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Musik aktuell<br />
streben nach Schönheit<br />
Noch einmal: Max Bruch<br />
Nach dem vorigen Konzert<br />
des KMVG sagte mir ein Be<br />
kannter: „<strong>Der</strong> Frithjof ist doch<br />
eine wirklich schöne Musik".<br />
Er hat damit, vielleicht ohne es<br />
zu wissen, einen Kernpunkt in<br />
der Beurteilung der Musik von<br />
Max Bruch angesprochen.<br />
Denn Bruch ging es immer<br />
und in erster Linie um Schön<br />
heit, um, wie er es einmal<br />
nannte, formvollendete Schön<br />
heit in der Musik.<br />
Sie war sein Ziel von Anfang<br />
an. Es mag freilich sein, daß<br />
gerade diese hervorstechende<br />
Eigenschaft auch die komposi<br />
torischen<br />
Grenzen Bruchs<br />
markierte. Aber wie dem auch<br />
sei, aus vielen eigenen Äuße<br />
rungen geht genau dieses Be<br />
streben hervor, und von vielen<br />
anderen wurde es ihm bestä<br />
tigt. Sein heute noch bekann<br />
testes Werk, das erste Violin<br />
konzert in g-moll, op. 26, hat<br />
es denn auch, zumindest mit<br />
seinem langsamen Satz, zu<br />
Wunschkonzert-Ehren gebracht<br />
(falls dies eine Ehre sein sollte),<br />
ist jedenfalls eine Musik, die<br />
den Zuhörer bei geeigneter<br />
Stimmung noch immer zu Trä<br />
nen rühren kann.<br />
<strong>Der</strong> Münchner Komponist<br />
Josef Rheinberger (1839-1901)<br />
gab im Jahre 1892 ein Gutach<br />
ten über Max Bruch ab, mit<br />
dem er ihn als Kandidaten für<br />
die Verleihung des bayerischen<br />
Maximilianordens für Kunst<br />
und Wissenschaft vorschlug. Er<br />
rühmte hierin die großen Chor<br />
werke, darunter den „Frithjof"<br />
mit den Worten: „Großer Wurf<br />
in der Anlage, vollendete Be<br />
herrschung der Chor- und Or<br />
chestermassen, feste formale<br />
und charakteristische Zeich<br />
nung, darin hohe und frap<br />
pante Klangschönheit" kämen<br />
in diesen Werken zu vollster<br />
Wirkung. Und weiter heißt es<br />
dort: „Schließlich sei hier noch<br />
seines klassischen Violinconcertes<br />
in g-moll gedacht, wel<br />
ches unmittelbar nach dem<br />
Beethoven'schen rangiert und<br />
die ganze Vornehmheit der<br />
Bruch'schen Melodik offen<br />
bart." Rheinberger, der übri<br />
gens Max Bruch bis dahin per<br />
sönlich nicht kannte, erklärt<br />
den Erfolg von dessen Musik<br />
mit einer sehr prägnanten For<br />
mulierung: „Ohne um die<br />
Gunst des Publikums irgend<br />
wie zu buhlen - ohne die ge<br />
ringste Konzession an die<br />
Schwachheiten desselben, ge<br />
lang es dem Komponisten mit<br />
den meisten seiner Werke,<br />
großen und nachhaltigen Er<br />
folg zu gewinnen. Seine Ton<br />
sprache ist bei aller Tiefe ver<br />
ständlich und bedarf keiner<br />
Nachhilfe durch erläuternde<br />
Broschüren."<br />
Klangschönheit, Verständ<br />
lichkeit und dennoch Tiefe so<br />
wie Konzessionslosigkeit - mit<br />
diesen Begriffen sind zweifel<br />
los wesentliche Merkmale der<br />
Musik von Max Bruch ange<br />
sprochen. <strong>Der</strong> bekam dann<br />
den Orden, ohne zu wissen,<br />
wem er ihn verdankte, und es<br />
amüsierte ihn besonders, daß<br />
Dr. Helmut Jensen<br />
ihm diese Auszeichnung aus-_<br />
gerechnet aus München zuteil<br />
wurde, das ihm als „der<br />
Hauptsitz der Wagnerei" galt,<br />
eine musikalische Richtung,<br />
die ihm stets zuwider war. „Alle<br />
Kölner müßten es lesen und<br />
sich ärgern!", schrieb Bruch<br />
aus diesem Anlaß. <strong>Der</strong> Prophet<br />
hatte auch in diesem Fall seine<br />
Schwierigkeiten im eigenen<br />
Lande.<br />
Was das so gerühmte Vio<br />
linkonzert betrifft, wurde ihm<br />
dessen Popularität allmählich<br />
selbst zuviel. <strong>Der</strong> jüngste Sohn,<br />
Ewald Bruch, erzählt von sei<br />
nem Vater: „Indessen konnte<br />
ihn eines regelrecht zornig<br />
machen: Das fortgesetzt in al<br />
ler Welt gespielte Violinkonzert<br />
g-moll. So rief er einmal, als ein<br />
hochbegabter, junger Geiger<br />
ihm sein berühmtes Konzert<br />
vorspielen wollte: Schon wie<br />
der das g-moll-Konzert - ich<br />
kann es nicht mehr hören! Kin<br />
der, spielt doch mal mein<br />
zweites Konzert oder die<br />
Schottische Fantasie!" Er hat<br />
insgesamt drei Violinkonzerte<br />
und mehrere Werke für Solo-