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Die Dong – zwischen „Dommes“ und „donkel“<br />
Über den Ursprung der Bezeichnung für die Schnitte mit dem schmackhaften Aufstrich<br />
Unterhaltung<br />
Ein Bekannter aus Kaan-Marienborn, der im durchblick<br />
meinen Beitrag „Wie der Magolwes zu seinem<br />
Namen kam“ gelesen hatte, bat mich doch<br />
einmal zu untersuchen, woher das Wort „Dong“ kommt.<br />
Spontan sagte ich eine Nachforschung zu und war mir<br />
dabei sicher, dass es kein Kunststück sein dürfte, den Ursprung<br />
für die heimische Bezeichnung der mit Butter, Käse,<br />
Wurst oder Honig belegten Brotschnitte zu ermitteln.<br />
Zudem fiel mir während unseres Gesprächs ein, dass ich<br />
in einem Heimatjahrbuch irgendwann einmal etwas über<br />
das betreffende Wort gelesen hatte. Und tatsächlich fand<br />
ich bei der nachfolgenden Suche im „Heimatjahrbuch für<br />
den Lahn-Dill-Kreis 1996“ einen Beitrag mit dem Titel<br />
„Die Dung“. Als Verfasser (oder als Verfasserin) war R.<br />
Kuhlmann angegeben. Das mit einem festen Einband versehene<br />
Jahrbuch aus dem Nachbarkreis entspricht vom<br />
Inhalt her in etwa dem „Siegerländer Heimatkalender“, ist<br />
allerdings um einiges umfangreicher, weil auch die wichtigsten<br />
heimischen Begebenheiten des jeweils zurückliegenden<br />
Jahres enthalten sind.<br />
„Dong“ oder „Donge“ ist die Bezeichnung im Siegerland<br />
und im Wittgensteiner Raum, im nördlichen Teil unserer<br />
Heimat sagt man allerdings auch „Dung“.<br />
Ähnlich ist es im hessischen Nachbarkreis. Und<br />
wäre der oben genannte Schreiber in einer Gegend<br />
daheim, in der man „Dong“ sagt, dann wäre<br />
sein Beitrag vielleicht anders ausgefallen. Er<br />
beginnt wie folgt:<br />
„Der mundartlich gebrauchte Ausdruck<br />
,Dung‘ für ein geschmiertes Stück Brot hat schon<br />
bei manchem die Frage aufgeworfen, wie das<br />
Wort wohl zu deuten sei. Da sein Verbreitungsgebiet<br />
klein ist, wird es von den großen deutschen<br />
Wörterbüchern nicht gebraucht und aufgeklärt.<br />
Höchstwahrscheinlich ist das Wort von ,tunken‘<br />
abzuleiten. Hartes Brot tunkt man in Milch oder<br />
Kaffee.“<br />
Der Verfasser erläutert weiter die Tischsitten des Mittelalters<br />
und bringt Beispiele aus der Literatur, die belegen, dass<br />
das Eintunken des Brotes in eine Flüssigkeit durchaus üblich<br />
war. Freilich gehörte diese Praxis auch damals schon nicht zu<br />
den guten Sitten. So steht laut R. Kuhlmann in einem Gedicht<br />
mit dem Titel „Tischzucht“ aus dem Jahr 1645: „Das angebissen<br />
duncke auch nicht wider ein.“ Nachdem noch bemerkt<br />
wird, dass in einem Breitscheider Hexenprotokoll von 1629<br />
vermerkt ist, die Hexe habe das Gift in einer Dongen eingegeben,<br />
endet der Beitrag mit den Worten:<br />
„So gehen wir wohl nicht fehl in der Annahme, dass<br />
das uns Dorfgeborenen von Jugend auf so liebe und vertraute<br />
Wort ,Dung‘ ursprünglich ein in eine entsprechende<br />
Flüssigkeit getunktes Stück Brot bezeichnet hat und dass<br />
der Ausdruck dann auf jedes geschmierte Stück Brot übertragen<br />
worden ist.“<br />
Als Kind habe ich beinahe täglich gesehen, wie meine<br />
Großmutter das Brot in ihrem Kathreiner-Malzkaffee<br />
tunkte. Vor allem die hart gewordenen Krüstchen wurden<br />
so geweicht. Meine Mutter untersagte mir streng, es ihr<br />
gleichzutun. Das schlecht sitzende Gebiss der Oma sei<br />
der verzeihliche Grund für das Tunken, wurde mir vorgemacht.<br />
Der hessische Kollege wird es mir hoffentlich nicht<br />
übel nehmen, dass mir seine Erklärung dennoch etwas zu<br />
vordergründig erschien. Nun haben wir Siegerländer ja bekanntlich<br />
das große Glück, dass vor rund 70 Jahren Prof.<br />
Dr. Jakob Heinzerling und der unermüdliche Bibliotheksdirektor<br />
Dr. Hermann Reuter ein Wörterbuch über das heimische<br />
Sprachgut verfasst haben, in dem auch die Herkunft<br />
vieler Worte erläutert wird.<br />
Und so ist zwischen „Dommes“ und „donkel“ auch das<br />
Wort „Dong“ zu finden. Dessen Ursprung liegt – so ist zu<br />
lesen – im Hochmittelalter (etwa 1050 bis 1350) und damit<br />
schon viele Jahrhunderte zurück. Es ist die Zeit der<br />
Staufer und der Minnesänger. Das „Nibelungenlied“ und<br />
der „Parzival“ wurden in der mittelhochdeutschen Sprache<br />
geschrieben. Damals stand das Wort „tunge“ für „Dünger“<br />
26 durchblick 1/<strong>2009</strong>