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Es war eine schlimme Zeit für das Siegerland und<br />
ganz besonders für die Randgebiete der großen Stadt<br />
Siegen und ihrer umliegenden Nachbardörfer. Beinahe<br />
allwöchentlich mussten die Zeitungen im Sommer und<br />
Frühherbst über die mit unglaublicher Dreistigkeit verübten<br />
Untaten der ruchlosen Schwarzkittel-Bande berichten. Auf<br />
der Suche nach Nahrung hatten randalierende Wildschweine<br />
im Schutze der Dunkelheit und unter völliger Missachtung<br />
des Strafgesetzbuches doch tatsächlich immer wieder<br />
schlecht geschützte Gärten und Rasenstücke umgegraben.<br />
„Schwarzkittel wüteten hemmungslos“, „19 Wildschweine<br />
gruben Garten um“, „Jäger befürchten Wildschweinplage“,<br />
„Jäger blasen zur Großjagd“ – so und so ähnlich lauteten<br />
die fetten Schlagzeilen der Intelligenz- und Käseblätter. Und<br />
kaum hatten die empörten Gartenbesitzer ihren verehrten<br />
Rasen wieder instand gesetzt, da kamen die weder Maß noch<br />
Ziel kennenden Borstenviecher erneut und gruben mit ihren<br />
kräftigen Rüsseln abermals den weichen Boden auf.<br />
Alle waren bestürzt. Die Grundstücksbesitzer sowieso,<br />
das Kreisordnungsamt von Amts wegen, die Jagdpächter<br />
mit schlechtem Gewissen, der Jagdschutzverband mit der<br />
eindeutigen Warnung vor einer sehr wahrscheinlichen Seuchenausbreitung.<br />
Am betroffensten indes schien der Herr<br />
Landrat. Auf allen Fotos sah man, wie er mit weit geöffnetem<br />
Mund und blitzenden Zähnen ob der Ungeheuerlichkeiten<br />
förmlich nach Luft rang.<br />
Die unheilvolle Suche der skrupellosen Bande nach Engerlingen,<br />
Würmern und Käfern durfte nicht unbeantwortet<br />
bleiben. „Abknallen!“ schrien die einen, „Niedermetzeln!“<br />
riefen die anderen. „Um die Ecke bringen!“ forderten diese<br />
und „Rübe abhacken!“ jene. „Aufknüpfen!“ meinten die<br />
schlecht Informierten und „Ausrotten!“ die Unbarmherzigen.<br />
Kurzum – für den rücksichtslosen und kaltblütigen<br />
Mundraub gepaart mit grob fahrlässiger Sachbeschädigung<br />
blieb als Forderung der mehr oder weniger Betroffenen für<br />
jedes Bandenmitglied nur eines: die Todesstrafe und die<br />
umgehende Vollstreckung derselben.<br />
Tierisch – Satirisch<br />
Wilde Wätze ante portas<br />
Wie sich zwei Borstentiere durch die Flucht der Hinrichtung entzogen<br />
Nordwestlich des Stadtzentrums befindet sich ein größeres<br />
mit Mischwald, teils aber auch mit Fichten bestandenes<br />
Waldgebiet. Weitab der menschlichen Behausungen<br />
dösten hier an einem schönen Herbsttag zwei Wildschweine<br />
in einem Gestrüpp. Sie hatten sich mit ihren Rüsseln Kuhlen<br />
gegraben und lagen in diesen recht gemütlich auf dem<br />
Bauch, die kurzen Beine so weit es ging nach vorne und<br />
hinten ausgestreckt. Das eine Borstentier war ein mächtiger<br />
Eber, der in den zwölf Jahren seines Erdendaseins schon<br />
viel erlebt hatte. Nach einem Kampf mit einem Artgenossen<br />
war das linke Ohr nur noch verstümmelt vorhanden, und<br />
die deutlichen Spuren eines Streifschusses auf dem Rücken<br />
zeugten davon, dass er auch schon Jagdglück gehabt hatte.<br />
Die ungemein langen Eckzähne im Unterkiefer sorgten dafür,<br />
dass nicht nur jeder Artgenosse ihm mit Vorsicht begegnete.<br />
Der ursprüngliche Name dieses Hünen war in Vergessenheit<br />
geraten, man nannte ihn allerorten nur „der Alte“.<br />
Eine Rangordnung musste nicht ausgehandelt werden, denn<br />
sein Kumpan war wesentlich kleiner, stellte in keiner Weise<br />
für den Riesen eine Gefahr dar und erfreute sich vor allem<br />
aus diesem Grund der Duldung. Er war vor zwei Sommern<br />
aus der Frankfurter Gegend eingewandert, konnte den dortigen<br />
Dialekt nicht ablegen und ähnelte wegen eines bei der<br />
Geburt erlittenen Schadens einem liegenden Krug. Deshalb<br />
und seiner Größe und Herkunft wegen wurde er weit und<br />
breit von den Schwarzkitteln „Bembelche“ gerufen. Eben<br />
hatte Letzterer verdächtige Geräusche gehört, wandte den<br />
Kopf in Richtung des Alten und sagte leise ...<br />
„Halt!“ schimpfen spätestens hier sicherlich wieder einige<br />
unserer Leser, die es einfach nicht glauben möchten,<br />
dass ein wildes Tier einen Namen hat und sprechen kann.<br />
Wer wird denn so kritisch sein? Was ist zum Beispiel mit der<br />
ganzjährigen und mit Zuckerstückchen auf der Fensterbank<br />
angestachelten Tätigkeit unseres lieben Freundes Adebar?<br />
Und mit was beschäftigt sich der nur einmal im Jahr fleißige<br />
Meister Lampe um die Osterzeit? Deren Passionen werden<br />
seit Jahrhunderten gegenüber Jüngeren immer wieder glaub-<br />
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18 durchblick 1/<strong>2009</strong>