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Aus dem Siegerland<br />
sich die Dörfer des Grundes zusammen, vereinbarten, sobald<br />
der Feind in Sicht käme, sich gegenseitig durch Glockenzeichen<br />
zu verständigen und die Heimat zu verteidigen. In aller<br />
Stille bewaffnete man sich mit allem, was einem Bauer zur<br />
Verfügung stand. Nicht lange sollte man zu warten haben, bis<br />
die Zeit kam, da sie in Aktion treten sollten.<br />
Eines Tages drang vom Kirchlein in Holzhausen der<br />
Glockenschall in die umliegenden Ortschaften, zeigte das<br />
Nahen des Feindes an und rief die Bauern auf zum Schutz<br />
ihrer Dörfer. Vor dem Dorf scharten sie sich zusammen,<br />
mit Sensen und Dreschflegeln die einen, die anderen mit<br />
Spießen und Hellebarden bewaffnet. Und als vom Walde<br />
her die Feinde nahten, wurden sie von den Bauern blutig<br />
zurückgeschlagen. Gar schlimm sausten die Hellebarden<br />
auf die Körper der Gegner, gar grausam mähten die Sensen,<br />
und was sich allzu nah heranwagte, fiel unter derben<br />
Fäusten. Eiligst suchten die Schweden das Weite und kamen<br />
auch nicht wieder. So blieb der Hickengrund verschont<br />
dank der mannhaften Gegenwehr des Volkes, während der<br />
Burbacher Grund völlig ausgeplündert wurde.<br />
Diese Sage, in der uns die Gestalten der Befreier sieghaft<br />
und strahlend entgegentreten, könnten wir als „Heldensage“<br />
bezeichnen. Sagen erzählen von geheimnisvollen,<br />
fantastischen und manchmal auch grusligen Ereignissen<br />
aus vergangenen Zeiten. So z. B. die nachfolgende Sage,<br />
die ich in gekürzter Form wiedergebe:<br />
„Wilde Weiber“ im Hickengrund<br />
Auf den Höhen bei Oberdresselndorf, in den Hohlräumen<br />
zwischen den mächtigen Steinen einer Blockhalde, hausten<br />
die Wilden Weiber. Es waren kleine braune Gestalten mit<br />
zerzausten schwarzen Haaren und zum Fürchten hässlichen<br />
Gesichtern. Die umwohnenden Waldleute, arme Köhler und<br />
Schweinehirten, waren diesen Wilden hilflos preisgegeben,<br />
hatten sie ihnen doch alles zu liefern, was jene zu ihrem<br />
Unterhalt brauchten. Niemand stellte sich ihnen entgegen,<br />
denn jeder fürchtete ihre Zauberkünste und ihre Hexerei.<br />
Je ängstlicher aber die Dörfler waren, umso unverschämter<br />
und zudringlicher wurden die Weiber. Sie holten die Eier<br />
aus den Nestern, den Schinken aus dem Rauch, das Brot<br />
frisch aus dem Backofen und molken am helllichten Tage<br />
die Ziegen in den Ställen. Die Hofhunde zogen bei ihrem<br />
Herannahen kläglich winselnd den Schwanz ein, und selbst<br />
der Hirte, der doch mit allerlei Abwehrzauber vertraut war,<br />
wusste keinen Spruch, dieses zudringliche boshafte Geistervolk<br />
zu bannen. Eines Tages stahlen die Wilden Weiber<br />
im Dorf ein Schwein und verlangten noch dazu von den<br />
Bewohnern Töpfe und Tiegel, um es zu kochen. Das war<br />
zu viel der Unverschämtheit, und die Dörfler gaben ihnen<br />
Gefäße aus Holz statt eiserner Geräte. Die standen, als die<br />
Weiber Fleisch darin kochen und braten wollten, plötzlich<br />
in Flammen. Da schworen sie Rache und steckten eines<br />
Nachts alle Häuser in Brand.<br />
Die Bewohner zogen nach Norden und gründeten eine<br />
neue Siedlung, die sie Rinsdorf nannten. Die Wilden<br />
Weiber mussten nun zusehen wie sie durchs Leben kamen.<br />
Einige von ihnen taten es auf redliche Weise und ließen<br />
sich unweit in einem Dorf nieder, das den Namen Wilden<br />
bekam. Andere spukten noch viele Jahre in den Kammern<br />
und Gewölben der Blockhalde, die von den Leuten „Wildweiberhäuschen“<br />
genannt wurde.<br />
Es gehört zum Wesen einer Sage, dass sie nie restlos zu<br />
erklären ist und auf Dichtung und Wahrheit beruht. Spuren<br />
aus alter Zeit, die mit der Entstehung dieser Sagen zusammenhängen,<br />
sind auch heute noch vorhanden, so z. B. der<br />
Große Stein in Holzhausen, auffällige Naturgebilde aus Stein<br />
in Oberdresselndorf, die Wilde-Weiber-Leye genannt.<br />
Ich erinnere mich gerne an Holzhausen, an die schöne<br />
Landschaft, an die lieben Menschen, insbesonders an<br />
Familie Peter Ernst aus der Hoorwaldstraße, die mir in<br />
schweren Zeiten mit Rat und Tat beigestanden hat. Ich erinnere<br />
mich an die „Alte Schule“, in der ich gewohnt habe,<br />
und an ihre gegenüberliegende Kirche, deren Kirchtum<br />
von Weitem zu sehen ist und der mir immer ein Gefühl<br />
der Geborgenheit gab.<br />
Die „Alte Schule“ wurde 1769 fertiggestellt und diente<br />
jahrhundertelang als Dorfschule und in der letzten Zeit als<br />
Wohnung. Vor elf Jahren wurde das alte Fachwerkhaus<br />
restauriert und zu einem kulturellen Dienstleistungszentrum<br />
des Ortes<br />
eingerichtet.<br />
Vieles hat sich<br />
in Holzhausen<br />
verändert, aber<br />
die „Alte Schule“<br />
und die ihr<br />
gegenüberliegende<br />
Kirche<br />
stehen noch<br />
immer inmitten<br />
des historischen<br />
Dorfkerns von<br />
Holzhausen.<br />
Fünfzehn Jahre<br />
sind vergangen,<br />
seitdem ich Holzhausen<br />
verlassen<br />
habe und nach<br />
Siegen gekommen<br />
bin. Die Erinnerungen<br />
an eine<br />
schwere, aber<br />
doch schöne Zeit<br />
in Holzhausen Dorfkirche in Burbach-Holzhausen<br />
sind geblieben.<br />
Dorothea Istock<br />
Quellen: Gernhard Görnig, „Sagen aus dem Siegerland“<br />
2 Bilder: Heimatverein Burbach-Holzhausen<br />
durchblick 1/<strong>2009</strong> 13