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Musik aktuell<br />
Mathieu Neumann<br />
eine Wiederentdeckung?<br />
Wenn er einem Konzert des<br />
KMGV beiwohnte, was nicht<br />
selten geschah, ging wohl ein<br />
leises Raunen durch den Chor:<br />
"Mathieu Neumann ist auch im<br />
Saal!" Und wenn er hinterher<br />
noch seine früheren Sanges<br />
brüder in der Wolkenburg begrrißen<br />
konnte, fühlte er sich<br />
zu Hause. War er doch einst<br />
selber hier aktives Mitglied ge<br />
wesen und hatte viele Male<br />
unter der Stabführung von Jo<br />
sef Schwartz im II. Tenor des<br />
KMGV auf dem Podium ge<br />
standen, des Dirigenten, der<br />
nicht weniger als l6 Chorwer<br />
ke des Komponisten Neumann<br />
einstudierte und aufführte.<br />
So nimmt es nicht wunder,<br />
daß sich die überraschende<br />
Nachricht von Mathieu Neu<br />
manns Tod - er war am Abend<br />
des 2. Januar 1928 während<br />
einer Probe seines Düsseldor<br />
fer Chores einem Schlaganfall<br />
erlegen - laut einem zeitgenös<br />
sischen Bericht "wie eine Läh<br />
mung" über die in der Wolken<br />
burg weilenden KMGV-Sänger<br />
legte. Denn er galt ihnen noch<br />
immer als einer der Ihren, auch<br />
wenn er seinen Tätigkeitsbe<br />
reich längst nach Düsseldorf<br />
verlegt hatte. Und man war<br />
sich bewußt, wieviel jeder<br />
Männerchor, der Männerge<br />
sang überhaupt, diesem über<br />
aus produktiven Musiker ver<br />
dankte.<br />
Ebenso verwundert es nicht,<br />
daß eine Abordnung des<br />
KMGV dem Ehrenmitglied das<br />
letzte Geleit gab. Seine Bestat<br />
tung kam fast einem Staatsbe<br />
gräbnis gleich. Aufbahrung<br />
und Beisetzung erfolgten auf<br />
Stadtkosten, und das Trauerge<br />
folge zum Düsseldorfer Süd<br />
friedhof zählte nach Tausen<br />
den, damnter über fünfzig Fah<br />
nendeputationen und viele<br />
Vertreter der mit Mathieu Neu<br />
mann eng verbundenen Verei<br />
ne. Sie taten sich zu gemeinsa<br />
men Gesang des "Heilig ist der<br />
Herr" aus der deutschen Messe<br />
von Schubert, des "O bone<br />
Jesu" von Ingegneri sowie Silchers<br />
"Schottischem Barden<br />
chor" zusammen. Wer war die<br />
ser Mathieu Neumann?<br />
Am 14. April 1867 in Köln<br />
geboren, erhielt er seine erste<br />
musikalische Ausbildung im<br />
elterlichen Hause und besuch<br />
te 1885-1890 das Konservatori<br />
um seiner Heimatstadt. Seine<br />
Professoren waren hier Franz<br />
Wüllner, der Direktor des Hau<br />
ses, und Gustav Jensen in den<br />
Fächern Komposition und Mu<br />
siktheorie, Otto Neitzel und<br />
Max Pauer, Klavier, Arnold<br />
Mendelssohn (der Sohn eines<br />
Vetters von Felix Mendelssohn<br />
Bartholdy, später u. a. auch<br />
Paul Hindemiths Lehrer) auf<br />
der Orgel und Eduard Mertke<br />
im Partiturspiel. Neumann er<br />
wies sich als so begabt, daß<br />
ihm schon mit 21 Jahren der<br />
Kompositions-Preis der Men<br />
delssohn-Staatsstiftung in Ber<br />
lin zuerkannt wurde.<br />
Seit dieser Zeit hat er bis an<br />
sein Lebensende Männerchöre<br />
geleitet und für Männerchöre<br />
komponiert. Vorübergehend<br />
hatte Mathieu Neumann die<br />
Stellung eines Organisten der<br />
Kölner Peterskirche inne. Dies<br />
war auch die Zeit, da er dem<br />
KMGV nähertrat. Denn, wie<br />
ein Chronist es nicht ohne lyri<br />
sches Pathos beschreibt: "Hier<br />
durfte er zuerst seine künstleri<br />
schen Schwingen entfalten<br />
und auf der Königin aller Instmmente,<br />
der Orgel, das Lob<br />
des Allerhöchsten ertönen las<br />
sen. Und hinaus klangen seine<br />
erhabenen Melodien und Har<br />
monien aus dem Gotteshause<br />
in die offenen Fenster unserer<br />
gegenüberliegenden Wolken<br />
burg, wo er mit ganzer Seele<br />
einer der Unserigen war... und<br />
Freude und Begeistemng<br />
schöpfte für den deutschen<br />
Männergesang, dem er dann<br />
ein Verkünder werden sollte<br />
wie kaum ein Zweiter auf Er<br />
den!"<br />
Mit seiner Chorballade "Sardanapal"<br />
erzielte Neumann<br />
1902 den Durchbruch und<br />
wurde als Komponist von<br />
Männerchören in weiten Krei<br />
sen bekannt. Das Werk wurde