mit jemandem<br />

unter 4 Augen sprechen. 8. Gut auf etwas 8ten. 9. Sich auf<br />

seine 4 Buchstaben setzen. 10. Seine 5 Sinne nicht beisammen<br />

haben. 11. Auf allen 4en gehen. 12. 9malklug. 13. Das kannst<br />

du dir an deinen 5 Fingern abzählen. 14. Das ist ein Buch mit<br />

7 Siegeln. 15. Ach du grüne 9e. 16. Zu den oberen 10 000<br />

zählen. Liedanfänge: 1. Bruder Jakob. 2. Abendstille überall.<br />

3. Kein schöner Land in dieser Zeit. 4. Alle Vögel sind schon da.<br />

5. Es tönen die Lieder. 6. Komm, lieber Mai und mache. 7. Es<br />

klappert die Mühle. 8. Aus grauer Städte Mauern. 9. Wenn die<br />

bunten Fahnen wehen. 10. Hoch auf dem gelben Wagen. 11. Im<br />

Wald und auf der Heide. 12. Mein Vater war ein Wandersmann.<br />

13. Wem Gott will rechte Gunst erweisen. Ein Socken-<br />

Problem: Nimmt sie 3 Strümpfe ab, so hat sie mit Sicherheit<br />

ein Paar von der gleichen Farbe darunter, da nur 2 verschiedene<br />

Farben vorhanden sind. Um mit Sicherheit ein schwarzes<br />

Paar zu erhalten, muss sie 10 Strümpfe abnehmen, da sie im<br />

ungünstigsten Fall zunächst alle 8 braunen Strümpfe erwischt.<br />

Logische Ergänzung: 1. Zeile: Frankreich. 2. Zeile: Berlin, Bern.<br />

3. Zeile: Jen. 4. Zeile: Wein. 5. Zeile: Ringen. 6. Zeile: Käse.<br />

Zu guter Letzt:<br />

Eine Mitarbeiterin des durchblick mit Hörproblemen<br />

berichtet von irritierten Menschen anlässlich eines Konzertbesuchs<br />

im Apollo.<br />

Die Induktionsschleife im Saal, die Signale an Hörgeräte<br />

liefern soll, war offensichtlich defekt. Als ihr das Programmheft<br />

vom Schoß rutschte, merkte sie beim Aufheben desselben,<br />

dass in etwa Sitzhöhe die vermissten Töne gut in ihrem<br />

Ohr ankamen. Sie wollte nicht auf den musikalischen Genuss<br />

verzichten und veränderte im Wechsel entsprechend ihre Körperhaltung,<br />

aufrecht zum Sehen, gebückt zum Hören, was<br />

ihre Sitznachbarn erheblich verunsicherte.<br />

durchblick<br />

Herausgeber:<br />

durchblick-siegen Information und Medien e.V.,<br />

Im Auftrag der Stadt Siegen - Regiestelle Leben im Alter<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

„Haus Herbstzeitlos“, Marienborner Str. 151, 57074 Siegen<br />

Telefon 0271 61647 ,Mobil: <strong>01</strong>71-6206413<br />

E-Mail: redaktion@durchblick-siegen.de<br />

Internet: www.durchblick-siegen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />

dienstags auch von von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Redaktion:<br />

Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw); Fritz Fischer;<br />

Eberhard Freundt; Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis;<br />

Dorothea Istock; Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Horst Mahle;<br />

Helga Siebel-Achenbach; Ulli Weber<br />

Bildredaktion:<br />

Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör (verantw.);<br />

Tessie Reeh; Agnes Spar; Peter Spar; Sabine Völkel<br />

Internet:<br />

Thomas Benauer<br />

An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />

Barbara Kerkhoff; Edith Maria Bürger; Julian Felgitsch (S.15-16);<br />

Dr. Horst Bach; Wilma Frohne; Andreas Schmidt; Helga Düringer;<br />

Elke Schweisfurth; Dr. Leif Arne Eickhoff<br />

Fotos/Zeichnungen/Grafik (soweit nicht im Bild angegeben):<br />

M. Anspach; Veronika Hellwig; D. Istock; E. Freundt; F. Fischer;<br />

Hartmut Reeh; Heimatverein Holzhausen; Bärbel Breunig;<br />

I. Göbel; E. M. Bürger; Anne Alhäuser; D. Gerst; S. Völkel; A. Spar;<br />

Dr. H. Bach; G. Klör; H. Mahle; T. Benauer; U. Weber;<br />

H. Siebel-Achenbach; Anne Ahlhäuser; ,,durchblick-Photoshop-Club;<br />

Manfred Hübscher; Veronika Hellwig; Margarete Müller; E. M. Bürger<br />

Hör-CD: Helmut Drabe (verantwortlich); Hans-Peter Gebhardt;<br />

Kruno Schmidt; Ingrid Drabe (Sprecher auf CD-Beilage)<br />

Gestaltung, Satz und Layout:<br />

durchblick - Lektorat<br />

Herstellung und Druck:<br />

Vorländer, Obergraben 39, 57072 Siegen<br />

Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />

Verteilung: Helga Siebel-Achenbach (Ltg.), Ellen Schumacher,<br />

Fred Schumacher, Hannelore Münch, Paul Jochum, Dr. Horst Bach,<br />

Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Dieter Wardenbach, Ingrid Drabe,<br />

Elisabeth Flöttmann, alle Redakteure<br />

Auflage: 10 500 – Der durchblick liegt kostenlos in Sparkassen,<br />

Apotheken, Arztpraxen, Zeitungsverlagen, City-Galerie,<br />

Geschäften des Siegerlandzentrums und öffentlichen Gebäuden aus.<br />

Für die Postzustellung berechnen wir für<br />

vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Die Redaktion behält sich vor, eingesandte<br />

Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte<br />

Beiträge werden nicht zurückgeschickt.<br />

Für unsere Anzeigenkunden gilt die Preisliste<br />

9/2007.<br />

58 durchblick 1/<strong>2009</strong>


Unterhaltung / Impressum<br />

Es fiel uns auf …<br />

… dass der Gebrauch des Internets den Geist fit hält.<br />

Das legen Ergebnisse einer Untersuchung von Wissenschaftlern<br />

der Universität von Kalifornien nahe. Sie maßen<br />

bei Senioren mit Internet-Erfahrung eine höhere Aktivität<br />

in Hirnregionen, die für Entscheidungsfindung und komplexes<br />

Denken zuständig sind. So haben wir es jetzt schwarz<br />

auf weiß, dass der Gebrauch des Internets was bringt.<br />

… dass Schokolade glücklich macht.<br />

Schokolade enthält sowohl Zucker als auch den Eiweißstoff<br />

Tryptophan. Beides ist notwendig, um das Glückshormon<br />

Serotonin im Gehirn freizusetzen. Außerdem wirkt die enthaltene<br />

Substanz Theobromin anregend und stimmungsaufhellend.<br />

Dann ist es ja kein Wunder, dass wir bei Stimmungstiefs<br />

gerne zu Schokolade greifen.<br />

… dass eine „Flatrate“ sich lohnt.<br />

Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat entschieden, dass<br />

Kunden mit Flatrate ohne Mehrkosten täglich 24 Stunden<br />

telefonieren und im Internet surfen dürfen.<br />

Gut, wer will das schon, aber eine solche Pauschale lohnt<br />

sich ja auch schon bei geringerem Einsatz.<br />

Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: Seite 40/41<br />

Versteckte Blumen: Nelke, Tulpe, Rose, Veilchen, Malve,<br />

Iris, Aster, Lilie, Goldlack, Phlox, Anemone, Erika. Zahlen-<br />

Redewendungen: 1. In seinen 4 Wänden bleiben. 2. Jetzt<br />

schlägt’s 13. 3. Er hat 2 Gesichter. 4. 5 gerade sein lassen.<br />

5. Alle 4 von sich strecken. 6. Auf 80 sein. 7. Mit jemandem<br />

unter 4 Augen sprechen. 8. Gut auf etwas 8ten. 9. Sich auf<br />

seine 4 Buchstaben setzen. 10. Seine 5 Sinne nicht beisammen<br />

haben. 11. Auf allen 4en gehen. 12. 9malklug. 13. Das kannst<br />

du dir an deinen 5 Fingern abzählen. 14. Das ist ein Buch mit<br />

7 Siegeln. 15. Ach du grüne 9e. 16. Zu den oberen 10 000<br />

zählen. Liedanfänge: 1. Bruder Jakob. 2. Abendstille überall.<br />

3. Kein schöner Land in dieser Zeit. 4. Alle Vögel sind schon da.<br />

5. Es tönen die Lieder. 6. Komm, lieber Mai und mache. 7. Es<br />

klappert die Mühle. 8. Aus grauer Städte Mauern. 9. Wenn die<br />

bunten Fahnen wehen. 10. Hoch auf dem gelben Wagen. 11. Im<br />

Wald und auf der Heide. 12. Mein Vater war ein Wandersmann.<br />

13. Wem Gott will rechte Gunst erweisen. Ein Socken-<br />

Problem: Nimmt sie 3 Strümpfe ab, so hat sie mit Sicherheit<br />

ein Paar von der gleichen Farbe darunter, da nur 2 verschiedene<br />

Farben vorhanden sind. Um mit Sicherheit ein schwarzes<br />

Paar zu erhalten, muss sie 10 Strümpfe abnehmen, da sie im<br />

ungünstigsten Fall zunächst alle 8 braunen Strümpfe erwischt.<br />

Logische Ergänzung: 1. Zeile: Frankreich. 2. Zeile: Berlin, Bern.<br />

3. Zeile: Jen. 4. Zeile: Wein. 5. Zeile: Ringen. 6. Zeile: Käse.<br />

Zu guter Letzt:<br />

Eine Mitarbeiterin des durchblick mit Hörproblemen<br />

berichtet von irritierten Menschen anlässlich eines Konzertbesuchs<br />

im Apollo.<br />

Die Induktionsschleife im Saal, die Signale an Hörgeräte<br />

liefern soll, war offensichtlich defekt. Als ihr das Programmheft<br />

vom Schoß rutschte, merkte sie beim Aufheben desselben,<br />

dass in etwa Sitzhöhe die vermissten Töne gut in ihrem<br />

Ohr ankamen. Sie wollte nicht auf den musikalischen Genuss<br />

verzichten und veränderte im Wechsel entsprechend ihre Körperhaltung,<br />

aufrecht zum Sehen, gebückt zum Hören, was<br />

ihre Sitznachbarn erheblich verunsicherte.<br />

durchblick<br />

Herausgeber:<br />

durchblick-siegen Information und Medien e.V.,<br />

Im Auftrag der Stadt Siegen - Regiestelle Leben im Alter<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

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Internet: www.durchblick-siegen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />

dienstags auch von von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />

Redaktion:<br />

Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw); Fritz Fischer;<br />

Eberhard Freundt; Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis;<br />

Dorothea Istock; Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Horst Mahle;<br />

Helga Siebel-Achenbach; Ulli Weber<br />

Bildredaktion:<br />

Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör (verantw.);<br />

Tessie Reeh; Agnes Spar; Peter Spar; Sabine Völkel<br />

Internet:<br />

Thomas Benauer<br />

An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />

Barbara Kerkhoff; Edith Maria Bürger; Julian Felgitsch (S.15-16);<br />

Dr. Horst Bach; Wilma Frohne; Andreas Schmidt; Helga Düringer;<br />

Elke Schweisfurth; Dr. Leif Arne Eickhoff<br />

Fotos/Zeichnungen/Grafik (soweit nicht im Bild angegeben):<br />

M. Anspach; Veronika Hellwig; D. Istock; E. Freundt; F. Fischer;<br />

Hartmut Reeh; Heimatverein Holzhausen; Bärbel Breunig;<br />

I. Göbel; E. M. Bürger; Anne Alhäuser; D. Gerst; S. Völkel; A. Spar;<br />

Dr. H. Bach; G. Klör; H. Mahle; T. Benauer; U. Weber;<br />

H. Siebel-Achenbach; Anne Ahlhäuser; ,,durchblick-Photoshop-Club;<br />

Manfred Hübscher; Veronika Hellwig; Margarete Müller; E. M. Bürger<br />

Hör-CD: Helmut Drabe (verantwortlich); Hans-Peter Gebhardt;<br />

Kruno Schmidt; Ingrid Drabe (Sprecher auf CD-Beilage)<br />

Gestaltung, Satz und Layout:<br />

durchblick - Lektorat<br />

Herstellung und Druck:<br />

Vorländer, Obergraben 39, 57072 Siegen<br />

Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />

Verteilung: Helga Siebel-Achenbach (Ltg.), Ellen Schumacher,<br />

Fred Schumacher, Hannelore Münch, Paul Jochum, Dr. Horst Bach,<br />

Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Dieter Wardenbach, Ingrid Drabe,<br />

Elisabeth Flöttmann, alle Redakteure<br />

Auflage: 10 500 – Der durchblick liegt kostenlos in Sparkassen,<br />

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Geschäften des Siegerlandzentrums und öffentlichen Gebäuden aus.<br />

Für die Postzustellung berechnen wir für<br />

vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Die Redaktion behält sich vor, eingesandte<br />

Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte<br />

Beiträge werden nicht zurückgeschickt.<br />

Für unsere Anzeigenkunden gilt die Preisliste<br />

9/2007.<br />

58 durchblick 1/<strong>2009</strong>

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