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Inhaltsübersicht / Aus der Redaktion<br />
Aus der Redaktion 3<br />
Kredit em 1930 rem 4<br />
Inflation / Wirtschaftsleben 4<br />
d’r Hearing 5<br />
KulturPur <strong>2009</strong> 6<br />
„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“ 7<br />
Der neue Computer 8<br />
Lasst Euch fördern 9<br />
Edgar Allan Poe 10<br />
Sagen aus dem Hickengrund 12<br />
Klappern gehört zum Handwerk 14<br />
Gibt es Ahnungen? 17<br />
Der Kommentar 17<br />
Wilde Wätze ante portas 18<br />
Der Osterhase 21<br />
Mein Opa 22<br />
Der Frauenflüsterer 24<br />
Ruf 24<br />
Die Dong 26<br />
Dengong 27<br />
Besuch bei der Siegener Tafel 28<br />
Wohninsel 30<br />
Wohnen im Grünen 34<br />
Wohnen im „Eisschrank“ 34<br />
Wohnberatung im Kreis Siegen-Wittgenstein 36<br />
Kraftquelle der Freude 38<br />
Gedächtnistraining 40<br />
„Leben im Alter“ 42<br />
Es muss etwas passieren 43<br />
Jung und Alt backen gemeinsam 44<br />
„Absatzkrise“ 45<br />
Weltgebetstag 46<br />
Elke Schweisfurth 49<br />
Wozu Religion? 50<br />
Es fiel uns auf / Lösungen 58<br />
Zu guter Letzt / Impressum 58<br />
„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“. Dieter Gerst weist auf ungewöhnliche Kinoveranstaltungen<br />
hin (Seite 7), die von den Seniorenstellen der Städte Siegen und Kreuztal<br />
gemeinsam mit dem preisgekrönten Filmtheater Viktoria Dahlbruch veranstaltet werden.<br />
Nach Kaffee und Kuchen kann man sich einem der ausgesuchten Filme hingeben.<br />
Bedanken dürfen wir uns bei dem Herforder Künstler Manfred Hübscher, der den<br />
durchblick wieder einmal mit einer Grafik (Seite 11) bereichert hat. Sein Rabe bebildert<br />
den Beitrag von Erika Krumm über Edgar Allan Poe, der vor 200 Jahren geboren wurde.<br />
Zum Frühjahr wollen auch wir uns mal dem Thema Gesundheit widmen. Der Kölner<br />
Sportwissenschaftler Dr. Leif Arne Eickhoff schreibt über Fitness und Sport im Alter<br />
(ab Seite 14). Die Siegener Künstlerin Bärbel Breunig hat dazu eine Nordic Walkerin<br />
modelliert, die auch das Titelbild dieser Ausgabe ziert. Diese Figur (32 cm hoch) möchte<br />
der durchblick gern versteigern. Sie, liebe Leserinnen und Leser, dürfen mit bieten! Das<br />
höchste Angebot erhält den Zuschlag.<br />
Jetzt aber viel Freude beim Lesen des neuen durchblick.<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 3
Finanzen<br />
Fotocollage: Gottfried Klör<br />
In Anbetracht der heutigen weltweiten miesen Finanzlage einen Rückblick auf:<br />
Kredit em 1930 rem<br />
Noch lang nom earschde Wältgrech woarn de Li wane<br />
arm. Et wuer fel gebombt, dat hes, si lesen aschriwe.<br />
Domols kom d’r Klein’s Willäm uss d’r Hetschelsbeach<br />
bim sinnem Nochber – d’m Weawersch Karl – en de<br />
Lare on sät: „Karl! Gemmer emo ain fa dä diere Zigaredde!<br />
Waisde, so en „Senussi“. „He! Häsde ain! Fuer och?“<br />
D’r Willäm neckde, hoab de Nas hoch, säde, als d’r<br />
Glemmschdängel brannde: „Danke!“, on woll go.<br />
He! He! Willäm! Ech grijje en Grosche fa d’r.<br />
Genesslich paffde d’r Willäm e par Rauchgrengelcher en<br />
de Loft on säde: „Bezaln do ech earscht moarrn!“<br />
Gerda Greis<br />
Inflation<br />
Zo dä Zitt, als det Gäld jeden Dach weaniger weart<br />
wuer, wossde m’r altemo net, wi fel m’r am nächsde<br />
Moarje foar e Breadsche ze bezaln hadde.<br />
Schmetze’s Fritz, domols Bäckermaisder em „Ale<br />
Fläcke“, woar net nuer en d’r Backschdoab azedreffe, hä<br />
holf och flissich em Lare dat, wat hä gebacke hadde, ze<br />
ferkaufe. Wann hä awer en d’r Backschdoab ze do hadde,<br />
da ewernom sin Schwäsder Emma d’r Ferkauf em Lare.<br />
Aines Moarjens ganz fre, de earschde Breadscher<br />
woarn grad ussem Oawe komme, do ref det Emma ussem<br />
Lare en de Backschdoab ren: „He! Fritz! Wat kosdet ho e<br />
Grosches Breadsche?“<br />
D’r Fritz da uss d’r Backschdoab russ: „Zwai Mol fenf<br />
Pänning – Du al Duermeldier!“<br />
Gerda Greis<br />
4 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Essen<br />
Em 1900 als „Allhailmeddel“ bekannt, met Doffeln e „Arme -Li -Ässe“<br />
on honnert Joarn schbäer wirre emo als „Delikadesse“ schdark gefrogt sin<br />
d`r H e a r i n g<br />
Dat woar so em 1910 rem, do säde domols det Flug’s Kaddrinche<br />
fa onnerm „Hä“ zo sinnem Änkelche met zemmlich grächzender Schdemm:<br />
„Friedche! Komm! Gear m'r emo nom Schomachersch Fried’r on hoal m’r’n<br />
Salzhearing, ech sin jo so arich ferkält, ech moss obedengt wat d‘rgäje do.“<br />
En Salzhearing woar en d’r domolije Zitt det Allhailmeddel wann m’r’t em Hals<br />
hadde; on d’m Kaddrinche do d’r Hals wane we’. No moss m’r d’rzo noch wesse:<br />
D’r Schomachersch Fried’r hadde onnerm „Hä“ en Lare,<br />
woet fast alles ze kaufe gob, wi dat frejer so woar, on –<br />
d’r Schomachersch Fried’r, dä schdodderte. Hä konn net annerscht.<br />
So geng da det Friedche no äm en d’r Lare, on hä frogde ät:<br />
„Nn-na, ww-wat wett dd-Du da?“ „Dd-de Oo-omma es grank.<br />
Ee-ch ss-sall en Salzhearing hh-hoaln“,<br />
on d’rbi sog dat Glai d’n Fried’r oferwant a.<br />
Hä gob äm da dä Hearing on sät: „Ss-sost noch ww-wat?“<br />
Det Friedche guckde äm emmer noch medde end Gesechde, als ät säde:<br />
„Nn-nä, nn-niks me.“<br />
Nn-n scheane Gg-gros o-och on gg-gore Gesondhait ff-foar dd-de Oo-omma,<br />
schdodderde hä sech zesame. On ät bim Russgo:„Dd-danke!“<br />
D’r Salzhearing hadde geholfe. Det Kaddrinche woar werrer gesond,<br />
on ät geng och sälwer werrer zom Enkaufe.<br />
Sät da d’r Schomachersch Fried’r zo äm als ät en d’r Lare kom:<br />
„Kk-kaddrinche! Oo-ou Glai schsch-schdoddert jo och!“<br />
„En nä, Fried’r! Net darrech wessde.“ „Bb-bi mier aa-awer!“<br />
„Du! Friedche!“,<br />
so schbroch det Kaddrinche bim nächsde Besoch fa däm Glai,<br />
„d’r Schomachersch Fried’r hät met m’r geschwatt.“ „Wadda? Omma!“<br />
„Hä hät gesät: Du schdodderdest och.“ „Mänchmo! Omma!<br />
Ech woll äm doch nur en Gefalln do“, on lesdich fonkelden de Äjjelcher,<br />
alset drbi de Omma ganz oschellich aguckde.<br />
Met arich engegneffenem Mull – wailet sost det Lache net ferbisse konn –<br />
säde det Kaddrinche: „Du best e rechdich glai Schennos!“<br />
genießer-frühstück<br />
belegte brötchen<br />
zum mitnehmen<br />
abwechslungsreicher<br />
mittagstisch<br />
(von 12. 00 -14. 30 uhr)<br />
kaffeespezialitäten<br />
– auch für unterwegs<br />
leckere kuchen nach<br />
hausmacher art<br />
typisches aus dem<br />
siegerland<br />
dienstags - freitags 8. 30 -19 uhr · samstags 9. 30 -19 uhr · sonntags 10 -19 uhr<br />
wir freuen<br />
uns auf Sie : )<br />
Wä no dänkt, det Kaddrinche hädde dä Salzhearing gässe – enä –<br />
ät weckelde sech dä Hearing um d’r Hals, läde sech end Bädde<br />
on hät noch nerremo en Labbe dremgebonne.<br />
On dat woar so!, dänn min Dande Frieda – si es itzend 93 –<br />
di hät domols det Kaddrinche met däm nackelije Hearing em Bädde läjje se.<br />
Gerda Greis<br />
Ulrike Neuhaus<br />
Hagener Str. 15 · 57072 Siegen<br />
Tel.: 0271 2506193<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 5
Siegerland<br />
KulturPur<br />
Internationales Musik- und Theaterfestival<br />
Pfingsten <strong>2009</strong><br />
Das internationale Musik- und Theaterfestival<br />
vom 28. Mai bis 1. Juni auf dem Giller<br />
Ein einzigartiges Kulturerlebnis in freier Natur – die<br />
letztjährige Ausgabe des internationalen Musik- und<br />
Theaterfestivals KulturPur bot an fünf Festivaltagen<br />
tatsächlich für alle etwas: „Strahlender Sonnenschein,<br />
restlos ausverkaufte Konzerte und ein neuer Besucherrekord!“<br />
berichtet immer noch stolz Andreas Schmidt vom<br />
Kulturbüro des Kreises Siegen-Wittgenstein. Über 60.000<br />
begeisterte Menschen gaben sich ein Stelldichein auf der<br />
Ginsberger Heide und machten das Festival im südwestfälischen<br />
Rothaargebirge zum erfolgreichsten „KulturPur“<br />
aller Zeiten. Doch selbst wenn die Sonne in diesem Jahr nur<br />
ab und zu hinter den Wolken hervorschaut, braucht Kultur-<br />
Pur um seine Attraktivität nicht zu bangen: Verdankt es seine<br />
Beliebtheit doch hauptsächlich dem familiären Charme, der<br />
idyllischen Lage an einem der schönsten Plätze Westfalens<br />
und der imposanten Kulisse der Zelttheaterstadt. Vor allem<br />
aber, weil es die Veranstalter jedes Jahr über Pfingsten verstehen,<br />
hochkarätige Show-Stars mitten in die südwestfälische<br />
Natur zu holen. Wo sich sonst Fuchs und Hase „Gute<br />
Nacht“ sagen, begeisterten bisher u. a. Annett Louisan, Juliette<br />
Gréco, Gilbert Bécaud, Milva oder Roger Cicero das<br />
Publikum. Dieses größte naturnahe Festival in Deutschland<br />
schuf in den 19 Jahren seines Bestehens eine Tradition, die<br />
die Veranstaltung (28. Mai – 1. Juni) mittlerweile ins Licht<br />
internationaler Produktionen rückt.<br />
Dank der bewährten Mischung aus Theater, Tanz, Kabarett<br />
und Musik kann auch das diesjährige Festival mit<br />
einem hochkarätigen und abwechslungsreichen Programm<br />
aufwarten. Das Nachmittagsprogramm mit Artistik, Theater<br />
und Mitmachaktionen spricht vor allem Familien an,<br />
während die Abendprogramme mit weltbekannten Stars<br />
und aufwendigen Bühnenproduktionen alle Altersgruppen<br />
in die Zelte locken soll. Das meist kostenlose Rahmenund<br />
Tagesprogramm lädt dazu ein, die Atmosphäre mit der<br />
ganzen Familie entspannt zu genießen. Nachtschwärmer<br />
können sich nach Einbruch der Dunkelheit am imposanten<br />
Anblick des Lichtermeeres erfreuen. KulturPur ist jeden<br />
Tag mit einer im Vorverkauf erworbenen Eintrittskarte über<br />
kostenlose Bus- und Bahn-Verbindungen erreichbar. Auch<br />
nach den Spätveranstaltungen stehen noch Shuttlebusse zur<br />
Verfügung.<br />
Pfingsten <strong>2009</strong><br />
Donnerstag, 28. Mai – Montag, <strong>01</strong>. Juni<br />
auf dem Giller bei Hilchenbach-Lützel<br />
www.siwikultur.de • 0271/333-2440<br />
Informationen gibt es im Internet unter www.siwikultur.de<br />
oder unter der Info-Nummer Tel. 0271/333-2440.<br />
Wann: 28. Mai – 1. Juni <strong>2009</strong><br />
(wie immer, über Pfingsten)<br />
Wo: Hilchenbach-Lützel<br />
6 durchblick 1/<strong>2009</strong>
„Ohne ALTERsbeschränkung <strong>2009</strong>“<br />
Ein Kino-Pilotprojekt für Senioren<br />
Leiten das neue Kinoprojekt – von links: Jochen Manderbach;<br />
Astrid E. Schneider; Anke Berg; Daniela Sadelkow-Gessner.<br />
Wenn sich das richtige Team an den Tisch setzt,<br />
um eine gute Sache durchzuziehen, dann klappt<br />
das auch. Wie am viel zitierten Schnürchen lief<br />
die gute Sache bei folgendem engagierten Quartett: Jochen<br />
Manderbach (Chef des Viktoria-Kinos in Dahlbruch), Daniela<br />
Sadelkow-Gessner (Stiftung Diakoniestation, Seniorenbeauftrage<br />
der Stadt Kreuztal), Astrid E. Schneider<br />
(Leiterin der Regiestelle „Leben im Alter“ Siegen) und<br />
Anke Berg aus dem Team der vorgenannten Regiestelle. Jochen<br />
Manderbach hatte alle zusammengerufen und schlicht<br />
die Frage gestellt: „Was haltet<br />
ihr von einer Veranstaltungsreihe<br />
Senioren-Kino zu günstigen<br />
Preisen?“ Darauf gab es nur eine<br />
Antwort: „Klar, machen wir.“ Es<br />
folgten mehrere Sitzungen des<br />
tatkräftigen und kreativen Quartetts.<br />
Und was dabei herauskam?<br />
Ein Top-Event. Quasi ein Pilotprojekt<br />
für die südwestfälischen<br />
Gefilde unter der Schlagzeile<br />
„Ohne ALTERsbeschränkung<br />
<strong>2009</strong>“. Anspruchsvolles Kino<br />
für ältere Menschen ohne Limit<br />
auf der nach oben offenen Jahrgangsskala.<br />
Und nach unten ist<br />
auch viel Platz. Das „Quartett Seniorenkino“<br />
– nennen wir die Arbeitsgruppe<br />
einfach mal so – hat<br />
die erste Etappe ruckzuck und<br />
mutig festgezurrt. Kurzum: Die<br />
Reihe startet am 16. März <strong>2009</strong>.<br />
Die Vorbereitungen sind bis auf<br />
paar Kleinigkeiten abgeschlossen<br />
Film<br />
16. März „Die Herbstzeitlosen“: Die 80-jährige<br />
Martha will nach dem Tode ihres Mannes ihren kleinen<br />
Schweizer Dorfladen dichtmachen. Ihr Sohn, Dorfpfarrer,<br />
möchte den Raum für eine Bibelgruppe nutzen. Martha, von<br />
Beruf Schneiderin, hat anlässlich eines Besuches in Bern plötzlich<br />
den Wunsch, einen Dessous-Laden zu eröffnen. Ihre Freundinnen<br />
unterstützen das Vorhaben. - Beschwingte Komödie.<br />
6. April „Saint Jaques – Pilgern auf Französisch“:<br />
Drei unterschiedliche Geschwister müssen<br />
gemeinsam eine zweimonatige Pilgerreise nach Santiago de<br />
Compostella (Jakobsweg) unternehmen, weil sie nur dann<br />
das Erbe ihrer Mutter ausgezahlt bekommen. – Schmissiger<br />
Film zum Wohlfüllen voller Humor und Fantasie.<br />
4. Mai „Elsa und Fred“: Den Spanier Fred erwartet<br />
nach dem Tod seiner Frau ein langweiliger Lebensabend<br />
unter der Ägide seiner dominanten Tochter. Da findet Fred in<br />
seiner argentinischen Nachbarin Elsa eine quirlige neue Lebensgefährtin…<br />
- Mitreißend gespielte (Senioren-) Komödie.<br />
15. Juni „Jetzt oder nie“: Drei alte Freundinnen<br />
wollen endlich ihren Traum von einer gemeinsamen Schiffsreise<br />
verwirklichen. Sie werden jedoch rüde um ihr mühsam<br />
erspartes Geld gebracht. Das geprellte Trio versucht sich im<br />
Bankraub. - Melancholisch-heitere Komödie mit Tiefgang.<br />
Auskünfte über das Viktoria in Dahlbruch, über die<br />
Stiftung Diakonie Kreuztal sowie über die<br />
Regiestelle „Leben im Alter“ (Rathaus Weidenau).<br />
– das Programm steht, der Zeitplan ist erarbeitet. Es<br />
kann losgehen mit dem städteübergreifenden (Siegen<br />
und Kreuztal) Projekt.<br />
Jochen Manderbach trug die Idee schon seit längerer<br />
Zeit mit sich herum: „Da man in anderen Städten<br />
gute Erfahrungen gemacht hatte, warum nicht<br />
auch bei uns?“ Ja, warum eigentlich nicht?! Aus der<br />
Idee wird ab März also Wirklichkeit. Sogar an Gehbehinderte<br />
und auf den Rollstuhl angewiesene wurde<br />
gedacht. Ein Shuttle-Bus-Betrieb sorgt für reibungslosen<br />
Transport. Denn alle vier Verantwortlichen sind<br />
sich in ihrem sozialen Engagement dahingehend einig:<br />
Gerade für diese Menschen ist es wichtig, einmal<br />
aus dem Einerlei herauszukommen. Denn auch Mitbürger<br />
mit körperlichen Handicaps haben kulturelle<br />
Ansprüche. Oft können sie die aber nicht verwirklichen,<br />
da es keine geeigneten Fahrmöglichkeiten gibt.<br />
Nicht so bei dem Projekt Seniorenkino. Hier ist für<br />
alles gesorgt. Es geht jeweils um 16 Uhr los. Filmbeginn<br />
ist eine Stunde später. Jochen Manderbach: „Der Einlass<br />
60 Minuten vor Vorführungsbeginn hat gute Gründe. So haben<br />
die Kinobesucher noch eine Stunde Zeit, Kaffee zu trinken,<br />
ein Stück Kuchen zu essen oder einfach zu plaudern.“<br />
60 Minuten Zeit, sich auf das Filmereignis einzustimmen.<br />
Man kann das auch so sehen: Seniorenkino im Rahmen<br />
eines netten Nachmittags – im Rahmen einer Begegnung.<br />
Nun ist es keineswegs so, dass die Projekt-Verantwortlichen<br />
nur leichte Filmkost verabreichen. Manderbach:<br />
„Wer ein Heinz-Rühmann-Festival<br />
erwartet, geht von falschen<br />
Voraussetzungen aus. Vielmehr<br />
bieten wir ein anspruchsvolles<br />
Programm.“ Also: Auch unter dem<br />
Motto „Ohne ALTERsbeschränkung“<br />
möchte das Viktoria seinen<br />
Qualitätsanspruch „in jedem Fall<br />
wahren“. Man ist sich das schuldig.<br />
Immerhin heimst das Viktoria<br />
für besondere Leistungen z.B. von<br />
der Filmstiftung NRW Prämien<br />
ein. So im November 2008 für<br />
ein ausgezeichnetes Kinder- und<br />
Jugendprogramm.<br />
Das Viktoria ist eines von<br />
54 Kinos in NRW, die für ihre<br />
besonderen Programme von<br />
der Filmstiftung ausgezeichnet<br />
wurden. Die letzte Prämienvergabe<br />
fand übrigens in Neuss statt<br />
und wurde von Bettina Böttinger<br />
moderiert.<br />
Dieter Gerst<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 7
Da steht er nun der neue Computer. Ich habe Angst<br />
vor ihm und freue mich trotzdem über seinen<br />
Besitz. Aber ...<br />
„Mama, kommst du nachher rüber und hilfst mit?“<br />
„Was soll ich denn machen?“<br />
„Ich will eine Geschichte in den Computer eingeben und<br />
wenn ich dir vorlese und du schreibst, geht es schneller.“<br />
„Bist du wirklich davon überzeugt?“<br />
Eine ganz kleine Pause, doch lang genug, um meine<br />
Zweifel zu verstärken.<br />
Ich dachte an die laufenden Buchstaben auf dem Bildschirm<br />
und das Verschwinden der Reihen. Schreibmaschinenseiten<br />
werden sichtbar – bleiben auch sichtbar. Will ich<br />
Texte verbessern, nehme ich ein Radiergummi; aber was<br />
weg ist – ist weg. Aus dem Bildschirm verschwunden, ist<br />
trotzdem nicht weg. Unheimlich! Jedenfalls ging ich zur verabredeten<br />
Zeit zu Lina hinüber und wir gaben den Text ein.<br />
„Mama, sei doch nicht so nervös. Es kann doch gar<br />
nichts passieren.“<br />
„Ich bin nicht nervös.“<br />
„Und warum machst du so viele Tippfehler? Wenn du<br />
dich jedesmal so aufregst, mache ich mir Sorgen um dich!“<br />
Wir tauschten die Plätze; ich las – sie schrieb.<br />
Als ich nach Hause kam, erzählte ich meiner Mutter von<br />
der Aufregung. Viel brauchte ich nicht zu reden darüber.<br />
Sie sah es mir noch an. „Kind“, sagte sie zu mir, dabei bin<br />
ich schon sechzig Jahre, „wenn ihr beide demnächst öfter<br />
zusammenarbeiten wollt, dann kaufe dir doch auch so eine<br />
Anlage.“ Meine Mutter, mit 85 Jahren, war für einen Computer.<br />
Ich traute meinen Ohren nicht. Ich rief meine Tochter<br />
an und erzählte ihr von dem Vor schlag. Sie war begeistert.<br />
„Oma weiß, was gut für dich ist. Du solltest dich wirklich<br />
dazu entschließen.“<br />
Die folgende Nacht schlief ich sehr schlecht. Ich rechnete<br />
und überlegte. Das bisschen, was ich zu schreiben hatte,<br />
konnte ich gut auf meiner Schreibmaschine erledigen. Warum<br />
sollte ich mir einen Computer hinstellen?<br />
Wieder brauchte mich Lina zum Eingeben einer Geschichte<br />
und wieder war ich aufgeregt. Diesmal überlegte<br />
ich schon unterwegs, dass ja gar nichts passieren könne,<br />
d.h. dass ruhig etwas rauslaufen konnte aus dem Blickfeld,<br />
aber trotzdem gespeichert war – irgendwo. Auf dem Weg<br />
dachte ich immer wieder: „Der Computer kann nur, was du<br />
ihm sagst. Der Computer wartet auf deine Anweisungen.“<br />
Meine Aufregung war nicht mehr ganz so groß.<br />
„Wie sieht es aus. Hast du dir Omas Vorschlag überlegt?“<br />
fragte Lina mich.<br />
„Ja.“<br />
Unterhaltung<br />
Der neue Computer<br />
von Wilma Frohne<br />
„Und?“<br />
„Wann hast du Zeit zum Einkaufen?“<br />
„Sara kommt gleich aus der Schule. Sollen wir morgen<br />
früh, sofort wenn sie zur Schule gegangen ist, einkaufen<br />
fahren?“<br />
„Ja. Dann können wir heute noch bei dir schreiben –<br />
zusammen.“ Lina sah mich an.<br />
„Mama, auch bei dir zu Hause ist es nichts anderes mit<br />
dem Computer als bei mir. Es passiert auch da nur, was du<br />
willst.“<br />
Als die neuen Geräte angeschlossen waren, kam Oma<br />
Irene und besah sie sich genau.<br />
„Vor den Dingern bist du so bange?“ fragte sie, sah mich<br />
an und schüttelte den Kopf.<br />
„Mama,“ sagte Lina, „ich bin ja nicht weit und wenn<br />
was ist, rufe an. Ich helfe dir weiter.“<br />
Dann saß ich da mit meiner Anlage und meiner Angst.<br />
Zuerst sah ich von einem Gerät zum anderen, doch das<br />
brachte nichts. Vorsichtig streckte ich dann die Hand aus<br />
und schaltete nacheinander den Computer mit Laufwerk<br />
und den Bildschirm ein. Auf dem schwarzen Fläche erschien<br />
in grünen Buch staben, was ich schrieb. Doch dann<br />
war der Bildschirm fast voll. Konnte ich auch speichern?<br />
Meine Aufregung wurde größer. Ich nahm meine Zettel, auf<br />
denen ich mir jeden einzelnen Schritt aufgeschrieben hatte.<br />
Dann ging es los, zusammen mit viel Herzklopfen. „Oh, es<br />
hat geklappt.“ Mutig versuchte ich andere Tastenkombinationen<br />
und freute mich. Doch dann ging überhaupt nichts<br />
mehr. Ich rief Lina an.<br />
„Ist doch halb so wild. Rege dich nicht so auf. Welche<br />
Befehle hast du eingegeben?“ Mit meiner Auskunft konnte<br />
sie wenig anfangen.<br />
„Ich komme!“<br />
„Oma, möchtest du etwas trinken?“ fragte ich meine Mutter.<br />
„Nein, nein, mir geht es gut.“ Sie schmunzelte. „Mach dir<br />
keine Sorgen, es klappt gleich“, tröstete sie mich.<br />
Lina kam, besah sich den Monitor, drückte ein paar<br />
Tasten und alles war in Ordnung. Sie nahm mich in den Arm<br />
und schaukelte mich wie ihre kleine Tochter.<br />
„Du weißt doch, wenn es mal gar nicht klappt, schal test<br />
du alles aus und fängst Schritt für Schritt von vorn an.“<br />
Das war vor drei Jahren. Jetzt sitze ich wieder vor einem<br />
neuen Computer. Diesmal ist er größer und schneller und<br />
kann wesentlich mehr als der alte Rechner. Zuerst arbeitete<br />
ich das Lernprogramm durch. Behalten habe ich nicht alles,<br />
dafür ist es viel zu viel. Aber ich weiß ja, dass der Computer<br />
auf meine Anfrage mit Hinweisen weiterhilft.<br />
Er sagt mir dann vor, was er machen möchte, damit ich<br />
das erreiche, was ich will.<br />
8 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Lasst Euch fördern<br />
Siegener Seniorenbeirat ruft Wohnungsinhaber auf!<br />
Die staatlichen Förderungsmöglichkeiten beim<br />
barrierefreien Bauen und Wohnen im Alter sind<br />
in der Bevölkerung viel zu wenig bekannt. Vor<br />
allem die älteren Mitbürger scheuen sich oft, öffentliche<br />
Fördermittel in Anspruch zu nehmen. Dabei werden als<br />
Grund für die Nichtinanspruchnahme solcher Fördermittel<br />
häufig die Angst vor einem längerfristigen Darlehen angegeben,<br />
dass später nicht mehr zurückgezahlt werden kann.<br />
Der Seniorenbeirat ermutigt dazu, die vom Land bereitgestellten<br />
Fördermittel für den barrierefreien Umbau von<br />
Wohnungen anzufordern. Förderzweck dieses Programms<br />
ist die Anpassung des Wohnraumangebotes an die Erfordernisse<br />
des demografischen Wandels. Damit kann ein Umbau<br />
im Eigenheim, der Eigentumswohnung, aber auch in bereits<br />
bestehenden Mietwohnungen zum barrierefreien und behindertengerechten<br />
Wohnen für alle Altersgruppen und insbesondere<br />
für ältere Menschen finanziell unterstützt werden.<br />
Förderfähige Maßnahmen sind u.a. die barrierefreie Umgestaltung<br />
von Bad und Küche, der Einbau von breiteren<br />
Türen, Rampen, Aufzug und Treppenliften. Auch die Herstellung<br />
der Barrierefreiheit auf Wegen, Freiflächen und<br />
SA | 14.03. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />
Ingolf Lück gewährt<br />
uns in seinem<br />
deutschsprachigen<br />
Ein-Mann-Theaterstück<br />
einen sehr<br />
amüsanten, ironischen<br />
Blick auf die<br />
Spezies Mann.<br />
INGOLF LÜCK<br />
„One Way Man“<br />
FR | 24.04. | 20h | Weiße Villa<br />
Leidenschaft bis<br />
zum letzten Kaffee<br />
- klassische Besetzung<br />
mit Gesang,<br />
Bandoneon, Violine,<br />
Piano und Bass<br />
in der großen Tradition<br />
des Tango.<br />
TANGO FUEGO<br />
„Vivo“<br />
Tickets und Infos:<br />
www.kreuztal-kultur.de | 02732-51324<br />
Wohnen<br />
Stellplätzen des Grundstücks sowie die Nachrüstung mit<br />
elektrischen Türöffnern ist förderungsfähig.<br />
„Auch ältere und pflegebedürftige Menschen wollen möglichst<br />
langfristig in ihrer Wohnung bleiben und bei Bedarf<br />
dort auch ambulant gepflegt werden. Sie sollten bei Bedarf<br />
diese Fördermöglichkeiten unbedingt in Anspruch nehmen<br />
bzw. sich darüber informieren“, rät der Seniorenbeirat.<br />
Wichtige Grundvoraussetzung für eine solche finanzielle<br />
Förderung ist die frühzeitige Beantragung vor Beginn<br />
der geplanten Baumaßnahme beim Kreis Siegen-Wittgenstein<br />
als zuständiger Bewilligungsbehörde. „Bei dieser investiven<br />
Maßnahme im Wohnbestand, die rund die Hälfte<br />
der entstehenden Umbaukosten als äußerst günstiges<br />
Darlehen gewährt, gibt es weder eine Einkommensgrenze<br />
noch eine Altersgrenze. Es erfolgt auch keine Eintragung<br />
des Darlehens in das Grundbuch oder eine Sozialbindung<br />
der Wohnung“, beruhigt Ute Heyde von der Kreisverwaltung<br />
alle diejenigen, die einer solchen staatlichen Hilfsund<br />
Fördermöglichkeit bisher aus Unkenntnis eher skeptisch<br />
gegenüberstanden.<br />
Dr. Horst Bach<br />
UNSERE HIGHLIGHTS IN <strong>2009</strong> - WÄRMSTENS ZU EMPFEHLEN!<br />
SA | 21.03. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />
Das Enfant Terrible<br />
der Comedy-Szene<br />
ist erstmalig zu<br />
Gast in Kreuztal,<br />
denn die Arschkarten<br />
werden neu gemischt,<br />
der Untergang<br />
droht! Doch<br />
Rettung naht:<br />
INGO APPELT<br />
„Der Retter der Nation“<br />
MO | 27.04. | 20h | Ev. Kirche Hilchenbach<br />
Jazz, Folklore, gregorianischer<br />
Chorgesang<br />
und weitere<br />
sakrale Musik<br />
- Klang von großer<br />
Leuchtkraft, reine<br />
Schönheit!<br />
LIVE-VIDEOÜBERTRAGUNG<br />
AUF DER EMPORE<br />
JAN GARBAREK &<br />
THE HILLIARD ENSEMBLE<br />
„Offi cium“<br />
SO | 22.03. | 17h | Stadthalle Kreuztal<br />
Ein Nachmittag Mozart<br />
pur unter der<br />
Leitung von Russell<br />
N. Harris und mit der<br />
Solo-Klarinettistin Nicola<br />
Jürgensen.<br />
GROSSE<br />
MOZARTGALA<br />
mit der<br />
Philharmonie Südwestfalen<br />
DO | 14.05. | 20h | Stadthalle Kreuztal<br />
Ihre Konzerte sind<br />
theamusikalisch, ihre<br />
Lieder musitralisch.<br />
Sie zersingt Bandbreiten,<br />
passt in keine<br />
Schublade. Immer<br />
spontan, immer anders.<br />
ANNAMATEUR &<br />
AUSSENSAITER<br />
„Bandaufstellung nach<br />
B. Hellinger“<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 9
Edgar Allan Poe<br />
Meister der Imagination – Mathematiker der Seele<br />
Edgar Allan Poe, eine<br />
herausragende Figur unter<br />
den amerikanischen<br />
Romantikern, kam aus<br />
dem Dunkel und verschwand<br />
nach 40 Jahren<br />
wieder in der Dunkelheit.<br />
Er ist nicht zu fassen, sein<br />
Werk aber ist und bleibt<br />
das Erstaunlichste, was<br />
die amerikanische Literatur<br />
hervorgebracht hat.<br />
Zu Lebzeiten eher umstritten<br />
als bekannt. Ame-<br />
Edgar Allan Poe<br />
rika war damals in seinen<br />
moralischen Vorstellungen nicht so weit, einen Literaten zu würdigen,<br />
der Fortschrittsglauben und Tugendterror verachtete und<br />
der Literatur jeglichen erzieherischen Anspruch absprach. Als<br />
Gelegenheitstrinker konnte der strauchelnde Außenseiter nur<br />
die Verachtung des amerikanischen Volkes verbuchen.<br />
Es war Baudelaire, ein Seelenverwandter, der ihn der<br />
völligen Versenkung entriss. Kafka kannte und Hitchkock<br />
liebte ihn.<br />
Literatur<br />
Edgar Allan Poe wurde am 19. Januar 1809 in Boston<br />
geboren. Er muss eine faszinierende Erscheinung gewesen<br />
sein: dunkles, fast schwarzes Haar, lang, hinter die Ohren<br />
gekämmt, graue, durchdringende Augen. Ein Herzensbrecher.<br />
Sein Vater verschwand früh, jung starben seine Mutter,<br />
seine Pflegemutter, die schöne Mutter eines Schulkameraden,<br />
in die er sich als 14-Jähriger verliebte, und jung<br />
starb seine zart-schöne Frau Virginia. Das Bild seiner schönen<br />
Mutter hat ihn nie losgelassen.<br />
Daher, vielleicht, sein transzendentaler Ästhetizismus,<br />
die innige Verstrickung zwischen Lebenden und Toten, der<br />
erotisierende Tod in seinen Liebesgeschichten, die Vision<br />
einer leeren Welt. Für ihn gab es nichts Wesentliches zu entdecken<br />
in ihr, das Abenteuer aber entspringt nur der Imagination.<br />
Dadurch sein spielerisches Erforschen des Jenseits,<br />
des Nichts, der Perversion, des Unbewussten. An banaler<br />
Wirklichkeit war Poe nur mäßig interessiert, ihm ging es<br />
um die Verschönerung der Welt, die Magie, mit der man die<br />
Realität verlässt, um sie zu ertragen. Er erschließt uns ein<br />
Universum der Angst, des Unheimlichen und des Grauens.<br />
Das Mystische lässt uns erahnen, dass die Entschlüsslung<br />
der Geheimnisse Zerstörung und Selbstauslöschung bedeutet.<br />
Die Erbsünde oder auch die menschliche Begabung zum<br />
Der Rabe<br />
Einst, um eine Mittnacht graulich, da ich trübe sann und traulich<br />
müde über manchem alten Folio lang vergessner Lehr,-<br />
da der Schlaf schon kam gekrochen, scholl auf einmal leis ein Pochen,<br />
gleichwie wenn ein Fingerknochen pochte, von der Türe her.<br />
„s` ist Besuch wohl, murrt ich, „was da pocht so knöchern zu mir her<br />
das allein, nichts weiter mehr.“<br />
Ah, ich kann’s genau bestimmen: im Dezember war’s, dem grimmen,<br />
und der Kohlen matt Verglimmen schuf ein Geisterlicht so leer.<br />
Brünstig wünscht ich mir den Morgen, hat umsonst versucht zu borgen<br />
Von den Büchern Trost dem Sorgen, ob Lenor wohl selig wär’<br />
Ob Lenor, die ich verloren, bei den Engeln selig wär –<br />
Bei den Engeln – hier nicht mehr –<br />
Und das seidig triste Drängen in den purpurnen Behängen<br />
Füllt, durchwühlt mich mit Beengen, wie ich’s nie gefühlt vorher;<br />
also dass ich den wie tollen Herzensschlag musst’ wiederholen:<br />
„s’ ist Besuch nur, der ohn’ Grollen, mahnt, dass Einlass er begehr´ –<br />
nur ein später Gast, der friedlich mahnt, dass Einlass er begehr’ –<br />
ja, nur das – nichts weiter mehr.“<br />
Augenblicklich schwand mein Bangen, und so sprach ich unbefangen:<br />
„Gleich, mein Herr – gleich meine Dame, um Vergebung bitt ich sehr.<br />
Just ein Nickerchen ich machte, und ihr Klopfen klang so sachte,<br />
dass ich kaum davon erwachte, sachte von der Türe her –<br />
doch nun tretet ein!“ – und damit riss weit auf die Tür ich – leer!<br />
Dunkel dort – nichts weiter mehr.<br />
Tief ins Dunkle späth’ich lange, zweifeln<br />
Träume träumend, wie kein sterblich Hi<br />
Doch die Stille gab kein Zeichen, nur ein Wo<br />
Durch die Nacht, das mich erbleichen ließ: da<br />
Selber sprach ich`s, und ein Echo murm<br />
Nur „Lenor“ – nichts we<br />
Da ich nun zurück mich wandte und mein<br />
hört` ich abermals ein Pochen, etwa<br />
„Ah, gewiss“ so sprach ich bitter: liegt’s<br />
Schaden tat ihm das Gewitter jüngst – j<br />
Schweig dann still, mein Herze, lass mich nach<br />
’s der Wind – nichts weite<br />
Auf warf ich das Fenstergatter, als he<br />
Schritt ein stattlich stolzer Rabe wie<br />
Grüßen lag ihm nicht im Sinne, keinen<br />
mit hochherrschaftlicher Miene flog<br />
setzt sich auf die Pallas – Büste überm<br />
flog und saß – nichts wei<br />
Doch dies ebenholzne Wesen ließ mein<br />
ließ mich lächelnd ob der Miene, die es m<br />
„Ward dir auch kein Kamm zur Gabe,“ sprach<br />
grauslich grimmer alter Rabe, Wandere<br />
sag, welch hohen Namen gab man Dir in<br />
sprach der Rabe, „Nimm<br />
10 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Literatur<br />
Bösen verhindern den Fortschritt. Die Abgründigkeit seines<br />
Menschenbildes – ein archaisches Ungeheuer – erinnert an<br />
Dostojewski.<br />
In seinen Erzählungen überschreitet er alle Grenzen,<br />
die des Raumes, der Zeit, der Vernunft und der menschlichen<br />
Individualität, erschließt uns damit Freiräume, die<br />
unheimlich sind. Die schwarze Seite der heutigen Kultur ist<br />
undenkbar ohne Poe. Seine morbiden Erzählungen haben<br />
mich, als junger Mensch, sehr angezogen. Er geriet dann<br />
für mich lange in Vergessenheit. In letzter Zeit habe ich<br />
mich öfter seiner erinnert und verfiel ihm aufs Neue. Das<br />
eigene Erleben, die Erkenntnisse, gesammelt im Laufe gelebter<br />
Jahrzehnte, bringen mich seiner Welt wieder näher.<br />
Seine unheimlichen Erzählungen und Gedichte haben mir<br />
nie Angst eingeflößt, ihre Schönheit hat mich davon abgehalten.<br />
Von seinen Werken möchte ich den berühmtesten Raben<br />
der Weltliteratur anführen, ein Gedicht, welches eine<br />
hypnotische Kraft besitzt. Er hat 10 Jahre lang daran gearbeitet.<br />
Ich lernte es in jungen Jahren auswendig. Der Rabe<br />
klopft lange vergeblich an die Scheiben der Bibliothek, bis<br />
der melancholische, ins Grübeln versunkene Nachtschwärmer<br />
ihn einlässt. Immer selbstquälerischer werden seine<br />
Fragen, bis hin zu der letzten, ob er seine Geliebte im Himmel<br />
wiedersehen werde. Natürlich nicht. Die Poe-Pointe,<br />
auf die der Leser atemlos wartet, besteht in der Erkenntnis,<br />
dass der Rabe kein Dämon ist, sondern die Trauer, die Untröstlichkeit<br />
und die Agonie des Genies verkörpert.<br />
Poe bietet uns den Vorgeschmack auf die fiebrige Kälte<br />
der modernen Literatur, die jedoch auch die Freiheit des<br />
modernen Menschen in sich trägt. Nichts auf der Welt entschädigt<br />
für die Sinnlosigkeit der Existenz.<br />
Eine völlig andere Perspektive bietet er uns in der Verkörperung<br />
des modernen Detektivs, Monsieur Dupont, der<br />
das Verbrechen und die Verzweiflung und selbst den Tod<br />
besiegt durch die Macht der Intelligenz, der Beobachtung<br />
und der Deduktion.<br />
Man kann den Blick werfen auf den „Roten Tod“, darin<br />
wird eine ganze Festtagsgesellschaft ausgelöscht, oder auf<br />
den unerschrockenen Dupont, Poes Werk enthält beides,<br />
den Abgrund und die Rettung.<br />
Edgar Allan Poe stirbt am 7. Oktober 1849 in einem<br />
Krankenhaus in Baltimore. Die Umstände, die zu seinem<br />
Tod führten, sind nie völlig geklärt worden, z.T. klingen unheimliche<br />
Geschehnisse an. Er liegt in Baltimore begraben,<br />
und auf seinem Grabstein ist ein Rabe in Stein gemeißelt.<br />
Ich habe diesen Bericht mit Begeisterung zusammengestellt<br />
aus diversen Abhandlungen über den Poeten, die<br />
anlässlich seines 200. Geburtstages in der Wochen-Zeitschrift<br />
„Die Zeit“ erschienen sind.<br />
Erika Krumm<br />
d, wieder seltsam bange.<br />
rn sie träumte je vorher;<br />
rt hin ließ sie hin streichen<br />
s Wort „Lenor?“ so schwer<br />
elte ’s zurück so schweriter<br />
mehr.<br />
Herz wie Feuer brannte,<br />
s lauter denn vorher.<br />
an meinem Fenstergitter<br />
a; so ich’s mir erklär, –<br />
sehn, dass ich`s mir erklär: –<br />
r mehr!“<br />
rein mit viel Geflatter<br />
aus Sagenzeiten her;<br />
Blick lang hielt er inne:<br />
empor zur Türe er –<br />
Türgesims dort – er<br />
ter mehr.<br />
Bangen rasch genesen,<br />
acht so ernst und hehr;<br />
ich, „so doch ernst Gehabe,<br />
r aus nächtger Sphär –<br />
Plutos nächtger Sphär?“<br />
ermehr.<br />
Grafik: Manfred Hübscher, Herford<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 11
Aus dem Siegerland<br />
Sagen aus dem Hickengrund<br />
Am Anfang der 90er Jahre wohnte ich in Holzhausen.<br />
Zusammen mit den Ortschaften Oberdresselndorf,<br />
Niederdresselndorf und Lützeln liegt Holzhausen im<br />
Hickengrund. Lützeln gilt als älteste der vier Ansiedlungen<br />
des Hickengrundes, die bereits in Urkunden des 9. Jahrhunderts<br />
Erwähnung finden. Die anderen Ortschaften wurden<br />
1349 erstmals urkundlich erwähnt. Die Einwohner des Hickengrunds<br />
wurden „Hicken“ genannt. Die Landwirtschaft,<br />
der Handel mit Hopfen und anderen Gütern und später der<br />
Bergbau prägten die Erwerbsstruktur der Dörfer.<br />
Die Geschichte der Hicken liegt im tiefen Dunkel. Zwei<br />
Heimatsagen erzählen über ihre Herkunft und Namen.<br />
Als die Berge des Hickengrundes noch mit wilden Urwäldern<br />
bedeckt waren, hauste auf der „Höhe“ ein mächtiger<br />
Riese, Wackebold geheißen. Er riß Bäume des Urwalds aus,<br />
um Menschen damit zu erschlagen, wenn sie in seine Nähe<br />
kamen. Niemand war mehr im Tale vor ihm sicher, denn<br />
Wackebold warf mit Basaltknorren von der Höhe, die wie<br />
Kugeln durch die Luft sausten. Die Steine rollten hinab bis<br />
in den Wetterbach. Die Bewohner des Dörfchen am Fuße<br />
der „Höhe“ verließen ihre Hütten, um im Nassauischen eine<br />
sichere Unterkunft zu suchen.<br />
Viele hundert Jahre blieb die Gegend menschenleer und<br />
der Riese wurde vergessen. Da kam eines Tages vom Westerwald<br />
her eine Männerschar: Hans Hick und seine sieben<br />
Söhne. Sie hatten durch eine Feuerbrunst Haus und Hof<br />
verloren und suchten eine neue Gegend. Die milde Gegend<br />
gefiel ihnen, aber Hans Hick war misstrauisch.<br />
„Mir ist nicht recht geheuer“, sagte er. „Meine Großmutter<br />
hat oft von einem Riesen erzählt, der hier hausen soll.“ „Unsinn!“<br />
rief der Jüngste. „Wer glaubt schon solche Märchen?“<br />
Er hatte kaum ausgesprochen, da prasselte ein gewaltiger<br />
Steinhagel auf die Wanderer, und der arme Heinz, von<br />
einer Basaltkugel am Kopf getroffen, sank tot ins Gras. Die<br />
anderen entkamen mit Mühe dem Unheil. In der Nacht trugen<br />
sie den Getöteten in die verfallene Kirche des Dörfchens.<br />
Hans Hick aber schwor dem Riesen bittere Rache. In<br />
dunkler Nacht pirschte er mit seinen Söhnen an den Unhold<br />
heran. Ein Schnarchen, das die Berge erzittern ließ, verriet<br />
ihnen, wo er schlief. Unerschrocken stieg Hans Hick auf<br />
die Stirn des Riesen und warf einen dicken Basaltbrocken<br />
in dessen aufgesperrten Rachen, an dem der Ruchlose jämmerlich<br />
erstickte.<br />
Dann schleppten die Männer die vom Riesen ausgerissenen<br />
Bäume ins Tal, zimmerten daraus Balken, und aus<br />
den Balken bauten sie Häuser. Dem Dorf, das so entstand,<br />
gaben sie den Namen Holzhausen. Das schöne Tal wurde<br />
später Hickengrund genannt. (Noch heute liegen einige von<br />
den Basaltbrocken, mit denen der Riese geworfen hat, in<br />
der Gegend umher, s.u.).<br />
Die tapferen Hicken aber spotteten den Furchtsamen,<br />
die aus Angst vor dem Riesen davongelaufen waren. Sie<br />
schalten sie Esel und nannten ihr Dorf, „der Eseln Dorf“.<br />
So soll der Name Dresselndorf entstanden sein.<br />
Noch heute liegen einige von den Basaltbrocken, mit denen<br />
der Riese geworfen hat, in der Gegend umher. Ranken<br />
und Strauchwerk umwuchern sie. Wackebold liegt oben am<br />
Großen Stein begraben. In stürmischen Nächten ächzt und<br />
knarrt es im Gebirge, als fände er im Grab keine Ruhe und<br />
streifte wieder durch die Wälder.<br />
Die zweite Sage erzählt über die Herkunft<br />
der Hicken folgendes:<br />
In grauer Vorzeit sind die Hicken aus dem fernen Osten<br />
eingewandert, wahrscheinlich als die Hunnen die Völker<br />
Europas durcheinanderwürfelten. Da kamen sie ins Tal des<br />
Weierbachs und ließen sich dort nieder. Um ihre Ortschaften<br />
zu schützen, legten sie um diese eine hohe Hecke an. Deren<br />
Dorngesträuch griff so eng ineinander und zeigte nach außen<br />
so spitze Wehr, dass kein Wolf es wagte, hindurchzukommen,<br />
und jeder Feind vorüberzog. So wohnten sie, unbelästigt<br />
von Mensch und Tier, in ihrem stillen Grund, bildeten für<br />
sich einen eigenen Gau, den sie Heggers- oder Hegen-Gau<br />
nannten und später der Hickengrund hieß.<br />
Die Hecken blieben bestehen bis zur Franzosenzeit. Als<br />
dann aber ein französischer General hier vorbeizog, ließ er<br />
die Hecken oder Hegen abhauen. Nun war der Hickengrund<br />
offen und mit der großen Welt in Verbindung. Seitdem haben<br />
die Hicken manches von ihrer Eigenart verloren.<br />
Eine andere Sage berichtet über einen außergewöhnlichen<br />
Vorfall, in dem die Bevölkerung des<br />
Hickengrundes sich siegreich gegen die Schweden im<br />
Dreißigjährigen Krieg wehrten.<br />
Der Große Stein in Holzhausen<br />
Hier ein Auszug aus dieser Sage:<br />
Als die Kunde in die stillen Talgründe kam, dass schwedische<br />
Truppen von Dillenburg her im Anzug waren, taten<br />
12 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Aus dem Siegerland<br />
sich die Dörfer des Grundes zusammen, vereinbarten, sobald<br />
der Feind in Sicht käme, sich gegenseitig durch Glockenzeichen<br />
zu verständigen und die Heimat zu verteidigen. In aller<br />
Stille bewaffnete man sich mit allem, was einem Bauer zur<br />
Verfügung stand. Nicht lange sollte man zu warten haben, bis<br />
die Zeit kam, da sie in Aktion treten sollten.<br />
Eines Tages drang vom Kirchlein in Holzhausen der<br />
Glockenschall in die umliegenden Ortschaften, zeigte das<br />
Nahen des Feindes an und rief die Bauern auf zum Schutz<br />
ihrer Dörfer. Vor dem Dorf scharten sie sich zusammen,<br />
mit Sensen und Dreschflegeln die einen, die anderen mit<br />
Spießen und Hellebarden bewaffnet. Und als vom Walde<br />
her die Feinde nahten, wurden sie von den Bauern blutig<br />
zurückgeschlagen. Gar schlimm sausten die Hellebarden<br />
auf die Körper der Gegner, gar grausam mähten die Sensen,<br />
und was sich allzu nah heranwagte, fiel unter derben<br />
Fäusten. Eiligst suchten die Schweden das Weite und kamen<br />
auch nicht wieder. So blieb der Hickengrund verschont<br />
dank der mannhaften Gegenwehr des Volkes, während der<br />
Burbacher Grund völlig ausgeplündert wurde.<br />
Diese Sage, in der uns die Gestalten der Befreier sieghaft<br />
und strahlend entgegentreten, könnten wir als „Heldensage“<br />
bezeichnen. Sagen erzählen von geheimnisvollen,<br />
fantastischen und manchmal auch grusligen Ereignissen<br />
aus vergangenen Zeiten. So z. B. die nachfolgende Sage,<br />
die ich in gekürzter Form wiedergebe:<br />
„Wilde Weiber“ im Hickengrund<br />
Auf den Höhen bei Oberdresselndorf, in den Hohlräumen<br />
zwischen den mächtigen Steinen einer Blockhalde, hausten<br />
die Wilden Weiber. Es waren kleine braune Gestalten mit<br />
zerzausten schwarzen Haaren und zum Fürchten hässlichen<br />
Gesichtern. Die umwohnenden Waldleute, arme Köhler und<br />
Schweinehirten, waren diesen Wilden hilflos preisgegeben,<br />
hatten sie ihnen doch alles zu liefern, was jene zu ihrem<br />
Unterhalt brauchten. Niemand stellte sich ihnen entgegen,<br />
denn jeder fürchtete ihre Zauberkünste und ihre Hexerei.<br />
Je ängstlicher aber die Dörfler waren, umso unverschämter<br />
und zudringlicher wurden die Weiber. Sie holten die Eier<br />
aus den Nestern, den Schinken aus dem Rauch, das Brot<br />
frisch aus dem Backofen und molken am helllichten Tage<br />
die Ziegen in den Ställen. Die Hofhunde zogen bei ihrem<br />
Herannahen kläglich winselnd den Schwanz ein, und selbst<br />
der Hirte, der doch mit allerlei Abwehrzauber vertraut war,<br />
wusste keinen Spruch, dieses zudringliche boshafte Geistervolk<br />
zu bannen. Eines Tages stahlen die Wilden Weiber<br />
im Dorf ein Schwein und verlangten noch dazu von den<br />
Bewohnern Töpfe und Tiegel, um es zu kochen. Das war<br />
zu viel der Unverschämtheit, und die Dörfler gaben ihnen<br />
Gefäße aus Holz statt eiserner Geräte. Die standen, als die<br />
Weiber Fleisch darin kochen und braten wollten, plötzlich<br />
in Flammen. Da schworen sie Rache und steckten eines<br />
Nachts alle Häuser in Brand.<br />
Die Bewohner zogen nach Norden und gründeten eine<br />
neue Siedlung, die sie Rinsdorf nannten. Die Wilden<br />
Weiber mussten nun zusehen wie sie durchs Leben kamen.<br />
Einige von ihnen taten es auf redliche Weise und ließen<br />
sich unweit in einem Dorf nieder, das den Namen Wilden<br />
bekam. Andere spukten noch viele Jahre in den Kammern<br />
und Gewölben der Blockhalde, die von den Leuten „Wildweiberhäuschen“<br />
genannt wurde.<br />
Es gehört zum Wesen einer Sage, dass sie nie restlos zu<br />
erklären ist und auf Dichtung und Wahrheit beruht. Spuren<br />
aus alter Zeit, die mit der Entstehung dieser Sagen zusammenhängen,<br />
sind auch heute noch vorhanden, so z. B. der<br />
Große Stein in Holzhausen, auffällige Naturgebilde aus Stein<br />
in Oberdresselndorf, die Wilde-Weiber-Leye genannt.<br />
Ich erinnere mich gerne an Holzhausen, an die schöne<br />
Landschaft, an die lieben Menschen, insbesonders an<br />
Familie Peter Ernst aus der Hoorwaldstraße, die mir in<br />
schweren Zeiten mit Rat und Tat beigestanden hat. Ich erinnere<br />
mich an die „Alte Schule“, in der ich gewohnt habe,<br />
und an ihre gegenüberliegende Kirche, deren Kirchtum<br />
von Weitem zu sehen ist und der mir immer ein Gefühl<br />
der Geborgenheit gab.<br />
Die „Alte Schule“ wurde 1769 fertiggestellt und diente<br />
jahrhundertelang als Dorfschule und in der letzten Zeit als<br />
Wohnung. Vor elf Jahren wurde das alte Fachwerkhaus<br />
restauriert und zu einem kulturellen Dienstleistungszentrum<br />
des Ortes<br />
eingerichtet.<br />
Vieles hat sich<br />
in Holzhausen<br />
verändert, aber<br />
die „Alte Schule“<br />
und die ihr<br />
gegenüberliegende<br />
Kirche<br />
stehen noch<br />
immer inmitten<br />
des historischen<br />
Dorfkerns von<br />
Holzhausen.<br />
Fünfzehn Jahre<br />
sind vergangen,<br />
seitdem ich Holzhausen<br />
verlassen<br />
habe und nach<br />
Siegen gekommen<br />
bin. Die Erinnerungen<br />
an eine<br />
schwere, aber<br />
doch schöne Zeit<br />
in Holzhausen Dorfkirche in Burbach-Holzhausen<br />
sind geblieben.<br />
Dorothea Istock<br />
Quellen: Gernhard Görnig, „Sagen aus dem Siegerland“<br />
2 Bilder: Heimatverein Burbach-Holzhausen<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 13
Klappern gehört zum Handwerk<br />
Nordic Walking für annähernd alle Generationen geeignet<br />
von Leif Arne Eickhoff<br />
Die Redaktion des durchblick bat mich, als „Fachmann“<br />
etwas über Sport im Alter zu schreiben. Mir fiel dazu<br />
natürlich sofort „Nordic Walking“ ein. Gern erfülle ich<br />
die Bitte und versuche nun, Sie, liebe Leserinnen und<br />
Leser, auf diese zunehmend beliebtere Sportart neugierig<br />
zu machen.<br />
Es ist halb zehn, als ich mein Motorrad vor dem kleinen<br />
Restaurant unweit des neuen „DSV nordic aktiv Walking<br />
Zentrum Niederrhein“ abstelle. Ich bin sehr gespannt was<br />
mich erwartet. Natürlich habe ich als Sportwissenschaftler auch<br />
ein berufliches Interesse, eigentlich bin ich aber neugierig auf die<br />
Menschen, die sich für einen Nordic-Walking-Kurs interessieren.<br />
Ich will wissen, wie die Aufteilung nach Geschlecht ist und in<br />
welchem Alter Teilnehmer sind und mutmaße schon, dass ich mit<br />
meinen 34 Lenzen wahrscheinlich der Benjamin sein werde. Von anderen<br />
Übungsveranstaltungen bin ich es gewohnt, dass in der Regel<br />
viel mehr Frauen als Männer an Sportkursen teilnehmen. Ich betrete<br />
also gespannt den Seminarraum, etwa 10 Personen sind bereits anwesend.Wie<br />
üblich im Sportbereich geht’s per Du. Pünktlich beginnt<br />
Sylvia, die Leiterin des Kurses, ihren Vortrag mit einer Kurzgeschichte,<br />
in der es um Nordic Walking geht. Während Sylvia erzählt,<br />
lasse ich meinen Blick durch die Runde schweifen, meine Angst<br />
aufzufallen war unbegründet. Die rund 20 Teilnehmenden bilden eine<br />
bunte Mischung aus Menschen aller Altersgruppen und beiderlei<br />
Geschlechts. In der anschließenden Vorstellungsrunde erfahre ich<br />
außerdem, dass auch sportlich gesehen alles vertreten ist, vom Bewegungsmuffel<br />
bis zu gesundheitsbewussten Ausdauersportlern.<br />
Ob das funktioniert, denke ich, aber Sylvia geht souverän weiter<br />
in ihrem Programm, sie zeigt wie man die richtigen Stöcke und<br />
die richtige Stocklänge auswählt; die allermeisten Teilnehmer haben<br />
keine eigenen Stöcke, und das ist auch gut so. Eine große Auswahl<br />
der unterschiedlichsten Stöcke liegt bereit, die während des Kurses untereinander<br />
ausgetauscht werden sollen. So können die verschiedenen<br />
Varianten und Längen ausprobiert werden. Der Praxisteil<br />
beginnt ganz leicht. Zuerst werden die<br />
Stöcke nur in den Händen<br />
getragen,<br />
Figur: Bärbel Breunig, Siegen, Tel. 0271-4853264 Bild: durchblick – Gottfried Klör<br />
14 durchblick 1/<strong>2009</strong>
um den richtigen Rhythmus zu finden. Anschließend<br />
wird das richtige gelenkschonende Abrollen<br />
der Füße geübt. Nachdem alle sich an das ruhige<br />
gleichmäßige Gehen gewöhnt haben und die Kursleiterin<br />
alle Fehler korrigiert hat, sind wir bereit,<br />
mit Stockeinsatz in einem langsamen Tempo loszugehen.<br />
Die Stöcke werden erst nur locker gehalten<br />
und schleifen hinterher. Sylvia geht ganz behutsam<br />
vor, Schritt für Schritt, und achtet darauf, dass jeder<br />
mitkommt. Danach wird erst mal Pause gemacht.<br />
Es gibt ein leichtes Mittagessen mit reichlich Salat,<br />
genau das Richtige, um sich beim Gehen wohlzufühlen.<br />
In der zweiten Unterrichtseinheit wird dann<br />
weiter an der Stocktechnik gefeilt, zuerst nur mit<br />
jeweils einer Hand, danach mit beiden. Jetzt wird mir<br />
klar, warum Sylvia uns in so vielen kleinen Schritten<br />
an die Bewegung herangeführt hat. Jeder kann<br />
jetzt selbstsicher laufen, alle fühlen sich gut und<br />
brennen darauf, endlich ausgedehnt zu gehen und<br />
sich auf die Bewegung einzulassen. Das Übungsgelände<br />
ist sehr abwechslungsreich, es gibt lange flache Strecken,<br />
Steigungen und Gefälle. Wo es notwendig ist, gibt Sylvia<br />
Tipps für optimales Laufen oder macht spielerische<br />
Übungen, um die Technik zu verbessern. Zum Abschluss<br />
des Kurses finden wir uns zusammen und besprechen noch<br />
einmal die Besonderheiten. Den zufriedenen Gesichtern<br />
nach zu urteilen war der Kurs für alle TeilnehmerInnen ein<br />
Erfolg. Auch ich war sehr zufrieden mit dem Erlebten. Immer<br />
stand die Bewegung,<br />
das Erleben und die<br />
Freude im Mittelpunkt<br />
und nicht der gesundheitliche<br />
Aspekt und die<br />
sportliche Wirkung auf<br />
den Organismus. Zu oft<br />
wollen uns Ärzte, Sportwissenschaftler<br />
oder<br />
Krankengymnasten in<br />
Zeitschriften, Magazinen<br />
oder in der Werbung überzeugen, allein aus gesundheitlichen<br />
Gründen Sport zu treiben. Aber mal ehrlich, wer von uns<br />
schafft es tatsächlich, regelmäßig und motiviert Sport zu treiben,<br />
nur weil er glaubt, dass er dann gesünder lebt? Müssen<br />
wir uns wirklich quälen aus Angst vor den Konsequenzen<br />
unserer vermeintlichen Faulheit?<br />
Wer täglich mit Sport zu tun hat, mit Menschen spricht,<br />
die sich regelmäßig bewegen, der gewinnt einen ganz anderen<br />
Eindruck. Gerade diejenigen, die regelmäßig Sport treiben,<br />
reden kaum von den gesundheitlichen Vorteilen.<br />
Wer sich von frühester Jugend bis ins hohe Alter bewegt,<br />
der tut dies meist aus Freude an Bewegung und dem dabei<br />
Erlebten. Das sind Menschen, die sich darauf freuen, bei<br />
einem Spaziergang die Sommersonne und die Winterkälte<br />
zu spüren. Oder es sind Menschen, die sich gerne mit anderen<br />
treffen und dann gemeinsam tanzen, Tai-Chi-Übungen aus-<br />
Überall anzutreffen: Nordic-Walking-Begeisterte<br />
Wer Schmerzen und Unwohlsein<br />
mit eisernem Willen überwindet,<br />
der tut nicht nur seinem Körper,<br />
sondern auch seiner Seele weh!<br />
führen oder sich im Wasser zu Musik bewegen. Diese Menschen<br />
kommen ganz ohne Bevormundung durch Gesundheits-Besserwisser<br />
zum Sport. Meine persönliche Erfahrung<br />
sagt mir, dass drei Dinge ausschlaggebend sind, damit Sport<br />
zu einem Genuss wird, auf den ich nicht verzichten will.<br />
Zunächst ist es wichtig, Bewegung frei von Angst zu genießen.<br />
Wer fürchtet sich zu verletzen, wer glaubt mit anderen<br />
nicht mithalten zu können und wer ganz allgemein denkt,<br />
dass es ohnehin bereits zu spät ist noch mit etwas Neuem zu<br />
beginnen, der hat schon, bevor er überhaupt beginnt, kaum<br />
eine Chance auf Entspannung<br />
und Freude.<br />
Jeder Mensch ist<br />
anders. Es kommt gar<br />
nicht so sehr darauf<br />
an, ob unsere Bewegung<br />
effizient zur<br />
Fettverbrennung oder<br />
geeignet zur Vorbeugung<br />
von Herz-Kreislauf-Problemen<br />
ist. Allein was unser Interesse weckt, was<br />
Spaß macht, was spannend und unterhaltsam ist, bekommt<br />
uns auf Dauer.<br />
Als Letztes sollte man seinen Körper nicht überfordern.<br />
Wer Schmerzen und Unwohlsein mit eisernem Willen überwindet,<br />
der tut nicht nur seinem Körper, sondern auch seiner<br />
Seele weh und verliert schnell die Lust.<br />
Gerade weil Nordic Walking so viel Freude bereiten<br />
kann, hat es sich in den vergangenen Jahren zu einem wahren<br />
Volkssport entwickelt. Das Nordic Walking ist vielseitig<br />
und beinahe für jedes Alter geeignet. Geht man allein,<br />
erreicht man durch die gleichmäßigen Bewegungen schnell<br />
Ausgeglichenheit und einen Zustand der inneren Ruhe. Man<br />
erlebt die Natur in der Bewegung intensiver. Auch zu zweit<br />
oder in der Gruppe kann Nordic Walking viel Freude bereiten.<br />
Die Bewegung ist mit ein wenig Anleitung schnell<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 15
Sport<br />
Figur: Bärbel Breunig, Foto: Gottfried Klör<br />
Nicht alle Sportarten eignen<br />
sich gleich gut für den alternden<br />
Körper. Beim Radfahren ist besondere<br />
Vorsicht geboten. Die<br />
relativ hohen Geschwindigkeiten<br />
bergen ein besonderes Gefahrenpotenzial!<br />
Daher:<br />
Niemals ohne Helm aufs Rad!<br />
erlernbar und schon nach<br />
kurzem Üben läuft es sich<br />
fast wie von selbst. Ein<br />
Tempo, in dem man sich<br />
noch ohne Anstrengung<br />
unterhalten kann, ist ideal.<br />
Viele Nordic Walker<br />
treffen sich seit Jahren<br />
regelmäßig zum Laufen<br />
und pflegen ihre Freundschaften<br />
draußen an der<br />
frischen Luft, statt in der<br />
Konditorei bei Kaffee<br />
und Kuchen. Nach dem<br />
Gehen fühlt man, dass<br />
der ganze Körper angesprochen<br />
wurde. Viele<br />
Nordic Walker berichten,<br />
dass sie nach dem Laufen<br />
angenehm erschöpft sind und nachts besser schlafen.<br />
Es gibt kaum Gründe, die diesen Sport verhindern<br />
könnten. So eignet sich Nordic Walking z. B. auch für<br />
Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wenn das<br />
Training richtig dosiert und angemessen ist. In diesem Fall<br />
ist es ratsam, mit einem Arzt die sportliche Betätigung ab-<br />
zustimmen. Sollte Nordic Walking nicht in Frage kommen,<br />
weil z.B. aufgrund von Übergewicht die Gelenke schmerzen<br />
oder weil andere triftige Gründe vorliegen, gibt es immer<br />
noch zahlreiche sportliche Alternativen.<br />
Ein heißer Tipp für Personen mit Gelenkproblemen und<br />
Übergewicht sind Sportarten, bei denen die Gelenke im<br />
Wasser entlastet werden. Durch den Auftrieb des Wassers<br />
fühlt man sich beweglich und befreit. Beispielsweise bietet<br />
sich Aqua Jogging für Menschen an, die gerne allein oder<br />
zu zweit mehr für ihre Bewegung tun möchten.<br />
Es gibt zahlreiche Kurse, in denen man zu Musik Wassergymnastik<br />
in der Gruppe erleben kann. Egal, welche<br />
Sportart man ausprobiert, es macht mehr Spaß, wenn man<br />
zu Anfang auf Hilfe und Anleitung zugreifen und Fragen<br />
stellen kann, weil nun einmal nicht immer alles auf Anhieb<br />
funktioniert. Dazu muss man nicht, wie ich es tat, ins<br />
Leistungssportcentrum nach Kleve fahren, gute Angebote<br />
gibt es auch in Siegen. Wer schon genug Erfahrung hat,<br />
aber lieber gemeinsam mit anderen Sport treibt, findet hier<br />
vielleicht den einen oder anderen interessanten Mitstreiter.<br />
Viele Sportgeschäfte und fast alle Sportvereine bieten Nordic-Walking-Kurse,<br />
oftmals auch speziell für Seniorinnen<br />
und Senioren, an. Auskünfte erteilt auch die Servicestelle<br />
„Leben im Alter“ unter der Tel.-Nr. 0271-4042208.<br />
16 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Das Jahr hat 365 Tage. Werktage, Sonntage, Feiertage.<br />
Einige davon sind bestimmten Menschen oder<br />
Organisationen zugedacht. Zwei der Bekanntesten<br />
sind Mutter- und Vatertag. Von einem ganz besondern<br />
Vatertag, der sich in meiner Familie zugetragen hat, möchte<br />
ich erzählen.<br />
Meine Tochter und mein Schwiegersohn sind prachtvolle<br />
Menschen und leben in einer glücklichen Ehe. Mein<br />
Schwiegersohn – passionierter Segler – macht seit vielen<br />
Jahren am Vatertag einen Segeltörn. Dieses Jahr sollte es<br />
aufs Ijsselmeer gehen. Die Crew war immer dieselbe und<br />
die Planungen liefen auf Hochtouren, als meine Tochter<br />
plötzlich und ohne jeden Grund nicht mehr mit dieser Reise<br />
einverstanden war. Es war nicht zu verstehen. All die<br />
Jahre zuvor gab es keinerlei Einwände. Sie gönnte ihrem<br />
Unterhaltung<br />
Gibt es Ahnungen?<br />
Eine unglaubliche Geschichte<br />
Mann dieses schöne Hobby und half sogar gerne bei<br />
den Vorbereitungen. Deshalb war es total unverständlich,<br />
wieso sie diese Reise vereiteln wollte. Sie bat<br />
ihren Mann, er möge doch einmal den Vatertag mit<br />
der Familie verbringen. Er konnte seine Frau absolut<br />
nicht verstehen, woher kam dieser Sinneswandel? Er<br />
gab ihr zu verstehen, dass er doch seine Freunde jetzt<br />
nicht im Stich lassen könnte und dass er auf jeden Fall<br />
fahren würde. Daraufhin wurde meine Tochter heftiger.<br />
Sie bat nicht mehr, nein, sie forderte seinen Verzicht.<br />
Die Fronten verhärteten sich. Es gab Krach, ja es kam<br />
zu einem richtigen Streit. Meine Tochter siegte! Ihr<br />
Mann blieb zu Hause! Natürlich mit schlechter Laune.<br />
So stand dieser Vatertag in der Familie unter keinem<br />
guten Stern. Man ging sich aus dem Weg. Keiner verstand<br />
den anderen, aber auch dieser Tag ging einmal zu Ende.<br />
Am nächsten Morgen beim Frühstück hörten sie eine<br />
Rundfunkmeldung, die den beiden den Atem stocken ließ.<br />
Der Sprecher sagte: „Gestern in den Abendstunden geriet<br />
ein deutsches Segelschiff mit acht Mann Besatzung<br />
in einen Sturm und sank. Es gab Zwei Tote und mehrere<br />
Verletzte.“<br />
Meine Tochter und mein Schwiegersohn waren wie<br />
gelähmt. Zwei tote Freunde und Kollegen!<br />
Was war in meiner Tochter vorgegangen, dass sie mit<br />
aller Kraft und unter allen Umständen ihren Mann von dieser<br />
Reise abhielt?<br />
Sie weiß es nicht, keiner weiß es, man kann es nicht<br />
erklären!<br />
Inge Göbel<br />
Der Kommentar<br />
Winterlicher Zauber – Open-Air-Vorstellung<br />
im Museum für Gegenwartskunst<br />
Die Mittwochsakademie bietet, u. a., Vorlesungen in Philosophie an, sie<br />
finden im Museum für Gegenwartskunst statt. Platznot, denn der Andrang<br />
der Gasthörer ist beachtlich. Frühes Anstehen, Kampf um einen adäquaten<br />
Sitzplatz, Ellenbogen werden auch ausgefahren. Beschwerden gingen an den<br />
Vorstand der Universität. Prof. Dr. Broer gab sich die Ehre und schaute vorbei.<br />
Aus erlauchtem Munde der einzige Vorschlag, den er anzubieten hatte, für mich<br />
die blanke Ironie: lüften, lüften, lüften. Zu diesem Behufe stellte er eigens eine<br />
Praktikantin ab. Sie reißt alle 10 Minuten die nach draußen führenden Glastüren<br />
auf, schließt, öffnet, schließt. Wir werden auf Eis gelegt, die Gedanken frieren<br />
ein. Ich bin, nach 1,5 Stunden, bis auf die Knochen durchgefroren. Gejammert<br />
wird auf niedrigem Niveau, gleichsam gekontert von den eingefleischten Frischluft-Fanatikern<br />
– typisch deutsch. Ich erhob dennoch Einspruch. Vorerst wird<br />
gemäßigt gelüftet, was, vielleicht, aber auch daran liegt, dass sich die Reihen<br />
etwas gelichtet haben, wetter- und urlaubsbedingt. Je nach Endergebnis werde<br />
ich an den Wintersemestern nicht mehr teilnehmen.<br />
Heute von Erika Krumm<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 17
Es war eine schlimme Zeit für das Siegerland und<br />
ganz besonders für die Randgebiete der großen Stadt<br />
Siegen und ihrer umliegenden Nachbardörfer. Beinahe<br />
allwöchentlich mussten die Zeitungen im Sommer und<br />
Frühherbst über die mit unglaublicher Dreistigkeit verübten<br />
Untaten der ruchlosen Schwarzkittel-Bande berichten. Auf<br />
der Suche nach Nahrung hatten randalierende Wildschweine<br />
im Schutze der Dunkelheit und unter völliger Missachtung<br />
des Strafgesetzbuches doch tatsächlich immer wieder<br />
schlecht geschützte Gärten und Rasenstücke umgegraben.<br />
„Schwarzkittel wüteten hemmungslos“, „19 Wildschweine<br />
gruben Garten um“, „Jäger befürchten Wildschweinplage“,<br />
„Jäger blasen zur Großjagd“ – so und so ähnlich lauteten<br />
die fetten Schlagzeilen der Intelligenz- und Käseblätter. Und<br />
kaum hatten die empörten Gartenbesitzer ihren verehrten<br />
Rasen wieder instand gesetzt, da kamen die weder Maß noch<br />
Ziel kennenden Borstenviecher erneut und gruben mit ihren<br />
kräftigen Rüsseln abermals den weichen Boden auf.<br />
Alle waren bestürzt. Die Grundstücksbesitzer sowieso,<br />
das Kreisordnungsamt von Amts wegen, die Jagdpächter<br />
mit schlechtem Gewissen, der Jagdschutzverband mit der<br />
eindeutigen Warnung vor einer sehr wahrscheinlichen Seuchenausbreitung.<br />
Am betroffensten indes schien der Herr<br />
Landrat. Auf allen Fotos sah man, wie er mit weit geöffnetem<br />
Mund und blitzenden Zähnen ob der Ungeheuerlichkeiten<br />
förmlich nach Luft rang.<br />
Die unheilvolle Suche der skrupellosen Bande nach Engerlingen,<br />
Würmern und Käfern durfte nicht unbeantwortet<br />
bleiben. „Abknallen!“ schrien die einen, „Niedermetzeln!“<br />
riefen die anderen. „Um die Ecke bringen!“ forderten diese<br />
und „Rübe abhacken!“ jene. „Aufknüpfen!“ meinten die<br />
schlecht Informierten und „Ausrotten!“ die Unbarmherzigen.<br />
Kurzum – für den rücksichtslosen und kaltblütigen<br />
Mundraub gepaart mit grob fahrlässiger Sachbeschädigung<br />
blieb als Forderung der mehr oder weniger Betroffenen für<br />
jedes Bandenmitglied nur eines: die Todesstrafe und die<br />
umgehende Vollstreckung derselben.<br />
Tierisch – Satirisch<br />
Wilde Wätze ante portas<br />
Wie sich zwei Borstentiere durch die Flucht der Hinrichtung entzogen<br />
Nordwestlich des Stadtzentrums befindet sich ein größeres<br />
mit Mischwald, teils aber auch mit Fichten bestandenes<br />
Waldgebiet. Weitab der menschlichen Behausungen<br />
dösten hier an einem schönen Herbsttag zwei Wildschweine<br />
in einem Gestrüpp. Sie hatten sich mit ihren Rüsseln Kuhlen<br />
gegraben und lagen in diesen recht gemütlich auf dem<br />
Bauch, die kurzen Beine so weit es ging nach vorne und<br />
hinten ausgestreckt. Das eine Borstentier war ein mächtiger<br />
Eber, der in den zwölf Jahren seines Erdendaseins schon<br />
viel erlebt hatte. Nach einem Kampf mit einem Artgenossen<br />
war das linke Ohr nur noch verstümmelt vorhanden, und<br />
die deutlichen Spuren eines Streifschusses auf dem Rücken<br />
zeugten davon, dass er auch schon Jagdglück gehabt hatte.<br />
Die ungemein langen Eckzähne im Unterkiefer sorgten dafür,<br />
dass nicht nur jeder Artgenosse ihm mit Vorsicht begegnete.<br />
Der ursprüngliche Name dieses Hünen war in Vergessenheit<br />
geraten, man nannte ihn allerorten nur „der Alte“.<br />
Eine Rangordnung musste nicht ausgehandelt werden, denn<br />
sein Kumpan war wesentlich kleiner, stellte in keiner Weise<br />
für den Riesen eine Gefahr dar und erfreute sich vor allem<br />
aus diesem Grund der Duldung. Er war vor zwei Sommern<br />
aus der Frankfurter Gegend eingewandert, konnte den dortigen<br />
Dialekt nicht ablegen und ähnelte wegen eines bei der<br />
Geburt erlittenen Schadens einem liegenden Krug. Deshalb<br />
und seiner Größe und Herkunft wegen wurde er weit und<br />
breit von den Schwarzkitteln „Bembelche“ gerufen. Eben<br />
hatte Letzterer verdächtige Geräusche gehört, wandte den<br />
Kopf in Richtung des Alten und sagte leise ...<br />
„Halt!“ schimpfen spätestens hier sicherlich wieder einige<br />
unserer Leser, die es einfach nicht glauben möchten,<br />
dass ein wildes Tier einen Namen hat und sprechen kann.<br />
Wer wird denn so kritisch sein? Was ist zum Beispiel mit der<br />
ganzjährigen und mit Zuckerstückchen auf der Fensterbank<br />
angestachelten Tätigkeit unseres lieben Freundes Adebar?<br />
Und mit was beschäftigt sich der nur einmal im Jahr fleißige<br />
Meister Lampe um die Osterzeit? Deren Passionen werden<br />
seit Jahrhunderten gegenüber Jüngeren immer wieder glaub-<br />
Wir haben viele gute Seiten...<br />
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18 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Tierisch – Satirisch<br />
haft versichert. Und vergessen werden dürfen in diesem Zusammenhang<br />
auf keinen Fall täglich grüßende Murmeltiere<br />
und auch nicht die leicht erregbare Mama Wutz, die doch sogar<br />
einem grasgrünen Urmel das fast akzentfreie Sprechen<br />
beibrachte. Na also, ihr ... – ihr ... – ihr Besserwisser!<br />
Also, Bembelche sagte leise zu dem Alten: „Ei,<br />
ich glaab, da kommt wer.“ Der Alte hob kurz den Kopf,<br />
Auch Aas und Abfall schmeckt den Allesfressern.<br />
lauschte, würdigte seinen Nachbarn indes mit keinem Wort<br />
und döste friedlich weiter. Der neugierige Kumpan freilich<br />
konnte nicht liegen bleiben, stand auf und wollte unbedingt<br />
wissen, wer wohl die Mittagsruhe störe. Es war ein anderthalbjähriges<br />
Mutterschwein, das mit einer zwölfköpfigen<br />
Kinderschar langsam durch die Büsche zog, unentwegt nach<br />
Leckereien suchend. Der schon etwas ältere Nachwuchs,<br />
dessen gelbe Längsstreifen kaum noch auszumachen waren,<br />
tollte umher, Einzelne sprangen einander auf den Buckel<br />
oder rannten sich gegenseitig um. Die junge Sau sah<br />
in dem mickrigen Hessen, dessen Schwänzchen frohgemut<br />
hin und her pendelte, keine Gefahr für ihren Nachwuchs. So<br />
griff sie nicht ein, als der Witzbold der übermütigen Kinderschar<br />
vorschlug, gemeinsam das bekannte Lied „Ein Eber<br />
wollte Hochzeit machen“ zu singen. Mit hellen Stimmen<br />
schrie der Chor kräftig die Weise. Es folgte das Lied vom<br />
Ferkel, das ganz alleine in die weite Welt gezogen war, und<br />
zum Schluss der beliebte Gassenhauer „Kein Schwein ruft<br />
mich an“. Danach überschlug sich die muntere Schar in eifrigem<br />
Bemühen, die freilich noch nicht allzu weit entfernte<br />
Mama einzuholen.<br />
Als Bembelche zum Alten zurückkam, wiederholte er<br />
betrübt einige Male noch die Liedzeile „Kai Sau indrissiert<br />
sich für mich“. Ja, das war sein Schicksal. Einige Male<br />
hatte er im jugendlichen Leichtsinn ganz und gar erfolglos<br />
versucht, sich in der Paarungszeit gegenüber kräftigeren<br />
Artgenossen durchzusetzen. Dabei hatte er sich unzählige<br />
Knüffe und zum Schluss den gutgemeinten Rat eingehandelt:<br />
„Ei, probier’s doch emal im Siecherland!“ Fast eine<br />
ganze Woche lang war er unterwegs gewesen und musste<br />
endlich feststellen, dass er vom Regen in die Traufe gekommen<br />
war. Die westfälischen Nebenbuhler waren noch<br />
um einiges kräftiger gebaut als die in der Maingegend. Da<br />
beschloss Bembelche, sich künftig aus allen Machtkämpfen<br />
herauszuhalten und sich stattdessen dem erfahrenen Alten<br />
anzuschließen, der den zu kurz Geratenen seiner Gewitztheit<br />
und seiner lockeren Sprüche wegen gerne unter seine<br />
Fittiche nahm.<br />
Am frühen Nachmittag suchten beide kurz eine nahe<br />
gelegene Schlammlache auf und suhlten sich in dieser.<br />
Der Schlamm kühlte und die unangenehmen Parasiten auf<br />
der Haut fanden rasch ihr feuchtes Grab. Es begann bereits<br />
zu dämmern, als der Alte sich erneut erhob und zu einer<br />
dicken Fichte trat. Er scheuerte an der groben Rinde zunächst<br />
mit kräftigen Bewegungen den nun festen Schlamm<br />
von dem Körperteil ab, in dem gewöhnlich die wenigsten<br />
Kenntnisse stecken. Danach folgte der Rest des Körpers,<br />
der Kleine tat es ihm gleich und endlich waren beide sauber<br />
und ausgehfertig. Ein mächtiger Hunger meldete sich hüben<br />
wie drüben und wollte gestillt werden. In ganz leichtem<br />
Trab setzte sich das ungleiche Duo in Bewegung.<br />
Unweit des Ruheplatzes befand sich ein von Bäumen<br />
und Sträuchern befreites Areal, an dessen Kopfseite die<br />
Grünröcke einen Hochsitz errichtet hatten. Der Platz lag<br />
ganz friedlich da, weit und breit war kein Lebewesen auszumachen.<br />
„Ei, wolle merr emal gugge, ob se frischen Mais<br />
hingeschüttet hawe?“ fragte der Kleine, doch da kam er<br />
bei dem Alten an den Richtigen. „Du bist wohl vom wilden<br />
Watz gebissen. Hast wohl schon vergessen, dass die<br />
Schießer alleine in diesem Jahr hier schon drei Mütter ermordet<br />
haben. Ganz zu schweigen von den anderen, die<br />
dran glauben mussten.“ Bembelche war erschrocken von<br />
der Heftigkeit des Alten, legte zum Zeichen seiner Unterwürfigkeit<br />
hurtig die Ohren an und behauptete forsch: „Ei,<br />
ich hab nur Schbass gemacht. Oder glaabst du, ich wollte<br />
als Lewerwörschtche ende?!“<br />
Dem Alten indes war der Spaß vergangen. Der Gedanke<br />
an die Getöteten, die er alle sehr gut gekannt hatte, brachte<br />
ihn ins Grübeln. Vor allem das Ende der erfahrenen Rotten-<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 19
Tierisch – Satirisch<br />
führerinnen hatte vieles in Unordnung gebracht, denn diesen<br />
oblag es, innerhalb ihrer Gruppe alles im rechten Lot zu<br />
halten. Eine der Hauptaufgaben war die Geburtenkontrolle.<br />
Die Chefinnen und deren Hormone bestimmten die Empfängnisbereitschaft<br />
aller Weibchen der Rotten. Nun fehlten<br />
sie und die Disziplin war völlig im Eimer. Junge Dinger<br />
bekamen schon als Einjährige Nachwuchs – und das nicht<br />
nur einmal im Jahr wie eigentlich üblich, sondern mitunter<br />
gleich dreimal.<br />
„Und dann wundern sich diese Menschen, wenn das unreife<br />
Volk in ihrer Umgebung Schaden anrichtet“, schimpfte<br />
der Alte vor sich hin, und Bembelche, der gleich wusste von<br />
was die Rede war, gab eifrig seinen Senf dazu: „Ei freilich, un<br />
am End heißt es widder, es gäb viel zu viele von uns. Dabei<br />
is es umgekehrt. Ei, es gibt viel zu viele Mensche. Un die<br />
Gribbel komme als immer näher, gell?“ Das gab dem Alten<br />
Wasser auf die Mühle: „Du hast recht! Überall wird noch eine<br />
Siedlung gebaut, auf jedem Fleckchen Ödland steht irgendwann<br />
eine Fabrik und die Suche nach Nahrung wird zunehmend<br />
schwieriger. Und wenn die Schießer mit ihren grünen<br />
Röcken und ihren Donnerrohren Futter über Futter für uns<br />
auslegen, so ist immer eine ganz üble Hinterlist dabei.“<br />
Inzwischen war es Nacht geworden. Im Gegensatz zu<br />
ihren jüngeren Artgenossen wussten beide recht gut, wo<br />
sie gefahrlos etwas für das leibliche Wohl tun konnten. In<br />
einigen morschen Fichtenstümpfen krabbelten leckere Insekten,<br />
die sie als Vorspeise vertilgten, dazu Käfer, Larven<br />
und auch einige Schnecken. Danach wurden die beiden<br />
Flanken eines Hohlweges mit den kräftigen Rüsseln um<br />
und um gegraben. Viele Engerlinge mussten dran glauben,<br />
das eine oder andere Mäuschen ebenfalls und eine Blindschleiche.<br />
Endlich wagten sie sich im Schutze der Dunkelheit<br />
ins Freie und wühlten am Ende eines Kartoffelfeldes<br />
Die Donnerbüchsen werden hervorgeholt – die Tr<br />
das Unterste nach oben. Der Schaden durch das Umwühlen<br />
schien höher als der Wert der wenigen gefressenen Kartoffeln.<br />
Dem Landwirt entstand durchaus kein Nachteil, denn<br />
die Entschädigung durch den Jagdpächter war deutlich<br />
höher als ihm ein Verkauf der Kartoffeln eingebracht hätte.<br />
Dennoch regte sich der Bauer am nächsten Tag mächtig<br />
auf und schimpfte so laut er nur konnte. Doch sein Gezeter<br />
galt nicht den Verursachern, sondern dem schießfaulen<br />
Jagdpächter. Nachdem die beiden Schwarzkittel auf dem<br />
Heimweg noch einen toten Hasen und einige Frösche vertilgt<br />
hatten, folgten als beliebtes Dessert unzählige Eicheln,<br />
die in einem älteren Eichenbestand den Boden über und<br />
über bedeckten.<br />
Ehe sie gesättigt ihr Lager aufsuchten und sich dem<br />
Schlummer hingaben, kam der Alte noch einmal auf das<br />
Thema des Abends zu sprechen: „Die Schießer tun so, als<br />
ob wir Ungeziefer wären, dass mit Stumpf und Stiel ausgerottet<br />
werden müsse. Dabei haben sie selbst dafür gesorgt,<br />
dass bei uns immer öfter die Ordnung nicht mehr stimmt.<br />
Lehre annehmen, das tun sie nicht. Sie haben ja Zaster. Und<br />
wer den hat, der hat ganz automatisch auch Sachverstand.<br />
Meine Vorfahren haben früher gesagt, die Menschen seien<br />
das böseste Raubzeug in der Natur. Wir müssten sie aber<br />
nicht bekämpfen, das machten die schon selber.“<br />
Es war ein paar Wochen später. Der erste Schnee war<br />
gefallen. Am frühen Morgen schon lag Unruhe in der<br />
Luft. Die Eichelhäher schrien was das Zeug hielt, andere<br />
Gefiederte stimmten mit ein. Als dann aber drei Rehe in<br />
höchstem Tempo am Lager der beiden Freunde vorbeirasten,<br />
wussten diese, dass sich etwas ganz Unerfreuliches<br />
anbahnte. Und schon erklangen aus der Ferne die Rufe der<br />
Treiber: „Hopphopp! Hopphopp!“ Dumpfe Schläge verkündeten,<br />
dass viele dicke Knüppel an die Bäume geschlagen<br />
wurden. Bembelche wollte sofort los, hinter den Rehen<br />
her und er rief: „Ei, merr mache uns als uff die Socke, was<br />
gibste, was haste!“ Doch der Alte bewies einmal mehr, dass<br />
er schlauer als sein Schützling war und sagte ganz ruhig:<br />
„Lass sie näher kommen. Genau da, wo du jetzt hin woll-<br />
20 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Tierisch – Satirisch<br />
test, stehen nämlich die Schießer. Also ist es<br />
besser, du bleibst hier und machst genau das,<br />
was ich auch mache!“<br />
Schon hörte man die ersten Schüsse knallen.<br />
Der Kleine konnte sich kaum noch beherrschen<br />
und trampelte immer unruhiger auf der Stelle.<br />
„Ei, häd ich doch blos damals die freie Schdell<br />
im Schdreichelzoo aahgenomme“, jammerte<br />
er einige Male. Endlich erblickten sie die nach<br />
Herzenslust lärmenden Treiber. Jetzt flüsterte<br />
der Alte: „Gleich rennen wir los. Da vorne<br />
zwischen diesen beiden hindurch.“ Sie waren<br />
schon auf gleicher Höhe, als die überraschten<br />
eibjagd beginnt Scheucher sie erspähten. Einer warf erbost seinen<br />
Knüppel hinter ihnen her, ein anderer band<br />
seinen Hund los, der nach den Worten „Bello,<br />
fass!“ auch gleich die Verfolgung aufnahm. Holderdipolder<br />
ging es durch Büsche und Sträucher, durch Fichtenschonungen<br />
und Haubergswald. Und sie rannten immer weiter<br />
wie die gesengten Säue, bis Bembelche endlich fix und fertig<br />
war und außer Atem krächzte: „Ei, mach sachte, ich glaab,<br />
mir hawe es geschafft.“ Der sie verfolgende Hund erwies sich<br />
trotz mutigen Gekläffs nicht als ernsthafte Bedrohung. Der<br />
Alte rannte ein paar Schritte auf ihn zu und zeigte ihm seine<br />
prächtigen Eckzähne. Da kniff Bello hurtig den Schwanz ein<br />
und trollte sich mit einem verlegenen Knurren von dannen.<br />
Weil eine weitere Verfolgung bei der Treibjagd nicht zu<br />
befürchten war, blieben sie bis zum Abend dort, wo sie gerade<br />
standen. Der Alte meinte lakonisch: „Wieder einmal<br />
Jagdglück gehabt!“ Und sein Fluchtgenosse befand: „Ei,<br />
jetzt müsse se als noch e bissi warde, bis se sache könne: Es<br />
Bembelche fand sei letzte Ruhe in des Schießers Tiefkühltruhe,<br />
gell?“ Danach legten sie sich hin und dösten ein wenig.<br />
Ulli Weber<br />
Der Osterhase<br />
von Helga Düringer<br />
Der Osterhase sitzt im Nest<br />
und wartet auf das Osterfest,<br />
die Eier malt er alle bunt<br />
und tut hier seine Freude kund.<br />
Er hat sie kreativ bepinselt<br />
und mit dem Schwänzchen froh gewinselt,<br />
geheimnisvoll hat er perfekt,<br />
wie jedes Jahr, sie gut versteckt.<br />
Wenn dann in der Osternacht<br />
lieblich die Natur erwacht,<br />
liegen dort im Ostermoos<br />
bunte Eier, klein und groß.<br />
Es heißt dann wieder, such und find‘,<br />
in jedem steckt doch noch ein Kind!<br />
Frohe Ostern!<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 21
Siegerlandhalle<br />
... live erleben!<br />
Donnerstag, Sonntag, 22. März 12. März <strong>2009</strong> <strong>2009</strong><br />
Sonntag, 22. März <strong>2009</strong><br />
DIE FLIPPERS<br />
LIVE ab 20:00 Uhr<br />
Freitag, 15. Mai <strong>2009</strong><br />
Donnerstag, 29.10.<strong>2009</strong><br />
BRUNNER &<br />
BRUNNER<br />
LIVE ab 20:00 Uhr<br />
Samstag, 31.10.<strong>2009</strong><br />
HELMUT LOTTI<br />
time to swing<br />
LIVE ab 20:00 Uhr<br />
MICHAEL<br />
WENDLER<br />
LIVE ab 19:30 Uhr<br />
KASTELRUTHER<br />
SPATZEN<br />
sichern Sie sich heute schon<br />
die Eintrittskarte!<br />
LIVE ab 19:30 Uhr<br />
Infos: www.siegerlandhalle.de<br />
Eintrittskarten erhältlich bei allen<br />
CTS-Vorverkaufsstellen.<br />
Telefonischer Kartenservice:<br />
0271 5940-350<br />
Unterhaltung<br />
Mein Opa<br />
Eine Kindheitserinnerung<br />
Auf ihn trafen alle guten Eigenschaften zu. Bescheidenheit,<br />
Arbeitsamkeit, Sparsamkeit, Verlässlichkeit, Treue<br />
und ganz viel stille Liebe. Er starb mit 92 und arbeitete<br />
bis 75. Das war für ihn selbstverständlich. Er sprach nicht<br />
viel, und von sich erzählte er gar nichts. Erst nach seinem<br />
Tode fiel mir auf, wie wenig ich von ihm wusste.<br />
Er war einfach da und ich liebte ihn. Er nannte mich<br />
von Kind an „Ströppchen“. Ich weiß nicht was das bedeutet.<br />
Es war so, und gut! Opa hatte bis ins hohe Alter<br />
seinen Lebensrhythmus. Alles zu seiner Zeit und ohne<br />
viel Aufhebens. Sein Leben war von Stille bestimmt. Ein<br />
Auto besaß er nie, und ich glaube, er hat auch niemals<br />
jemanden um sein Fahrzeug beneidet. Ich habe Beine und<br />
kann laufen, sagte er, und so lief er eben. Er suchte auch<br />
nie große Menschenmengen und es wundert mich heute<br />
noch, dass er im Kriegerverein war. Einmal im Jahr wurde<br />
ein Fest gefeiert. Ein Festzug ging vom Rathaus die<br />
Kölner Straße herunter bis zur Eintracht. Die Herren elegant<br />
in schwarzem Anzug und weißem Hemd. Orden und<br />
Ehrenzeichen hefteten an der Brust. Weil die Kapelle in<br />
der Kölner Straße immer den Marsch „Alte Kameraden“<br />
spielte, war dieser Marsch für Opa nur der „Kölnersträßer“<br />
und in unserer Familie blieb er das bis heute.<br />
Als ich einmal bei Jüngst am Obergraben Vogelfutter<br />
holte, fragte mich Herr Jüngst: „Bist du nicht ein<br />
Ludes’chen?“ Als ich seine Frage bejahte, erzählte er mir,<br />
dass mein Opa sein Lebensretter sei. In der Schlacht vor<br />
Verdun sei er schwer verwundet worden und mein Opa<br />
hätte ihn aus den feindlichen Linien gerettet, sonst wäre er<br />
heute tot. Ich war sehr erstaunt, denn Opa hatte nie etwas<br />
davon erzählt. Als ich ihn einmal darauf ansprach, sagte<br />
er nur: Das war meine Pflicht. So war er eben. Nur kein<br />
Aufhebens um seine Person.<br />
Opa hatte einmal einen Schlaganfall. Seit der Zeit zitterten<br />
seine Hände. Ich kannte ihn gar nicht anders. Diese<br />
ewig zittrigen Hände waren aber sehr geschickt. Immer<br />
wenn ich in eine neue Schulklasse kam, war Opa für die<br />
neuen Bücher zuständig. Blaues Einbandpapier und weiße<br />
Aufklebeschildchen brachte er mit. Fein säuberlich band er<br />
die Bücher ein. Beschriften konnte er sie nicht. Das musste<br />
Mutti machen, dazu reichte seine Schrift nicht aus.<br />
Opa wohnte in einer ruhigen Seitenstraße, eine Lindenbaumallee.<br />
Wenn es Mai wurde, hatte Opa für mich eine<br />
besondere Freude bereit. Die Maikäfer! Er brauchte nur,<br />
wenn abends das Licht brannte, die Fenster zu öffnen, und<br />
sie flogen hinein. Er sammelte sie für mich und brachte mir<br />
die tollsten Exemplare, „Schornsteinfeger“, „Bäcker“ und<br />
„Müller“. Damit war ich in der Schule der King, denn Maikäfer<br />
waren gute Tauschobjekte. Hausaufgaben abschreiben<br />
habe ich dagegen am liebsten getauscht.<br />
Ein guter Freund Opas war Dr. h.c. Wilhelm Jung, den<br />
Opa nur den „hc“ nannte. Die beiden machten gemeinsam<br />
22 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Unterhaltung<br />
lange Spaziergänge. In der Siegener Zeitung war einmal<br />
ein Bericht über die beiden, mit Bild, unter dem Titel:<br />
„Zwei alte Knaben“. Das war selbst für meinen bescheidenen<br />
Opa eine tolle Sache.<br />
Er schnitt den Artikel aus und<br />
bewahrte ihn in seiner Brieftasche<br />
auf.<br />
Am Martinstag kam Opa<br />
schon morgens. Seine Augen<br />
strahlten mit meinen um die<br />
Wette, wenn er mir die leckere,<br />
frisch gebackene Martinsbrezel<br />
gab. Diese Tradition<br />
übertrug er auch noch auf<br />
meine Kinder, als er schon<br />
Urgroßvater war.<br />
Opa war Pfeifenraucher.<br />
Sein Tabak hieß „Welschenennester“.<br />
Etwas anderes kam<br />
nicht in seine Pfeife. Auch<br />
hier war er konsequent.<br />
Er hatte ein uraltes Tabakschneidbrett.<br />
Ein Erbstück<br />
von seinem Schwiegervater.<br />
Ich habe es heute noch. Darauf<br />
wurde der Tabak geschnitten<br />
und dann zwischen den Händen<br />
„gerömmelt“, bis er ganz<br />
fein war. Wenn Opa dann sein<br />
Pfeifchen stopfte, hatte er<br />
immer ein feines Lächeln im<br />
Gesicht, die Vorfreude auf den<br />
kleinen Genuss. Dann flackerte das Zündhölzchen auf<br />
und bald hüllte der süßliche Rauch des „Welschenennester“<br />
ihn ein. Sonntags nahm Opa ein ledernes Etui<br />
aus der Jackentasche und entnahm ihm eine gute Zigarre.<br />
„Alles zu seiner Zeit“ war sein Motto und dazu gehörte<br />
die Sonntagszigarre.<br />
Weihnachten bekam Opa immer Pantoffeln, beigeschwarz<br />
kariert, stets dieselben. Ich frage mich heute,<br />
warum wir so einfallslos waren, aber spätestens beim<br />
zweiten Weihnachtslied hatte<br />
Opa bereits die Pantoffeln<br />
an und strahlte. Er war so bescheiden<br />
und dankbar.<br />
Nachdem seine Frau, meine<br />
Oma, gestorben war, zog<br />
Opa in das Altenheim auf der<br />
Radschläfe um. Auch dort war<br />
er sehr beliebt. Alle nannten<br />
ihn Opa. Eines sonntags morgens<br />
spielte eine Musikkapelle<br />
vor dem Seniorenheim. Opa<br />
fragte den Dirigenten, ob sie<br />
auch den „Kölnersträßer“ spielen<br />
könnten. Der bejahte, und<br />
dann dirigierte Opa allen zur<br />
Freude den Marsch „Alte Kameraden“.<br />
Als Opa gestorben war,<br />
habe ich ihn geküsst. Im Leben<br />
eigentlich nie. Opa starb<br />
im März und als sein Sarg, mit<br />
Frühlingsblumen geschmückt,<br />
in die Erde sollte, gab es einen<br />
Stopp. Über Nacht hatte<br />
Der Marsch „Alte Kameraden“ war für Opa der ein starker Gewitterregen das<br />
„Kölnersträßer“<br />
Grab einfallen lassen. So stand<br />
der Sarg noch auf der Erde als<br />
wir gingen. Mir war es als würde<br />
er uns noch einmal winken. Voriges Jahr wurde das<br />
Grab eingeebnet, aber ich weiß noch genau wo es war und<br />
besuche ihn immer noch. Manchmal lege ich eine Blume<br />
auf die Stelle. Dann sagt er: „Ströppchen, das wäre doch<br />
nicht nötig gewesen.“ Ja, so war er, mein Opa.<br />
Inge Göbel<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 23
Die Kleinstadt lag in den frühen Abendstunden im<br />
versinkenden Sonnenlicht, das sich noch ein wenig<br />
im Schatten des neu erweiterten Balkons im<br />
Fenster spiegelte.<br />
Julia betrachtete stolz den Aufbau und stellte sich ihn<br />
mit vielen Blumenkästen geschmückt vor.<br />
Da der Balkon nun genau mit der Hauswand des Nachbarn<br />
abschloss und dieser eine Treppe zu seinem<br />
Teil bauen ließ, kam es ihr plötzlich in den Sinn,<br />
dass es für Einbrecher dadurch ein Leichtes wäre,<br />
bei Nacht und Nebel auf ihren Balkon zu steigen,<br />
um dann ganz einfach ihre Räumlichkeiten<br />
zu betreten. Doch der Gedanke verflüchtigte sich<br />
schnell, denn wer sollte es wirklich wagen bei<br />
Julia einzubrechen ...<br />
Unterhaltung<br />
Der Frauenflüsterer<br />
von Edith Maria Bürger<br />
Niemand war ihm bisher böse, den er besucht hatte.<br />
Und ganz besonders Frauen hatten es ihm angetan, die ins<br />
Schwärmen gerieten, wenn sie von ihm sprachen.<br />
Er sei groß und stattlich und äußerst charmant, sagte<br />
man. Seine Ausdrucksweise wäre von einer Art, der man<br />
sich nicht entziehen könnte. Und, wenn der Tisch reich gedeckt<br />
wäre, mit Putenfleisch, zartem Schinken oder leicht<br />
geräuchertem Fisch, dann würde er sich besonders erkenntlich<br />
zeigen. Und wenn man es zuließ mit ihm zu schmusen,<br />
dann würde einem Hören und Sehen vergehen.<br />
So geschah es, dass Julia eines Abends die Balkontür<br />
des Wohnzimmers öffnete, um einmal durchzulüften. Derweil<br />
begab sie sich in die Küche, um das Glas, aus dem sie<br />
am Abend einen guten Tropfen Wein genossen hatte, in die<br />
Spülmaschine zu setzen. Als sie sich wieder in Richtung<br />
Doch nun machte das Gespräch die Runde,<br />
dass schon bei einbrechender Dunkelheit ein<br />
männliches Wesen die Häuser umschlich, das im<br />
unbedachten Augenblick das Haus betrat, um mit<br />
köstlichen Speisen verwöhnt zu werden.<br />
Ein armer Obdachloser vielleicht. Und die<br />
Vermutung lag nahe, dass er gerade jetzt in der<br />
immer noch kühlen Jahreszeit ein warmes Plätzchen<br />
suchte. Aber, warum klingelte er nicht an<br />
der Haustür? Es wäre sicher der eine oder andere<br />
bereit, ihm eine warme Suppe zu geben. Nein,<br />
er schlich auf geöffnete Türen zu und setzte sich<br />
gleich in die Küche, um schnellstens bedient zu<br />
werden.<br />
Wohnzimmer bewegte, da stand er plötzlich vor ihr. Vor<br />
lauter Schreck bekam die junge Frau keinen Ton heraus,<br />
sondern starrte fasziniert auf dieses männlich Wesen. „Diese<br />
Augen, dieser Blick, diese wunderschöne, schwarzhaarige<br />
Gestalt, mit dem weißen Bart!“, dachte sie. Wortlos<br />
ging sie in die Küche zum Kühlschrank, nahm den besten<br />
Schinken heraus, um ihn in mundgerechte Stücke auf einem<br />
Teller zu zerkleinern und servierte dem Eindringling das<br />
Mahl reich verziert. Stumm machte er sich über die Köstlichkeit<br />
her und leerte den Teller in Windeseile.<br />
Autorenfoto<br />
Ruf<br />
von Inge Göbel<br />
Frühling, schöner Knabe, werd’ wach,<br />
komm heraus aus deinem Wintergemach,<br />
streck deine Glieder<br />
und gib uns wieder<br />
die Freude am Leben Tag für Tag.<br />
Gib der Erde die Kraft<br />
und den Bäumen den Saft,<br />
lass die Blumen blühen<br />
und die Schwalben ziehen.<br />
Lass die Sonnenstrahlen<br />
durch die Fenster malen.<br />
24 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Unterhaltung<br />
So wohl gesättigt kam er auf Julia zu und zeigte mit<br />
besonderen Zärtlichkeiten seine Dankbarkeit. Sichtlich<br />
gerührt nahm die junge Frau diese Art „Dankeschön“ zu<br />
sagen entgegen und führte den Eindringling zur Haustür.<br />
Still lächelnd verschloss sie die Tür. Während sie sich bereit<br />
machte, um sich zur Nachtruhe zu begeben, spukten ihr<br />
allerlei Gedanken durch den Kopf. Ich sollte das Ende des<br />
Balkons leicht erhöhen, um nicht noch einmal überrascht zu<br />
werden! Denn, wenn sie sich vorstellte, dass der Verführer<br />
unbemerkt das Haus betreten und er sich vielleicht am Morgen<br />
neben ihr im Bett wiederfinden könnte ... Nein, einen<br />
solchen Schock wollte sie sich ersparen!<br />
Ottfried Mießner<br />
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Also beschloss sie am nächsten Tag das Ende der Balkonbrüstung<br />
mit Reisigzweigen zu erhöhen, um all dem<br />
gewappnet zu sein. Später könnte sie ja immer noch etwas<br />
Stabileres anbringen. Doch sie hatte die Rechnung ohne<br />
dieses männliche Wesen gemacht, denn er unternahm am<br />
gleichen Abend den Versuch wieder auf den Balkon zu gelangen,<br />
was ihm auch gelang. Dieses Mal war die Tür verschlossen,<br />
und er traute sich wohl nicht mehr den gleichen<br />
Weg zurückzugehen.<br />
Nur durch Zufall hörte Julia ein merkwürdiges Klopfen<br />
an der Glastür und sie schaute nach. Voller Erstaunen<br />
nahm sie wieder das Wesen wahr, das sich ihr in der von ihr<br />
geöffneten Tür drängend in den Weg stellte. Schmunzelnd<br />
ging sie zum Kühlschrank und servierte ihm einen feinen<br />
Leckerbissen.<br />
Und wieder bekam sie ein zärtliches Dankeschön und<br />
diesen Blick, der ihr Herz erwärmte, als er, so still und<br />
heimlich wie er gekommen war, dann aber durch die geöffnete<br />
Haustür wieder in die Nacht entschwand.<br />
Zwischenzeitlich hatte die junge Frau einen Paravent auf<br />
dem Balkon aufgestellt, sodass niemand mehr von außen<br />
auf den Balkon gelangen konnte. Aber dieser Eindringling<br />
steht nun zu jeder Gelegenheit vor der Haustür, um so ein<br />
kleines Mahl zu bekommen.<br />
Und Julia lüftete inzwischen das umwobene Geheimnis<br />
in der nächsten Nachbarschaftsrunde und warnte mit verschmitztem<br />
Lächeln: „Mädels, seid wachsam, denn Kater<br />
Romeo schwächt alle Sinne!“ <br />
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durchblick 1/<strong>2009</strong> 25
Die Dong – zwischen „Dommes“ und „donkel“<br />
Über den Ursprung der Bezeichnung für die Schnitte mit dem schmackhaften Aufstrich<br />
Unterhaltung<br />
Ein Bekannter aus Kaan-Marienborn, der im durchblick<br />
meinen Beitrag „Wie der Magolwes zu seinem<br />
Namen kam“ gelesen hatte, bat mich doch<br />
einmal zu untersuchen, woher das Wort „Dong“ kommt.<br />
Spontan sagte ich eine Nachforschung zu und war mir<br />
dabei sicher, dass es kein Kunststück sein dürfte, den Ursprung<br />
für die heimische Bezeichnung der mit Butter, Käse,<br />
Wurst oder Honig belegten Brotschnitte zu ermitteln.<br />
Zudem fiel mir während unseres Gesprächs ein, dass ich<br />
in einem Heimatjahrbuch irgendwann einmal etwas über<br />
das betreffende Wort gelesen hatte. Und tatsächlich fand<br />
ich bei der nachfolgenden Suche im „Heimatjahrbuch für<br />
den Lahn-Dill-Kreis 1996“ einen Beitrag mit dem Titel<br />
„Die Dung“. Als Verfasser (oder als Verfasserin) war R.<br />
Kuhlmann angegeben. Das mit einem festen Einband versehene<br />
Jahrbuch aus dem Nachbarkreis entspricht vom<br />
Inhalt her in etwa dem „Siegerländer Heimatkalender“, ist<br />
allerdings um einiges umfangreicher, weil auch die wichtigsten<br />
heimischen Begebenheiten des jeweils zurückliegenden<br />
Jahres enthalten sind.<br />
„Dong“ oder „Donge“ ist die Bezeichnung im Siegerland<br />
und im Wittgensteiner Raum, im nördlichen Teil unserer<br />
Heimat sagt man allerdings auch „Dung“.<br />
Ähnlich ist es im hessischen Nachbarkreis. Und<br />
wäre der oben genannte Schreiber in einer Gegend<br />
daheim, in der man „Dong“ sagt, dann wäre<br />
sein Beitrag vielleicht anders ausgefallen. Er<br />
beginnt wie folgt:<br />
„Der mundartlich gebrauchte Ausdruck<br />
,Dung‘ für ein geschmiertes Stück Brot hat schon<br />
bei manchem die Frage aufgeworfen, wie das<br />
Wort wohl zu deuten sei. Da sein Verbreitungsgebiet<br />
klein ist, wird es von den großen deutschen<br />
Wörterbüchern nicht gebraucht und aufgeklärt.<br />
Höchstwahrscheinlich ist das Wort von ,tunken‘<br />
abzuleiten. Hartes Brot tunkt man in Milch oder<br />
Kaffee.“<br />
Der Verfasser erläutert weiter die Tischsitten des Mittelalters<br />
und bringt Beispiele aus der Literatur, die belegen, dass<br />
das Eintunken des Brotes in eine Flüssigkeit durchaus üblich<br />
war. Freilich gehörte diese Praxis auch damals schon nicht zu<br />
den guten Sitten. So steht laut R. Kuhlmann in einem Gedicht<br />
mit dem Titel „Tischzucht“ aus dem Jahr 1645: „Das angebissen<br />
duncke auch nicht wider ein.“ Nachdem noch bemerkt<br />
wird, dass in einem Breitscheider Hexenprotokoll von 1629<br />
vermerkt ist, die Hexe habe das Gift in einer Dongen eingegeben,<br />
endet der Beitrag mit den Worten:<br />
„So gehen wir wohl nicht fehl in der Annahme, dass<br />
das uns Dorfgeborenen von Jugend auf so liebe und vertraute<br />
Wort ,Dung‘ ursprünglich ein in eine entsprechende<br />
Flüssigkeit getunktes Stück Brot bezeichnet hat und dass<br />
der Ausdruck dann auf jedes geschmierte Stück Brot übertragen<br />
worden ist.“<br />
Als Kind habe ich beinahe täglich gesehen, wie meine<br />
Großmutter das Brot in ihrem Kathreiner-Malzkaffee<br />
tunkte. Vor allem die hart gewordenen Krüstchen wurden<br />
so geweicht. Meine Mutter untersagte mir streng, es ihr<br />
gleichzutun. Das schlecht sitzende Gebiss der Oma sei<br />
der verzeihliche Grund für das Tunken, wurde mir vorgemacht.<br />
Der hessische Kollege wird es mir hoffentlich nicht<br />
übel nehmen, dass mir seine Erklärung dennoch etwas zu<br />
vordergründig erschien. Nun haben wir Siegerländer ja bekanntlich<br />
das große Glück, dass vor rund 70 Jahren Prof.<br />
Dr. Jakob Heinzerling und der unermüdliche Bibliotheksdirektor<br />
Dr. Hermann Reuter ein Wörterbuch über das heimische<br />
Sprachgut verfasst haben, in dem auch die Herkunft<br />
vieler Worte erläutert wird.<br />
Und so ist zwischen „Dommes“ und „donkel“ auch das<br />
Wort „Dong“ zu finden. Dessen Ursprung liegt – so ist zu<br />
lesen – im Hochmittelalter (etwa 1050 bis 1350) und damit<br />
schon viele Jahrhunderte zurück. Es ist die Zeit der<br />
Staufer und der Minnesänger. Das „Nibelungenlied“ und<br />
der „Parzival“ wurden in der mittelhochdeutschen Sprache<br />
geschrieben. Damals stand das Wort „tunge“ für „Dünger“<br />
26 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Unterhaltung<br />
bzw. „Düngung“. Nicht erwähnt wird im Siegerländer Wörterbuch,<br />
dass schon im Althochdeutschen (750 bis 1050)<br />
die Düngung „tunga“ hieß und dass man anstatt düngen<br />
„tungen“ sagte.<br />
Was aber hat die Düngung mit unserer Dong zu tun?<br />
Im mittelhochdeutschen Wörterbuch von Matthias Lexer<br />
steht, dass man das Wort „tungen“ (auch „dungen“ und<br />
„tongen“ geschrieben) bildlich damals<br />
auch für Stärkung bzw. Erquickung<br />
nutzte. Beispiele hierzu sind: „daz ist<br />
sines herzen tunge“ oder „daz leben wirt<br />
getunget“. Heinzerling/Reuter schreiben<br />
dann auch: „... das Wort hat siegerländisch<br />
nicht mehr die ursprünglichere,<br />
im hochdeutschen ‚Dünger‘ erhaltene<br />
Bedeutung. Das mittelhochdeutsche<br />
tunge ... hat ... eine bildliche Bedeutung<br />
‚Stärkung‘, ‚Erfrischung‘ entwickelt,<br />
welche die siegerländische Bedeutung,<br />
eigentlich ‚Düngung des Butterbrotes‘,<br />
erklärlich macht. Die ‚Düngung‘, der<br />
erfrischende saftige Brotaufstrich, dient<br />
dann zur Bezeichnung des Butterbrots<br />
selbst.“<br />
Auch wenn der Ursprung des Wortes<br />
„Dong“ für unsere heutigen Begriffe<br />
etwas „anrüchig“ daher kommt, muss<br />
man die im Siegerländer Wörterbuch<br />
gefundene Erklärung (die zudem durch<br />
die mittel- und althochdeutschen Wörterbücher<br />
gefestigt wird) als die einzig<br />
richtige ansehen. Lassen Sie sich Ihre<br />
stärkende und erfrischende Dong heute<br />
Abend oder morgen früh recht gut<br />
schmecken!<br />
Ulli Weber<br />
Dengong<br />
em Fre’joar<br />
Mier mochen emo en de<br />
earschde Abre’lldache en<br />
Sondachsnommedachs-<br />
Schbazi’ergang. Drai Schdonn sin m’r om<br />
“Kulmerich” en Frairebearch remgelaufe,<br />
ha det schea geärerde Haubearchsholz<br />
bewonnert, konnen de Schbazi’ergängrer,<br />
di os begänden, a de Fengern afzealn on<br />
ha fergäwens fersocht, de Fejjelche piffe<br />
ze hearn.<br />
Arich kalt woaret! Niks, awer och gar<br />
niks hoarde m’r. Aimo e bessje Gegnisder<br />
em Onnerholz. Zwai Rehe gräjen m’r<br />
ze se’ on en Has hebbde schwinn foar’da.<br />
A d’r Nordsitte log noch schnaisewis d’r<br />
Schne wo fresch geschrabbt, on en denne Isdecke zog sech<br />
gletzerich gre ewer d’r Önnerwäjjer.<br />
Om Haimwäch, oawerhalb fam Frailechtdreja’der sogen<br />
m’r fa wierem of d’r Schdrose wat läjje. A däm, wat do log,<br />
komen mier foarbi. Ech säde: „Dä Hebbel he kenn ech got<br />
foar de Blome br’uche“, d’rbi guckde ech so e bessje schäb<br />
fa onnerof zo d’m Minne hin. „Ech ha noch so en Perlondudde<br />
bi m’r, ob ech m’r fa däm do, wat do läjjt, wat doren<br />
do? Wat mainsde?<br />
Sall ech?“<br />
„Frou! Dat<br />
aine well ech<br />
d’r sä“, blarrde<br />
hä mech glich a,<br />
„ewerall kasde<br />
d’r de Peardsäbbel<br />
foar de<br />
Blome hoaln,<br />
nuer net ho on<br />
fa he oawe on<br />
da och noch en<br />
so ner duerchsechdije<br />
Dudde<br />
duerch d’r ,Ale<br />
Fläcke‘ schläbbe.<br />
On mech!“<br />
De Fre’joars<br />
dengong ha m’r<br />
da lenks läjje<br />
loase on sin d’r<br />
one duerch d’r<br />
„Ale Fläcke“<br />
nohaim gange.<br />
Gerda Greis<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 27
Unterhaltung<br />
bzw. „Düngung“. Nicht erwähnt wird im Siegerländer Wörterbuch,<br />
dass schon im Althochdeutschen (750 bis 1050)<br />
die Düngung „tunga“ hieß und dass man anstatt düngen<br />
„tungen“ sagte.<br />
Was aber hat die Düngung mit unserer Dong zu tun?<br />
Im mittelhochdeutschen Wörterbuch von Matthias Lexer<br />
steht, dass man das Wort „tungen“ (auch „dungen“ und<br />
„tongen“ geschrieben) bildlich damals<br />
auch für Stärkung bzw. Erquickung<br />
nutzte. Beispiele hierzu sind: „daz ist<br />
sines herzen tunge“ oder „daz leben wirt<br />
getunget“. Heinzerling/Reuter schreiben<br />
dann auch: „... das Wort hat siegerländisch<br />
nicht mehr die ursprünglichere,<br />
im hochdeutschen ‚Dünger‘ erhaltene<br />
Bedeutung. Das mittelhochdeutsche<br />
tunge ... hat ... eine bildliche Bedeutung<br />
‚Stärkung‘, ‚Erfrischung‘ entwickelt,<br />
welche die siegerländische Bedeutung,<br />
eigentlich ‚Düngung des Butterbrotes‘,<br />
erklärlich macht. Die ‚Düngung‘, der<br />
erfrischende saftige Brotaufstrich, dient<br />
dann zur Bezeichnung des Butterbrots<br />
selbst.“<br />
Auch wenn der Ursprung des Wortes<br />
„Dong“ für unsere heutigen Begriffe<br />
etwas „anrüchig“ daher kommt, muss<br />
man die im Siegerländer Wörterbuch<br />
gefundene Erklärung (die zudem durch<br />
die mittel- und althochdeutschen Wörterbücher<br />
gefestigt wird) als die einzig<br />
richtige ansehen. Lassen Sie sich Ihre<br />
stärkende und erfrischende Dong heute<br />
Abend oder morgen früh recht gut<br />
schmecken!<br />
Ulli Weber<br />
Dengong<br />
em Fre’joar<br />
Mier mochen emo en de<br />
earschde Abre’lldache en<br />
Sondachsnommedachs-<br />
Schbazi’ergang. Drai Schdonn sin m’r om<br />
“Kulmerich” en Frairebearch remgelaufe,<br />
ha det schea geärerde Haubearchsholz<br />
bewonnert, konnen de Schbazi’ergängrer,<br />
di os begänden, a de Fengern afzealn on<br />
ha fergäwens fersocht, de Fejjelche piffe<br />
ze hearn.<br />
Arich kalt woaret! Niks, awer och gar<br />
niks hoarde m’r. Aimo e bessje Gegnisder<br />
em Onnerholz. Zwai Rehe gräjen m’r<br />
ze se’ on en Has hebbde schwinn foar’da.<br />
A d’r Nordsitte log noch schnaisewis d’r<br />
Schne wo fresch geschrabbt, on en denne Isdecke zog sech<br />
gletzerich gre ewer d’r Önnerwäjjer.<br />
Om Haimwäch, oawerhalb fam Frailechtdreja’der sogen<br />
m’r fa wierem of d’r Schdrose wat läjje. A däm, wat do log,<br />
komen mier foarbi. Ech säde: „Dä Hebbel he kenn ech got<br />
foar de Blome br’uche“, d’rbi guckde ech so e bessje schäb<br />
fa onnerof zo d’m Minne hin. „Ech ha noch so en Perlondudde<br />
bi m’r, ob ech m’r fa däm do, wat do läjjt, wat doren<br />
do? Wat mainsde?<br />
Sall ech?“<br />
„Frou! Dat<br />
aine well ech<br />
d’r sä“, blarrde<br />
hä mech glich a,<br />
„ewerall kasde<br />
d’r de Peardsäbbel<br />
foar de<br />
Blome hoaln,<br />
nuer net ho on<br />
fa he oawe on<br />
da och noch en<br />
so ner duerchsechdije<br />
Dudde<br />
duerch d’r ,Ale<br />
Fläcke‘ schläbbe.<br />
On mech!“<br />
De Fre’joars<br />
dengong ha m’r<br />
da lenks läjje<br />
loase on sin d’r<br />
one duerch d’r<br />
„Ale Fläcke“<br />
nohaim gange.<br />
Gerda Greis<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 27
Besuch bei der Siegener Tafel<br />
„Ein Stück Brot, ein Lächeln, ein offenes Ohr …“<br />
Sein Dach über dem Kopf ist der Himmel. Oft wolkenfrei,<br />
manchmal bedeckt und immer weit weg.<br />
Und das Zimmer, das muss er nehmen wie es gerade<br />
kommt. Es ist immer draußen. Zwischen Bäumen,<br />
zwischen Backstein, zwischen Sträuchern, zwischen Menschen,<br />
die vorübereilen. Menschen, die ihm nicht zunicken,<br />
aber heimlich ein Auge auf ihn richten, flüchtig, rasch<br />
vorüber … und weg.<br />
Beispielsweise Franz. 66 Jahre. Wettergegerbt. Mit<br />
Wohnsitz mal hier, mal dort. Das Leben hat ihm nicht viel<br />
von der Sonnenseite gezeigt. Aber Knüppel, das hat es<br />
ihm zwischen die Beine geworfen. So viele, dass man sie<br />
schichten kann. Und Franz weiß: „Wenn du mittellos bist,<br />
dann wirst du einsam. Dafür gibt es viele Gründe. Der<br />
wichtigste: Du ziehst dich von den Menschen zurück, weil<br />
du dich schämst. Du bist halt kein Normalfall mehr.“ Aus<br />
der Norm gepurzelt, gestrauchelt, aus der Bahn geworfen,<br />
Platte machen, es reicht vorne und hinten nicht, ausgespuckt<br />
von der Gesellschaft – arm! Und Franz weiß: Arm sein, das<br />
ist nicht nur ein Zustand, das ist ein Makel. Einmal in der<br />
Woche blüht Franz auf: „Immer dann, wenn ich zur Siegener<br />
Tafel gehe.“ Da verliert er die Scheu, oder wie Franz<br />
sagt: „Da bist du noch mal Mensch.“ Tatsächlich: Essen<br />
und Schicksale werden geteilt. Man kennt sich. Am großen<br />
Tisch der Siegener Tafel,<br />
da sind sie alle gleich. Es<br />
geht hier nicht nur darum,<br />
materielle Bedürfnisse zu<br />
befriedigen, sondern: Man<br />
kennt sich, spricht miteinander<br />
– das tut der Seele gut.<br />
Da macht keiner dem anderen<br />
etwas vor. Warum auch!<br />
Not sorgt für eine gewisse<br />
Gleichschaltung. Franz ist<br />
einer von rund 600 Bürgern,<br />
die an diesem Tag die<br />
Dienste der Tafel in Anspruch<br />
nehmen.<br />
Sybille Klein, Tafel-<br />
Franz: „Die Tafel ist ein<br />
Mitarbeiterin und zuständig<br />
Segen für die Betroffenen.“<br />
für Öffentlichkeitsarbeit:<br />
„Zu uns kann jeder kommen.<br />
Wir versorgen an der Ausgabestelle Weidenau wöchentlich<br />
über 3000 Menschen. Dazu zählen Sozialhilfeempfänger,<br />
Obdachlose, Arbeitslose, Alleinerziehende, Kinderreiche,<br />
Asylbewerber Asylanten, Rentner und andere Bedürftige.<br />
Versorgt von uns werden auch soziale Einrichtungen. Beispielsweise<br />
Frauenhaus Alf (Alternative Lebensräume für<br />
Mütter und Kinder in Not), Übernachtungshäuser usw.“<br />
Über 100 ehrenamtliche Helfer der Tafel stehen an der Front<br />
im Kampf gegen die Not, im Kampf gegen den Hunger.<br />
Gesellschaft<br />
„Gott sei dank“, sagt Sybille Klein, „stiften über 90 Läden<br />
in der Hauptsache Lebensmittel.“ Und: „Großmärkte stellen<br />
an vier Wochentagen Waren für uns zusammen.“ Die Ehrenamtlichen<br />
spucken in die Hände. Da wird Knochenarbeit<br />
geleistet, in der Einrichtung Hammerwerk Nr. 1 (Weidenau)<br />
– ein stillgelegtes Betriebsgelände mit Gebäude dient heute<br />
der Tafel als Ausgabe- und Sammelstelle. Platz für ein<br />
kleines Büro (bei dem großen Verwaltungsaufwand muss<br />
das sein!). Dafür legt der Tafelvorstand jeden Monat 500<br />
Euro Miete auf den Tisch.<br />
Wie der Vorstand dem durchblick erläuterte, sind „etwa<br />
70 000 Euro übers Jahr notwendig, um alle anfallenden<br />
Kosten zu finanzieren“. In diesen erklecklichen Posten fallen<br />
u. a. die erwähnte Miete, Bürokosten, Strom und Heizung,<br />
Versicherungsbeiträge, Unterhaltung von drei Kühl-<br />
Transportfahrzeugen usw. All diese Kosten werden über<br />
Mitgliedsbeiträge und Spendengelder finanziert. Auf diese<br />
Zuwendungen ist die Tafel dringend angewiesen. So richteten<br />
die Verantwortlichen zum Jahreswechsel einen dringenden<br />
Appell an die Öffentlichkeit: „Bitte unterstützen Sie<br />
uns auch im kommenden Jahr, denn die verflixte Armut will<br />
kein Ende nehmen.“ Im Gegenteil: Es wird schlimmer. Die<br />
wirtschaftliche Entwicklung schaltete auch bei der Tafel<br />
die Alarmglocken auf Sturm! Wer der Tafel unterstützend<br />
unter die Arme greifen möchte, kann das (natürlich gegen<br />
Spendenquittung) tun. Hier die Bankverbindung: Sparkasse<br />
Siegen, Kontonummer: 3007<strong>01</strong>63, Bankleitzahl: 460 500 <strong>01</strong>.<br />
Die Siegener Tafel besteht seit zehn Jahren. Als 87. Tafel<br />
bundesweit wurde sie unter dem Krönchen gegründet. In<br />
der Republik bestehen heute über 800 Tafeln. Natürlich waren<br />
die Anfänge in Siegen bescheiden. Sybille Klein: „Am<br />
Anfang stand die Idee, Menschen zu helfen. Aber, was ist<br />
aus diesem kleinen Anfang alles entstanden!? Immer mehr<br />
Menschen stießen zu unserer Einrichtung. Menschen, die<br />
sich für unsere Idee begeisterten und zur Mitarbeit bereit<br />
waren. Lebensmittelhändler stellten Waren zur Verfügung,<br />
weitere Spender und Unterstützer aus der Stadt und dem<br />
Umland stellten sich in den Dienst unseres Projektes.“ Und<br />
heute? Sybille Klein sieht das so: „Ja, heute ist die Tafelarbeit<br />
mit 106 Ehrenamtlichen nicht mehr aus dem sozialen<br />
Gefüge unserer Stadt wegzudenken. Nicht nur, dass wir<br />
Menschen in Not Lebensmittel zur Verfügung stellen, sondern<br />
wir haben für viele Menschen einen Ort der Hoffnung<br />
geschaffen.“ Und genau das empfindet Franz, wenn er sagt:<br />
„Da werden Essen und Schicksale geteilt.“<br />
Zitat aus einer Veröffentlichung der Tafel:<br />
„Einem anderen geben, was er braucht.<br />
Ein Stück Brot, ein Lächeln, ein offenes Ohr.<br />
Jetzt – nicht irgendwann.“<br />
28 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Gesellschaft<br />
Treffender kann es kaum gesagt werden.<br />
Nur drei Zeilen, aber: ein Leitgedanken-Fundament,<br />
auf dem sich alles installiert.<br />
Nicht nur, dass in der Ausgabestelle Hammerwerk<br />
wöchentlich Tausende ihre Lebensmittel<br />
erhalten, zusätzlich versorgt die Siegener<br />
Tafel regelmäßig auch folgende Außenstellen:<br />
den ökumenischen Tisch in Hilchenbach, den<br />
Netphener Tisch, Alf – Alternative Lebensräume<br />
für Mütter und Kinder in Not, das Kinder-,<br />
Jugend- und Familienzentrum Ypernstraße Siegen,<br />
das Siegener Frauenhaus (nach Absprache),<br />
den Mittagstisch für Kinder auf dem Siegener Heidenberg.<br />
Außerdem: Pausenbrote für die Schüler einer Siegener<br />
Förderschule. Dazu: Die Betzdorfer und die Neunkirchener<br />
Tafel werden regelmäßig mitversorgt.<br />
Der Bedarf an Lebensmitteln ist gewaltig. Kein Wunder:<br />
Mehr als insgesamt 4000 bedürftige Kinder, Jugendliche, Erwachsene<br />
(inklusiv Rentner) werden im relativ großen Einzugsbereich<br />
der Siegener Tafel einmal wöchentlich versorgt.<br />
Voraussetzung für alle ist der sogenannte Tafel-Ausweis, der<br />
nach schriftlichem Nachweis der Bedürftigkeit ausgestellt<br />
und bei jeder Lebensmittelausgabe kontrolliert wird. Anders<br />
geht es nicht. Mit den Tafel-Kühl-Transportern werden die<br />
gespendeten Waren von montags bis einschließlich donnerstags<br />
eingesammelt. Ein schweißtreibender Job. 36 Männer<br />
fahren, sammeln und schleppen im Dienst eines großartigen<br />
sozialen Engagements. – 70 Frauen sortieren und verteilen<br />
die Lebensmittel. Wie gesagt: alles ehrenamtlich!<br />
Wenn man bedenkt, dass die rund 800 in der Republik<br />
arbeitenden Tafeln rund eine Million Menschen mit Lebensmitteln<br />
versorgen, ist daran unschwer zu erkennen, dass<br />
Armut in Deutschland kein Randphänomen, sondern für<br />
eine große Zahl bundesdeutscher Bürger zu bitterer Realität<br />
geworden ist. Kampf gegen Armut als zentrales Problem.<br />
Die in diesem Bericht genannten Zahlen sprechen eine<br />
eigene und traurige Sprache. Sprechen von Hoffnungslosigkeit,<br />
oft von besseren Zeiten. Tränen versalzen manches<br />
Wort. Scham schwappt aus den Tiefen der Gefühlswelt an<br />
die Oberfläche. Blicke tasten den Himmel ab. Als stehe die<br />
bessere Zukunft in den Sternen. Oder in Wolkenkuckucksheim.<br />
Der Alte mit der Schiebermütze murmelt: „Ob das<br />
noch mal besser wird?“<br />
Die Frau steht in der Ausgabeschlange.<br />
Geduldig. Einen Korb<br />
hat sie in der Hand. Der ist groß.<br />
Die Frau hat acht Kinder: „Gut,<br />
dass ich hier etwas bekomme.<br />
Nicht so einfach hier zu stehen.<br />
Schamgefühle, verstehen Sie.“<br />
Wir verstehen. Und weiter: „Es ist<br />
wirklich gut, das hier. Trotzdem<br />
reicht es kaum für alle. Hoffe, es<br />
gibt viel Obst, das ist gesund. Verteile<br />
das wenige immer so, dass<br />
Sybille Klein (re.) überprüft den neuen Wareneingang in den<br />
Räumen der Siegener Tafel.<br />
ENTDECKE DIE OBERSTADT:<br />
HISTORISCHE ALTSTADT • KÖLNER STRASSE<br />
ALTE POSTSTRASSE • KRÖNCHENCENTER<br />
LÖHRSTRASSE • MARBURGER STRASSE<br />
MARBURGER TOR: ALLES GANZ OBEN!<br />
kein Kind benachteiligt wird.“ Ein Korb für sie selbst,<br />
ihren Mann und acht Kinder. Da ist sie mit dem Verteilen<br />
schnell durch.<br />
Sie hat drei Kinder. Mit der Ehe hat es nicht mehr hingehauen.<br />
Geschieden ist sie. Viel sagt sie nicht. Nur: „Das<br />
ist die einzige Stelle, die mir hilft.“ Ihre Hand zeigt auf ein<br />
Fenster der Tafel-Ausgabestelle. Fünf sind noch vor ihr,<br />
dann ist sie dran. Endlich.<br />
Dann noch mal Franz. Der Exot mit dem Käppi. Sie<br />
kennen ihn fast alle. Und: Sie mögen ihn. Der Franz kann<br />
gut erzählen. Nicht immer tut er das, aber oft. So wie heute.<br />
Und sie hören ihm zu. Auch der durchblick-Journalist. Und<br />
Franz sagt: „Nun ja, ich lebe von der Grundsicherung oder<br />
wie das heißt. Früher nannte man das einfach ,Stütze‘. Große<br />
Bedürfnisse habe ich nicht. Wie auch?! Das Geld reicht<br />
vorne und hinten nicht. Wie ein zu kleines Hemd. Irgendwo<br />
ist es immer zu kurz. In der Bundesrepublik muss niemand<br />
verhungern. Du musst dich aber überwinden, um Hilfe zu<br />
bitten.“ Hans schiebt die Kappe in den Nacken: „Zuvor<br />
musst du natürlich wissen, wo du Hilfe bekommen kannst.<br />
Du musst dich informieren. Viele Informationen taugen<br />
nichts. Aber, es sind gute dabei. Die sind Geld wert. Ich<br />
sag dir was: Mit der Zeit kriegst du schnell heraus, welche<br />
Informationen du sofort auf den Müll werfen kannst. Die<br />
guten, die speichere ich hier…“ Er tippt sich an die Stirn:<br />
„Hier…“ Einige nicken. Ihre Zustimmung gehört Franz,<br />
den das Leben ziemlich zerrupft hat. Aufgeben tut er nicht.<br />
Er beißt sich wieder ein paar Tage durch mit dem, was er<br />
heute bei der Tafel bekommt.<br />
Maria Anspach und Dieter Gerst<br />
DA RAUF<br />
KOMMT<br />
JEDER!<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 29<br />
vhs Siegen
William Shakespeare beschreibt in seiner Komödie<br />
„Wie es Euch gefällt“ sieben Altersstufen des Menschen<br />
und endet mit der düsteren Prognose: „Der letzte Akt, mit<br />
dem die seltsam wechselnde Geschichte schließt, ist zweite<br />
Kindheit, gänzliches Vergessen.“ Da scheint vorausgenommen,<br />
was Jahrhunderte später jenseits von aller Poesie gnadenlos<br />
auf einen Begriff reduziert wird: Demenz. Die Silbe<br />
de = weg, mens = Geist, Verstand (lateinisch).<br />
Der Geist hat seine Schaltstelle im Gehirn, dem facettenreichsten,<br />
komplexesten der menschlichen Organsysteme,<br />
in dem Milliarden Nervenzellen funktionsgerecht<br />
miteinander verknüpft sind. Die kognitiven Fähigkeiten:<br />
Denken, Lernen, Erkennen, Sehen, Erinnern, Bewusstsein<br />
entstehen durch solche Kontakte und Verbindungen. Demenz<br />
ist der Oberbegriff für eine Krankheit, bei der höhere<br />
Hirnfunktionen der Zellen als Folge einer Hirnschädigung<br />
gestört sind.<br />
Und ebenfalls gestört sind dann Denken, Erinnern,<br />
Sprache, Wahrnehmung, Orientierung und die Logik von<br />
Handlungsabläufen. Der Werdegang der Krankheit auf<br />
ihrem Weg in ein Vakuum ohne Vergangenheit und Zukunft<br />
scheint festgelegt. Die Wissenschaft weiß derzeit noch<br />
nicht weiter.<br />
Mein Besuch in der im Januar 2007 in Hilchenbach-<br />
Helberhausen eröffneten „Wohninsel Abendfrieden“, ein<br />
Heim speziell für Demenzkranke, galt der Recherche für<br />
einen Bericht in unserer Seniorenzeitung.<br />
Das einladend freundliche Gebäude am Fuß des Rothaargebirges<br />
gehört organisatorisch als eigene Einheit zum<br />
benachbarten, privat geführten Alten- und Pflegeheim Haus<br />
Abendfrieden, das im Jahr 20<strong>01</strong> sein 50-jähriges Bestehen<br />
Leben<br />
Wohninsel<br />
„Ver-rückt“ sein dürfen im geschützten Raum<br />
Gemeinsames Singen im „Lebensraum“<br />
gefeiert hat. Im Empfangsgespräch mit Anne Alhäuser, die<br />
seit über 20 Jahren im Stammhaus tätig ist, erfahre ich, dass<br />
schon lange vor der Gründung der Wohninsel der Plan des<br />
Pflegeteams gereift war, die verwirrten Bewohner, darunter<br />
in überwiegender Mehrzahl mit der Diagnose Alzheimer-<br />
Demenz, getrennt außerhalb des Heims zu betreuen. Dazu<br />
hatten Überlegungen geführt, dass das Krankheitsbild Demenz<br />
eine besondere Betreuung verlange und die Konfrontation<br />
mit den gesunden Bewohnern ständige Konflikte zur<br />
Folge habe. Nach langen Bestrebungen im Vorfeld war es<br />
dann so weit: Der Inhaber und Leiter des privat geführten<br />
Hauses Abendfrieden, Guido Fuhrmann, konnte die Wohninsel<br />
ihrer Bestimmung übergeben.<br />
Ich hatte Angst vor der Konfrontation mit einem tragischen<br />
„letzten Kapitel Leben,“ einem erschreckenden,<br />
aussichtslosen Schicksal, das jeden treffen kann. Aber diese<br />
Angst vor „gänzlichem Vergessen“ blieb aus.<br />
Die im Kreis Siegen-Wittgenstein einzigartige Einrichtung<br />
vermittelt jeweils auf zwei Etagen des weiträumigen<br />
Wohngebäudes eine familiäre und heitere Atmosphäre. Alle<br />
Türen sind geöffnet, aus einem lichtdurchfluteten Raum<br />
mit wandfüllenden Fensterfronten dringen Stimmen. Hier<br />
ist das Zentrum, in dem sich das Zusammenleben abspielt.<br />
Ich wage mich hinein und habe plötzlich einen Sitzplatz in<br />
einer Runde von mehreren Frauen, die Volkslieder singen.<br />
Sie gehören zu einer der beiden Wohngruppen auf den zwei<br />
Etagen im Haus und haben in ihrem Bereich 12 Einzelzimmer.<br />
Die meisten von ihnen singen bis zur letzten Strophe<br />
mit, während ich bei der dritten schon streike. Sie singen<br />
„Hoch auf dem gelben Wagen“, „Horch, was kommt von<br />
draußen rein?“ „Die Gedanken sind frei.“ Eine zierliche<br />
alte Dame neben mir wiederholt<br />
mehrfach den Refrain: „So bleibt<br />
es dabei, die Gedanken sind frei.“<br />
Sie sagt: „So ist das, es ist wie es<br />
ist. Ja, es ist wie es ist“; und dann<br />
kommt noch einmal der Refrain.<br />
In meiner Nähe sitzt eine Frau,<br />
die keine Stimme hat, trotz weit<br />
geöffnetem Mund, der sich gar<br />
nicht mehr schließen will, aber<br />
die Körpersprache macht sich<br />
verständlich und folgt dem Takt<br />
mit den Füßen und mit den wiegenden<br />
Schultern. Miteinander<br />
gesprochen wird nicht viel, aber<br />
doch entsteht der Eindruck, dass<br />
sich hier in der Runde ein Kollektiv<br />
zusammengefunden hat, das<br />
sich in einer Art verständigt, die<br />
anderen außerhalb des Kreises<br />
verborgen bleibt. Kein Wunder.<br />
30 durchblick 1/<strong>2009</strong>
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Leben<br />
Die Frauen leben in ihrer Wohngruppe wie eine große Familie.<br />
Später, inzwischen am Mittagstisch, höre ich einer<br />
Bewohnerin zu, die im Siegerländer Dialekt spricht. Ich<br />
gebe mit meinen Kenntnissen an und zitiere: „Ka da dat da?<br />
Dat ka dat!“ und die Siegerländerin ergänzt: „Dat dat dat<br />
ka!“ Da lachen wir zusammen. Aber dann wird es traurig.<br />
„Ich muss jetzt schnell nach Hause“, sagt die Tischnachbarin<br />
mir gegenüber, die schon zwei Jahre zur „Insel“ gehört<br />
und früher Lehrerin war. „Aber mit dem Auto geht es nicht,<br />
weil es glatt ist.“ Und dann kommt unvermittelt der Satz:<br />
„Der Vater wollte zum Bus. Er wurde überfahren und war<br />
gleich tot. Ich muss nach Hause und in die Schule, auch im<br />
Nachthemd.“ Nun lacht sie und das gerade noch spürbare<br />
Heimweh ist vergessen, aber es kommt wieder. Das Heimweh<br />
nach zu Hause gehört zu den wenigen Bestandteilen im<br />
Gedächtnis, die der Demenzkranke zu vergessen vergisst.<br />
In dem großen hellen Lebensraum mit Wohnzimmeratmosphäre<br />
werden die Mahlzeiten nicht nur eingenommen,<br />
sondern in der angrenzenden offenen Küche auch unter Anleitung<br />
zubereitet. Der einzige Mann unter 23 Frauen gehört<br />
auch zum Küchendienst. Die Frauen werden zu den Arbeiten<br />
im Haushalt, soweit möglich, mit ihren verbliebenen<br />
Fähigkeiten herangezogen. Abwaschen, Kochen, Spülen<br />
sind elementare Erfolgserlebnisse für ihr Selbstwertgefühl.<br />
Der strukturierte Tageslauf der Bewohner stärkt die Zusam-<br />
mengehörig-<br />
keit der Gemeinschaft.<br />
Nicht für,<br />
sondern mit<br />
dem Schutzbefohlenen<br />
tätig werden,<br />
das ist Bestandteil<br />
des<br />
milieutherapeuthischen<br />
Konzeptes<br />
für den Umgang<br />
mit den<br />
Verwirrten.<br />
In diesem<br />
Leitfaden für<br />
die Betreuung<br />
ist eine<br />
Vielzahl von<br />
Hinweisen<br />
Der einzige Mann unter 23 Frauen<br />
festgelegt: Ihre<br />
Umsetzung<br />
erläutert Anne<br />
Alhäuser als beteiligte Verfasserin. Erreicht werden soll ein<br />
Höchstmaß an noch möglicher Lebensqualität. Dazu gehört<br />
Zuwendung und Nähe neben einer oft notwendigen Distanz.<br />
Die Emotionen der Verwirrten überdauern lange den zunehmenden<br />
Verlust des Gedächtnisses. Die Lebensgeschichte<br />
der alten Menschen mit ihren früheren Fähigkeiten muss<br />
kennengelernt und in die Betreuung eingebracht werden.<br />
Um Antworten zu bekommen, müssen vom Personal Fragen<br />
mit einfacher Wortwahl gestellt werden. Ganz wichtig<br />
auch der Kontakt mit den Angehörigen, die gern in den<br />
Heimalltag einbezogen werden.<br />
In beiden Wohngruppen erfolgt eine 24-Stunden-Betreuung.<br />
Dabei werden in Fällen beginnender Erkrankung noch<br />
vorhandene Fähigkeiten trainiert. Für jede Wohneinheit ist<br />
ein Basisteam zuständig, das in drei Schichten arbeitet.<br />
Das gesamte Wohnkonzept ist den Bedürfnissen der Demenzkranken<br />
angepasst. Die Bewohner unter sich können<br />
sich in ihrer Gruppe als homogene Familie fühlen. Aggressionen<br />
der Schutzbefohlenen, die nie auszuschließen sind,<br />
können im geschützten Raum niedrig gehalten werden.<br />
Ihr krankheitsbedingter Bewegungsdrang kann in langen<br />
Rundgängen im Wohnbereich befriedigt werden. Ein Rest<br />
von Freiheit ist geblieben: Die Eingangstür des Hauses ist<br />
nicht verschlossen. Zu dieser verbliebenen Freiheit der Bewohner<br />
sagt Anne Alhäuser: „Die Tür abschließen, um die<br />
Bewohner am ,Weglaufen‘ zu hindern, ist rechtlich gesehen<br />
eine Freiheitsberaubung, die nur dann erlaubt ist, wenn sie<br />
von einem Facharzt und dem Gericht genehmigt ist. Für unsere<br />
Rechtsprechung ist der Schutz der persönlichen Freiheit<br />
des Einzelnen ein höheres Gut als das durchaus berech-<br />
32 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Leben<br />
Das Interview zum Thema<br />
tigte Bedürfnis<br />
nach Sicherheit.<br />
Abgesehen davon, Anne Alhäuser ist zuständig für Konzeptentwicklung,<br />
dass die Bewohner Qualitätssicherung und Dokumentation der Pflege und für<br />
kaum die Tendenz die Schulung des Personals. Das Pflegeteam ist verantwortlich<br />
für die Umsetzung des Konzepts in Kooperation mit<br />
zum ,Weglaufen‘<br />
zeigen, ist es unsere<br />
Aufgabe, ein durchblick: 24 Plätze sind zu wenig. Mehr Plätze wären<br />
Angehörigen und ehrenamtlichen Helfern.<br />
wachsames Auge ein Segen für Angehörige und Kranke. Ist da in Zukunft<br />
auf sie zu haben eine Änderung zu erwarten?<br />
und sie in den Alhäuser: Der Bedarf ist erkannt, in den stationären<br />
beschützenden Einrichtungen werden zunehmend spezielle Betreuungskonzepte<br />
für die demenzkranken Bewohner umgesetzt.<br />
Raum der Insel<br />
zurückzuholen.“ Auch das neue Pflegeversicherungsgesetz sieht für den zusätzlichen<br />
Pflegebedarf weitere Betreuungskräfte vor. Es<br />
Es wird – so<br />
Alhäuser – an der entstehen Wohngemeinschaften für Demenzkranke, sicher<br />
Basis alles versucht,<br />
damit die durchblick: Wer wird in die Wohninsel aufgenommen?<br />
entstehen künftig auch zusätzliche „Wohninseln“.<br />
Gäste sich zu Hause<br />
fühlen. Orien-<br />
Alhäuser: Die Aufnahme ist nicht von den finanziellen<br />
Wird eine elitäre Auswahl getroffen?<br />
tierungshilfen für Möglichkeiten der Betroffenen abhängig. Sie wird genauso<br />
gehört auch zum Küchendienst.<br />
sie gibt es durch geregelt wie jede andere Heimunterbringung auch.<br />
einprägsame Farben,<br />
Ziffern, Plä-<br />
wirklich umgesetzt wird und die berechtigten Interessen der<br />
durchblick: Wie wird sichergestellt, dass das Konzept<br />
ne, Namen und Bewohner und ihrer Angehörigen gewahrt sind?<br />
Bilder, die in Räumen und Fluren an den Wänden auf sich Alhäuser: Da unsere Bewohner selbst nicht in der Lage<br />
aufmerksam machen.<br />
sind, einen Heimbeirat zu bilden, bestellt die Heimaufsicht<br />
Dass die Pflegenden neben fachlicher Kompetenz und einen Heimfürsprecher, der ihre Interessen wahrnimmt. In<br />
Berufserfahrung vor allem die uneingeschränkte Motivation<br />
im Umgang mit den aus der Realität „ver-rückten“ Men-<br />
lange und gute Zusammenarbeit mit dem Vormundschafts-<br />
unserem Fall haben wir der Heimaufsicht den uns durch<br />
schen einbringen müssen, ist in der Konzeption vorrangige gericht am Amtsgericht Siegen bekannten Richter a.D. Reiner<br />
Capito vorgeschlagen, der von der Heimaufsicht gerne<br />
Bedingung, Forderung und Herausforderung zugleich.Verständnis<br />
und Unterstützung bei Problemen, die die schwere berufen wurde. Herr Capito nimmt seit zwei Jahren diese<br />
und verantwortungsvolle Aufgabe mit sich bringt, findet Funktion wahr und ist für alle Beteiligten ein guter und<br />
das Personal bei Vorgesetzten und Kollegen in Gespräch kompetenter Ansprechpartner.<br />
und Erfahrungsaustausch. Die zahlreichen Angehörigen, durchblick: Sind die Angehörigen somit „außen vor“?<br />
die ihre erkrankten Famlienmitglieder unter großen persönlichen<br />
Opfern zu Hause betreuen, sind dagegen mit dieser lich willkommen und eingeladen, so lange wie möglich die<br />
Alhäuser: Nein, im Gegenteil. Sie sind jederzeit herz-<br />
Aufgabe ganz auf sich gestellt. Hinzu kommt für Ehepartner<br />
oder Söhne und Töchter der schmerzliche Prozess des in ihrer zunehmenden Verunsicherung ganz wichtig ist.<br />
persönliche Beziehung zu pflegen, was für die Betroffenen<br />
Erkennens, dass der vertraute Mensch sich immer weiter<br />
in seine verschlossene Welt zurückzieht. Ein Besuch in der<br />
Wohninsel weckt den Wunsch, dass hier durch ähnliche<br />
Einrichtungen oder Wohngemeinschaften Wege gefunden<br />
werden, die ambulante Pflege spürbar zu erleichtern.<br />
Mein letzter Eindruck von meinem Inselbesuch ist kein<br />
gänzliches Vergessen. Die Siegerländerin aus der Tischrunde<br />
im großen Saal kommt auf mich zu, zeigt mir ihr Zimmer<br />
und fragt mich, wo ich wohne. Wie lange wird sie noch<br />
sprechen können? Das Unabänderliche des Schicksals Alzheimer,<br />
das jeden treffen kann, hat für mich seinen Schrecken<br />
nicht verloren, aber die Begegnung mit den Menschen<br />
in ihrer ganz auf sie abgestimmten Umgebung hatte etwas<br />
Tröstliches: Es war mir, als hätten sie dort das Schreckliche<br />
ihrer Krankheit vergessen. Maria Anspach Maria Anspach im Interview mit Anne Alhäuser, lks.<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 33
Günter Heinbach aus dem Siegener Stadtteil Obersetzen<br />
engagiert sich in besonderer Weise für altengerechtes<br />
und generationenübergreifendes Bauen<br />
und Wohnen.<br />
Mit diesem Versprechen ist der gelernte Schreinermeister<br />
auch im Sommer 2007 zur Seniorenbeiratswahl in Siegen<br />
angetreten. Und der inzwischen 75-jährige rüstige Rentner<br />
lässt nicht locker, wenn es um alternative Wohnformen oder<br />
die Suche nach geeigneten Grundstücken für die älteren<br />
Wohnen<br />
Jung und Alt unter einem Dach<br />
Wohnen im Grünen<br />
Es grünt so grün: Günter Heinbach wirbt für<br />
generationenübergreifendes Wohnen in dörflicher Umgebung.<br />
Neues aus der Anstalt<br />
Wohnen im „Eisschrank“<br />
Foto: Dr. Horst Bach<br />
Mitbürger im Siegener Stadtgebiet geht. Als Sprecher<br />
des Arbeitskreises „Bauen und Wohnen“ hat<br />
er gemeinsam mit seinen Beiratsmitgliedern inzwischen<br />
eine ganze Reihe von möglichen Standorten im<br />
Stadtgebiet für seniorengerechtes Bauen „entdeckt“<br />
und bei den zuständigen städtischen Gremien ins Gespräch<br />
gebracht. Allerdings schließt er sich nicht dem<br />
Trend an, dass ältere Mitbürger in der Regel inzwischen<br />
lieber kleine Stadtwohnungen beziehen wollen<br />
und damit „Landflucht“ begehen, weil angeblich die<br />
familiäre Versorgung von Seniorinnnen und Senioren<br />
im Dorf nicht mehr sichergestellt sei. „Es müssen Häuser<br />
gebaut werden, in denen junge und alte Menschen<br />
gemeinsam wohnen können“, sagt Günter Heinbach<br />
und macht am Beispiel seines Heimatdorfes deutlich,<br />
dass hier trotz anderweitiger Baumaßnahmen auch<br />
noch Grundstücke in „seniorengerechter, absoluter<br />
Flachlage“ vorhanden seien. „Ein solches Wohnen<br />
in grüner Umgebung, mit guter Straßenanbindung<br />
und kurzen Wegen zur nächsten Bushaltestelle kommt uns<br />
Rentnern sehr entgegen. Voraussetzung ist allerdings, dass<br />
es in der dörflichen Umgebung eine intakte Nachbarschaft<br />
gibt.“ Er hebt besonders die saubere Luft und die Spielmöglichkeiten<br />
für die Kinder in der freien Natur hervor. Daher<br />
ist Günter Heinbach (Tel. 0271 – 3131993) sehr dankbar für<br />
Vorschläge aus der Bevölkerung, was das seniorengerechte<br />
Bauen und Wohnen sowohl in der Stadt als auch auf dem<br />
Lande betrifft.<br />
Dr. Horst Bach<br />
Ich möchte den Leser nicht langweilen mit immer<br />
neuen Nachrichten aus meinem häuslichen Panoptikum,<br />
dennoch in Kürze die vorerst<br />
letzte Variante.<br />
Vor geraumer Zeit, als Vorgeplänkel<br />
dessen, was noch folgen sollte: Morgenstund<br />
hat bekanntlich Gold im Mund,<br />
aber nicht, wenn im Winter Heizung und<br />
Wasser kalt bleiben. Ein kurzes Intermezzo,<br />
laut Auskunft meiner Vermieterin.<br />
Lange danach, aber nun schon seit etwa<br />
fünf Wochen, wiederholt sich das eisige<br />
Erlebnis in dem ihm eigenen Rhythmus.<br />
Mal kann ich meinen Vermieter erreichen,<br />
des Öfteren nicht. Angeblich hat er<br />
ein Ersatzteil bestellt, welches aber nicht<br />
kommt. Die Wahl seiner Handwerker trifft<br />
er nach einem ominösen Muster. Nach meiner immer gleichen<br />
frohen Botschaft stiefelt der Vermieter in den Heizungskeller,<br />
und Abrakadabra, die Heizung springt wieder<br />
an. Draußen nasse Kälte, ich eine dicke Grippe. Panik vor<br />
jedem neuen Tag. Nach einem Arztbesuch<br />
war die Bude wieder kalt. Mir platzte der<br />
Kragen. Ich warf ihm Verantwortungslosigkeit<br />
vor und drohte mit Mietminderung.<br />
Er presste ein „okay“ durch zusammengebissene<br />
Zähne. Auf meine Frage,<br />
was mich an den Feiertagen erwarte, ward<br />
mir die total erschöpfende Auskunft zuteil,<br />
er habe einen Auftrag erteilt, mehr<br />
wolle er dazu nicht sagen. Ich traf ihn vor<br />
seiner Garage an und gestattete mir die<br />
Frage, ob er mich nicht in sein Geheimnis<br />
einweihen und mir das Zauberwort verraten<br />
könne, welches dem Spuk immer ein<br />
Ende setze. Ich erfuhr, dass ich nur den<br />
Notknopf zu drücken brauche. Mir verschlägt es bis heute<br />
die Sprache.<br />
Erika Krumm<br />
34 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Wohnberatung im Kreis Siegen-Wittgenstein<br />
Die Notwendigkeit einer Wohnberatung für ältere<br />
Menschen nimmt landesweit zu. Dafür gibt es zahlreiche<br />
Gründe, die zum Teil allgemeingültig sind,<br />
aber je nach Wohnort und Wohnsituation unterschiedlich bedeutsam<br />
sein können. Fast überall<br />
spielt die demografische Entwicklung<br />
eine Rolle (immer mehr Alte<br />
und Hochaltrige – immer weniger<br />
Kinder), außerdem die finanzielle<br />
Situation der Älteren, steigende<br />
Energiekosten, überalterter Baubestand,<br />
veränderte Wohnbedürfnisse<br />
usw. Im ländlichen Bereich<br />
sind Wohnungen und Wohngrundstücke<br />
oft zu groß, um von möglicherweise<br />
zwei alten Personen allein<br />
bewohnt und gepflegt werden<br />
zu können.<br />
Vor diese Hintergrund hat der Verein ALTERAktiv<br />
Siegen-Wittgenstein die Aufgabe übernommen, kreisweit<br />
eine kostenfreie, von den SeniorenServiceStellen der Kommunen<br />
vermittelte Wohnberatung anzubieten. Der direkte<br />
Weg zur Arbeitsgruppe „Wohnberatung“ ist natürlich auch<br />
möglich.<br />
Wohnen<br />
Die Beraterinnen und Berater gehen davon aus, dass eine<br />
wachsende Zahl hochaltriger und pflegebedürftiger Menschen<br />
umziehen müssten, wenn die häufig ungeeigneten<br />
Wohnverhältnisse nicht angepasst werden. Insgesamt ist<br />
aber erforderlich, dass mehr<br />
ältere Menschen innerhalb<br />
Kostenlose Wohnberatung<br />
ALTERAktiv Siegen-Wittgenstein e.V.<br />
Mehrgenerationenzentrum Martini<br />
57074 Siegen, St.-Johann-Straße 7<br />
ihrer Wohnquartiere bleiben<br />
und dort auch versorgt<br />
und betreut werden können.<br />
Heute lebt die überwiegende<br />
Mehrheit älterer Menschen<br />
noch zu Hause in ihren angestammten<br />
Wohnungen.<br />
Die meisten wollen hier auch<br />
bleiben. Viele Wohnungen<br />
haben aber Barrieren, die<br />
nicht nur normale Alltagsaktivitäten<br />
behindern, wenn die<br />
Mobilität eingeschränkt ist, sondern auch die Tätigkeiten<br />
von Diensten und Helfern bei der häuslichen Pflege.<br />
Neben altersgerechtem Wohnungsneubau geht es vor<br />
allem um die Anpassung der bestehenden Wohnungen. Ziel<br />
der Wohnungsanpassung ist es, bestehende „normale“ Wohnungen<br />
an die Bedürfnisse älterer und behinderter Menschen<br />
anzupassen, damit sie ihren selbstständigen Haushalt<br />
aufrechterhalten können. Zu unterscheiden ist zwischen der<br />
individuellen und der strukturellen Wohnungsanpassung.<br />
www.wohnberatung@senioren-siegen.de.<br />
Beratung nach telefonischer<br />
Anmeldung unter 0271- 234 60 66<br />
a) individuelle Wohnungsanpassung<br />
Bei der individuellen Wohnungsanpassung wird eine<br />
einzelne Wohnung an die besonderen Bedürfnisse des hier<br />
lebenden Bewohners angepasst. Hierbei geht es um kleinere<br />
bis mittlere baulich-technische Maßnahmen, die normalerweise<br />
unterhalb der Schwelle einer strukturellen Anpassung<br />
liegen. Die Beseitigung von räumlichen Barrieren sowie<br />
kleinere Alltagserleichterungen und technische Hilfen<br />
bilden den Schwerpunkt der Anpassungsmaßnahmen. Im<br />
Zusammenhang mit demenziellen Erkrankungen gewinnt<br />
auch der Abbau von Barrieren zunehmende Bedeutung. Im<br />
Einzelnen umfasst die Wohnungsanpassung folgende Maßnahmebereiche:<br />
Beseitigung von Ausstattungsmängeln (Bad, WC, Zentralheizung);<br />
Reorganisation der Wohnung (Wohnungsverkleinerung,<br />
Stockwerktausch);<br />
Beseitigung von Barrieren (Lift, Rampe, bodengleiche<br />
Dusche, Türverbreiterung);<br />
Kleine Alltagserleichterungen (Kücheneinrichtung, Erhöhung<br />
Bett/Sessel);<br />
Technische Hilfen (Haltegriffe, Stütz- und Gehhilfen).<br />
Der wichtigste Ort für technische Veränderungen ist das Bad.<br />
Von besonderer Bedeutung sind zudem alle Maßnahmen, die<br />
das Überwinden von Stufen und Schwellen erleichtern.<br />
36 durchblick 1/<strong>2009</strong>
) strukturelle Anpassung des Wohnungsbestandes<br />
Bei der strukturellen Wohnungsanpassung werden eine<br />
oder mehrere Wohngebäude im Zusammenhang weitgehend<br />
von Barrieren befreit oder es werden Wohnungen eines Gebäudes<br />
entsprechend umgebaut. Ziel ist das Angebot barrierefreier<br />
bzw. barrierearmer Wohnungen im Bestand, das<br />
sich vor allem an ältere Menschen oder Menschen mit Behinderungen<br />
richtet, die hier später einziehen. Hierbei sind<br />
oft Kompromisse sinnvoll und gefordert: Wenn „barrierefrei“<br />
im Bestand nicht mit vertretbarem Aufwand erreicht<br />
werden kann, ist „barrierearm“ besser, als alle Barrieren<br />
einfach zu belassen. Auch bezüglich der strukturellen Anpassung<br />
besteht erheblicher Handlungsbedarf. Bei strukturellen<br />
Anpassungsmaßnahmen sollten auch Aspekte der<br />
infrastrukturellen Versorgung und der barrierefreien Gestaltung<br />
des Wohnumfeldes berücksichtigt werden.<br />
Notwendigkeit und Nutzen der Wohnberatung<br />
Wohnberatung ist der Schlüssel zur Wohnungsanpassung.<br />
Die individuelle Wohnungsanpassung ist nicht in erster<br />
Linie eine technische Aufgabe. Im Vordergrund steht die<br />
Unterstützung der Betroffenen mit Rat und Tat.<br />
Eine Kernaufgabe der Wohnberatung ist die qualifizierte<br />
Beratung und Unterstützung älterer und/oder behinderter<br />
Menschen hinsichtlich der individuellen Wohnungsanpassung.<br />
Die Tätigkeit der Wohnberatungsstelle beinhaltet<br />
auch praktische Hilfe, Begleitung und organisatorische<br />
Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Anpassungsmaßnahmen.<br />
Die Wohnberatung ist unverzichtbarer Bestandteil der<br />
individuellen Wohnungsanpassung, weil ältere<br />
Menschen häufig selbst nicht in der Lage sind, die<br />
Notwendigkeit von Veränderungen wahrzunehmen<br />
und Anpassungsmaßnahmen in eigener Regie<br />
durchzuführen. Neben der Hilfe bei technischen<br />
Veränderungen in der Wohnung besteht eine wichtige<br />
Aufgabe der Wohnberatung darin, den Bedarf<br />
für andere Altenhilfeangebote zu erkennen und diese<br />
zu vermitteln. Hier liegt eine wichtige Schnittstelle<br />
zur ambulanten Versorgung. Im Rahmen der<br />
individuellen Wohnungsanpassung gehören zu den<br />
zentralen Aufgaben der Wohnberatungsstelle:<br />
das Erkennen von Wohnungsproblemen und<br />
Finden von individuell angemessenen Lösungsmöglichkeiten<br />
in der Wohnung, gegebenenfalls<br />
auch von Wohnalternativen;<br />
die Gewährleistung von praktischen Hilfen,<br />
Begleitung und organisatorische Unterstützung<br />
bei der Planung und Durchführung von Anpassungsmaßnahmen<br />
(dies schließt die Regelung<br />
der Finanzierung und die Kontrolle der handwerklichen<br />
Ausführung mit ein);<br />
die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von<br />
Personen und Institutionen sowie Aufbau und<br />
Koordination eines solchen Netzes der Wohnungsanpassung;<br />
Wohnen<br />
Öffentlichkeitsarbeit, um alle Beteiligten zu erreichen<br />
und auch eine breitere Öffentlichkeit für selbstständiges<br />
Wohnen im Alter oder bei Behinderungen zu sensibilisieren.<br />
Um eine Maßnahme in der Wohnung durchführen zu können,<br />
müssen häufig folgenden Gruppen beteiligt werden:<br />
Verwandte und Bekannte des Bewohners<br />
Soziale Hilfsdienste, Einrichtungen der Altenhilfe<br />
Ärzte und Krankenhäuser<br />
Krankenkassen, Pflegekassen und Sozialämter<br />
Hauseigentümer, Handwerker und Sanitätshäuser<br />
Ein solches „Netz der Wohnberatung“ muss funktionsfähig<br />
sein, damit die Beratungsstelle erfolgreich arbeiten kann.<br />
Ein weiteres Aufgabenfeld bezieht sich auf Wohnungsunternehmen<br />
bzw. Wohnungseigentümer als Klienten.<br />
Insbesondere bei der Anpassung ihres Wohnungsbestands<br />
können die Erfahrungen der Wohnberatungsstelle gefragt<br />
sein. Neben der individuellen Wohnungsanpassung betrifft<br />
dies in zunehmendem Maße auch die strukturelle Wohnungsanpassung.<br />
Große Bedeutung kann auch eine erweiterte<br />
Beratung und Vernetzung haben. Dazu gehört:<br />
das Aufzeigen von Wohnalternativen und die Beratung<br />
zu Wohnformen wie betreutes Wohnen, gemeinschaftliches<br />
Wohnen oder betreute Wohngruppen;<br />
Beratung zur Energieeinsparung und Hilfe bei der Realisierung<br />
entsprechender Maßnahmen;<br />
das Angebot von Umzugshilfen, einschließlich der Vermittlung<br />
von geeigneten Wohnungen;<br />
die Begleitung des Übergangs von stationärer zu ambulanter<br />
Versorgung (Entlassungsmanagement).<br />
Erich Kerkhoff<br />
GARDINEN<br />
UND TEPPICHE<br />
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Siegen-Geisweid • Marktstraße 29<br />
Telefon: 02 71/8 30 41 • www.mackenbach.de<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 37
Über die Einrichtung von SeniorenServiceStellen<br />
wird in diesen Wochen und Monaten viel geschrieben<br />
und geredet. Und die Frage „Wer hat’s<br />
erfunden?“, mit der ein Schweizer Saunameister in einer<br />
bekannten Fernsehwerbung einigen seiner Gäste mit einem<br />
respektlosen Ziehen am Saunatuch die Eigentumsrechte<br />
seines Landes an einem Hustenbonbon verdeutlicht, scheint<br />
auch hier nicht immer<br />
ganz geklärt zu sein.<br />
War’s der Kreis Siegen-Wittgenstein,<br />
der<br />
die seniorenfreundliche<br />
Serviceerfindung<br />
machte? Oder liegt das<br />
Erstgeburtsrecht bei<br />
der Stadt Siegen, die<br />
eigens eine Regiestelle<br />
für solcherlei Dienstleistungen<br />
eingerichtet<br />
hat? „Entscheidend is<br />
auf’m Platz“, hat einmal<br />
ein Fußballweiser<br />
aus dem Ruhrpott<br />
gesagt, als es um die<br />
praktische Umsetzung<br />
von „grauer Theorie“<br />
in Alltagshandeln ging.<br />
Pardon. Der Altinternationale aus dem Revier, der längst<br />
unter der Erde liegt, meinte natürlich „Sonntagshandeln“.<br />
Denn zur damaligen Zeit gab es noch keinen Fernsehfußball<br />
an jedem Tag und rund um die Uhr.Wie selbstverständlich<br />
wurde „nur“ am arbeitsfreien Sonntag gekickt. Meist in aller<br />
Stille, was die Medienausstrahlung betraf. Da war bestenfalls<br />
schon einmal das Radio „dran“, wenn dieses denn „an“<br />
war. Aber die Beteiligten, Spieler und Zuschauer, hatten<br />
Freude pur. Diese Gedanken kamen mir in den Sinn, als ich<br />
im Februar bei einer Geburtstagsfeier der besonderen Art zu<br />
Gast war. Die handelnden Personen waren allerdings keine<br />
Freunde des runden Leders, sondern Seniorinnen und Senioren,<br />
die sich schon seit 20 Jahren in Seelbach treffen und<br />
einmal im Monat miteinander Freude haben. In einer „Seniorenservicestelle“<br />
der besonderen Art, OASE genannt. Da<br />
kann man nur sagen: Der Name „sitzt“. Der Anzug „passt“.<br />
Nomen est omen. „Die Oase ist eine Stätte in der Wüste,<br />
wo die Menschen mit dem Wasser neue Kräfte für den Lebensalltag<br />
schöpfen.“ Treffend brachte Pfarrer Dr. Christian<br />
Schwark von der Ev. Kirchengemeinde Trupbach-Seelbach<br />
mit diesen Worten die Leistung des Seelbacher Seniorentreffs<br />
„OASE“ bei der Feier zum 20. Geburtstag der Einrichtung<br />
im Seelbacher Bürgerhaus zum Ausdruck. Und es waren<br />
viele „Wasserschöpfer“, die ihren betagten Mitmenschen<br />
über die Jahre hinweg Freude bereitet hatten, sodass viele der<br />
Aus dem Leben<br />
Kraftquelle der Freude<br />
OASE in Seelbach feierte 20. Geburtstag<br />
Fröhlich eingeschenkt: Siegbert Ullrich als Serviermeister beim<br />
OASE-Geburtstag in Seelbach.<br />
älteren Besucher meinten: „Wat soammr da deheim, wänn<br />
mr ne OASE ha?!“ So würdigten denn auch neben Pfarrer<br />
Schwark dessen katholischer Kollege Vikar Ulrich Liehr<br />
sowie Siegens stellv. Bürgermeister Jens Kamieth und der<br />
stellv. Seniorenbeiratsvorsitzende Helmut Plate die Leistungen<br />
des OASE-Teams, das seit zwei Jahrzehnten einmal im<br />
Monat einen bunten Nachmittag für die älteren Mitbürger<br />
veranstaltet und darüber<br />
hinaus noch eine<br />
ganze Reihe „Sonder -<br />
angebote“ wie Mundartnachmittage,<br />
Wanderungen<br />
oder Theateraufführungen<br />
im<br />
Programm hat.<br />
„Eine solche gemeinnützige<br />
Eigeninitiative<br />
ist in heutiger Zeit<br />
nicht oft zu finden<br />
und verdient besondere<br />
Anerkennung.<br />
Wo doch sonst nur<br />
nach dem Staat gerufen<br />
wird, zeigen hier<br />
engagierte Senioren,<br />
was alles in Eigeninitiative<br />
möglich<br />
ist,“ so lobte Senioren-Mobilmacher Helmut Plate aus der<br />
Numbach die Leistung seiner Seelbacher Nachbarn über den<br />
grünen Klee.<br />
Als „Wasserschöpfer“ und „Kräftebringer“ wurden neben<br />
langjährigen Mitgliedern und zahlreichen Helferinnen vor<br />
allem die OASE-Vorsitzende Gertrud Steinbrück, ihr Bruder<br />
Günther Schleifenbaum und „Kilometerfresser“ Friedhelm<br />
Junk aus Geisweid besonders geehrt. Bevor die große Kaffeetafel<br />
begann, hatte Siegbert Ullrich, der „Mann für wirklich<br />
alle Fälle“, im schmucken Zwirn und mit Zylinder auf dem<br />
Kopf die gesellige Runde zum Sektempfang gebeten. Für die<br />
musikalische Umrahmung und Erheiterung sorgten schließlich<br />
das Duo Bernd Basler und Helmut Haase von der Marinekameradschaft<br />
Siegen sowie der Deucker-Chor aus Ferndorf.<br />
Letzterer lud mehrfach zum Mitsingen ein, bis mit der<br />
OASE-Nationalhymne „Kein schöner Land in dieser Zeit“<br />
die Jubiläumsveranstaltung ausklang. Das muss aber zum<br />
Abschluss auch noch gesagt werden: Die Räumlichkeiten im<br />
Seelbacher Bürgerhaus werden zwar von der Stadt Siegen kostenlos<br />
zur Verfügung gestellt, doch alle weiteren Serviceleistungen<br />
des OASE-Teams werden aus privater Tasche bezahlt.<br />
Und der Einsatz der „Servicekräfte“ ist ehrenamtlich. Nach<br />
einer Ehrenamtskarte hat hier noch niemand gefragt. Wie sagte<br />
doch der Weise von der Ruhr: „Entscheidend is auf’m Platz.“<br />
Und in der OASE, müsste man ergänzen. Dr. Horst Bach<br />
38 durchblick 1/<strong>2009</strong>
3 x Testsieger<br />
Sieger im 1., 2. & 3. Siegener Kundenspiegel*<br />
Platz 1: Durchschnittlicher Zufriedenheitsgrad (88,9%)<br />
Platz 1: Freundlichkeit (93,7%)<br />
Platz 2: Beratungsqualität (88,4%)<br />
Platz 1: Preis- /Leistungsverhältnis (84,6%)<br />
3, Siegener Kundenspiegel 2008: untersucht 7 Geldinstitute, 88,9% durchschnittlicher Zufriedenheitsgrad (Platz 1);<br />
reundlichkeit: 93,7% (Platz 1), Beratungsqualität: 88,4% (Platz 2), Preis-/Leistungsverhältnis: 84,6% (Platz 1);<br />
undenbefragung 08/2008; N = 840 (Geldinstitute) von N = 903 (Gesamt); MF Consulting Dipl.-Kfm. Marc Loibl;<br />
www.kundenspiegel.de; Telefon: 0991/2708847<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 39
Gedächtnistraining<br />
„Wer aufhört zu lernen, ist alt. Er mag zwanzig sein oder achtzig.“ Henry Ford<br />
Versteckte Blumen<br />
Bringen Sie die Buchstaben der Blüten jeweils in die richtige<br />
Reihenfolge. Es ergeben sich dann Blumennamen.<br />
Zahlen – Redewendungen<br />
In den Lösungen muss sich immer ein<br />
Zahlwort befinden.<br />
Alle Übungen gefunden beim Bundesverband Gedächtnistraining e.V. www.bvgt.de, zusammengestellt von Barbara Kerkhoff<br />
Wortergänzung – Wortsammlung<br />
Durch Zufügen des ersten Buchstaben Wörter finden.<br />
Bsp.: inden.<br />
binden, finden, Rinden, schinden, winden, ...<br />
1. ahnen __________________________<br />
2. assen __________________________<br />
3. aden ___________________________<br />
4. asen ___________________________<br />
5. egen ___________________________<br />
6. en _____________________________<br />
7. essen __________________________<br />
8. ichtig __________________________<br />
9. itten ___________________________<br />
10. orgen _________________________<br />
11. üchtig _________________________<br />
12. üssen __________________________<br />
13. opf ____________________________<br />
Bsp.: Ich gebe mich geschlagen, du hast recht.<br />
Eins zu Null für Dich<br />
1. Zu Hause bleiben.<br />
2. Jetzt wird es mir zu bunt, es reicht.<br />
3. Er verstellt sich oft, er ist unaufrichtig.<br />
4. Etwas nicht allzu genau nehmen.<br />
5. Sich bequem lang strecken.<br />
6. Sehr wütend oder zornig sein.<br />
7. Mit jemandem vertraulich sprechen.<br />
8. Gut auf etwas aupassen, vorsichtig sein.<br />
9. Sich hinsetzen.<br />
10. Nicht bei Verstand sein.<br />
11. Auf Händen und Füßen gehen.<br />
12. Für klüger halten als andere.<br />
13. Das kannst Du doch selbst ausrechnen.<br />
14. Etwas das ich nicht verstehe.<br />
15. Ausruf der Verwunderung.<br />
16. Zählt zur oberen Gesellschaft.<br />
Liedanfänge erraten<br />
Es fehlt in jedem der zu erratenden Lieder<br />
jeweils der erste Teil der Textzeile.<br />
Bsp.: Heißa Kathreinerle<br />
schnür dir die Schuh.<br />
1. _________________ schläfst Du noch?<br />
2. _________ nur am Bach die Nachtigall<br />
3. ____ als hier das unsere weit und breit<br />
4. ___________________ alle Vögel alle<br />
5. __________ der Frühling kehrt wieder<br />
6. ____________ die Bäume wieder grün<br />
7. _____________ am rauschenden Bach<br />
8. ______ ziehn wir durch Wald und Feld<br />
9. _____ geht die Fahrt wohl übers Meer<br />
10. ________ sitz ich beim Schwager vorn<br />
11. __________ da such ich meine Freude<br />
12. ______ und mir steckt’s auch im Blut<br />
13. _____ den schickt er in die weite Welt<br />
40 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Gedächtnistraining<br />
Ein Socken-Problem<br />
Herr und Frau Zerstreut ziehen sich<br />
fürs Theater um. Da fällt Frau Zerstreut<br />
ein, dass die schwarzen Socken<br />
ihres Mannes, die er gleich braucht,<br />
noch im Garten auf der Leine hängen.<br />
Es ist stockfinstere Nacht, und natürlich<br />
finden sich weder Kerze noch<br />
Taschenlampe auf Anhieb. Also tappt<br />
Frau Zerstreut mutig ins Dunkle hinaus<br />
zur Leine, auf der vier Paar braune<br />
und sechs paar schwarze Socken<br />
hängen. Natürlich nimmt Frau Zerstreut<br />
als ordentliche Hausfrau gleich<br />
alle Strümpfe mit ins Haus, aber: Wie<br />
viele Strümpfe müsste sie mindestens<br />
abnehmen, um mit Sicherheit ein<br />
gleichfarbiges Paar zu haben, und wie<br />
viele müsste sie nehmen, um garantiert<br />
ein schwarzes Paar zu finden? Herr<br />
Zerstreut hat dazu leider auch keine<br />
Idee. Finden Sie die Lösung?<br />
Logische Ergänzungen<br />
Füllen Sie die Lücken in der Tabelle entsprechend aus.<br />
Deutschland<br />
Euro<br />
Schweiz<br />
Schweizer<br />
Franken<br />
Paris<br />
Euro<br />
Japan<br />
Tokio<br />
Bier Milch Tee<br />
Fußball Skifahren Boulespiel<br />
Kartoffeln Baguette Reis<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 41
Das Duo Weigand und Genähr führte mit Mutterwitz und<br />
Situationskomik durch das bunte Programm.<br />
Es ist vollbracht: Die Regiestelle „Leben im Alter“ ist<br />
endlich auch räumlich vorhanden. Im Rathaus Weidenau<br />
präsentiert sich die Regiestelle in schmucken<br />
Räumen der ehemaligen Bücherei. „Leben im Alter“ hat<br />
endlich ein Wohnzimmer bekommen. Grund genug für eine<br />
Einweihungsfeier. Stadträtin Birgitta E. Radermacher betonte<br />
in ihrer Festrede vor versammelter Mannschaft (Insider<br />
und viele Gästen), dass aus „einem virtuellen Haus endlich<br />
ein reales Haus“ geworden sei. Will sagen: Die Regiestelle<br />
existiert schon viel länger, aber halt ohne notwendige Räumlichkeiten.<br />
Das ist seit Februar <strong>2009</strong> vorbei. Die Regiestelle<br />
ist jetzt sichtbar: Sie präsentiert sich in schmucken Räumen.<br />
Schlicht, zweckmäßig, ansprechend. Der zuständige Fachbereichsleiter<br />
Horst Fischer: „Die neuen Räume dienen mit<br />
dazu, dass die Einrichtung nicht nur präsent ist, sondern sich<br />
jetzt auch sichtbar nach außen öffnen kann. Die Arbeit wird<br />
dadurch natürlich<br />
– wie gewünscht –<br />
transparenter.“ Sie<br />
schließt auch den<br />
Behindertenbereich<br />
mit ein, dessen Beauftragte<br />
ebenfalls<br />
im Rathaus Weidenau<br />
ihr Domizil<br />
haben. Wie wichtig<br />
eine derartige Regiestelle<br />
ist, dokumentiert<br />
sich allein<br />
schon darin, dass in<br />
Siegen rund 30 000<br />
Menschen leben,<br />
die bereits über 58<br />
Lenze zählen. Tendenz<br />
steigend.<br />
Wie Astrid E.<br />
„Leben im Alter“<br />
Regiestelle hat ein neues Wohnzimmer<br />
Schneider, Leiterin<br />
der Regiestelle,<br />
anriss, bündelt und<br />
schafft die Regiestelle<br />
Angebote<br />
Siegerländerin<br />
Ursel überreichte<br />
ein<br />
Wirsinggesteck<br />
an<br />
Astrid E.<br />
Schneider,<br />
Leiterin der<br />
Regiestelle.<br />
für unterschiedliche Lebens- und Interessenslagen älterer<br />
Menschen. „Leben im Alter“ koordiniert die Zusammenarbeit<br />
von Diensten und fördert die stadtteilspezifische Entwicklung<br />
von Unterstützungsangeboten. Schwerpunkte:<br />
Gesundheitsförderung, Mobilität, Entfaltung von Eigeninitiative.<br />
Während der Feierstunde in der ehemaligen Bücherei<br />
des Weidenauer Rathaustraktes, die vom Siegener Kabarettisten-Duo<br />
Weigand und Genähr hervorragend moderiert<br />
wurde, hob Birgitta E. Radermacher die Prinzipien der Regiestellen-Arbeit<br />
hervor: „Wir können den Menschen nur<br />
helfen, wenn wir die Dinge tun, die sie selbst nicht tun können.“<br />
Unter Berücksichtigung dieses Ansatzes habe man<br />
daher ein ehrenamtlich gestütztes und stadtteilbezogenes<br />
Konzept entworfen. Im Rahmen dieses Aus- und Aufbaus<br />
nachfragegerechter und quartierbezogener Infrastruktur für<br />
Ältere sei auch ein Wechsel von der Vorsorgungs- zur Mitwirkungsgesellschaft<br />
vorgenommen worden. Die Referentin<br />
wörtlich: „Wesentlicher Baustein hierzu ist die Stärkung<br />
von Eigeninitiativen und gegenseitiger Hilfe.“<br />
Insoweit weihe man nicht nur die Räumlichkeiten<br />
der Regiestelle ein, sondern „dies ist auch der Startschuss<br />
für den Auf- und Ausbau der sogenannten Senioren-Service-Stellen“<br />
im Rathaus Weidenau (Tel.:<br />
0271/4042200), im Geisweider Mehrgenerationenhaus<br />
(Tel.: 0271/23392519), im Haus Herbstzeitlos (Tel.:<br />
0271/3846108) und in Zusammenarbeit mit dem Verein<br />
ALTERAktiv im Martini-Mehrgenerationen-Zentrum,<br />
St.-Johann-Straße (Tel.: 0271/2339425). Übrigens: Bis<br />
zum Jahr 2<strong>01</strong>0 sollen derartige Service-Stellen als bürgernahe<br />
Angebote in allen Städten und Gemeinden des<br />
Kreises Siegen eingerichtet werden.<br />
Siegens Ex- und Altbürgermeister Ulf Stötzel – gern gesehener<br />
Gast während der Eröffnungsfeier im Weidenauer<br />
Rathaus –, in dessen Amtszeit der Tagesordnungspunkt Regiestelle<br />
„Leben im Alter“ fiel, war zumindest anfangs von<br />
dieser Idee nicht gerade begeistert. Am Ende aber stimmte<br />
er zu. Mit einem dicken Seufzer und anschließendem kräftigem<br />
Durchatmen. Und danach sprach der Ex-Verwaltungschef<br />
und heutige Ruheständler: „Dann macht es. Aber<br />
dann will ich auch etwas Ordentliches haben und nicht so<br />
42 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Der Behindertenbeauftragte<br />
Rainer Damerius<br />
(links), Olaf N.<br />
Schwanke im<br />
Gespräch.<br />
Mitte Ernst Göckus<br />
vom Seniorenbeirat<br />
und rechts Bernd<br />
Alberts, Vorsitzender<br />
des Seniorenbeirats.<br />
Hannelore Henrich in der<br />
Servicestelle Geisweid<br />
Birgitta E. Radermacher,<br />
Stadträtin von Siegen<br />
was 08/15-mäßiges.“ Jahre später konnte sich der Skeptiker<br />
davon überzeugen: Er bekam genau das, was er wollte.<br />
Von nullachtfuffzehn kann überhaupt keine Rede sein. Ulf<br />
Stötzel wurde jetzt an seine damalige Einstellung erinnert.<br />
Sein Blick ging in die Runde. Der Mann nickte dann beifällig<br />
und schmunzelte.<br />
Aus vollem Hals hingegen lachte Regiestellen-Leiterin<br />
Astrid E. Schneider, als sie zur Einweihung einen<br />
rustikalen Kohlkopf geschenkt bekam. Von der Ursel des<br />
Duos Weigand und Genähr. Die Ursel fertigt neuerdings<br />
deftige Gestecke aus Wirsing an.<br />
Eine frisch geerntete und mit einer Kerze liebevoll<br />
aufgepeppte breitblätterige Gemüsekugel zierte bis zum<br />
Welken den Tresen in der neuen Regiestelle.<br />
Dieter Gerst<br />
Erstmals waren Fernsehkameras bei einer Sitzung<br />
des Seniorenbeirates im Großen Sitzungsaal des<br />
Geisweider Rathauses mit dabei. Eigentlich sollte<br />
es nur eine erste „Schnupperrunde“ werden, zu der die Vorstandsmitglieder<br />
des Gremiums die Vertreter der Kirchen<br />
und Wohlfahrtsverbände sowie die Siegener Tafel an einen<br />
Tisch gebeten hatten.<br />
Das Thema hatte dann aber eine elektrisierende Wirkung,<br />
die so nicht vorhersehbar war: Altersarmut in Siegen!<br />
Alle, alle kamen, und das Medieninteresse war plötzlich<br />
so groß, dass Vorsitzender Bernd Alberts flugs den vorgesehenen<br />
Sitzungsraum gegen den großen Ratssaal „eintauschen“<br />
musste. Altersarmut in Siegen, das machte die<br />
Runde deutlich, gibt es in der Tat. Und<br />
das nicht zu knapp. So war es ein guter<br />
und notwendiger Schritt, mit dem der<br />
Seniorenbeirat den Anstoß zu einem<br />
Runden Tisch gegeben hatte. Superintendentin<br />
Annette Kurschus bezog<br />
sich auf die Bibel und hielt die wohl<br />
„griffigste“ Formulierung bereit: Armut<br />
ist ein Skandal Das sahen die eingeladenen<br />
Gesprächsteilnehmer und<br />
die Mitglieder des Seniorenbeirates<br />
genauso. Und so kamen sie einstimmig<br />
überein, gemeinsam mit einem<br />
„Bündnis gegen Armut“ dem auch in<br />
Siegen immer öfter zu beobachtenden<br />
Phänomen entgegenzuwirken.<br />
Aus dem Seniorenbeirat<br />
Es muss etwas passieren<br />
Runder Tisch gegen Altersarmut<br />
Nach dem ersten Erfahrungsaustauch sollen in Zukunft<br />
ein gegenseitiger Ideenaustausch und die Verabredung<br />
gemeinsamer Aufgaben den Runden Tisch beleben. Vorsitzender<br />
Bernd Alberts schlug vor, im Rahmen einer Podiumsdiskussion<br />
auch die Politiker an einen Tisch zu bringen.<br />
Zuvor hatte er über die immer bedrohlicher werdende<br />
Altersarmut referiert. Dass diese schon heute grundgelegt<br />
wird, machte Dr. Wolfgang Bauch in seinen Ausführungen<br />
über die Kinderarmut in Deutschland deutlich. In besonderem<br />
Maße werden demnächst auch die ausländischen Mitbürger<br />
von der Altersarmut betroffen sein, so Melice Gecer<br />
vom Integrationsrat. <br />
Alle Texte und Bilder der Seiten „Aus dem Seniorenbeirat“: von Dr. Horst Bach<br />
A. Kurschus (lks.) beim Runden Tisch des Seniorenbeirats: „Armut ist ein Skandal“<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 43
Der Behindertenbeauftragte<br />
Rainer Damerius<br />
(links), Olaf N.<br />
Schwanke im<br />
Gespräch.<br />
Mitte Ernst Göckus<br />
vom Seniorenbeirat<br />
und rechts Bernd<br />
Alberts, Vorsitzender<br />
des Seniorenbeirats.<br />
Hannelore Henrich in der<br />
Servicestelle Geisweid<br />
Birgitta E. Radermacher,<br />
Stadträtin von Siegen<br />
was 08/15-mäßiges.“ Jahre später konnte sich der Skeptiker<br />
davon überzeugen: Er bekam genau das, was er wollte.<br />
Von nullachtfuffzehn kann überhaupt keine Rede sein. Ulf<br />
Stötzel wurde jetzt an seine damalige Einstellung erinnert.<br />
Sein Blick ging in die Runde. Der Mann nickte dann beifällig<br />
und schmunzelte.<br />
Aus vollem Hals hingegen lachte Regiestellen-Leiterin<br />
Astrid E. Schneider, als sie zur Einweihung einen<br />
rustikalen Kohlkopf geschenkt bekam. Von der Ursel des<br />
Duos Weigand und Genähr. Die Ursel fertigt neuerdings<br />
deftige Gestecke aus Wirsing an.<br />
Eine frisch geerntete und mit einer Kerze liebevoll<br />
aufgepeppte breitblätterige Gemüsekugel zierte bis zum<br />
Welken den Tresen in der neuen Regiestelle.<br />
Dieter Gerst<br />
Erstmals waren Fernsehkameras bei einer Sitzung<br />
des Seniorenbeirates im Großen Sitzungsaal des<br />
Geisweider Rathauses mit dabei. Eigentlich sollte<br />
es nur eine erste „Schnupperrunde“ werden, zu der die Vorstandsmitglieder<br />
des Gremiums die Vertreter der Kirchen<br />
und Wohlfahrtsverbände sowie die Siegener Tafel an einen<br />
Tisch gebeten hatten.<br />
Das Thema hatte dann aber eine elektrisierende Wirkung,<br />
die so nicht vorhersehbar war: Altersarmut in Siegen!<br />
Alle, alle kamen, und das Medieninteresse war plötzlich<br />
so groß, dass Vorsitzender Bernd Alberts flugs den vorgesehenen<br />
Sitzungsraum gegen den großen Ratssaal „eintauschen“<br />
musste. Altersarmut in Siegen, das machte die<br />
Runde deutlich, gibt es in der Tat. Und<br />
das nicht zu knapp. So war es ein guter<br />
und notwendiger Schritt, mit dem der<br />
Seniorenbeirat den Anstoß zu einem<br />
Runden Tisch gegeben hatte. Superintendentin<br />
Annette Kurschus bezog<br />
sich auf die Bibel und hielt die wohl<br />
„griffigste“ Formulierung bereit: Armut<br />
ist ein Skandal Das sahen die eingeladenen<br />
Gesprächsteilnehmer und<br />
die Mitglieder des Seniorenbeirates<br />
genauso. Und so kamen sie einstimmig<br />
überein, gemeinsam mit einem<br />
„Bündnis gegen Armut“ dem auch in<br />
Siegen immer öfter zu beobachtenden<br />
Phänomen entgegenzuwirken.<br />
Aus dem Seniorenbeirat<br />
Es muss etwas passieren<br />
Runder Tisch gegen Altersarmut<br />
Nach dem ersten Erfahrungsaustauch sollen in Zukunft<br />
ein gegenseitiger Ideenaustausch und die Verabredung<br />
gemeinsamer Aufgaben den Runden Tisch beleben. Vorsitzender<br />
Bernd Alberts schlug vor, im Rahmen einer Podiumsdiskussion<br />
auch die Politiker an einen Tisch zu bringen.<br />
Zuvor hatte er über die immer bedrohlicher werdende<br />
Altersarmut referiert. Dass diese schon heute grundgelegt<br />
wird, machte Dr. Wolfgang Bauch in seinen Ausführungen<br />
über die Kinderarmut in Deutschland deutlich. In besonderem<br />
Maße werden demnächst auch die ausländischen Mitbürger<br />
von der Altersarmut betroffen sein, so Melice Gecer<br />
vom Integrationsrat. <br />
Alle Texte und Bilder der Seiten „Aus dem Seniorenbeirat“: von Dr. Horst Bach<br />
A. Kurschus (lks.) beim Runden Tisch des Seniorenbeirats: „Armut ist ein Skandal“<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 43
Diese Seiten stehen dem Seniorenbeirat der Stadt Siegen zur Verfügung. Die Redaktion des „durchblick“ hat keinen Einfl uss auf die Auswahl der Beiträge.<br />
Das Thema „Alt und Jung“ spielt in der Arbeit des Seniorenbeirates<br />
der Stadt Siegen eine ganz wichtige<br />
Rolle. Bei der Standortbestimmung und Zukunftsplanung<br />
des Gremiums im vergangenen Jahr bei einer Klausurtagung<br />
in Wilgersdorf war es vor allem Dr. Maria Czell ein wichtiges<br />
Anliegen, auf dieses wichtige Miteinander hinzuweisen:<br />
„Das Zusammentreffen der verschiedenen Generationen sollte<br />
Freude auf beiden Seiten schaffen und den Lebensalltag von<br />
Kindern und Senioren bereichern.“ Im Siegener Sophienheim<br />
versucht die stellvertretende Beiratsvorsitzende seither diesem<br />
Ziel näherzukommen. Und das mit Erfolg, wie die folgende<br />
„Tagebuchaufzeichnung“ beweist:<br />
Aus dem Seniorenbeirat<br />
Jung und Alt backen gemeinsam<br />
Kein Waffel-Stillstand im Sophienheim<br />
als der Weltkriegsteilnehmer von den Leiden der deutschen<br />
Soldaten beim Russlandfeldzug zu erzählen begann. Mit<br />
dem Namen Russland verbanden die Kleinen offensichtlich<br />
zunächst eine ganz bestimmte Vorstellung, die in die<br />
Frage mündete: „Trinken Sie Wodka? Viel Wodka?“ Franz<br />
Wunderlich verneinte, erzählte weiter und konnte mit so<br />
manchen Vorurteilen der Kinder über Deutsche und Russen<br />
aufräumen. Während für Franz Wunderlich das Kriegsgeschehen<br />
plötzlich wieder ganz nahe rückte, war dieses<br />
für die Kinder doch offensichtlich unendlich weit weg. Zu<br />
weit, um weitere Fragen zu stellen. Zumal der Duft von<br />
frisch gebackenen Waffeln die Räumlichkeiten durchzog<br />
Mit einer Backaktion bereicherten die Kinder vom Fischbacherberg das Leben der BewohnerInnen im Sophienheim.<br />
Franz Wunderlich sitzt gerührt in seinem Rollstuhl und<br />
will die Hand der kleinen Lorena gar nicht mehr loslassen.<br />
Dem 87-jährigen Bewohner des Sophienheims, dem Altenpflegezentrum<br />
der Diakonie an der Ecke Bürbacher Weg/<br />
Südstraße, stehen die Tränen in den Augen. So sehr freut er<br />
sich über den Besuch der Kindergruppe, die da am Samstagnachmittag<br />
beim gemeinsamen Waffelbacken im Gemeinschaftsraum<br />
der Alteneinrichtung im wahrsten Sinne<br />
des Wortes für „Leben in der Bude“ sorgt.<br />
Genau das war es, was Dr. Maria Czell vom Seniorenbeirat<br />
der Stadt Siegen erreichen wollte: Begegnungen zwischen<br />
Jung und Alt schaffen, nicht über Probleme reden,<br />
sondern Freude haben in der Gemeinschaft und beim gemeinsamen<br />
Tun. Sozialpädagogin Beate Gieseler vom Jugendamt<br />
der Stadt Siegen unterstützte das Vorhaben. Die<br />
von ihr ausgewählten Kinder des Jugendtreffs Fischbacherberg<br />
stehen in der Regel auch nicht nur auf der Sonnenseite<br />
des Lebens. So war ihnen denn die Begeisterung an diesem<br />
ebenso abwechslungs- wie lehrreichen Backnachmittag<br />
deutlich anzumerken.<br />
Lorena, Eldin, Hayder, Anna Lena und Dana „löcherten“<br />
Franz Wunderlich mit Fragen, als dieser vom Krieg in<br />
Russland zu erzählen begann. „Sind Sie Russe?“ wollten<br />
die Kinder als Erstes wissen und wurden dann ganz still,<br />
und Alt und Jung zur gemeinsamen Kaffeetafel an einen<br />
Tisch brachte.<br />
Mit in der Runde auch Martina Liebe. Die 59-Jährige hat<br />
vor drei Jahren noch als Kindergärtnerin gearbeitet, ehe ein<br />
Schlaganfall sie ganz plötzlich aus dem Berufsleben riss. Sie<br />
kann nicht viel sprechen, aber ihre Augen leuchten beim Anblick<br />
des bunten Treibens um sie herum. Auch bei ihr werden<br />
Erinnerungen wach. Diese mit Worten wiederzugeben, bleibt<br />
der Schlaganfallpatientin allerdings weitgehend versagt.<br />
Als die Kinder sich nach rund zwei Stunden verabschieden,<br />
müssen sie versprechen wiederzukommen. Dr.<br />
Maria Czell und Beate Giesler, die zuvor bereits einen gemeinsamen<br />
Spielabend im Sophienheim organisiert hatten,<br />
wollen jetzt weitere Zusammenkünfte zwischen Alt und<br />
Jung im Sophienheim organisieren. Dann werden die Tage<br />
schon wieder länger dauern und heller sein als beim Winterbesuch<br />
im Januar <strong>2009</strong>.<br />
Fritz Wunderlich und die anderen Heimbewohner freuen<br />
sich schon auf den „frischen Wind“, den die Kinder mit ins<br />
Pflegeheim bringen. Und auch für Lorena, Dana & Co. ist<br />
der Nachmittag mit den „Alten“ immer eine willkommene<br />
Abwechslung im machmal auch recht tristen Schulalltag.<br />
So bringen sich Jung und Alt gegenseitig etwas mehr Sonne<br />
in ihr Leben. <br />
44 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Verantwortlich für deren Inhalt ist nach dem Presserecht Dr. Horst Bach, der Pressesprecher des Seniorenbeirats der Stadt Siegen.<br />
„Absatzkrise“<br />
Im bitterkalten Nachkriegswinter 1946 auf dem Weg zum Trupbacher Bäcker<br />
In den frostigen Zeiten des Winters 2008/<strong>2009</strong> wurden<br />
Erinnerungen wach an Schnee und Eiseskälte in der<br />
Nachkriegszeit. Damals hatten viele Menschen nicht<br />
genug Brennmaterial, sodass der „Kohlenklau“ sogar kirchlicherseits<br />
durch den damaligen Kölner Erzbischof Frings<br />
stillschweigend geduldet wurde. „Fringsen“ nannte man<br />
daher auch das „Klauen“ von Briketts, Koks und anderen<br />
Brennstoffen aus den auf den Bahnhöfen stehenden Güterwaggons<br />
der Reichsbahn. Da viele Väter im Krieg geblieben<br />
oder noch in Gefangenschaft waren, versuchten hauptsächlich<br />
die Mütter der verarmten Familien, mit dieser eigentlich<br />
ungesetzlichen „Brennstoffzufuhr“ ihren Kindern eine<br />
warme Wohnstube nicht nur zu den Festtagen zu „bescheren“.<br />
Aber auch an warmer Kleidung, insbesondere auch<br />
an dem geeigneten Schuhwerk mangelte es. Hier kann sich<br />
Zeitzeuge Helmut Plate aus der Siegener Numbachstraße<br />
noch eindrucksvoll an eine Begebenheit erinnern, die ihn<br />
bis heute nicht losgelassen hat. Mit „Absatzkrise“ beschreibt<br />
der agile 72-jährige Rentner im Gespräch mit dem durchblick<br />
das einschneidende Erlebnis im Nachkriegswinter<br />
1946. Schuhe waren in der Familie damals Mangelware,<br />
und so musste Helmut Plate den ganzen Sommer über in einer<br />
Schreinerei gefertige Holzsandalen mit Lederriemchen,<br />
sogenannte „Kläpperchen“, tragen. Als der Winter näherrückte,<br />
hatte Mutter Plate für ihren Sprössling endlich ein<br />
Paar Lederschuhe aufgegabelt. Viel zu groß, aber mit dicken<br />
Socken und Einlegesohlen wurden sie „tragbar“ und passend<br />
gemacht. Diese Schuhe musste Helmut Plate natürlich hüten<br />
wie seinen Augapfel, denn es waren die einzigen „Treter“,<br />
die er hatte. Und sie mussten den ganzen Winter über halten.<br />
Im Januar 1946 lag wie heute eine dicke Schneedecke<br />
über dem Siegerland. Helmut Plate wurde von seiner Mutter<br />
zum Bäcker nach Trupbach geschickt,<br />
um Brot einzukaufen. Der<br />
Weg von der Numbachstraße aus<br />
durch dicken Schnee war reichlich<br />
beschwerlich. Gut, dass Helmut<br />
Plate da seine derben Schuhe mit<br />
stabilen Absätzen hatte. Doch diese<br />
Stabilität erwies sich als trügerisch,<br />
denn als Helmut Plate nach<br />
Beendigung der Einkaufstour vor<br />
dem Haus in der Numbach seine<br />
Schuhe „abtreten“ wollte, waren<br />
beide Absätze nicht mehr vorhanden.<br />
„Meine Mutter geriet in Wut,<br />
weil sie glaubte. ich hätte irgendwo<br />
Fußball gespielt, und schickte<br />
mich postwendend zurück nach<br />
Trupbach, um die verlorenen Absätze<br />
zu suchen.“ Reichlich „betränt“<br />
machte sich Helmut Plate<br />
Aus dem Seniorenbeirat<br />
auf den Weg, und<br />
siehe da, auf halbem<br />
Wege wurde<br />
der eine, etwas<br />
weiter der zweite<br />
Absatz gefunden.<br />
Freudestrahlend<br />
überreichte er<br />
wenig später die<br />
wiedergefundenen<br />
Schätze seiner<br />
Mutter. Eine genaue<br />
Inspektion<br />
des Schuhwerks<br />
ergab sodann, dass<br />
die vermeintlichen<br />
Lederabsätze nur<br />
aus Pappe bestanden<br />
und mittels<br />
„Mählbabb“ auf<br />
Akrobat schööön: Helmut Plate<br />
bei einer Absatzkontrolle vor dem<br />
Weidenauer Hauptbahnhof.<br />
die Gummisohle<br />
aufgeklebt worden<br />
waren. Mit „Mählbabb“<br />
bezeichneten die Siegerländer damals ihren notgedrungen<br />
aus Mehl und Wasser hergestellten Ersatzkleber. Im<br />
nassen Schnee hatten sich die Absätze auf dem Weg nach<br />
Trupbach gelöst und selbstständig gemacht. „Noch heute<br />
kontrolliere ich routinemäßig immer mein Schuhwerk und<br />
mache einen Absatzkontrolle, wenn ich durch tiefen Schnee<br />
gehe“, sagte der „Absatzroutinier“ Helmut Plate mit einem<br />
leichten Schmunzeln im Gesicht. Von einer erneuten „Absatzkrise“<br />
wollte er allerdings nicht sprechen. <br />
Kein Feinstaubfilt er<br />
nöti g !<br />
DIREKT VOM HERSTELLER<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 45<br />
5 Bilder Dr. Horst Bach
Kirche<br />
WELTGEBETSTAG<br />
Ein Fenster im März<br />
Ist ein Fenster zur Welt<br />
Ein Tag voller Phantasie und Liebe<br />
Ein ökumenisches Datum<br />
Eine Überraschung für viele<br />
Ein Schritt auf ein gemeinsames Ziel.<br />
Irisches Kreuz – Symbol des<br />
Weltgebetstages<br />
Jedes Jahr laden<br />
Frauen aller Konfessionen<br />
am ersten<br />
Freitag im März zum<br />
Weltgebetstag (WGT)<br />
ein. Der Weltgebetstag<br />
ist eine weltweite Bewegung<br />
christlicher Frauen<br />
aus vielen Traditionen,<br />
die jedes Jahr zum Feiern<br />
eines gemeinsamen<br />
Gebetstages zusammenkommen.<br />
Durch<br />
den Weltgebetstag teilen<br />
Frauen in aller Welt ihre<br />
Hoffnungen und Ängste,<br />
ihre Freuden und Sorgen,<br />
Möglichkeiten und Bedürfnisse. Das Weltgebetstagsymbol,<br />
ein Irisches Kreuz, bringt dies zum Ausdruck: Aus vier<br />
Himmelsrichtungen kommen Menschen im Gebet zusammen,<br />
kniend bilden sie ein Kreuz. Ein grüner Kreis, der<br />
alle verbindet, bedeutet die Welt, auf der wir gemeinsam<br />
unterwegs sind. Grün ist die Farbe für Gott, der Hoffnung<br />
und Irland.<br />
Wie entstand der Weltgebetstag? Welche Anliegen<br />
hat er? Wann haben wir das erste Mal in unserem<br />
Land und in unserer Stadt den Weltgebetstag gefeiert?<br />
Was uns heute in Deutschland fast als Selbstverständlichkeit<br />
erscheint und was wir als weltweite Gebetsbewegung<br />
erleben, nahm seinen Anfang im vorigen Jahrhundert<br />
in den USA. Sie hat ihre Wurzeln in der Weltmissionsbewegung.<br />
1887 rief eine Pfarrfrau in New York zu einem<br />
Gebetstag für die Inlandsmission auf, um die damals herrschenden<br />
Nöte nach dem Bürgerkrieg und das Elend der<br />
Einwanderer vor Gott zu tragen und im Gebet Kraft und<br />
Mut zu schöpfen, selbst etwas zur Besserung zu tun.<br />
1890 kamen zwei Baptistische Frauen von einer Missionsreise<br />
zurück, wo sie die Nöte und Missstände vor<br />
allem der Frauen in Asien gesehen hatten, sie riefen deshalb<br />
zu einem Gebetstag für die äußere Mission auf. Beide<br />
Gebetstage wurden unabhängig voneinander gefeiert. Die<br />
missionarisch bewegten Frauen waren aber auch besonders<br />
motiviert, konfessionelle Grenzen zu überwinden, zunächst<br />
zwischen den protestantischen kirchlichen Gemeinschaften.<br />
Diese Bestrebungen führten 1919 zur Zusammenlegung<br />
der beiden Gebetstage sowie zur Gründung eines nationalen<br />
Komitees, das die Gebetstexte erarbeitete. Beten<br />
und Handeln waren von Beginn an die Richtpunkte. Mit<br />
den Kollekten wurde Bildungsarbeit finanziert, wurden<br />
Wanderarbeiter in der USA unterstützt, wurden Missionsprojekte<br />
ermöglicht. Das „Beten und Handeln“ zog dann<br />
gewaltige Kreise. Nach und nach schlossen sich immer<br />
mehr Länder an.<br />
1927 wurde zum ersten Mal zu einem Weltgebetstag<br />
aufgerufen und beschlossen, den Gottesdienst nach einer<br />
gemeinsamen Liturgie zu feiern. Methodistische Frauen in<br />
Deutschland schlossen sich diesem weltweiten Beten an,<br />
blieb aber noch unbeachtet in den anderen Kirchen. Erst<br />
ab 1949 wird der Weltgebetstag durch die Initiative von<br />
Dr. Antonie Nopitsch, die Gründerin des Bayerischen Mütterdienstes<br />
in Stein bei Nürnberg, über die evangelischen<br />
Frauenwerke und über die verantwortlichen Frauen in den<br />
kleineren Kirchen überall in Deutschland eingeführt. Nach<br />
dem Zweiten Weltkrieg entwickelt sich die Weltgebetstagarbeit<br />
in der Bundesrepublik und in der DDR getrennt, aber<br />
doch in engem Austausch weiter. War der WGT bis 1969<br />
eine protestantische Bewegung, kamen nach dem Zweiten<br />
Vatikanischen Konsil auch die katholischen Frauen dazu.<br />
Heute arbeiten im Deutschen Weltgebetstagkomitee e.V.<br />
zwölf Frauenorganisation aus neun verschiedenen Konfessionen<br />
zusammen. Seit 1970 ist der WGT eine der Säulen<br />
der Ökumene.<br />
Lange Zeit haben die Frauen in Deutschland den WGT<br />
meist in kleinen Gruppen gefeiert. Der Durchbruch zur großen<br />
Bewegung in der Bundesrepublik erfolgte um das Jahr 1980.<br />
Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des Gebetstages in Siegen<br />
46 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Kirche<br />
Durch all die Jahre hindurch lag die Stärke der Themen<br />
der Weltgebetstagsordnungen darin, dass sie die<br />
Herausforderungen der jeweiligen Zeit aufgegriffen haben,<br />
z.B. die Verantwortung für den Frieden, die immer<br />
größer werdende Kluft zwischen Reichen und Armen, die<br />
Verletzung der Menschenrechte, Gewalt gegen Frauen,<br />
die wachsende Einsamkeit vieler Menschen und das Entstehen<br />
neuer Randgruppen ... Leider ist heute die Not in<br />
der Welt nicht weniger geworden. Um konkret beten und<br />
handeln zu können, braucht man Informationen, deshalb<br />
wird von „informiert beten – betend handeln“ gesprochen.<br />
Informiert werden wir durch die Gebetsordnung, die jedes<br />
Jahr aus einem anderen Land zusammengestellt wird,<br />
und so können wir dann vor Ort gezielt für bestimmte<br />
Anliegen in dem Land beten. Und das geschieht weltweit,<br />
sodass Frauen rund um den Globus am selben Tag und mit<br />
einer gemeinsamen Liturgie vereint sind. Ein Aspekt des<br />
Handelns ist die finanzielle Unterstützung, die dank der<br />
jährlichen Kollekte an Frauenprojekte in der ganzen Welt<br />
vergeben wird. Die Kollekte im Jahr 2007 betrug allein in<br />
Deutschland 3 Mio. Euro und wurde für 231 Projekte in<br />
76 Ländern bereitgestellt.<br />
Wann haben wir nun das erste Mal in unserer Stadt<br />
den WGT gefeiert?<br />
Die älteste Gebetsordnung, die uns zur Verfügung steht,<br />
ist aus dem Jahre 1956. Es ist anzunehmen, dass in diesem<br />
Jahr der erste WGT in Siegen in der Martinikirche unter<br />
der Leitung von Frau Pastorin Luise Fuchs gefeiert wurde.<br />
Die evangelische Landeskirche und die Freikirchen haben<br />
in den ersten Jahren den WGT getrennt gefeiert, sind dann<br />
aber mehr und mehr zusammengewachsen, sodass dann<br />
Anfang der 60er Jahre der Gottesdienst auf Allianzbasis<br />
zentral in der Martinikirche gefeiert wurde. 1968 kamen<br />
die katholischen Frauen dazu. Schwester Bernadet, Äbtissin<br />
des Clarissen-Klosters Eremitage in Wilnsdorf, predigte<br />
Organisationskomitee für den Weltgebetstag in Siegen-Mitte<br />
2 Fotos: Hellwig<br />
viele Jahre in der Martinikirche zum WGT. Heute wird die<br />
Feier des Weltgebetstags abwechselnd in verschiedenen<br />
Kirchengemeinden veranstaltet. Ich befragte Dipl.-Rel.-<br />
Pädagogin Claudia Montanus über den konkreten Ablauf<br />
der Weltgebetstagfeier in Siegen-Mitte.<br />
Frage: Wer beteiligt sich an der Planung und Durchführung<br />
der Weltgebetstagsgottesdienste in Siegen-Mitte? Und<br />
wie geht das vor sich?<br />
Claudia Montanus: Vier Frauen überlegen im Vorfeld,<br />
ein Vorbereitungsteam aus 12–14 Frauen überlegt anschließend<br />
gemeinsam Ideen für die Gestaltung der Gottesdienste,<br />
informiert sich über das jeweilige Land, lernt neue<br />
Lieder, probiert Rezepte aus, sinnt nach über die gewählten<br />
biblischen Texte, diskutiert über die Situation des Landes,<br />
erklärt sich solidarisch mit den Frauen in aller Welt. Dieses<br />
Team trifft sich dreimal und einmal zur Nachlese und Nachfeier<br />
des Ganzen. Mitmachen tun zumeist ehrenamtliche<br />
Frauen und werden von Pfarrerin Silke Panthöfer vom<br />
Frauenreferat des Kreises Siegen und von mir begleitet.<br />
Frage: Das klingt ganz lebendig – wie sieht dann die<br />
Feier des Weltgebetstags konkret aus?<br />
Claudia Montanus: Das bleibt den Gemeinden oder<br />
Regionen überlassen. Hier in Siegen-Mitte bieten wir zwei<br />
Gottesdienste an, einen am Nachmittag und einen am Abend<br />
in verschiedenen Kirchen, als Wahlmöglichkeit für die berufstätigen<br />
bzw. die älteren Besucherinnen. Bei jedem Gottesdienst<br />
(der Ort bzw. die gastgebende Gemeinde wechselt<br />
jedes Jahr) wird der Raum besonders festlich geschmückt,<br />
es gibt dem Land entsprechende Musik, meist ein Anspiel<br />
oder eine passende Gestaltung und anschließend landestypische<br />
Leckereien zu verkosten.<br />
Das Wichtigste jedoch ist das gemeinsame Lesen der vom<br />
Landeskomitee erarbeiteten Gottesliturgie. Ein erhebendes<br />
Gefühl, mit Christinnen aus über 170 Ländern der ganzen Welt<br />
am selben Tag zur selben Zeit Gottesdienst zu feiern!<br />
Frage: Wer sind die Frauen, die mitmachen?<br />
Claudia Montanus: Ganz normale, oft in einer christlichen<br />
Kirche engagierte jüngere und ältere Frauen, die<br />
neugierig sind auf neue Länder und Gewohnheiten, die Lust<br />
haben an Ökumene und sich auf diese Weise gesellschaftlich<br />
engagieren wollen.<br />
Frage: Ist das Ganze ökumenisch?<br />
Claudia Montanus: Ja, diese Arbeit (übrigens die größte<br />
kirchliche Basisorganisation dieser Art) wird von katholischen,<br />
evangelischen und freikirchlichen Frauen miteinander<br />
gestaltet.<br />
Frage: Und das gibt keine Probleme?<br />
Claudia Montanus: Ganz im Gegenteil, da wir ein gemeinsames<br />
erklärtes Ziel haben, ...<br />
Frage: Und das wäre?<br />
Claudia Montanus: ... die Welt in den Blick zu nehmen,<br />
zu informieren, durch gemeinsames Beten und<br />
Handeln, Nächstenliebe auf praktische Weise zu üben,<br />
Solidarität zu leben und nicht zuletzt den Ärmsten zu helfen.<br />
Durch diese Mitte, dieses Ziel sind wir dicht bei- <br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 47
Kirche<br />
Ein Paar auf die Ohren?<br />
Viel hören - Wenig verstehen?<br />
Von diesem Problem mit dem Gehör ist annähernd jeder<br />
Siebte betroffen. Der Anfang: Angestrengtes Verstehen und<br />
Verwechselung bei Neben<br />
geräuschen, wobei es bei<br />
Einzelgesprächen oft noch<br />
geht. Meist sind beide Ohren<br />
gleichermaßen betroffen.<br />
Für eine individuelle<br />
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einander, Trennendes ist nicht so sehr zu spüren. Wir erleben<br />
vielmehr, dass wir uns in unseren unterschiedlichen<br />
Sichtweisen ergänzen. Diskutieren darf und muss sein. Das<br />
stärkt das eigene Profil.<br />
Frage: Weltgebetstags„arbeit“ – ist das Arbeit?<br />
Claudia Montanus: Arbeit ja. Der Einsatz beträgt doch<br />
viele Stunden an vielen Tagen, Jede setzt sich ein, so viel<br />
sie mag und auf die Weise, die ihr liegt. Und: Das Projekt ist<br />
begrenzt. So sind wir nachher immer erleichtert und freuen<br />
uns schon wieder auf das nächste Treffen im November<br />
des nächsten Jahres. Nicht zuletzt: Die Arbeit macht Spaß,<br />
bereichert sie doch jede Frau persönlich – und das Erleben<br />
von solch gemeinschaftlichem<br />
Tun<br />
unter Gottes Segen,<br />
der die ganze<br />
Welt umspannt,<br />
ist etwas Wunderbares.<br />
In<br />
diesem<br />
Jahr kommt<br />
der Weltgebetstag<br />
aus Papua-<br />
Neuguinea. Das<br />
Titelbild der Gebetsordnung<br />
ist ein<br />
Kreuz, in dessen<br />
Mitte das Wappentier<br />
Paradiesvogel<br />
steht. Ringsherum<br />
sind Gesichter<br />
– stehen für die<br />
Vielfalt unter den<br />
Menschen –, Fische<br />
und Palmen<br />
– stehen für die<br />
Leben spendende<br />
Titelbild der Weltgebetstagsordnung<br />
von Papua-Neuguinea<br />
Fülle der Natur –, Tonkrug, Schiff und Trommel abgebildet.<br />
Das Ganze symbolisiert den kulturellen Reichtum<br />
des Inselstaates. Das Land ist ein fruchtbares Land mit<br />
tropischem Klima, und trotzdem gibt es große Armut im<br />
Land, und Missstände im sozialen Bereich. Die Frauen aus<br />
Papua-Neuguinea beten für ihr Land und Frauen rund um<br />
die Welt nehmen diese Gebete in Liebe und Solidarität auf<br />
und bringen sie als ihre eigenen Gebete vor Gott.<br />
Dorothea Istock<br />
Literaturverzeichnis:<br />
Bote für die evangelische Frau 1/1987<br />
Margarete Knauf, 100 Jahre Weltgebetstag der Frauen<br />
Weltgebetstag der Frauen - deutsches Komitee e.V., Weltgebetstag. Viele sind<br />
wir, doch eins in Christus.<br />
Bildernachweis:<br />
Weltgebetstag der Frauen - deutsches Komitee e.V. Stein, Veronika Hellwig und<br />
Margarete Müller vom Weltgebetstagkomitee Siegen-Mitte.<br />
48 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Menschen<br />
Elke Schweisfurth<br />
Meine Gedanken, Empfindungen und Gefühle<br />
Natur<br />
Die Natur ist der Glanz<br />
Der Schönheit, der Berge,<br />
Wälder und Seen.<br />
In der Natur ist die<br />
Geborgenheit, die Wärme,<br />
Der Atem zum Leben.<br />
In der Natur ist die<br />
Freiheit, die Hoffnung<br />
Und der Frieden<br />
Ineinander.<br />
Der frische Duft der<br />
Pflanzen, der Wälder<br />
Und Seen geben mir die<br />
Innere Ruhe.<br />
Mensch<br />
Härte, Tapferkeit<br />
zählen über alles,<br />
sonst ist man kein<br />
Mensch.<br />
Nur keine Tränen verlieren<br />
und seine Gefühle verstecken,<br />
sonst ist man kein<br />
Mensch.<br />
Nur nach Norm und Etiketten<br />
gehen,<br />
so wie die Gesellschaft<br />
es gerne haben will,<br />
dann ist man Mensch.<br />
Elke Schweisfurth ist 1956 in<br />
Siegen geboren. Durch eine<br />
fortschreitende Krankheit ist<br />
sie schon im Kindesalter erblindet. In<br />
den 80er Jahren war sie aktiv in der<br />
Siegener Gruppe von Amnesty international,<br />
danach mehrere Jahre engagiert<br />
im dortigen Flüchtlingsrat. 1990/1991<br />
Mitbegründerin des Vereins Gemeinschaft<br />
der Blinden und Sehbehinderten<br />
Schriftsteller und ihre Freunde e.V.<br />
Trotz aller Erschwernisse hat Elke<br />
Schweisfurth sich nicht entmutigen<br />
lassen. Sie nimmt am gesellschaflichen<br />
Leben teil und bringt sich aktiv ein.<br />
Ihre Gedanken und Gefühle in Worte<br />
zu fassen und als kurze Gedichte interessierten<br />
Leserinnen und Lesern anzubieten<br />
macht ihr besondere Freude. Sie<br />
selber sagt dazu: „Zum Schreiben bin<br />
ich gekommen, weil ich mir Gedanken<br />
gemacht habe über die Dritte Welt und<br />
die Menschenrechte. Es befreit mich,<br />
wenn ich über diese Dinge und über<br />
meine Gedanken schreibe.“<br />
Ihre Gedichte befassen sich vorwiegend<br />
mit gesellschaftspolitischen und<br />
sozialen Themen. Ihr Gedichtband,<br />
aus dem ich die genannten Gedichte<br />
entnommen habe, geben Denkanstöße<br />
zum Besinnen, Nachdenken und Meditieren.<br />
Dorothea Istock<br />
Es wächst der Baum,<br />
es wächst die Pflanze,<br />
es wächst das Gras<br />
und die Blumen<br />
bunt gemischt.<br />
Es wächst das Korn,<br />
es wächst die Frucht,<br />
es wächst in jedem Land<br />
eine andere Frucht und Pflanze.<br />
HAUS PATMOS - ein Besuch lohnt sich.<br />
HAUS PATMOS<br />
Hotel & Gästehaus<br />
Patmosweg 60 . 57078 Siegen<br />
Telefon 02 71 / 77 00 96-0<br />
info@hauspatmos.de . www.hauspatmos.de<br />
Haus Patmos liegt in einem parkähnlichen Gelände, mitten im Naturschutzgebiet<br />
Langenbachtal. Es ist das ideale Haus für Einzelübernachtungen, für Freizeit- und<br />
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Das Restaurant im Haus Patmos ist täglich geöffnet und bietet mittags wechselnde<br />
Tagesmenüs, Kaffee und Kuchen am Nachmittag und Essen à la carte am Abend.<br />
Testen Sie unseren guten und preiswerten Mittagstisch täglich von 12.00 bis 14.00 Uhr.<br />
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Seniorenwohnungen errichtet.<br />
Es wächst die Saat<br />
Herzlich willkommen im Haus Patmos - erleben Sie<br />
echte Gastfreundschaft in natürlicher Umgebung.<br />
Es wächst die Saat<br />
in rauhen Mengen,<br />
sodass Mensch und Tier<br />
satt werden können<br />
und Freude an den Pflanzen haben.<br />
Es wächst die Saat,<br />
man plündert die Armen um die Saat,<br />
damit die Satten noch satter werden.<br />
Ihr Team vom Haus Patmos
Wozu Religion?<br />
Gedanken über die Frage: Wozu braucht der Mensch Religion?<br />
Spannend und immer wieder neu gestellt<br />
Es hat schon einige Zeit bei mir gedauert, bis ich<br />
mich endlich dazu entschließen konnte, oder sollte<br />
ich besser sagen, dazu durchgerungen hatte, diesen<br />
Artikel über die Frage nach der Notwendigkeit von Religion<br />
zu schreiben. Nicht zuletzt deshalb, weil die Frage nach<br />
Sinn und Zweck von Religion ein komplexes Themenfeld<br />
anspricht und aus verschiedenen<br />
Blickwinkeln heraus gestellt werden<br />
kann. Hinzu kommt, dass<br />
sich in der Vergangenheit schon<br />
viele prominente Geisteswissenschaftler<br />
sprich Theologen,<br />
Philosophen, Soziologen und<br />
Psychologen, aber auch Naturwissenschaftler,<br />
darunter Physiker<br />
wie Albert Einstein und Carl<br />
Friedrich von Weizsäcker, zu diesem<br />
Thema mehr oder weniger<br />
ausführlich und intensiv geäußert<br />
haben. Ein Blick in die fachbezogene<br />
Literatur bestätigt dies.<br />
Warum, so mein immer wieder<br />
aufsteigender innerer Widerstand,<br />
sollte ich als Laie auch noch meinen<br />
„unwissenschaftlichen Senf“<br />
dazutun? Ausschlaggebend, es<br />
doch zu tun, war schließlich der<br />
Gedanke, dass es bei dieser zwar<br />
schwierigen, aber nach wie vor<br />
sehr spannenden Frage, in ihrem<br />
Kern überhaupt nicht um<br />
spezielles „Wissen“ gehen kann,<br />
sondern viel mehr um „erlebte<br />
Erfahrung“. Was ich damit sagen<br />
will: Religion, richtig verstanden<br />
und praktiziert, ist keine Angelegenheit<br />
des Kopfes und der Intelligenz.<br />
Religion, und hier im<br />
Besonderen das Christentum mit<br />
seinem mystischen Hintergrund,<br />
will und kann, wenn überhaupt,<br />
in seiner wahren Tiefe nicht mehr<br />
gedacht, sondern immer nur ganz<br />
persönlich erfahren werden. Und dazu braucht es kein<br />
Hochschulstudium, sondern vor allem Achtsamkeit, um die<br />
Kostbarkeit und Einzigartigkeit des Daseins und die tiefe<br />
universale Verbundenheit mit allem Lebendigen zu erfahren<br />
und zu spüren. Aber dazu später mehr.<br />
Soweit der Mensch wissenschaftlich (anthropologisch,<br />
archäologisch, ethnologisch) überhaupt in der Lage ist, in<br />
Philosophischer Essay<br />
seine eigene Entwicklungsgeschichte zurückzublicken,<br />
sicherlich aber seit dem Zeitpunkt, ab dem der Mensch die<br />
geistige Fähigkeit besaß, sich selbst zu erkennen und über<br />
sein eigenes Dasein in der Welt zu reflektieren, versucht er,<br />
eine für ihn befriedigende Antwort auf die beunruhigende<br />
Frage nach dem Woher und Wohin seines Lebens zu finden<br />
und damit nach Sinn und Zweck von Religion.<br />
Verschärft und an Bedeutung<br />
erheblich zugenommen hat diese<br />
Frage jedoch durch die umfangreichen<br />
Erkenntnisse in den<br />
Naturwissenschaften der letzten<br />
dreihundert Jahre. Insbesondere<br />
die neu entwickelten naturwissenschaftlichen<br />
Theorien über die<br />
Entstehung des Universums (Urknalltheorie),<br />
die Entwicklung<br />
des Lebens auf der Erde (Evolutionstheorie),<br />
die Erkenntnisse über<br />
Raum und Zeit (Relativitätstheorie)<br />
bis hin zu den Forschungsergebnissen<br />
in der Psychologie<br />
und Neurologie, sie alle haben<br />
nicht nur das Weltbild gravierend<br />
verändert, sondern auch dem bis<br />
dahin vorherrschenden Menschenbild<br />
mehrere narzisstische<br />
Kränkungen zugefügt.<br />
Aber all diese neuen naturwissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse und<br />
eine weltweite Zunahme säkularisierender<br />
Gesellschaftsformen<br />
haben es bis heute nicht fertiggebracht,<br />
die Religionen dieser Welt<br />
überflüssig zu machen. Nach wie<br />
vor bekennen sich weit über 80<br />
Prozent aller Menschen, und das<br />
sind 6,7 Milliarden, zu einer der<br />
fünf großen Weltreligionen, davon<br />
(nur noch?) 2,1 Milliarden<br />
Christen. Wenn aber alle naturwissenschaftlichen<br />
Versuche, die<br />
Welt und den Menschen zufriedenstellend<br />
erklären zu wollen, nicht<br />
ausreichen, wenn trotz allem wissenschaftlichen und technischen<br />
Fortschritt, trotz der geistesgeschichtlichen Epoche<br />
der Aufklärung in Europa, der größte Teil der Menschheit in<br />
irgendeiner Form (immer noch) religiös ist, liegt dann nicht<br />
die Vermutung nahe, dass es tief in der Natur des Menschen<br />
liegen muss, ein religiöses Wesen zu sein? Ist Religiosität<br />
nicht, wie allgemein angenommen, nur soziokulturell anerzogen<br />
und psychologisch begründet, sondern hat sie auch<br />
50 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Philosophischer Essay<br />
eine biologische Komponente? Gehört Religiosität, wie<br />
die Sprachfähigkeit, zur natürlichen Grundausstattung des<br />
Menschen und bietet aus evolutionärer Sicht gesehen einen<br />
Selektionsvorteil? Sowohl innerhalb der eigenen Spezies<br />
als auch gegenüber anderen Lebewesen? Immerhin wächst<br />
die Zahl von uns Menschen, der wir ein religiös veranlagtes<br />
Lebewesen sind, jedes Jahr um weitere 80 Millionen, während<br />
andere, unreligiöse Lebewesen wie die Tiere, nicht nur<br />
in vieler Hinsicht den Kürzeren ziehen, sondern auch aussterben.<br />
Hat aus dieser evolutionär-biologischen Perspektive<br />
heraus Religiosität eine genetische<br />
oder neurologische, also<br />
substanzielle Grundlage, die bis<br />
heute wissenschaftlich nur noch<br />
nicht bewiesen werden kann?<br />
Seit einigen Jahren bemühen<br />
sich Wissenschaftler unterschiedlicher<br />
Fachdisziplinen, unter ihnen<br />
Biologen, Genforscher, Neurologen,<br />
Soziologen und Psychologen,<br />
über alle Fachrichtungen hinweg,<br />
auf diese Frage eine gemeinsame<br />
Antwort zu finden. Aber bevor ich<br />
auf diese wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
und Studien etwas<br />
näher eingehe, möchte ich zunächst<br />
einmal auf der Grundlage meiner<br />
alltäglichen Beobachtung ganz einfach<br />
und pragmatisch fragen:<br />
Welche Vorteile bietet Religion<br />
im alltäglichen Leben?<br />
Sind Sie der Frage nach der Notwendigkeit<br />
von Religion (auch in<br />
Ihrem persönlichen Leben) schon<br />
einmal ernsthaft nachgegangen?<br />
Sowohl naturwissenschaftlich<br />
als auch gesellschaftspolitisch?<br />
Braucht der Mensch, um auf<br />
dieser Erde (über) leben zu können,<br />
biologisch wie soziologisch<br />
überhaupt eine Religion? Ganz<br />
unabhängig davon, um welche<br />
Religion es sich dabei handelt?<br />
Ob um eine der drei sogenannten<br />
Wüstenreligionen Christentum,<br />
Judentum oder den Islam, um die<br />
zwei größten fernöstlichen Religionen,<br />
Buddhismus und Hinduismus, um eine Form der<br />
chinesischen Religion, Konfuzianismus bzw. Daoismus,<br />
oder eine der vielen alten Stammesreligionen wie die der<br />
Aborigines in Australien? Naturwissenschaftlich betrachtet<br />
braucht Leben, in welcher Form und Entwicklungsstufe<br />
es auch immer auf dieser Erde in Erscheinung tritt, ob als<br />
Pflanze, Tier oder auch als Mensch, keine Religion. Der<br />
beste Beweis dafür sind die Tiere an unserer Seite. Im Leben<br />
der Tiere gibt es keine Religion. Auch die uns biologisch<br />
am nächsten stehenden Menschenaffen, die Schimpansen,<br />
deren genetische Übereinstimmung mit uns Menschen bei<br />
über 98 Prozent liegt und die naturwissenschaftlich ausgedrückt<br />
unsere Vettern sind, kommen ohne Religion aus.<br />
Für Schimpansen stellt sich die Frage nach Religion überhaupt<br />
nicht und trotzdem leben sie schon seit vielen Millionen<br />
Jahren, viel länger als wir Menschen, erfolgreich<br />
auf dieser Erde. Und so ist es im ganzen Tierreich rund um<br />
den Globus. Leben ja, sofern die<br />
Lebensräume der Tiere durch den<br />
Menschen nicht zerstört werden,<br />
Religion nein. Das beweist doch,<br />
biologisch gesehen, Religion ist<br />
für das Überleben auf dieser Erde<br />
nicht erforderlich.<br />
Für den unbarmherzig tobenden<br />
Überlebenskampf in der<br />
Natur braucht es andere Voraussetzungen,<br />
wie Fitness, Vitalität,<br />
Kraft und Ausdauer. Eigenschaften,<br />
die ausschließlich dem<br />
Zweck zur Fortpflanzung der<br />
eigenen Art dienen. Nicht zu vergessen<br />
eine natürliche Intelligenz<br />
und mit ihr die Fähigkeit, sich<br />
veränderten Lebensbedingungen<br />
anzupassen. All diese Faktoren<br />
sichern das Überleben in der<br />
Natur, aber keine Religion.<br />
Wenn aber Religion biologisch<br />
nicht nötig ist, was hat<br />
die Evolution, was hat uns, den<br />
Homo sapiens, dann veranlasst<br />
(oder gar genötigt?), irgendwann<br />
und irgendwo in unserer langen<br />
Entwicklungsgeschichte trotzdem<br />
ein religiöses Wesen zu werden,<br />
ein Homo religiosus? Nur so aus<br />
Spaß, aus einer Laune heraus, oder<br />
war es Zufall? Was verbirgt sich<br />
hinter dem natürlichen Bedürfnis<br />
des Menschen nach Religiosität,<br />
wenn biologisch kein Überlebensvorteil<br />
zu erkennen ist? Wo liegt<br />
ihr Nutzen?<br />
Und wie sieht es soziologisch<br />
aus? Der Mensch ist ein zutiefst soziales Wesen. Er braucht<br />
die Gemeinschaft mit anderen, um überleben zu können.<br />
Insbesondere der moderne Mensch von heute kann, aufgrund<br />
der Komplexität und Verwobenheit der Lebensbedingungen,<br />
nur noch in größeren politischen und wirtschaftlichen<br />
Gesellschaften existieren. Aber, so ist auch hier zu<br />
fragen, welchen sozialen Lebensvorteil bietet ihm <br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 51
dabei die Zugehörigkeit zu einer Religion? Bei uns, hier<br />
in Deutschland und Europa, die Zugehörigkeit zum Christentum?<br />
Welchen Vorteil hat in unserer Gesellschaft ein<br />
gläubiger Christ gegenüber einem Nichtgläubigen im ganz<br />
gewöhnlichen Alltag, mit seinen Aufgaben und Pflichten,<br />
seinen alltäglichen Sorgen und Ängsten? Schützt ihn seine<br />
Religion vor Armut, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit, Unfällen,<br />
Krankheit und Tod? Bietet sie ihm sowohl materielle als auch<br />
geistige Vorteile? Genießt er durch seine Religiosität mehr<br />
gesellschaftliches Ansehen? Wo liegt der gesellschaftliche<br />
und soziale Nutzen, religiös zu sein? Wir Menschen, völlig<br />
unabhängig ob religiös oder unreligiös, sind doch den gleichen<br />
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Sachzwängen<br />
ausgesetzt. Um sich in unserer Gesellschaft zu behaupten<br />
und ihn ihr existieren zu können, braucht es keine Religion.<br />
In einer zunehmend säkularisierten Welt sind Glaube<br />
und Religion nicht erforderlich, um ein erfolgreiches (und<br />
zufriedenes?) Leben zu führen. Was zählt, und auch ohne<br />
jeden Zweifel wichtig ist, sind Bildung und Wissen, Fleiß<br />
und Ausdauer, Durchsetzungskraft und Zielstrebigkeit, Flexibilität<br />
und Kreativität sowie, wie auch schon aus biologischer<br />
Sicht gesehen, körperliche und geistige Fitness und<br />
Gesundheit. Alles dies sind Erfolg versprechende Eigenschaften,<br />
aber keine Religiosität. Hinzu kommt, so meine<br />
persönliche Erfahrung, dass religiöse Menschen, und hier<br />
meine ich insbesondere Menschen, die sich bekennende und<br />
gläubige Christen nennen, nicht automatisch auch die besseren<br />
Menschen sind, denn moralisch-ethisches Denken und<br />
Handeln, Achtung und Ehrfurcht vor allem Leben, Rücksichtnahme<br />
und Hilfsbereitschaft gegenüber Schwächeren<br />
u. v. a. positive Eigenschaften, die einen im humanistischen<br />
Sinne „guten Menschen“ zugeschrieben werden, all diese<br />
Tugenden sind nicht notwendigerweise an Religiosität und<br />
die Mitgliedschaft einer christlichen Kirche gebunden. (Dazu<br />
und zu einem sogenannten Samariterexperiment später<br />
etwas mehr). Ganz im Gegenteil möchte ich fragen: Richten<br />
Religionen auf dieser Erde und unter den Menschen<br />
nicht eher großen Schaden an? Wie viel unbeschreibliches<br />
Leid und Elend, Tod und Verderben, haben Religionskriege,<br />
religiös motivierte Verfolgungen und Vertreibungen, nicht<br />
schon über die Menschheit gebracht. Millionenfach. Rund<br />
um den Globus. Bis in die Gegenwart hinein. Schauen wir<br />
nur genau hin, auf die weltweiten Krisenherde und den internationalen<br />
Terrorismus und wir erkennen in den meisten<br />
Fällen einen religiösen Hintergrund. Drängt sich da nicht die<br />
bekannte Frage auf: Wäre die Welt, wäre der Mensch ohne<br />
Religion nicht friedfertiger? Insbesondere mit Blick auf die<br />
bereits genannten drei großen monotheistischen Wüstenreligionen<br />
mit ihren fundamentalistischen Wahrheitsansprüchen?<br />
Aber es wäre sicherlich falsch, all diese kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen immer und ausschließlich nur auf<br />
religiöse Motive als Ursachen zurückzuführen. Oft genug<br />
sind sie nur Mittel und Zweck zur Erhaltung und Ausdehnung<br />
der eigenen politischen Macht.<br />
Halten wir bis hierhin fest: Obwohl die Veranlagung und<br />
Fähigkeit zur Religiosität, aufgrund seiner Wesensart und<br />
seines Verhaltens, tief in der Natur des Menschen verankert<br />
sein muss, bietet sie ihm weder biologisch noch soziologisch<br />
keine direkt erkennbaren Lebensvorteile. Eher ist Gegenteiliges<br />
festzustellen. Religionen verbergen ein tödliches<br />
Potenzial. Durch ihre unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen<br />
liefern sie immer wieder fundamentalistischen<br />
Sprengstoff für kriegerische Auseinandersetzungen. Außerdem<br />
sind im alltäglichen Leben religiösgläubige Menschen<br />
nicht automatisch auch die besseren Menschen. Wenn aber<br />
alldem so ist und diese meine Feststellungen zutreffen, ist<br />
es dann nicht berechtigt zu fragen: wozu Religion? Worin<br />
liegt der persönliche Lebensvorteil des einzelnen Menschen<br />
religiös zu sein und wieso sind fast alle Religionen dieser<br />
Welt, in ihren jeweiligen Kulturen und Gesellschaften, so<br />
tief verwurzelt? Und überhaupt ...<br />
... was ist das eigentlich genau, Religion?<br />
Etymologisch (Etymologie = Wortforschung) wird Religion<br />
meist abgeleitet von den drei lateinischen Wörtern<br />
religio, relegere und religare und mit „anbinden“, „festbinden“<br />
und „etwas wiederholt sorgfältig beachten“ übersetzt.<br />
Aber das ist keine befriedigende und ausreichende<br />
Beantwortung der Frage. Bei der Suche nach einer Antwort<br />
drängt sich mir als Erstes die Abwandlung der Frage „Was<br />
also ist Zeit?“ von Kirchenvater Augustinus (354–430)<br />
auf. „Was also ist Religion?“ Die Antwort, die Augustinus<br />
dazu gab, könnte bei mir die gleiche zur Religion sein:<br />
„Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es<br />
52 durchblick 1/<strong>2009</strong>
aber einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht.“ Kein<br />
Wunder, denn bis heute gibt es keine allgemein wissenschaftlich<br />
anerkannte Definition für den Begriff Religion.<br />
Bereits 1912 klagte der amerikanische Psychologe James<br />
Leuba darüber, dass es mehr als 50 Definitionen gebe. 1) Bis<br />
heute hat sich daran nichts geändert. Im Gegenteil, es sind<br />
weitere hinzugekommen. Ein Grund für die verwirrende<br />
Situation sind die unterschiedlichen Perspektiven und Positionen,<br />
aus denen heraus Religion beschrieben, aber auch<br />
beurteilt wird. Dabei ist es fast zwangsläufig, dass je nach<br />
wissenschaftlicher Fakultät die Definition anders ausfallen<br />
muss. So umschreibt ein Religionswissenschaftler oder ein<br />
Theologe den Begriff Religion sicherlich anders, als ein<br />
Philosoph, Soziologe, Psychologe oder auch Neurologe.<br />
Hinzu kommt die persönliche Einstellung der jeweiligen<br />
Person, denn Religion ist wesentlich „innerlich“ und berührt<br />
immer auch das eigene, subjektive Empfinden. Insbesondere<br />
bei der Beschreibung des Begriffs Religion ist der<br />
wissenschaftlich allgemein angestrebte objektive Blick von<br />
Nirgendwo nach Irgendwo nicht möglich. Das Ergebnis<br />
einer Beschreibung, unabhängig aus welcher Perspektive,<br />
ist immer subjektiv eingefärbt und das gilt für beide Richtungen,<br />
sowohl befürwortend als auch ablehnend. Beispielhaft<br />
dafür sei nur auf die unterschiedlichen Auffassungen<br />
der Philosophen Kierkegaard, Schleiermacher, Nietzsche<br />
und Feuerbach zur Religion hingewiesen. Fast aussichtslos<br />
wird der Versuch, Religion(en) in ihrer Mehrzahl zu beschreiben.<br />
Deshalb möchte ich mich auch auf eine einfache<br />
Formulierung, die ich in meinem schlauen Philosophischen<br />
Wörterbuch gefunden habe, beschränken. Dort heißt es;<br />
„Religion ist die vom Glauben an die Existenz eines Gottes,<br />
einer Gottheit bestimmte Weltanschauung und Lebensführung;<br />
das Gefühl der Verbundenheit, der Abhängigkeit, der<br />
Verpflichtung gegenüber einer geheimnisvollen Macht“.<br />
Belassen wir es bei dieser Formulierung mit dem Hinweis<br />
darauf, dass es Religionen wie den Buddhismus gibt, bei<br />
denen man streiten kann, ob es sich um eine Religion oder<br />
mehr um eine philosophische Weltdeutung handelt.<br />
Die Vielfalt von Religiosität<br />
Sicherlich wird es dem aufmerksamen Leser und der<br />
aufmerksamen Leserin nicht entgangen sein, dass ich bisher<br />
nicht nur von Religion, sondern an manchen Stellen<br />
auch von Religiosität gesprochen habe. Beides sind schillernde<br />
Begriffe, die oft ineinander verschwimmen, insbesondere<br />
dann, wenn es um Erklärungsversuche geht. Ab<br />
jetzt möchte ich jedoch unterscheiden zwischen Religion<br />
als eine religiöse Weltanschauung mit festgeschriebenen<br />
Glaubensinhalten, und Religiosität, als eine grundsätzlich<br />
natürliche Veranlagung des Menschen zur Transzendenz,<br />
d. h. die Fähigkeit, über die Grenze seines Lebens hinaus<br />
denken und reflektieren zu können. Und genau hier, bei<br />
der Religiosität des einzelnen Menschen, ihren Einfluss auf<br />
sein Leben, ihre vielfältigen Ausdrucksformen, ihre evolutionäre<br />
Entwicklung, sowie die Verbindungen von Religiosität<br />
zu anderen Lebensbereichen wie z. B. zur Gesundheit<br />
und Medizin, liegt der Kern meiner Gedanken. Schließlich<br />
frage ich in diesem Beitrag ja nach dem „Wozu Religion?“<br />
Vielleicht sollte ich meine Frage ja präzisieren und ändern<br />
in: „Wozu Religiosität?“<br />
An dieser Stelle möchte ich einen Vergleich wagen und<br />
Religiosität mit einem Rucksack, einem „religiösen Rucksack“<br />
vergleichen, den jeder von uns mit sich trägt. Wir<br />
Menschen sind Reisende, Wanderer durch Raum und Zeit.<br />
Wir spüren den Raum (Körperlichkeit) und erfahren die Zeit<br />
(Vergänglichkeit). Auf dieser Lebenswanderung trägt jeder<br />
von uns einen religiösen Rucksack bei sich, in dem sich sein<br />
geistigseelischer Proviant und sein religiöser Kompass befinden.<br />
Dieser religiöse Rucksack wurde den meisten von<br />
uns schon in früher Kindheit umgehangen. Gefüllt haben<br />
ihn vorwiegend unsere Eltern und Kirchenvertreter (Theologen<br />
und Seelsorger). Sie waren es, die bestimmt haben,<br />
was zum religiösen Proviant (= Glaubensinhalt) gehört und<br />
in welche Richtung der Kompass zeigen soll. Viele von uns<br />
haben im Laufe ihres Lebens längst eine Bestandsaufnahme<br />
gemacht und den Inhalt des religiösen Rucksacks auf seine<br />
Wirksamkeit und seinen Realitätsgehalt hin überprüft.<br />
Maßstab für diese permanente Inventur war (und ist) das<br />
Leben selbst, und vieles von dem, was einst als Proviant<br />
in den Rücksack hineinkam, wurde als unnötiger Ballast<br />
(Bürde) empfunden und wieder rausgenommen. Was heute<br />
noch in diesem religiösen Rucksack verblieben ist, ob er<br />
ganz leer und deshalb abgelegt wurde, oder ob ein <br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 53
anderer religiöser Proviant hinzugekommen ist, dürfte von<br />
Mensch zu Mensch unterschiedlich sein und ist abhängig,<br />
um im Bild der Wanderschaft zu bleiben, von den Erfahrungen<br />
und Erlebnissen seiner bisherigen Wanderschaft.<br />
Angefangen beim Atheisten, der „religiös unmusikalisch“<br />
ist (um eine Formulierung des Soziologen Max<br />
Weber zu verwenden), über eine aus der Natur bezogenen<br />
Religiosität, bis hin zu einem tiefgläubigen Christenmenschen,<br />
Religiosität ist so vielfältig wie es Menschen<br />
gibt. Ihre Bedeutung und ihren inhaltlichen Wert erhält sie<br />
aus der persönlichen Weltanschauung des Menschen, wie<br />
z. B. seiner Gottesvorstellung (Monotheismus, Polytheismus),<br />
seiner Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft<br />
(Christ, Moslem, Jude, Buddhist), seiner humanistischen<br />
Grundeinstellung oder auch seiner Einstellung zur Natur<br />
(Naturgesetze, Urknall- und Evolutionstheorie etc.) Auf<br />
alle diese vielfältigen religiösen Unterschiede kann ich<br />
hier natürlich nicht näher eingehen. Deshalb beschränke<br />
ich mich bei der Religion auf das Christentum, der Religion,<br />
der sicherlich die meisten von uns angehören bzw. am<br />
nächsten stehen, und bei der Religiosität auf eine Teilung in<br />
zwei Hauptzweige, in eine „institutionelle“ und eine „persönliche<br />
Religiosität.“ 3) Wissenschaftler und Psychologen<br />
sprechen auch von einer extrinsischen (extrinsisch = äußerlich,<br />
belohnend, zweckmäßig) und einer intrinsischen (intrinsisch<br />
= verinnerlichen, aus eigenem Antrieb) Glaubensorientierung.<br />
2) Wie groß die Vielfalt von Religiosität ist,<br />
wird auch äußerlich, d.h. architektonisch sichtbar, durch die<br />
vielen unterschiedlichen religiösen Begegnungsstätten und<br />
Kirchen hier in Siegen und Umgebung, wie die oben und<br />
unten mitlaufenden Bildstreifen sehr schön verdeutlichen.<br />
Die institutionelle Religiosität<br />
In diesem Zweig finden wir eine äußerlich sichtbare,<br />
theologisch orientierte Religiosität. Ihre Grundlagen und<br />
Motivation liegen in der Mitgliedschaft einer Religionsgemeinschaft<br />
(Kirche) mit ihren jeweiligen Glaubensinhalten,<br />
Lehren und Dogmen. Sie ist traditionsbewusst und findet<br />
ihren Ausdruck in liturgisch unterschiedlichen Feierlichkeiten<br />
wie Taufe, Gottesdienst, Abendmahl, heilige Messe,<br />
Kommunion und Konfirmation etc. All diese religiösen<br />
Handlungen erfolgen in der Gemeinschaft mit anderen, d.h.<br />
in Kirchengemeinden unter der Leitung ausgebildeter Theologen,<br />
Priester und Pastoren. Sie sind die Vermittler zwischen<br />
Gott und den Gläubigen. In der Gemeinschaft will der<br />
Mensch Gott Ehre erweisen, ihn anbeten, preisen und loben,<br />
ihm geloben, seine göttlichen Gebote zu befolgen, damit<br />
Gott an ihm sein Wohlgefallen hat. (Die alten Griechen<br />
würden sagen, um die Gunst der Götter zu erringen). Der<br />
extrinsisch religiöse Mensch verbindet damit die Hoffnung,<br />
dass Gott ihm gegenüber wohl gesonnen ist. Gott soll durch<br />
gemeinsame Gebete, Gelöbnisse und religiös-liturgische<br />
Opfergaben gütig gestimmt werden, den Menschen segnen,<br />
ihn in seinem irdischen Leben behüten und seine Seele<br />
nach dem Tod in den Himmel des ewigen Lebens aufnehmen.<br />
Die äußerlich praktizierte institutionelle Religiosität<br />
hat, nicht zuletzt aus langer Kirchentradition heraus, zuerst<br />
„Gott im Blick“. Ein Gott, in der Gestalt eines Vaters auf<br />
dem Richterstuhl, vor dem sich der Mensch zu verantworten<br />
hat und vor dessen Urteil er sich fürchten muss. Dieses<br />
Urteil versucht der Mensch zu beeinflussen. Ein Gottesbild,<br />
bei dem Kritiker von einem kirchlich verwalteten und manipulierbaren<br />
Gott sprechen. Es ist eine vom Herzen des<br />
Menschen isolierte Religiosität, angstbesetzt, imperativ<br />
mit der Neigung zur Intoleranz. Ihre festgelegten rituellen<br />
Handlungen vollziehen sich einförmig und schablonenhaft<br />
und ihre vorgegebenen Gebets- und Liedertexte klingen oft<br />
wie Worthülsen, hohl und leer. Der Grund: sie werden meist<br />
ohne echte innere Anteilnahme abgehalten und vorgetragen,<br />
weil sie nicht den ganzen Menschen erfassen und losgelöst<br />
sind von den tatsächlichen Empfindungen und Gefühlen des<br />
einzelnen Menschen. Der Mensch glaubt, seine Pflicht Gott<br />
gegenüber nachkommen zu müssen. Und das wissen wir<br />
doch alle, wenn ich etwas nur aus Pflichterfüllung tue, ist<br />
zwar meine Angst, nicht aber mein Herz anwesend.<br />
Ist es da verwunderlich, wenn bei dieser Form von Religiosität<br />
die Zahl der Kirchgänger und Gottesdienstbesucher<br />
ständig rückläufig ist? Zugespitzt formuliert könnte<br />
man auch von einer „gottgefälligen, kirchlich organisierten<br />
Sonn- und Feiertags-Religiosität mit manipulativen Eigenschaften“<br />
sprechen.<br />
54 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Die persönliche Religiosität<br />
Bei ihr sollte unterschieden werden zwischen einer glaubensorientierten<br />
und einer offenen Religiosität. Beide Formen<br />
sind in ihrer religiösen Ausstattung und Ausrichtung<br />
zwar sehr unterschiedlich, haben aber einen wesentlichen<br />
Punkt gemeinsam: in beiden Fällen findet Religiosität zuerst<br />
und wesentlich im Innern des einzelnen Menschen statt, sozusagen<br />
ein innerer ganz persönlicher Orientierungsprozess,<br />
bei dem der ganze Mensch erfasst wird. Bei der glaubensorientierten<br />
Religiosität steht das Bemühen im Mittelpunkt,<br />
die Werte des Glaubens in das tägliche Leben zu übertragen,<br />
d. h. sie in allen Situationen des Lebens zu praktizieren,<br />
auch dann – und dies ist im Gegensatz zur institutionellen<br />
Religiosität wichtig zu unterscheiden –, wenn damit persönliche<br />
Nachteile verbunden sind. Der Glaube ist Lebensinhalt<br />
und bestimmt die Lebensform. Nicht im Leben glauben,<br />
sondern den Glauben leben ist das Ziel. Ein großer Unterschied,<br />
denn hier sind alle Lebensbereiche des Menschen<br />
betroffen. Ordensleute, Missionare und Menschen, die aus<br />
ihrer Glaubensüberzeugung heraus ein karges Klosterleben<br />
einem normalen bürgerlichen Leben vorziehen, leben aus<br />
dem Glauben heraus. Sie folgen unerschütterlich ihrer eigenen<br />
inneren Stimme und Berufung, auch wenn ihr Glaubensweg,<br />
der auch ihr Lebensweg ist, nicht immer leicht und von<br />
Zeit zu Zeit mit Selbstzweifeln behaftet ist. Problematisch<br />
kann es allerdings für diese Menschen dann werden, wenn<br />
ihre persönliche Glaubensüberzeugung, auf der Basis ihrer<br />
eigenen, inneren Gotteserfahrung und das damit verbundene<br />
Gottesbild, sowie ihre Weltanschauung mit den offiziellen<br />
Lehren der Kirche nicht (mehr) übereinstimmen. Nicht selten<br />
wurden sie der Häresie (Ketzerei) beschuldigt und in der<br />
Vergangenheit verfolgt oder gar getötet. Mönche wie Martin<br />
Luther, der Mystiker Meister Eckart und Giordano Bruno, um<br />
nur diese drei zu nennen, sind bekannte Beispiele. In unserer<br />
Zeit sind so anerkannte Theologen wie Eugen Drewermann,<br />
Hans Küng, Rupert Lay oder auch Williges Jäger zu nennen,<br />
denen von der Katholischen Kirche bzw. von ihren Orden<br />
die offizielle Lehrbefugnis entzogen wurde und sicherlich<br />
gibt es noch viele weitere Beispiele. Wie differenziert und<br />
unterschiedlich der Einzelfall auch immer sein mag, der Weg<br />
einer innerlich erlebten und äußerlich gelebten, glaubensorientierten<br />
Religiosität führt, auch ohne institutionelle Amtshilfe<br />
der Kirche, über Meditation und Kontemplation hin zur<br />
Spiritualität und Mystik. In ihr lag und liegt der Humus für<br />
Heilige und Märtyrer, ja sogar für die großen Religionsstifter<br />
wie Moses, Mohammed, Jesus oder auch Buddha, denn<br />
auch sie lehrten und lebten ihren Glauben auf der Grundlage<br />
einer innerlich unerschütterlichen Glaubensüberzeugung,<br />
verbunden mit einer eigenen tiefen Gotteserfahrung. So gesehen<br />
liegen die Wurzeln aller großen Weltreligionen nicht in<br />
einer Kirche, Synagoge, Moschee oder einem Tempel, sondern<br />
in der persönlichen Religiosität eines einzelnen Menschen.<br />
Eine, wie ich finde, bedenkenswerte Feststellung.<br />
Ganz anders bei der offenen Religiosität. Sie ist eine<br />
suchende und fragende Religiosität. Bei ihr steht nicht Gott<br />
oder der Glaube im Mittelpunkt, sondern der Mensch mit<br />
seiner geistig-seelischen Befindlichkeit. Zu ihr hat jeder<br />
Mensch Zutritt, sie ist frei, unabhängig und religionsneutral.<br />
Ein besonderes Kennzeichen von ihr ist die selbstkritische<br />
Hinterfragung und die immer wieder aufkommenden<br />
Zweifel an endgültigen und vorgegebenen Antworten. Ihr<br />
Motto könnte lauten: „Glaube dem, der auf der Suche nach<br />
der Wahrheit ist, aber misstraue jedem, der meint sie gefunden<br />
zu haben“.<br />
Bei dieser Form der Religiosität stellt sich der Mensch,<br />
ohne Dogmatismus und Orthodoxie, dem Kern seiner eigenen<br />
Existenz mit all seinen Zweifeln und Ängsten. Dabei<br />
versucht er Antworten zu finden auf die Fragen nach dem<br />
Woher und Wohin seines Lebens, insbesondere nach dem<br />
Sinn seiner Person. Er weiß um seine körperliche und geistig-seelische<br />
Verletzbarkeit, und in der Erkenntnis seiner<br />
Vergänglichkeit, d.h. in der Gewissheit seines persönlichen<br />
Todes, sucht er inneren Halt und Orientierung. Bei dieser<br />
Suche macht er sich auf den Weg, hin zur eigenen Mitte,<br />
denn er spürt, dass das Göttliche, wie und was es auch immer<br />
sein mag, nicht in der Kirche, sondern nur in ihm selbst<br />
verborgen und zu finden ist. Dabei denkt und glaubt er nicht<br />
von Gott her, sondern zu Gott hin. Ein wesentlicher Unterschied.<br />
Warum? Im ersten Fall macht sich der Mensch ein<br />
Bild von Gott, z. B. das Bild einer Vaterfigur. Er glaubt nicht<br />
nur zu wissen, wer Gott ist, sondern er maßt sich auch an zu<br />
wissen, was Gott will, d.h., er denkt von Gott her. Im <br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 55
Philosophischer Essay<br />
Gegensatz dazu macht sich der Mensch im zweiten Fall<br />
kein Bild von Gott („Ihr sollt euch kein Bild machen“, Altes<br />
Testament Ex 20,1-5) und kennt auch nicht seine Absichten.<br />
Er hat nichts anderes als ein hoffendes Vertrauen auf ein<br />
bedingungsloses Angenommenwerden und die Geborgenheit<br />
in einem absoluten Gegenüber, nämlich in Gott. Das<br />
Einzige, was er über Gott zu wissen glaubt, ist, dass er ihn,<br />
seinem menschlichen Bedürfnis nach Nähe und Wärme folgend,<br />
mit DU anreden darf. (Auf das fährlässige Sprechen<br />
von Gott, das dazu führen kann, dass Menschen, weil sie<br />
über das Wort verfügen, meinen, auch über Gott verfügen<br />
zu können 4) , kann ich hier nur hinweisen.) Obwohl beide<br />
Arten der persönlichen Religiosität in ihren Ausgangspositionen<br />
sehr unterschiedlich sind, die eine mit und die andere<br />
ohne festen Glaubensinhalt, haben sie etwas Wichtiges gemeinsam:<br />
bei beiden verläuft, um den amerikanischen Psychologen<br />
und Philosophen Williams James (1842–1910) zu<br />
zitieren, „die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen<br />
direkt von Herz zu Herz, von Seele zu Seele“. 3)<br />
Halten wir auch hier fest: Religiosität ist nicht gleich Religiosität<br />
und religiös sein bedeutet nicht gleichzeitig, auch<br />
christlich-kirchlich gläubig zu sein. Hermann Hesse, der<br />
große deutsche Dichter und Nobelpreisträger (1877–1962),<br />
hat dies für sich so zum Ausdruck gebracht: „Ich habe nie<br />
ohne Religion (Religiosität, d. V.) gelebt und könnte keinen<br />
Tag ohne sie leben, aber ich bin mein Leben lang ohne<br />
Kirche ausgekommen“. (Hermann Hesse, Mein Glaube,<br />
Frankfurt 1987, S. 62). Diese Aussage von Hermann Hesse<br />
möchte ich aufnehmen, denn in meinen nachfolgenden<br />
Gedanken binde ich Religiosität nicht an eine Kirche, sondern<br />
sehe in ihr das natürliche Bedürfnis des Menschen,<br />
seinem Leben einen tiefgründigen und über den Tod hinausgehenden<br />
Sinn und Halt zu geben. Ob dabei das Christentum,<br />
insbesondere aber Jesus, der Mann aus Nazareth,<br />
Hilfestellung und Orientierungspunkte geben kann – ich<br />
denke dabei an die Bergpredigt (Mt. 5-7) –, steht auf einem<br />
völlig anderen Blatt. Und das Religiosität darüber hinaus<br />
viel mit unserem täglichen Leben zu tun hat, welche Verbindungen<br />
zu anderen Lebensbereichen bestehen, welchen<br />
Einfluss sie haben kann und überhaupt wozu Religiosität<br />
eigentlich gut ist, werden wir noch sehen, aber …<br />
… jetzt, wo es erst richtig spannend und interessant<br />
wird, muss ich feststellen, dass ich das Limit meiner Seitenzahl<br />
im durchblick schon (wieder mal) erreicht habe, ohne<br />
das Thema und die Fragestellung hinreichend behandelt zu<br />
haben. Deshalb muss ich hier leider unterbrechen und den<br />
interessierten Leser und die interessierte Leserin auf die<br />
Fortsetzung meines Beitrages in der nächsten Ausgabe des<br />
durchblick hinweisen, der Anfang Juni erscheinen wird.<br />
Damit Ihnen das Thema bis dahin aber nicht abhandenkommt<br />
und falls Sie daran interessiert sind zu erfahren, wie<br />
Ihr ganz persönliches Religiositätsprofil aussieht, empfehle<br />
ich Ihnen in der Zwischenzeit die Teilnahme an einer Online-Umfrage<br />
der Bertelsmann-Stiftung. Dort ist Ihre ganz<br />
persönliche Religiosität gefragt. Die Umfrage ist vollständig<br />
anonym, d. h. ohne irgendwelche Personenangaben und<br />
gilt ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken. Am Ende<br />
der Umfrage können Sie, gewissermaßen als Belohnung<br />
für die Beantwortung der vielen Fragen, kostenlos Ihr ganz<br />
persönliches Religiositätsprofil erstellen lassen. Ich habe<br />
es getan und kann Sie nur ermuntern, es ebenfalls zu tun.<br />
Unter www.religionsmonitor.com erfahren Sie mehr. Falls<br />
Sie interessiert sind, aber keinen PC mit Internetanschluss<br />
haben, kommen Sie ins Haus Herbstzeitlos; im Senecafé<br />
von ALTERAktiv haben Sie Gelegenheit, Ihr Religiositätsprofil<br />
zu erstellen. Die Öffnungszeiten können Sie telefonisch<br />
erfahren.<br />
Schließen möchte ich diesen ersten Teil mit einer Aussage<br />
des deutschen Kulturphilosophen und Dichters Friedrich<br />
v. Schlegel (1772–1829):<br />
„Religiosität ist die Wurzel des menschlichen Daseins,<br />
lasst sie frei, und es wird eine neue Menschheit geben.“<br />
Bis zur nächsten Ausgabe wünsche ich Ihnen eine farbenfrohe<br />
Frühlingszeit mit viel Sonne, in der Natur und in<br />
Ihren Herzen.<br />
Eberhard Freundt<br />
1) Michael Blume, Rüdiger Vaas, in: Gott, Gene und Gehirn (Hirzel-Verlag)<br />
2) Ulrich Schnabel, in: Die Vermessung des Glaubens (Karl Blessing Verlag)<br />
3) William James, in: Die Vielfalt religiöser Erfahrung (Insel Taschenbuch)<br />
4) Rupert Lay, in: Nachkirchliches Christentum (Econ-Verlag)<br />
taupadel<br />
Grabpflege . meisterlich und liebevoll<br />
Meisterbetrieb für zuverlässige Grabpflege im Raum Siegen<br />
Vertragspartner der Gesellschaft für Dauergrabpflege<br />
Morgenstraße 1 | 57076 Siegen | Telefon 0271 - 4889921 | eMail: info@grabpflege-siegen.de | www.grabpflege-siegen.de<br />
56 durchblick 1/<strong>2009</strong>
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Wir möchten den Weg der Feuerbestattung eines Verstorbenen in unserem<br />
Hause bewusst begleiten. Als einziges Krematorium in Deutschland haben wir<br />
daher eine eigene zeremonielle Begleitung der Feuerbestattung entwickelt.<br />
Wir führen Unsere Zeremonie der Feuerbestattung für jeden Verstorbenen<br />
durch. Sie als Angehörige erhalten von uns ein einmaliges und exklusives<br />
Erinnerungsstück, das die bisherige Anonymität einer Feuerbestattung<br />
aufheben möchte.<br />
Gerne können Sie an der Feuerbestattung Ihres Angehörigen teilnehmen<br />
und Ihre Wünsche und Vorstellungen in die Zeremonie einbringen.<br />
Darüber hinaus bieten wir Ihnen die Möglichkeit einer individuell gestalteten<br />
Aufbahrung sowie weitere Möglichkeiten der Nutzung unseres Trauerraumes.<br />
Sie werden durch unsere Mitarbeiter persönlich und kompetent betreut.<br />
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Unterhaltung / Impressum<br />
Es fiel uns auf …<br />
… dass der Gebrauch des Internets den Geist fit hält.<br />
Das legen Ergebnisse einer Untersuchung von Wissenschaftlern<br />
der Universität von Kalifornien nahe. Sie maßen<br />
bei Senioren mit Internet-Erfahrung eine höhere Aktivität<br />
in Hirnregionen, die für Entscheidungsfindung und komplexes<br />
Denken zuständig sind. So haben wir es jetzt schwarz<br />
auf weiß, dass der Gebrauch des Internets was bringt.<br />
… dass Schokolade glücklich macht.<br />
Schokolade enthält sowohl Zucker als auch den Eiweißstoff<br />
Tryptophan. Beides ist notwendig, um das Glückshormon<br />
Serotonin im Gehirn freizusetzen. Außerdem wirkt die enthaltene<br />
Substanz Theobromin anregend und stimmungsaufhellend.<br />
Dann ist es ja kein Wunder, dass wir bei Stimmungstiefs<br />
gerne zu Schokolade greifen.<br />
… dass eine „Flatrate“ sich lohnt.<br />
Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat entschieden, dass<br />
Kunden mit Flatrate ohne Mehrkosten täglich 24 Stunden<br />
telefonieren und im Internet surfen dürfen.<br />
Gut, wer will das schon, aber eine solche Pauschale lohnt<br />
sich ja auch schon bei geringerem Einsatz.<br />
Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: Seite 40/41<br />
Versteckte Blumen: Nelke, Tulpe, Rose, Veilchen, Malve,<br />
Iris, Aster, Lilie, Goldlack, Phlox, Anemone, Erika. Zahlen-<br />
Redewendungen: 1. In seinen 4 Wänden bleiben. 2. Jetzt<br />
schlägt’s 13. 3. Er hat 2 Gesichter. 4. 5 gerade sein lassen.<br />
5. Alle 4 von sich strecken. 6. Auf 80 sein. 7. Mit jemandem<br />
unter 4 Augen sprechen. 8. Gut auf etwas 8ten. 9. Sich auf<br />
seine 4 Buchstaben setzen. 10. Seine 5 Sinne nicht beisammen<br />
haben. 11. Auf allen 4en gehen. 12. 9malklug. 13. Das kannst<br />
du dir an deinen 5 Fingern abzählen. 14. Das ist ein Buch mit<br />
7 Siegeln. 15. Ach du grüne 9e. 16. Zu den oberen 10 000<br />
zählen. Liedanfänge: 1. Bruder Jakob. 2. Abendstille überall.<br />
3. Kein schöner Land in dieser Zeit. 4. Alle Vögel sind schon da.<br />
5. Es tönen die Lieder. 6. Komm, lieber Mai und mache. 7. Es<br />
klappert die Mühle. 8. Aus grauer Städte Mauern. 9. Wenn die<br />
bunten Fahnen wehen. 10. Hoch auf dem gelben Wagen. 11. Im<br />
Wald und auf der Heide. 12. Mein Vater war ein Wandersmann.<br />
13. Wem Gott will rechte Gunst erweisen. Ein Socken-<br />
Problem: Nimmt sie 3 Strümpfe ab, so hat sie mit Sicherheit<br />
ein Paar von der gleichen Farbe darunter, da nur 2 verschiedene<br />
Farben vorhanden sind. Um mit Sicherheit ein schwarzes<br />
Paar zu erhalten, muss sie 10 Strümpfe abnehmen, da sie im<br />
ungünstigsten Fall zunächst alle 8 braunen Strümpfe erwischt.<br />
Logische Ergänzung: 1. Zeile: Frankreich. 2. Zeile: Berlin, Bern.<br />
3. Zeile: Jen. 4. Zeile: Wein. 5. Zeile: Ringen. 6. Zeile: Käse.<br />
Zu guter Letzt:<br />
Eine Mitarbeiterin des durchblick mit Hörproblemen<br />
berichtet von irritierten Menschen anlässlich eines Konzertbesuchs<br />
im Apollo.<br />
Die Induktionsschleife im Saal, die Signale an Hörgeräte<br />
liefern soll, war offensichtlich defekt. Als ihr das Programmheft<br />
vom Schoß rutschte, merkte sie beim Aufheben desselben,<br />
dass in etwa Sitzhöhe die vermissten Töne gut in ihrem<br />
Ohr ankamen. Sie wollte nicht auf den musikalischen Genuss<br />
verzichten und veränderte im Wechsel entsprechend ihre Körperhaltung,<br />
aufrecht zum Sehen, gebückt zum Hören, was<br />
ihre Sitznachbarn erheblich verunsicherte.<br />
durchblick<br />
Herausgeber:<br />
durchblick-siegen Information und Medien e.V.,<br />
Im Auftrag der Stadt Siegen - Regiestelle Leben im Alter<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
„Haus Herbstzeitlos“, Marienborner Str. 151, 57074 Siegen<br />
Telefon 0271 61647 ,Mobil: <strong>01</strong>71-6206413<br />
E-Mail: redaktion@durchblick-siegen.de<br />
Internet: www.durchblick-siegen.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />
dienstags auch von von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />
Redaktion:<br />
Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw); Fritz Fischer;<br />
Eberhard Freundt; Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis;<br />
Dorothea Istock; Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Horst Mahle;<br />
Helga Siebel-Achenbach; Ulli Weber<br />
Bildredaktion:<br />
Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör (verantw.);<br />
Tessie Reeh; Agnes Spar; Peter Spar; Sabine Völkel<br />
Internet:<br />
Thomas Benauer<br />
An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />
Barbara Kerkhoff; Edith Maria Bürger; Julian Felgitsch (S.15-16);<br />
Dr. Horst Bach; Wilma Frohne; Andreas Schmidt; Helga Düringer;<br />
Elke Schweisfurth; Dr. Leif Arne Eickhoff<br />
Fotos/Zeichnungen/Grafik (soweit nicht im Bild angegeben):<br />
M. Anspach; Veronika Hellwig; D. Istock; E. Freundt; F. Fischer;<br />
Hartmut Reeh; Heimatverein Holzhausen; Bärbel Breunig;<br />
I. Göbel; E. M. Bürger; Anne Alhäuser; D. Gerst; S. Völkel; A. Spar;<br />
Dr. H. Bach; G. Klör; H. Mahle; T. Benauer; U. Weber;<br />
H. Siebel-Achenbach; Anne Ahlhäuser; ,,durchblick-Photoshop-Club;<br />
Manfred Hübscher; Veronika Hellwig; Margarete Müller; E. M. Bürger<br />
Hör-CD: Helmut Drabe (verantwortlich); Hans-Peter Gebhardt;<br />
Kruno Schmidt; Ingrid Drabe (Sprecher auf CD-Beilage)<br />
Gestaltung, Satz und Layout:<br />
durchblick - Lektorat<br />
Herstellung und Druck:<br />
Vorländer, Obergraben 39, 57072 Siegen<br />
Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />
Verteilung: Helga Siebel-Achenbach (Ltg.), Ellen Schumacher,<br />
Fred Schumacher, Hannelore Münch, Paul Jochum, Dr. Horst Bach,<br />
Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Dieter Wardenbach, Ingrid Drabe,<br />
Elisabeth Flöttmann, alle Redakteure<br />
Auflage: 10 500 – Der durchblick liegt kostenlos in Sparkassen,<br />
Apotheken, Arztpraxen, Zeitungsverlagen, City-Galerie,<br />
Geschäften des Siegerlandzentrums und öffentlichen Gebäuden aus.<br />
Für die Postzustellung berechnen wir für<br />
vier Ausgaben jährlich 8 Euro.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben<br />
nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />
Die Redaktion behält sich vor, eingesandte<br />
Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte<br />
Beiträge werden nicht zurückgeschickt.<br />
Für unsere Anzeigenkunden gilt die Preisliste<br />
9/2007.<br />
58 durchblick 1/<strong>2009</strong>
Unterhaltung / Impressum<br />
Es fiel uns auf …<br />
… dass der Gebrauch des Internets den Geist fit hält.<br />
Das legen Ergebnisse einer Untersuchung von Wissenschaftlern<br />
der Universität von Kalifornien nahe. Sie maßen<br />
bei Senioren mit Internet-Erfahrung eine höhere Aktivität<br />
in Hirnregionen, die für Entscheidungsfindung und komplexes<br />
Denken zuständig sind. So haben wir es jetzt schwarz<br />
auf weiß, dass der Gebrauch des Internets was bringt.<br />
… dass Schokolade glücklich macht.<br />
Schokolade enthält sowohl Zucker als auch den Eiweißstoff<br />
Tryptophan. Beides ist notwendig, um das Glückshormon<br />
Serotonin im Gehirn freizusetzen. Außerdem wirkt die enthaltene<br />
Substanz Theobromin anregend und stimmungsaufhellend.<br />
Dann ist es ja kein Wunder, dass wir bei Stimmungstiefs<br />
gerne zu Schokolade greifen.<br />
… dass eine „Flatrate“ sich lohnt.<br />
Das Amtsgericht Hamburg-Barmbek hat entschieden, dass<br />
Kunden mit Flatrate ohne Mehrkosten täglich 24 Stunden<br />
telefonieren und im Internet surfen dürfen.<br />
Gut, wer will das schon, aber eine solche Pauschale lohnt<br />
sich ja auch schon bei geringerem Einsatz.<br />
Gedächtnistraining: Lösungen von Seite: Seite 40/41<br />
Versteckte Blumen: Nelke, Tulpe, Rose, Veilchen, Malve,<br />
Iris, Aster, Lilie, Goldlack, Phlox, Anemone, Erika. Zahlen-<br />
Redewendungen: 1. In seinen 4 Wänden bleiben. 2. Jetzt<br />
schlägt’s 13. 3. Er hat 2 Gesichter. 4. 5 gerade sein lassen.<br />
5. Alle 4 von sich strecken. 6. Auf 80 sein. 7. Mit jemandem<br />
unter 4 Augen sprechen. 8. Gut auf etwas 8ten. 9. Sich auf<br />
seine 4 Buchstaben setzen. 10. Seine 5 Sinne nicht beisammen<br />
haben. 11. Auf allen 4en gehen. 12. 9malklug. 13. Das kannst<br />
du dir an deinen 5 Fingern abzählen. 14. Das ist ein Buch mit<br />
7 Siegeln. 15. Ach du grüne 9e. 16. Zu den oberen 10 000<br />
zählen. Liedanfänge: 1. Bruder Jakob. 2. Abendstille überall.<br />
3. Kein schöner Land in dieser Zeit. 4. Alle Vögel sind schon da.<br />
5. Es tönen die Lieder. 6. Komm, lieber Mai und mache. 7. Es<br />
klappert die Mühle. 8. Aus grauer Städte Mauern. 9. Wenn die<br />
bunten Fahnen wehen. 10. Hoch auf dem gelben Wagen. 11. Im<br />
Wald und auf der Heide. 12. Mein Vater war ein Wandersmann.<br />
13. Wem Gott will rechte Gunst erweisen. Ein Socken-<br />
Problem: Nimmt sie 3 Strümpfe ab, so hat sie mit Sicherheit<br />
ein Paar von der gleichen Farbe darunter, da nur 2 verschiedene<br />
Farben vorhanden sind. Um mit Sicherheit ein schwarzes<br />
Paar zu erhalten, muss sie 10 Strümpfe abnehmen, da sie im<br />
ungünstigsten Fall zunächst alle 8 braunen Strümpfe erwischt.<br />
Logische Ergänzung: 1. Zeile: Frankreich. 2. Zeile: Berlin, Bern.<br />
3. Zeile: Jen. 4. Zeile: Wein. 5. Zeile: Ringen. 6. Zeile: Käse.<br />
Zu guter Letzt:<br />
Eine Mitarbeiterin des durchblick mit Hörproblemen<br />
berichtet von irritierten Menschen anlässlich eines Konzertbesuchs<br />
im Apollo.<br />
Die Induktionsschleife im Saal, die Signale an Hörgeräte<br />
liefern soll, war offensichtlich defekt. Als ihr das Programmheft<br />
vom Schoß rutschte, merkte sie beim Aufheben desselben,<br />
dass in etwa Sitzhöhe die vermissten Töne gut in ihrem<br />
Ohr ankamen. Sie wollte nicht auf den musikalischen Genuss<br />
verzichten und veränderte im Wechsel entsprechend ihre Körperhaltung,<br />
aufrecht zum Sehen, gebückt zum Hören, was<br />
ihre Sitznachbarn erheblich verunsicherte.<br />
durchblick<br />
Herausgeber:<br />
durchblick-siegen Information und Medien e.V.,<br />
Im Auftrag der Stadt Siegen - Regiestelle Leben im Alter<br />
Anschrift der Redaktion:<br />
„Haus Herbstzeitlos“, Marienborner Str. 151, 57074 Siegen<br />
Telefon 0271 61647 ,Mobil: <strong>01</strong>71-6206413<br />
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Öffnungszeiten:<br />
dienstags bis donnerstags von 10.00 bis 12.30 Uhr<br />
dienstags auch von von 15.00 bis 17.00 Uhr<br />
Redaktion:<br />
Maria Anspach; Friedhelm Eickhoff (verantw); Fritz Fischer;<br />
Eberhard Freundt; Dieter Gerst; Inge Göbel; Gerda Greis;<br />
Dorothea Istock; Erich Kerkhoff; Erika Krumm; Horst Mahle;<br />
Helga Siebel-Achenbach; Ulli Weber<br />
Bildredaktion:<br />
Thomas Benauer; Friedhelm Eickhoff; Gottfried Klör (verantw.);<br />
Tessie Reeh; Agnes Spar; Peter Spar; Sabine Völkel<br />
Internet:<br />
Thomas Benauer<br />
An dieser Ausgabe haben ferner mitgewirkt:<br />
Barbara Kerkhoff; Edith Maria Bürger; Julian Felgitsch (S.15-16);<br />
Dr. Horst Bach; Wilma Frohne; Andreas Schmidt; Helga Düringer;<br />
Elke Schweisfurth; Dr. Leif Arne Eickhoff<br />
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M. Anspach; Veronika Hellwig; D. Istock; E. Freundt; F. Fischer;<br />
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Kruno Schmidt; Ingrid Drabe (Sprecher auf CD-Beilage)<br />
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durchblick - Lektorat<br />
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Erscheinungsweise: März, Juni, September, Dezember<br />
Verteilung: Helga Siebel-Achenbach (Ltg.), Ellen Schumacher,<br />
Fred Schumacher, Hannelore Münch, Paul Jochum, Dr. Horst Bach,<br />
Helga Sperling, Hermann Wilhelm, Dieter Wardenbach, Ingrid Drabe,<br />
Elisabeth Flöttmann, alle Redakteure<br />
Auflage: 10 500 – Der durchblick liegt kostenlos in Sparkassen,<br />
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nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />
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Beiträge und Leserbriefe zu kürzen. Unverlangte<br />
Beiträge werden nicht zurückgeschickt.<br />
Für unsere Anzeigenkunden gilt die Preisliste<br />
9/2007.<br />
58 durchblick 1/<strong>2009</strong>