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2009-01

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Die Dong – zwischen „Dommes“ und „donkel“<br />

Über den Ursprung der Bezeichnung für die Schnitte mit dem schmackhaften Aufstrich<br />

Unterhaltung<br />

Ein Bekannter aus Kaan-Marienborn, der im durchblick<br />

meinen Beitrag „Wie der Magolwes zu seinem<br />

Namen kam“ gelesen hatte, bat mich doch<br />

einmal zu untersuchen, woher das Wort „Dong“ kommt.<br />

Spontan sagte ich eine Nachforschung zu und war mir<br />

dabei sicher, dass es kein Kunststück sein dürfte, den Ursprung<br />

für die heimische Bezeichnung der mit Butter, Käse,<br />

Wurst oder Honig belegten Brotschnitte zu ermitteln.<br />

Zudem fiel mir während unseres Gesprächs ein, dass ich<br />

in einem Heimatjahrbuch irgendwann einmal etwas über<br />

das betreffende Wort gelesen hatte. Und tatsächlich fand<br />

ich bei der nachfolgenden Suche im „Heimatjahrbuch für<br />

den Lahn-Dill-Kreis 1996“ einen Beitrag mit dem Titel<br />

„Die Dung“. Als Verfasser (oder als Verfasserin) war R.<br />

Kuhlmann angegeben. Das mit einem festen Einband versehene<br />

Jahrbuch aus dem Nachbarkreis entspricht vom<br />

Inhalt her in etwa dem „Siegerländer Heimatkalender“, ist<br />

allerdings um einiges umfangreicher, weil auch die wichtigsten<br />

heimischen Begebenheiten des jeweils zurückliegenden<br />

Jahres enthalten sind.<br />

„Dong“ oder „Donge“ ist die Bezeichnung im Siegerland<br />

und im Wittgensteiner Raum, im nördlichen Teil unserer<br />

Heimat sagt man allerdings auch „Dung“.<br />

Ähnlich ist es im hessischen Nachbarkreis. Und<br />

wäre der oben genannte Schreiber in einer Gegend<br />

daheim, in der man „Dong“ sagt, dann wäre<br />

sein Beitrag vielleicht anders ausgefallen. Er<br />

beginnt wie folgt:<br />

„Der mundartlich gebrauchte Ausdruck<br />

,Dung‘ für ein geschmiertes Stück Brot hat schon<br />

bei manchem die Frage aufgeworfen, wie das<br />

Wort wohl zu deuten sei. Da sein Verbreitungsgebiet<br />

klein ist, wird es von den großen deutschen<br />

Wörterbüchern nicht gebraucht und aufgeklärt.<br />

Höchstwahrscheinlich ist das Wort von ,tunken‘<br />

abzuleiten. Hartes Brot tunkt man in Milch oder<br />

Kaffee.“<br />

Der Verfasser erläutert weiter die Tischsitten des Mittelalters<br />

und bringt Beispiele aus der Literatur, die belegen, dass<br />

das Eintunken des Brotes in eine Flüssigkeit durchaus üblich<br />

war. Freilich gehörte diese Praxis auch damals schon nicht zu<br />

den guten Sitten. So steht laut R. Kuhlmann in einem Gedicht<br />

mit dem Titel „Tischzucht“ aus dem Jahr 1645: „Das angebissen<br />

duncke auch nicht wider ein.“ Nachdem noch bemerkt<br />

wird, dass in einem Breitscheider Hexenprotokoll von 1629<br />

vermerkt ist, die Hexe habe das Gift in einer Dongen eingegeben,<br />

endet der Beitrag mit den Worten:<br />

„So gehen wir wohl nicht fehl in der Annahme, dass<br />

das uns Dorfgeborenen von Jugend auf so liebe und vertraute<br />

Wort ,Dung‘ ursprünglich ein in eine entsprechende<br />

Flüssigkeit getunktes Stück Brot bezeichnet hat und dass<br />

der Ausdruck dann auf jedes geschmierte Stück Brot übertragen<br />

worden ist.“<br />

Als Kind habe ich beinahe täglich gesehen, wie meine<br />

Großmutter das Brot in ihrem Kathreiner-Malzkaffee<br />

tunkte. Vor allem die hart gewordenen Krüstchen wurden<br />

so geweicht. Meine Mutter untersagte mir streng, es ihr<br />

gleichzutun. Das schlecht sitzende Gebiss der Oma sei<br />

der verzeihliche Grund für das Tunken, wurde mir vorgemacht.<br />

Der hessische Kollege wird es mir hoffentlich nicht<br />

übel nehmen, dass mir seine Erklärung dennoch etwas zu<br />

vordergründig erschien. Nun haben wir Siegerländer ja bekanntlich<br />

das große Glück, dass vor rund 70 Jahren Prof.<br />

Dr. Jakob Heinzerling und der unermüdliche Bibliotheksdirektor<br />

Dr. Hermann Reuter ein Wörterbuch über das heimische<br />

Sprachgut verfasst haben, in dem auch die Herkunft<br />

vieler Worte erläutert wird.<br />

Und so ist zwischen „Dommes“ und „donkel“ auch das<br />

Wort „Dong“ zu finden. Dessen Ursprung liegt – so ist zu<br />

lesen – im Hochmittelalter (etwa 1050 bis 1350) und damit<br />

schon viele Jahrhunderte zurück. Es ist die Zeit der<br />

Staufer und der Minnesänger. Das „Nibelungenlied“ und<br />

der „Parzival“ wurden in der mittelhochdeutschen Sprache<br />

geschrieben. Damals stand das Wort „tunge“ für „Dünger“<br />

26 durchblick 1/<strong>2009</strong>

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