E_1928_Zeitung_Nr.052
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N°52 - J928 AUTOMOBIL-REVUE<br />
mobiljsten! Aber wie konnten sie ahnen,<br />
class über den Pass, in Autos, Spionagematerial<br />
geschafft wurde?<br />
Der Ermittlungsdienst bracjite heraus,<br />
Üass eine berüplitigte Spionin, der die Eisenbahn<br />
oder das Flugzeug zu gefährlich geworden<br />
war, die Trägerin der wichtigen<br />
Nachrichten war. Aber es gelang nicht, ihrer<br />
habhaft zu werden. So orderte man einen<br />
tüchtigen Beamten, Inspektor Maro, ab, um<br />
Frau das Handwerk zu legen.<br />
Sportzweisjtzpr fuhr Maro die Orga§-<br />
passstrasse auf und ab; argwöhnisch ging<br />
sein Blick über die Autokarawanen, in deren<br />
Vielgestaltigkeit und Menge die Spionin so<br />
leicht Unterschlupf linden konnte.<br />
Da stoppte er eines Tages. Ein Tourist<br />
kniete am Strassenrand. Aber nein: eine<br />
Touristin. Ein bildhübsches, frisches Mädchen.<br />
Maro hielt auf eine bittende Bewegung<br />
der augenscheinlich Erschöpften.<br />
«Bitte, nehmen Sie mich doch bis Orgas<br />
mit», bat die Touristin.<br />
Maro war nicht unempfänglich für Frauen.<br />
Der Blick der sanften blauen Augen betörte<br />
ihn; er schob sein dienstliches Gewissen entschieden<br />
und bestimmt beiseite. Aber als er<br />
der jungen Dame beim Besteigen des Wagens<br />
behilflich war, sah er für Sekunden<br />
Kälte und Entschlossenheit in seltsamer Vereinigung<br />
in den Augen, die zuvor noch sanft<br />
und bittend gewesen waren. Die Züge der<br />
Frau hatten sich verändert; ein reifes, erfahrenes<br />
Weib sass neben ihm.<br />
Da wusste er mit Bestimmtheit; dies ist<br />
die Spionin! Eine Autoratte, die sich an die<br />
Autos der Strasse festblss und von ihnen<br />
mit über die Grenze nehmen Hess!<br />
Heuchlerisch fragte er : «Sind Sie im<br />
Besitz eines Passes, mein Fräulein?»<br />
« Ja, aber als Touristin braucht man ihn<br />
kaum.»<br />
Dsr schnelle Wagen schraubte sich die<br />
vielen Serpentinen hinauf, die so genial an<br />
den Hang gezirkelt waren. An der Passhöhe<br />
fuhr zur Verwunderung der jungen Dame<br />
das Auto nicht vor die Schranke, sondern<br />
schlitterte über nassen Schnee in ein eingezäuntes<br />
Viereck vor eine Baracke, und auf<br />
ein schrilles Hupensignal sprangen drei Uniformierte<br />
herbei und ergriffen auf eine Kopfbewegung<br />
des Mannes am Steuer die Frau.<br />
« Was heisst das ? » fragte die Frau.<br />
«Ich muss Sie wegen Spionageverdacht genau<br />
durchsuchen, Madame», erklärte Maro<br />
.-in..gelassener. Ruhe.<br />
«Bitte, bitte» machte die Verdächtige auffallend<br />
gleichgültig und verriet sich damit.<br />
Man hatte nun Gewissheit: es war die Spionin<br />
!<br />
Sie wurde in einen Raum geführt und dort<br />
durch zwei Frauen der Beamten einer gründlichen<br />
Leibesvisitation unterzogen. Maro<br />
durchsuchte unterdessen den Rucksack der<br />
Spionin. Allein trotz aller Gründlichkeit, mit<br />
der dies von ihm besorgt wurde, fand er<br />
nichts. Er begann noch einmal von vorn,<br />
denn die • Spionin hatte zweifellos wichtige<br />
Nachrichten, mit denen sie über die Grenze<br />
gehen wollte. Er riss aus dem Rucksack das<br />
angebliche Futter, prüfte die Riemen sorgfältig<br />
nichts fand sich!<br />
Da auch die Frauen bei der peinlichen<br />
Leibesvisitation nichts fanden, so blieb Maro<br />
zu seinem Grimm nichts übrig, als die Spionin<br />
mit den Nachrichten, die ihr, um sie endlich<br />
überführen zu können, von der Kriminalpolizei<br />
selbst zugesteckt worden waren, über<br />
die. Grenze zu lassen. Das heisst, von der<br />
Tatsache, dass der « Stabsoffizier», von dem<br />
die Spionin die neuesten wichtigen Nachrichten<br />
erhalten, mit der Kriminalpolizei Hand<br />
Die frühere<br />
Spannkraft<br />
und Arbeitsfreude kehren nach mehrwöchigem<br />
Gebrauch von<br />
Haemacithin-Pillen<br />
zurück. Die Folgen beruflicher Ueberarbeitung,<br />
also Schlaflosigkeit, Nervosität,<br />
Neurasthenie, Kopfweh, Migräne,<br />
werden verhindert durch Haemacithin-<br />
Pillen. Dieses ärztlich verordnete Nahrund<br />
Kräftigungsmittel hat sich in sehr<br />
vielen Fällen bewährt. Ein Glas mit<br />
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in rland arbeitete und nur fingierte Mitteilungen<br />
4er Spionin übergeben hatte, erfuhr<br />
Maro erst einige Tage später.<br />
Maro wurde eine Rüge von seiner vorgesetzten<br />
Behörde erteilt. Der tätige. Beamte<br />
litt darunter. Er kam Tag und Nacht nicht<br />
aus seinem Wagen und streifte die, Orgasalpstrasse<br />
und die beiden übrigen Passstrassen,<br />
«Jie über die Grenze führten, auf<br />
und ab, Er wechselte den Wagen, fuhr in<br />
Verkleidung — Us ihn eines Tages, als er<br />
in äer Vermeidung als Chauffeur einen grossen<br />
Seehssitzer fuhr, wieder eine Dame um<br />
Mitnahme bat.<br />
Er frohlockte! Es war die Autoratte!<br />
Wieder, wie beim ersten Mal, fuhr er sie<br />
über den schlüpfrigen Schnee der Passhöhe<br />
in das eingezäunte Geyiert und wieder begann<br />
eine peinliche Untersuchung und<br />
Durchsuchung,<br />
Maro arbeitet« in Verbissenheit und Trotz.<br />
Er trennte die Absätz« von den Stiefeln der<br />
Spionin, riss die Sohlen ab, trennte, das Futter<br />
heraus, nahm die Kleidung unter die Lupe<br />
und wendete alle erdenkliche Gründlichkeit<br />
auf, um diesmal zum Ziele zu gelangen, Er<br />
beobachtete dabei unausgesetzt die Spionin,<br />
die, nur mit leichtem Mantel bekleidet, im<br />
Zimmer gtand. Doch er mochte, die Ueberkleider,<br />
die Wäsche, Strümpfe o4er sonstigen<br />
Stücke befühlen und durchsuchen — das Gesicht<br />
der Spionin veränderte sich nicht!<br />
Nirgends fand sich etwas. Die Spionin<br />
musste die Nachricht an sich herumtraten,<br />
Anders war es nicht möglich. Die Durchsuchung<br />
am Körper der Spionin, die. Maro anordnete,<br />
ging hinter einer spanischen Wand<br />
vor sich; aber auch bei dieser neuerlichen<br />
Untersuchung fanden die Frauen, die von<br />
Maro aufs äusserste angespornt waren,<br />
nichts. Da packte den Inspektor Wut und<br />
Zorn. Die Spionin hatte bestimmt Nachrichten<br />
— und er musste sie, da er nichts finden<br />
konnte, wohl oder übel wieder über die<br />
Grenze lassen!<br />
Da fiel sein Blick auf den taubenblauen Unterrock,<br />
Er nahm ihn zum fünften oder sechsten<br />
Mal zur Hand und schleuderte ihn<br />
schliesslich, da er beim besten Willen nichts<br />
eingenäht fand, in weitem -Bogen von sich,<br />
Er wollte gerade den Frauen Auftrag geben,<br />
der Dame beim Ankleiden behilflich zu sein,<br />
da bemerkte er eine schwache, doch für ihn<br />
deutlich erkennbare Erregung im Gesicht der<br />
Spionin, Er folgte dem Blick der seltsam<br />
sanften blauen Augen, Die Spionin empfand<br />
•blitzschnell, dass sie beobachtet wurde und<br />
wendete sich gleichmütig. Um Sekunden zu<br />
spät!<br />
Maro wurde kreidebleich. Er machte da<br />
eine Entdeckung -<br />
Genug: er befahl der Spionin, sich anzuziehen<br />
und verhaftete sie. Als sie aufbegehrte,<br />
führte er sie zum Fenster, wo über dem Zentralheizungskörper<br />
der im weiten Bogen geschleuderte<br />
Rock lag.<br />
Merkwürdiges war mit dem taubenblauen<br />
Rock vor sich gegangen! Nicht mehr glatt<br />
taubenblau war der Rock, Er zeigte jetzt<br />
dunkelblaue Striche und Linien und. Regelmassige<br />
Streifen — und beim näheren Hin*<br />
sehen entpuppte sich das Ganze unschwer al§<br />
eine wichtige militärische Nachricht, die mit<br />
sympathetischer Tinte auf die Innenseite des<br />
Rockes geschrieben worden war.<br />
Die Spionin leugnete nicht. Sie leistete auch<br />
keinen Widerstand.<br />
Ihre Augen sprachen dagegen und rüttelten<br />
mit ihrem Locken am Pflichtbewusstsejn des<br />
Beamten, als sie das Auto bestieg. Allein<br />
Maro blieb unerschütterlich; zu gross war der<br />
Triumph, eine der gefährlichsten Spioninnen<br />
überführt zu haben<br />
Seitdem sprach an den Passtrassen, besoii*-<br />
ders an der vielbefahrenen Orgasalpstrasse,<br />
nie mehr eine Frau die Autos an» um ei<br />
Mitnahme zu erbitten.<br />
Paris und das Auto.<br />
Es ]st immer wieder interessant, 4$n Au<br />
tomobilismus 4er Weltstädte kennen 55» lernen.<br />
In einer deutsehen Automobilsportzei-.<br />
tung lesen wir hierzu Beachtungen eines<br />
deutschen Betrachters, 4ie gsw«<br />
wiedergegeben seiet};<br />
Man kann nichts anderes sagen, aj§ da<br />
Paris eine Weltstadt istt, In der man -»<br />
man es versteht unc| genug Q§\& hat<br />
wenn<br />
*~ gut<br />
leben kann.<br />
Paris hat reiche Leute unter seinen Bü><br />
gern; wurde mir 4och erzählt, «Ja§S allein<br />
ungefähr 400 Rolls-Royce zugelassen geien,<br />
der hier zirfca 400,000 Franks kostet.<br />
Es ist ein Vergnügen, die Avenue des<br />
Champs-Elysees zu gehen. Man findet hier<br />
die herrlichsten Ausstellungsräume der<br />
grössten Automobilfabriken der Welt, die<br />
mit geradezu verschwenderischem Luxus<br />
ausgestattet sind.<br />
Ich habe selten so unerhört schöne Wagen<br />
gesehen, selten so geschmackvolle Farben<br />
von Karosserien bewundert.<br />
Fahrtrichtungsanzeiger habe ich nirgends<br />
gefunden. Die Fahrtrichtung wird durch<br />
Handbewegung angedeutet,<br />
Der Automobilverkehr i§t riesenhaft. Auf<br />
den breiten Boulevards bewegen sich die<br />
Wagen bis zu acht Reihen nebeneinander,<br />
und an Brennpunkten der Stadt, wie Place<br />
de l'Opera, Vendöme usw. stehen die Wagen<br />
zu Hunderten.<br />
Der Verkehr wird von der Polizei, zum<br />
Teil beritten, durch Pfeifsignale geregelt.<br />
Wehe dem, der auf dieses Signal nicht sofort<br />
steht. Sonst ist die Polizei sehr grosszügig,<br />
Sie wird dem Fahrzeug wie dem Fussgänger<br />
in jeder Weise gerecht.<br />
Der Fussgänger in Paris ist wesentlich gewandter<br />
als bei un§. Ich habe an den<br />
kehrszentren beobachtet, wie selbst Dame<br />
mit grösster Ruhe sich durch die riesig*<br />
Kette der Wagen hindurehjindejn un4 bei<br />
Freifahrt -- das ist bei uns noch nicht erkannt<br />
— auf dem Bürgersteig warten, Fuss^<br />
ganger, die gegen die Verkehrsordnung verstossen,<br />
werden ebenfalls festgestellt und<br />
bestraft.<br />
Am wohltuendsten ist mir aufgefallen, dass<br />
man so gut wie kein elektrisches Hörn in der<br />
Stadt hört. Man benutzt die Handhupe, un4<br />
die nur, soweit unbedingt nötig. Ich glaube,<br />
dass der Lärm in Berlin auf den Strasse,n<br />
grösser ist als hier, dem abzuhelfen jeder<br />
Fahrer, der ja auch mal nachts schlafen will,<br />
in der Lage ist.<br />
Die französische, also die Heimproduktion<br />
dominiert; schon dadurch, dass der Einfuhrzoll<br />
für Wagen sehr hoch ist. An kleinen<br />
Wagen sind es Citroen und Renault — man<br />
spricht von 30,000 Arbeitern, die letzterer allein<br />
beschäftigen soll — die zumeist fahren;<br />
Donnet und die vielen andern verschwinden<br />
unter ihnen. Fiat ist hier prozentual, im Ge-<br />
Dle Zufahrtsstrassen aus der ganzen Schweiz sind ersichtlich InO. R. Wagners<br />
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