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Der Burgbote 1990 (Jahrgang 70)

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Musik aktuell<br />

Mathieu Neumann<br />

eine Wiederentdeckung?<br />

Wenn er einem Konzert des<br />

KMGV beiwohnte, was nicht<br />

selten geschah, ging wohl ein<br />

leises Raunen durch den Chor:<br />

"Mathieu Neumann ist auch im<br />

Saal!" Und wenn er hinterher<br />

noch seine früheren Sanges<br />

brüder in der Wolkenburg begrrißen<br />

konnte, fühlte er sich<br />

zu Hause. War er doch einst<br />

selber hier aktives Mitglied ge<br />

wesen und hatte viele Male<br />

unter der Stabführung von Jo<br />

sef Schwartz im II. Tenor des<br />

KMGV auf dem Podium ge<br />

standen, des Dirigenten, der<br />

nicht weniger als l6 Chorwer<br />

ke des Komponisten Neumann<br />

einstudierte und aufführte.<br />

So nimmt es nicht wunder,<br />

daß sich die überraschende<br />

Nachricht von Mathieu Neu<br />

manns Tod - er war am Abend<br />

des 2. Januar 1928 während<br />

einer Probe seines Düsseldor<br />

fer Chores einem Schlaganfall<br />

erlegen - laut einem zeitgenös<br />

sischen Bericht "wie eine Läh<br />

mung" über die in der Wolken<br />

burg weilenden KMGV-Sänger<br />

legte. Denn er galt ihnen noch<br />

immer als einer der Ihren, auch<br />

wenn er seinen Tätigkeitsbe<br />

reich längst nach Düsseldorf<br />

verlegt hatte. Und man war<br />

sich bewußt, wieviel jeder<br />

Männerchor, der Männerge<br />

sang überhaupt, diesem über<br />

aus produktiven Musiker ver<br />

dankte.<br />

Ebenso verwundert es nicht,<br />

daß eine Abordnung des<br />

KMGV dem Ehrenmitglied das<br />

letzte Geleit gab. Seine Bestat<br />

tung kam fast einem Staatsbe<br />

gräbnis gleich. Aufbahrung<br />

und Beisetzung erfolgten auf<br />

Stadtkosten, und das Trauerge<br />

folge zum Düsseldorfer Süd<br />

friedhof zählte nach Tausen<br />

den, damnter über fünfzig Fah<br />

nendeputationen und viele<br />

Vertreter der mit Mathieu Neu<br />

mann eng verbundenen Verei<br />

ne. Sie taten sich zu gemeinsa<br />

men Gesang des "Heilig ist der<br />

Herr" aus der deutschen Messe<br />

von Schubert, des "O bone<br />

Jesu" von Ingegneri sowie Silchers<br />

"Schottischem Barden<br />

chor" zusammen. Wer war die<br />

ser Mathieu Neumann?<br />

Am 14. April 1867 in Köln<br />

geboren, erhielt er seine erste<br />

musikalische Ausbildung im<br />

elterlichen Hause und besuch<br />

te 1885-1890 das Konservatori<br />

um seiner Heimatstadt. Seine<br />

Professoren waren hier Franz<br />

Wüllner, der Direktor des Hau<br />

ses, und Gustav Jensen in den<br />

Fächern Komposition und Mu<br />

siktheorie, Otto Neitzel und<br />

Max Pauer, Klavier, Arnold<br />

Mendelssohn (der Sohn eines<br />

Vetters von Felix Mendelssohn<br />

Bartholdy, später u. a. auch<br />

Paul Hindemiths Lehrer) auf<br />

der Orgel und Eduard Mertke<br />

im Partiturspiel. Neumann er<br />

wies sich als so begabt, daß<br />

ihm schon mit 21 Jahren der<br />

Kompositions-Preis der Men<br />

delssohn-Staatsstiftung in Ber<br />

lin zuerkannt wurde.<br />

Seit dieser Zeit hat er bis an<br />

sein Lebensende Männerchöre<br />

geleitet und für Männerchöre<br />

komponiert. Vorübergehend<br />

hatte Mathieu Neumann die<br />

Stellung eines Organisten der<br />

Kölner Peterskirche inne. Dies<br />

war auch die Zeit, da er dem<br />

KMGV nähertrat. Denn, wie<br />

ein Chronist es nicht ohne lyri<br />

sches Pathos beschreibt: "Hier<br />

durfte er zuerst seine künstleri<br />

schen Schwingen entfalten<br />

und auf der Königin aller Instmmente,<br />

der Orgel, das Lob<br />

des Allerhöchsten ertönen las<br />

sen. Und hinaus klangen seine<br />

erhabenen Melodien und Har<br />

monien aus dem Gotteshause<br />

in die offenen Fenster unserer<br />

gegenüberliegenden Wolken<br />

burg, wo er mit ganzer Seele<br />

einer der Unserigen war... und<br />

Freude und Begeistemng<br />

schöpfte für den deutschen<br />

Männergesang, dem er dann<br />

ein Verkünder werden sollte<br />

wie kaum ein Zweiter auf Er<br />

den!"<br />

Mit seiner Chorballade "Sardanapal"<br />

erzielte Neumann<br />

1902 den Durchbruch und<br />

wurde als Komponist von<br />

Männerchören in weiten Krei<br />

sen bekannt. Das Werk wurde

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